BT-Drucksache 16/5950

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Dorothee Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/5145- Einführung eines generellen Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf Bundesautobahnen 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/5420- Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf deutschen Autobahnen

Vom 4. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5950
16. Wahlperiode 04. 07. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Dorothee Menzner, Dr. Gesine Lötzsch,
Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/5145 –

Einführung eines generellen Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf
Bundesautobahnen

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann,
Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/5420 –

Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf deutschen
Autobahnen

A. Problem

Zu Nummer 1

Die Antragsteller haben einen Antrag eingebracht, der beinhaltet, dass der
Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern soll, einen Gesetzentwurf
vorzulegen, mit dem auf Bundesautobahnen zum 1. Januar 2008 eine generelle
Geschwindigkeitsobergrenze von 130 Kilometern pro Stunde als Bestandteil der
integrierten CO2-Minderungsstrategie im Automobilsektor eingeführt werden
soll.

Zu Nummer 2

Die Antragsteller haben einen Antrag eingebracht, der beinhaltet, dass der
Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern soll, Änderungen des
Straßenverkehrsgesetzes bzw. der Straßenverkehrsordnung vorzulegen, mit de-
nen auf deutschen Autobahnen zum 1. Januar 2008 als klimapolitische Sofort-
maßnahme zur Reduktion der CO2-Emissionen aus dem Verkehrssektor und als
Beitrag für mehr Verkehrssicherheit auf Autobahnen eine generelle Geschwin-
digkeitsobergrenze von 120 Kilometern pro Stunde eingeführt werden soll.

Drucksache 16/5950 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

Zu Nummer 1

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie eine Stimme der Fraktion der SPD

Zu Nummer 2

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei einer Stimmenthaltung der Fraktion der
SPD

C. Alternativen

Zu den Nummern 1 und 2

Annahme

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5950

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 16/5145 abzulehnen,

2. den Antrag auf Drucksache 16/5420 abzulehnen.

Berlin, den 3. Juli 2007

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Dr. Klaus W. Lippold
Vorsitzender

Gero Storjohann
Berichterstatter

Drucksache 16/5950 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Gero Storjohann

I. Überweisung

Zu den Nummern 1 und 2

Der Deutsche Bundestag hat die Anträge auf Drucksachen
16/5145 und 16/5420 in seiner 100. Sitzung am 24. Mai
2007 beraten und an den Ausschuss für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung zur federführenden Beratung sowie an
den Ausschuss für Gesundheit und den Ausschuss für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Mitberatung
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Nummer 1

Der Antrag beinhaltet, dass der Deutsche Bundestag die
Bundesregierung auffordern soll, einen Gesetzentwurf vor-
zulegen, mit dem auf Bundesautobahnen zum 1. Januar
2008 eine generelle Geschwindigkeitsobergrenze von 130
Kilometern pro Stunde als Bestandteil der integrierten CO2-
Minderungsstrategie im Automobilsektor eingeführt werden
soll.

Zu Nummer 2

Der Antrag beinhaltet, dass der Deutsche Bundestag die
Bundesregierung auffordern soll, Änderungen des Straßen-
verkehrsgesetzes bzw. der Straßenverkehrsordnung vorzu-
legen, mit denen auf deutschen Autobahnen zum 1. Januar
2008 als klimapolitische Sofortmaßnahme zur Reduktion
der CO2-Emissionen aus dem Verkehrssektor und als Bei-
trag für mehr Verkehrssicherheit auf Autobahnen eine gene-
relle Geschwindigkeitsobergrenze von 120 Kilometern pro
Stunde eingeführt werden soll.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Nummer 1

Der Ausschuss für Gesundheit hat den Antrag in seiner
57. Sitzung am 20. Juni 2007 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des-
sen Ablehnung.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag in seiner 41. Sitzung am 20. Juni
2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dessen Ablehnung.

Zu Nummer 2

Der Ausschuss für Gesundheit hat den Antrag in seiner
57. Sitzung am 20. Juni 2007 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei

Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. dessen Ableh-
nung.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag in seiner 41. Sitzung am 20. Juni
2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. dessen Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf im federführenden
Ausschuss

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat die Anträge auf Drucksachen 16/5145 und 16/5420 in
seiner 43. Sitzung am 20. Juni 2007 beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU wies darauf hin, dass es auf
einem Drittel des deutschen Autobahnnetzes bereits Ge-
schwindigkeitsbeschränkungen gebe. Eine Geschwindig-
keitsbeschränkung lasse sich mit dem Gedanken einer Har-
monisierung in Europa nicht begründen; Deutschland weise
im Bereich der Verkehrssicherheit zum Teil bessere Ergeb-
nisse auf als Länder, welche für ihre Autobahnen generelle
Geschwindigkeitsbegrenzungen eingeführt hätten. Eine
generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen
werde zu einem verminderten Interesse von Autokäufern an
Sicherheitstechnik führen, was Konsequenzen für das Aus-
maß von Unfallfolgen habe. Es sei auch zu erwarten, dass
sich die Verkehrsteilnehmer nicht an eine Geschwindig-
keitsbegrenzung hielten, weil sie den Sinn einer solchen
Regelung nicht nachvollziehen könnten. Der Mehrver-
brauch an Kraftstoff betrage im Vergleich zu der Situation
im Falle der Einführung eines Tempolimits nur 0,4 Prozent
des gesamten Kraftstoffverbrauchs. Es sei zu befürchten,
dass eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf Auto-
bahnen zu einer Verkehrsverlagerung auf Land- und Kreis-
straßen führt, was zu Staus und damit zu erhöhtem Kraft-
stoffverbrauch führen könne. Ein Tempolimit sei daher öko-
nomisch und ökologisch kontraproduktiv.

Die Fraktion der SPD vertrat die Auffassung, die Auto-
bahnen seien die sichersten Straßen. Handlungsbedarf gebe
es vor allem im Bereich der Landstraßen, hier seien die
schwersten Unfälle zu verzeichnen. Sie wies darauf hin,
dass man die Sicherheit auf den Autobahnen durch bauliche
Maßnahmen erheblich verbessert habe. In einer Reihe von
Ländern mit Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Auto-
bahnen sei die Zahl der Unfälle deutlich höher als in
Deutschland. Zudem müssten Beschränkungen für den Bür-
ger auch nachvollziehbar sein. Dort, wo für den Verkehrs-
teilnehmer Gründe für eine Geschwindigkeitsbegrenzung
erkennbar seien, wie etwa im Bereich von Baustellen, würde
diese auch beachtet. Statt eines generellen Tempolimits sei
es sinnvoller, die Zahl der Verkehrbeeinflussungsanlagen
zu erhöhen, um die Geschwindigkeit situationsabhängig be-
einflussen zu können. Eine allgemeine Geschwindigkeits-
begrenzung setze auch entsprechende Kontrollen voraus,
was wiederum voraussetze, dass man Personal von Auto-
bahnabschnitten abziehe, welche als Unfallschwerpunkte

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/5950

mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung versehen seien.
Man solle nicht auf Verbote setzen, sondern auf Innovatio-
nen im Bereich der Fahrzeugtechnik und der Verkehrsbeein-
flussung.

Die Fraktion der FDP vertrat die Auffassung, dass die
Studie des Umweltbundesamtes, auf welche sich die Befür-
worter eines Tempolimits beriefen, von der unrealistischen
Annahme ausgehe, dass auf den Autobahnen, für welche es
keine Geschwindigkeitsbeschränkung gebe, mehr als die
Hälfte der Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von mehr
als 130 km/h fahre. Dies bedeute, dass auch die auf dieser
Basis errechneten Zahlen zur CO2-Einsparung nicht nach-
vollziehbar seien. Das CO2-Minderungspotenzial durch eine
Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen liege bei we-
niger als 1 Prozent der Gesamtemissionen des Verkehrs. Es
sei zu befürchten, dass es bei Einführung eines generellen
Tempolimits für Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Auto-
bahnen auch dort keine Akzeptanz mehr geben werde, wo
solche Begrenzungen notwendig seien. Die Erwartung, dass
die Automobilindustrie generell weniger leistungsstarke
Fahrzeuge produzieren werde, wenn es in Deutschland ein
Tempolimit gebe, sei verfehlt. Da es in den meisten Staaten
bereits ein Tempolimit gebe, würde der weltweite Automo-
bilmarkt eine solche Entwicklung bereits bewirkt haben,
wenn die Annahme zuträfe.

Die Fraktion DIE LINKE. vertrat die Auffassung, es sei
nicht nachvollziehbar, weshalb Geschwindigkeitsbegren-
zungen zwar auf einem Teil der Autobahnen möglich seien,
auf den übrigen Autobahnen aber nicht möglich sein sollten.
Man könne gesetzliche Regelungen auch nicht auf die Fälle
beschränken, in denen man sich sicher sei, dass sich alle
Adressaten daran hielten. Ein generelles Tempolimit sei
eine einfache und schnell umzusetzende Maßnahme zur
Reduzierung des CO2-Verbrauchs. Die CO2-Einsparung
hierdurch sei doppelt so groß wie die Einsparung durch das
CO2-Sanierungsprogramm für Gebäude. Zudem sei darauf
hinzuweisen, dass manche Geschwindigkeiten, welche auf
Autobahnen gefahren würden, von anderen Verkehrsteil-
nehmern als eine Bedrohung empfunden würden. Man

müsse auch vor dem Hintergrund des demografischen Wan-
dels ein Signal setzen, dass solche extremen Geschwindig-
keiten nicht gewollt seien. Für viele Bürger sei eine Ge-
schwindigkeitsbegrenzung auch ein Anlass zu überlegen, ob
sie sich im Hinblick auf die passive Sicherheit wirklich ein
großes und schweres Fahrzeug anschaffen müssten. Viele
Menschen seien in Deutschland bereit, einen Beitrag zum
Klimaschutz zu leisten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprach sich
dagegen aus, auf Regelungen zu verzichten, weil nicht ge-
sichert sei, dass sich die Normadressaten daran hielten. Was
die Verkehrssicherheit betreffe, dürfe man nicht die Sicher-
heit auf Autobahnen ohne Tempolimit in Deutschland mit
der Sicherheit von Autobahnen mit Tempolimit im Ausland
vergleichen. Vielmehr müsse man Autobahnabschnitte in
Deutschland mit und ohne Tempolimit vergleichen. Die frü-
here rot-grüne hessische Landesregierung habe in Hessen
entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzungen eingeführt.
Dadurch sei die Zahl der Unfälle stark zurückgegangen. Sie
glaube, dass das hessische Beispiel auch für ganz Deutsch-
land repräsentativ sei. Der Hinweis, dass deutsche Autobah-
nen besonders sicher seien, bedeute nicht, dass man sie
nicht noch sicherer machen könne. Durch ein Tempolimit
gebe es weniger Tote und Verletzte als bisher. In Bezug auf
den CO2-Ausstoß seien vor allem die Spitzengeschwindig-
keiten problematisch. Ein Tempolimit führe hier kurzfristig
zu einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat den Antrag auf Drucksache 16/5145 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sowie eine Stimme aus der Fraktion der
SPD abgelehnt.

Den Antrag auf Drucksache 16/5420 hat er mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei einer Stimmenthaltung der Fraktion der
SPD abgelehnt.

Berlin, den 3. Juli 2007

Gero Storjohann
Berichterstatter

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