BT-Drucksache 16/5931

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Johann-Henrich Krummacher, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Jörg Tauss, René Röspel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -16/4161- Geistes- und Sozialwissenschaften stärken 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/4153- Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften stärken 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/4406- Die Geistes- und Sozialwissenschaften in Forschung und Lehre fördern

Vom 4. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5931
16. Wahlperiode 04. 07. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Johann-Henrich Krummacher, Ilse Aigner,
Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Jörg Tauss, René Röspel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 16/4161 –

Geistes- und Sozialwissenschaften stärken

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick
Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/4153 –

Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften stärken

3. zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Cornelia Hirsch, Volker
Schneider (Saarbrücken), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/4154 –

Perspektiven für die Geistes- und Sozialwissenschaften verbessern

4. zu dem Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Priska Hinz
(Herborn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/4406 –
Die Geistes- und Sozialwissenschaften in Forschung und Lehre fördern

Drucksache 16/5931 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A. Problem

Zu Nummer 1

Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit beachtliche Summen zur Förde-
rung von Wissenschaft und Forschung aufgewendet, um die Innovationsfähig-
keit Deutschlands zu stärken.

Die Geistes- und Sozialwissenschaften leisten ihren spezifischen Beitrag zum
Verständnis des Seins, gesellschaftlicher Vorgänge und auch zur Wertschöpfung
mit ihren Instrumenten des Erinnerns, Verstehens, Vermittelns und Gestaltens.
Ihre Bedeutung und Leistungsfähigkeit ist national und international anerkannt.

Gleichwohl stehen die Geistes- und Sozialwissenschaften aufgrund von Haus-
haltskürzungen und des Profilbildungswettbewerbs an den Hochschulen unter
besonderem Leistungs- und Rechtfertigungsdruck.

Es wird daher ein umfangreicher Maßnahmenkatalog des Bundes und der Län-
der empfohlen, der die von der Bundesregierung bereits eingeleiteten Förder-
strategien ergänzt.

Zu Nummer 2

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Wissen-
schaftsjahr 2007 den Geisteswissenschaften gewidmet, um die besondere Be-
deutung ihrer Disziplinen, Themen und Methoden für die Entwicklung der Ge-
sellschaft hervorzuheben.

Die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften tragen einerseits als Langzeit-
gedächtnis zur Tradierung der kulturellen Leistungen bei; andererseits schaffen
sie als Orientierungswissenschaften die Grundlagen für die Verständigung über
relevante gesellschaftliche Fragen und damit auch für Innovationen.

Die Hochschulen in Deutschland haben eine herausragende Bedeutung für die
geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Forschung und Lehre. Mit ihren
Kompetenzen und originären wissenschaftlichen Fragestellungen sind sie
gleichwertige Partner der Natur- und Technikwissenschaften. Eine einseitige
Fokussierung der Universitäten auf technologische Leistungsfähigkeit schafft
auf die Dauer keine tragfähige Basis für Innovationen.

Zu Nummer 3

Das von der Bundesregierung ausgerufene Jahr der Geisteswissenschaften 2007
eröffnet die Chance, die Bedeutung der Geistes- und Sozialwissenschaften für
Erkenntnisgewinn und gesellschaftliche Entwicklungen öffentlich zu machen,
aber auch ihren Zustand und notwendige Reformen zu debattieren und einzulei-
ten.

Geistes- und Sozialwissenschaften bieten Orientierungs- und Handlungswissen
für soziale, kulturelle und politische Entwicklungen und damit auch eine Grund-
lage für persönliche und politische Entscheidungen.

Da diese Wissenschaften oft keinen direkten wirtschaftlichen Nutzen haben, auf
öffentliche Förderung angewiesen sind und im Wettbewerb an den Hochschulen
in starker Konkurrenz zu ökonomisch ausgerichteten Wissenschaften stehen,
sind Fördermaßnahmen von Bund und Ländern notwendig, die die Perspektiven
der Geistes- und Sozialwissenschaften und vor allem die Situation der Lehre als
„Achillesferse“ verbessern.

Zu Nummer 4

Obwohl die Leistungen der Geistes- und Sozialwissenschaften in Deutschland

anerkannt sind und ihnen als „Seismograph“ und Orientierungswissenschaften
eine wichtige Bedeutung für die nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung zu-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5931

kommt, stehen sie im Gegensatz zu den Natur- und Ingenieurwissenschaften un-
ter einem Legitimationsdruck.

Daher wird die Entscheidung der Bundesregierung begrüßt, mit dem Jahr der
Geisteswissenschaften 2007 deren Leistungen öffentlich zu würdigen und
gleichzeitig Förderungsperspektiven zu entwickeln.

Trotz der von der Bundesregierung eingeleiteten Fördermaßnahmen besteht
weiterhin Handlungsbedarf, insbesondere in den Bereichen Hochschullehre,
„Orchideen-“ oder kleine Fächer und der Lehrerausbildung.

B. Lösung

Zu Nummer 1

Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den Ländern die bereits
eingeleiteten Maßnahmen zur Förderung der Geistes- und Sozialwissenschaften
an den Hochschulen, Großforschungseinrichtungen, Akademien und wissen-
schaftlichen Zentren zu verstärken und sich auch auf europäischer Ebene in die-
sem Sinne zu engagieren. Es wird angeregt, die diesbezüglichen Empfehlungen
des Wissenschaftsrates und der Hochschulrektorenkonferenz in die Planungen
einzubeziehen.

Im Bundeshaushalt ist eine weitere Erhöhung der entsprechenden Finanzmittel
vorzusehen.

Annahme des Antrags auf Drucksache 16/4161 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP
und DIE LINKE.

Zu Nummer 2

Die Bundesregierung wird aufgefordert, geeignete Rahmenbedingungen für die
Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften zu schaffen, die es ihnen ermög-
lichen, ihre spezifischen Beiträge als Übersetzungs- und Orientierungswissen-
schaften für die Selbstverständigung der Gesellschaft über ihre Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft zu leisten.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4153 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE.

Zu Nummer 3

Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Entscheidungsvorbereitung ein
Diskussionsforum zu den „Perspektiven der Geistes-, Kultur- und Sozialwissen-
schaften“ zu initiieren.

Darüber hinaus werden Fördermaßnahmen zur Verbesserung der Lehre, zum Er-
halt der Einheit von Forschung und Lehre sowie zum Erhalt der bedrohten klei-
nen Fächer vorgeschlagen.

Für die Bewertung der geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsleistun-
gen als Grundlage für die Vergabe von Fördermitteln sollten wissenschaftsspe-
zifische Bewertungskriterien und Evaluierungsverfahren erarbeitet werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4154 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-

tion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Drucksache 16/5931 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zu Nummer 4

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Geistes- und Sozialwissenschaften
mit einem Bündel von Maßnahmen zu stärken. Vor allem soll die Qualität der
Lehre durch eine spezifische Exzellenzinitiative anerkannt bzw. verbessert wer-
den. Mit finanziellen Anreizen soll der Erhalt der kleinen Fächer, die interdiszi-
plinäre Forschung und eine gleichstellungsorientierte Personalpolitik gefördert
werden.

Die Forschungsförderung soll nicht allein dem Primat der technologischen und
wirtschaftlichen Verwertbarkeit folgen, sondern sie soll die geistes- und sozial-
wissenschaftliche Grundlagenforschung unterstützen.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4406 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP
und DIE LINKE.

C. Alternativen

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4161;

Annahme des Antrags auf Drucksache 16/4153;

Annahme des Antrags auf Drucksache 16/4154;

Annahme des Antrags auf Drucksache 16/4406.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/5931

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 16/4161 anzunehmen;

2. den Antrag auf Drucksache 16/4153 abzulehnen;

3. den Antrag auf Drucksache 16/4154 abzulehnen;

4. den Antrag auf Drucksache 16/4406 abzulehnen.

Berlin, den 4. Juli 2007

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Johann-Henrich Krummacher
Berichterstatter

Swen Schulz (Spandau)
Berichterstatter

Patrick Meinhardt
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Krista Sager
Berichterstatterin

Gleichwohl stünden die Geistes- und Sozialwissenschaften Eine einseitige Fokussierung der Universitäten auf technolo-

aufgrund von Haushaltskürzungen und des Profilbildungs-
wettbewerbs an den Hochschulen unter besonderem Leis-
tungs- und Rechtfertigungsdruck.

Es wird daher ein umfangreicher Maßnahmenkatalog des

gische Leistungsfähigkeit schaffe auf die Dauer keine trag-
fähige Basis für Innovationen.

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, geeignete
Rahmenbedingungen für die Geistes-, Sozial- und Kultur-
Drucksache 16/5931 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Johann-Henrich Krummacher, Swen Schulz (Spandau),
Patrick Meinhardt, Dr. Petra Sitte und Krista Sager

I. Überweisung

Zu den Nummern 1 bis 3

Der Deutsche Bundestag hat die Anträge auf Drucksachen
16/4161, 16/4153 und 16/4154 in seiner 79. Sitzung am
1. Februar 2007 beraten und jeweils an den Ausschuss für
Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur fe-
derführenden Beratung und an den Auswärtigen Ausschuss,
den Innenausschuss, den Finanzausschuss, den Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie, den Verteidigungsausschuss,
den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union, den Ausschuss für Kultur und Medien sowie den
Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

Zu Nummer 4

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/4406 in seiner 82. Sitzung am 1. März 2007 beraten und
an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Auswärtigen Ausschuss, den Innenausschuss, den Finanz-
ausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie,
den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union, den Ausschuss für Kul-
tur und Medien sowie den Haushaltsausschuss zur Mitbera-
tung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Nummer 1

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD erklären, dass die
Bundesregierung in der Vergangenheit beachtliche Summen
zur Förderung von Wissenschaft und Forschung aufgewen-
det habe, um die Innovationsfähigkeit Deutschlands zu stär-
ken.

Die Geistes- und Sozialwissenschaften leisten nach Auffas-
sung der Antragsteller ihren spezifischen Beitrag zum Ver-
ständnis des Seins, gesellschaftlicher Vorgänge und auch zur
Wertschöpfung mit ihren Instrumenten des Erinnerns, Verste-
hens, Vermittelns und Gestaltens. Ihre Bedeutung und Leis-
tungsfähigkeit seien national und international anerkannt.

Das von der Bundesregierung eingerichtete Jahr der Geistes-
wissenschaften 2007 wird als öffentlichkeitswirksame und
fördernde Maßnahme begrüßt. Ferner werden die bereits
durchgeführten Haushaltssteigerungen, die finanzielle Un-
terstützung der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche
Institute und die Förderung der Sozial- und Geisteswissen-
schaften über die Forschungseinrichtungen und Akademien
anerkannt.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den
Ländern die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Förde-
rung der Geistes- und Sozialwissenschaften an den Hoch-
schulen, Großforschungseinrichtungen, Akademien und
wissenschaftlichen Zentren zu verstärken und sich auch auf
europäischer Ebene in diesem Sinne zu engagieren. Es wird
angeregt, die Empfehlungen des Wissenschaftsrates und der
Hochschulrektorenkonferenz in die Planungen einzubezie-
hen.

Im Bundeshaushalt sei eine weitere Erhöhung der entspre-
chenden Finanzmittel vorzusehen.

Die Bundesregierung wird ferner aufgefordert, im Hoch-
schulpakt und im laufenden Exzellenzwettbewerb vor allem
auch die Belange der Geistes- und Sozialwissenschaften zu
berücksichtigen, den Bestand der deutschen geisteswissen-
schaftlichen Forschung und Lehre zu erfassen und auf dieser
Basis wissenschaftsspezifische und angemessene Förderins-
trumente, Infrastrukturen und Evaluierungskriterien zu ent-
wickeln.

Nach Auffassung der Antragsteller ist der Verbesserung der
interdisziplinären Zusammenarbeit mit den Natur- und Inge-
nieurwissenschaften besondere Aufmerksamkeit zu schen-
ken.

Für die Erhaltung von „Orchideenfächern“ wird die Gestal-
tung günstiger Rahmenbedingungen gefordert. Die Bil-
dungs- und Sicherheitsforschung habe als Teil der geistes-
und sozialwissenschaftlichen Forschung eine hohe aktuelle
Bedeutung. Daher empfehlen die Fraktionen der CDU/CSU
und SPD, dort auch einen Förderschwerpunkt zu setzen.

Zu Nummer 2

Die Fraktion der FDP erklärt, dass das Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) das Wissenschaftsjahr
2007 den Geisteswissenschaften gewidmet habe, um die be-
sondere Bedeutung ihrer Disziplinen, Themen und Metho-
den für die Entwicklung der Gesellschaft hervorzuheben.

Die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften trügen einer-
seits als Langzeitgedächtnis zur Tradierung der kulturellen
Leistungen bei; andererseits schafften sie als Orientierungs-
wissenschaften die Grundlagen für die Verständigung über
relevante gesellschaftliche Fragen und damit auch für Inno-
vationen.

Die Hochschulen in Deutschland hätten eine herausragende
Bedeutung für die geistes-, sozial- und kulturwissenschaft-
liche Forschung und Lehre. Mit ihren Kompetenzen und ori-
ginären wissenschaftlichen Fragestellungen seien sie gleich-
wertiger Partner der Natur- und Technikwissenschaften.
Bundes und der Länder empfohlen, der die von der Bundes-
regierung bereits eingeleiteten Förderstrategien ergänzt.

wissenschaften zu schaffen, die es ihnen ermöglichen, ihre
spezifischen Beiträge als Übersetzungs- und Orientierungs-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/5931

wissenschaften für die Selbstverständigung der Gesellschaft
über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu leisten.

Im Einzelnen wird die Bundesregierung aufgefordert, mit
geeigneten Maßnahmen die kleinen Fächer zu stärken, be-
ziehungsweise der Gefahr ihres Verschwindens aus der
Hochschullandschaft entgegenzuwirken sowie die geistes-
wissenschaftliche Forschung an den großen deutschen For-
schungseinrichtungen, wissenschaftlichen Akademien und
Geisteswissenschaftlichen Zentren zu fördern. Ein weiterer
Förderschwerpunkt sei auf die interdisziplinäre Zusammen-
arbeit mit den Natur- und Ingenieurwissenschaften zu legen.

Die Arbeit der internationalen Mittlerorganisationen, Ein-
richtungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nach-
wuchses und der Stiftungen sollten aufgrund ihrer Multipli-
katorenfunktion für die Geistes-, Sozial- und Kulturwissen-
schaften ebenfalls unterstützt werden.

Schließlich wird die Bedeutung der Exzellenzinitiative, der
Weiterbildungsoffensive der Bundesregierung, der Bildungs-
berichterstattung und des Siebten Forschungsrahmenpro-
gramms betont und Initiativen zur Stärkung der Geistes-,
Sozial- und Kulturwissenschaften in diesen Bereichen ange-
mahnt.

Zu Nummer 3

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass das von der Bun-
desregierung ausgerufene Jahr der Geisteswissenschaften
2007 die Chance eröffne, die Bedeutung der Geistes- und
Sozialwissenschaften für Erkenntnisgewinn und gesell-
schaftliche Entwicklungen öffentlich zu machen, aber auch
ihren Zustand und notwendige Reformen zu debattieren und
einzuleiten.

Geistes- und Sozialwissenschaften böten Orientierungs- und
Handlungswissen für soziale, kulturelle und politische Ent-
wicklungen und damit auch eine Grundlage für persönliche
und politische Entscheidungen.

Da diese Wissenschaften oft keinen direkt anwendbaren
wirtschaftlichen Nutzen hätten, auf öffentliche Förderung
angewiesen seien und im Wettbewerb an den Hochschulen in
starker Konkurrenz zu ökonomisch ausgerichteten Wissen-
schaften stünden, wären Fördermaßnahmen von Bund und
Ländern, die die Perspektiven der Geistes- und Sozialwis-
senschaften und vor allem die Situation der Lehre als „Achil-
lesferse“ verbessern, unumgänglich.

Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung aufgefor-
dert, zur Entscheidungsvorbereitung ein Diskussionsforum
zu den „Perspektiven der Geistes-, Kultur- und Sozialwis-
senschaften“ zu initiieren. An diesem Forum sollten Bund,
Länder, Wissenschaftseinrichtungen, Hochschulen, Interes-
senvertretungen und die Fachgesellschaften beteiligt wer-
den.

Darüber hinaus werden Fördermaßnahmen zur Verbesserung
der Lehre, zum Erhalt der Einheit von Forschung und Lehre
sowie zum Erhalt der bedrohten kleinen Fächer vorgeschla-
gen.

In der Hochschullehre sei vor allem die schlechte Betreu-
ungsrelation zwischen Lehrenden und Studierenden durch

Für die Bewertung der geistes- und sozialwissenschaftlichen
Forschungsleistungen als Grundlage für die Vergabe von
Fördermitteln sollten wissenschaftsspezifische Bewertungs-
kriterien und Evaluierungsverfahren erarbeitet werden.

Die Fraktion DIE LINKE. erachtet es als notwendig, dass die
Bundesregierung in ihrer Forschungsförderungspolitik die
Brückenfunktion der Geistes- und Sozialwissenschaften
stärkt und zu diesem Zwecke die Kooperation mit den
Human-, Natur- und Technikwissenschaften fördert.

Die Bundesregierung wird schließlich aufgefordert, als Ba-
sis für eine öffentliche Debatte regelmäßig Fortschrittsbe-
richte über sensible Bereiche der Geistes- und Sozialwissen-
schaften vorzulegen.

Zu Nummer 4

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weist auf den
aktuellen Legitimationsdruck auf die Geistes- und Sozial-
wissenschaften in Deutschland hin, obwohl ihre Leistungen
anerkannt seien und ihnen als „Seismograph“ und Orien-
tierungswissenschaften eine wichtige Bedeutung für die
nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung zukommt. Diese
Rechtfertigungsprobleme hätten die Natur- und Ingenieur-
wissenschaften nicht.

Vor diesem Hintergrund wird die Entscheidung der Bundes-
regierung begrüßt, mit dem Jahr der Geisteswissenschaften
2007 deren Leistungen öffentlich zu würdigen und gleichzei-
tig Förderungsperspektiven zu entwickeln.

Trotz der von der Bundesregierung eingeleiteten Fördermaß-
nahmen wie die Gründung der „Kolleg-Forschergruppen“,
die Förderung von Forschungsverbünden und die Berück-
sichtigung der Geistes- und Sozialwissenschaften im Siebten
Forschungsrahmenprogramm sowie im European Research
Council bestehe weiterhin Handlungsbedarf, insbesondere in
den Bereichen Hochschullehre, „Orchideen-“ oder kleine
Fächer und der Lehrerausbildung. Aufgrund der Fokussie-
rung auf die High-Tech-Strategie sehe man die Gefahr der
Marginalisierung der Geistes- und Sozialwissenschaften.

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, die Geistes-
und Sozialwissenschaften mit einem Bündel von Maßnahmen
zu stärken. Vor allem soll die Qualität der Lehre durch eine
spezifische Exzellenzinitiative anerkannt bzw. verbessert wer-
den. In der zweiten Runde des laufenden Exzellenzwettbe-
werbs sollen das Verfahren und die Bewertungskriterien die
Bewerbung geistes- und sozialwissenschaftlicher Fakultäten
nicht behindern.

Mit finanziellen Anreizen solle der Erhalt der kleinen Fächer
und die interdisziplinäre Forschung gefördert werden. Die
Vergabe von Bundesmitteln sei an eine gleichstellungsorien-
tierte Personalpolitik zu knüpfen.

Die Forschungsförderung solle im Grundsatz nicht allein
dem Primat der technologischen und wirtschaftlichen Ver-
wertbarkeit folgen, sondern sie solle die geistes- und sozial-
wissenschaftliche Grundlagenforschung unterstützen.

Die Antragsteller fordern angesichts aktueller nationaler und
globaler Entwicklungen, dass die Geistes- und Sozialwissen-
schaften organisatorisch und finanziell in die Lage versetzt
die Verbesserung finanzieller und personeller Ressourcen
aufzuheben.

werden, Beiträge zur Friedens- und Konfliktforschung, Bil-
dungs-, Umwelt- und Gesundheitsforschung, zur Forschung

Drucksache 16/5931 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zu Migrations- und Genderfragen sowie zum demographi-
schen Wandel zu leisten.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Nummer 1

Der mitberatende Auswärtige Ausschuss, Innenausschuss,
Finanzausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Techno-
logie, Verteidigungsausschuss, Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union und der Ausschuss für
Kultur und Medien haben jeweils mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktionen FDP und DIE LINKE. empfohlen, den An-
trag auf Drucksache 16/4161 anzunehmen.

Der mitberatende Haushaltsausschuss hat die Annahme des
Antrags auf Drucksache 16/4161 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen.

Zu Nummer 2

Der mitberatende Auswärtige Ausschuss, Innenausschuss,
Finanzausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Techno-
logie, Verteidigungsausschuss, Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union, Ausschuss für Kul-
tur und Medien sowie der Haushaltsausschuss haben
jeweils mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. empfohlen, den Antrag auf Drucksache 16/4153
abzulehnen.

Zu Nummer 3

Der mitberatende Auswärtige Ausschuss, Innenausschuss,
Finanzausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, Verteidigungsausschuss, Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union und der Aus-
schuss für Kultur und Medien haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfoh-
len, den Antrag auf Drucksache 16/4154 abzulehnen.

Der mitberatende Haushaltsausschuss hat ebenfalls die Ab-
lehnung des Antrags auf Drucksache 16/4154 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen.

Zu Nummer 4

Der mitberatende Innenausschuss, Finanzausschuss, Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union und der Aus-
schuss für Kultur und Medien haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE. die

Der mitberatende Verteidigungsausschuss hat die Ableh-
nung des Antrags auf Drucksache 16/4406 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung
von zwei Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthal-
tung der Fraktionen FDP sowie DIE LINKE. empfohlen.

Der mitberatende Haushaltsausschuss hat mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den
Antrag auf Drucksache 16/4406 abzulehnen.

Der mitberatende Auswärtige Ausschuss verzichtet auf die
Abgabe eines Votums zur Drucksache 16/4406.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlagen in seiner 32. Sitzung am
25. April 2007 beraten und empfiehlt:

Zu Nummer 1

Annahme des Antrags auf Drucksache 16/4161 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE.

Zu Nummer 2

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4153 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Zu Nummer 3

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4154 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimment-
haltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Nummer 4

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4406 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE.

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wird erklärt, dass
mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen auch vor dem Hin-
tergrund des Jahres der Geisteswissenschaften ein Zeichen
gegenüber der Gemeinde der Geistes- und Sozialwissen-
schaftler gesetzt worden sei, dass man ihre Belange ernst
nehme und ihre besonderen Leistungen anerkenne. Der An-
trag enthalte auch konkrete Maßnahmen zur Stärkung der
Geisteswissenschaften in Forschung und Lehre. Die Antrag-
steller zeigen sich erfreut über die breite Unterstützung
durch die Anträge der anderen Fraktionen. Entscheidend sei
jedoch nicht die Frage der politischen Harmonie, sondern
was den Geistes- und Sozialwissenschaften insgesamt nütze.

Der Antrag der FDP-Fraktion eigne sich für eine Zusammen-

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4406 empfoh-
len.

arbeit in dem angestrebten Sinne ganz besonders. Am An-
trag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird trotz

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/5931

einiger kompatibler Aussagen kritisiert, dass er im Wind-
schatten angestrebter geistes- und sozialwissenschaftlicher
Förderung auch gesellschaftspolitische Vorstellungen um-
setzen wolle.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. sei kaum anschluss-
fähig, da von zehn vorgeschlagenen Maßnahmen sieben mit
der beschlossenen Förderalismusreform und der Autonomie
der Hochschulen unvereinbar sei. Lediglich die Maßnahmen
zur Förderung der bedrohten kleinen Fächer und das Be-
kenntnis zur Brückenfunktion der Geisteswissenschaften
zeigten in die richtige Richtung.

Die Fraktion der CDU/CSU zieht das Fazit, dass der Koali-
tionsantrag die Etablierung von geistes- und sozialwissen-
schaftlichen Leuchttürmen unterstütze und den Dialog in der
Öffentlichkeit und in Universitäten über ihre grundlegende
Bedeutung und Leistungen der Geistes- und Sozialwissen-
schaften fördere.

Von Seiten der Fraktion der SPD wird den Geistes- und
Sozialwissenschaften in Deutschland eine hervorragende
Qualität im internationalen Vergleich bescheinigt. Jedoch
sehe man die Gefahr ihrer Marginalisierung bei der Akzent-
verschiebung bei der Rolle der Wissenschaften auf technolo-
gisch und wirtschaftlich umsetzbare Ergebnisse. Die Bun-
despolitik müsse im Rahmen ihrer Möglichkeiten hier
gegensteuern und die zentrale Bedeutung der Geistes- und
Sozialwissenschaften auch als Wirtschaftsfaktor und für die
Innovationsprozesse unterstreichen. Die Initiativen und
Schwerpunktsetzungen von Bundesministerin Dr. Annette
Schavan in diesem Sinne werden ausdrücklich anerkannt.

Die Antragsteller gehen auf einige Schwerpunkte ihres An-
trages ein. Die Chance der Geistes- und Sozialwissenschaf-
ten im Exzellenzwettbewerb und seine notwendige Gestal-
tung und Ausrichtung für eine aussichtsreiche Partizipation
werden angesprochen.

Der Wissenschaftsrat habe die geisteswissenschaftlichen
Zentren überwiegend positiv evaluiert. Bund und Länder
müssten sich jedoch für deren Eigenständigkeit an den
Hochschulen einsetzen. Allen Anträgen gemeinsam sei die
Sorge um die kleinen Fächer. Man sehe die Gefahr, dass sie
im Rahmen von Profilbildungen und Umstrukturierungen in
der Hochschullandschaft „unter den Tisch fallen könnten“.
Um dies zu vermeiden, wird eine vernünftige Koordinierung
dieser Umstrukturierungen gefordert.

Die Fraktion der SPD sieht die Notwendigkeit, den laufen-
den Exzellenzwettbewerb um einen Wettbewerb für heraus-
ragende Lehre an Universitäten zu ergänzen, der aber die
Qualitätssicherung der Lehre in der Breite nicht aus den
Augen verlieren dürfe. Eine qualitativ hochwertige Lehre
und die entsprechende Attraktivität für Studierende sollte im
System der Hochschulfinanzierung berücksichtigt werden.

Von Seiten der Fraktion der SPD wird bedauert, dass es trotz
eines hohen Maßes an Übereinstimmung in allen vorliegen-
den Anträgen nicht zu einem gemeinsamen Antrag gekom-
men sei als Signal an die Fachgemeinde und die Öffentlich-
keit, dass sich der Deutsche Bundestag geschlossen für die
Geistes- und Sozialwissenschaften einsetze.

Die Fraktion der FDP verweist auf ihre Reden im Plenum

im Jahr der Geisteswissenschaften als bewusstes Zeichen für
die Stärkung der Geistes- und Sozialwissenschaften gefor-
dert. Man müsse aber jetzt am Ende der Beratungen feststel-
len, dass die Chance leider vertan worden sei.

Der Antrag der Fraktion der FDP konzentriere sich auf fol-
gende Schwerpunkte:

Stärkung der geisteswissenschaftlichen Forschung in der
Max-Planck-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft so-
wie durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Entwick-
lung eines neuen Förderkonzeptes für die geisteswissen-
schaftlichen Zentren, Forschungskollegs und Zentren für
Regionalstudien. Mit Blick auf die Gefährdung der kleinen
Fächer wird eine Clearingstelle gefordert, die unkoordinierte
und flächendeckende Streichungen von Lehrstühlen verhin-
dern solle.

Es wird gefordert, das Jahr der Geisteswissenschaften auch
vor dem Hintergrund der Weiterbildungsoffensive der Bun-
desregierung für die Stärkung sozialer Kompetenzen,
Sprachförderung und Verbesserung der frühkindlichen Bil-
dung zu nutzen.

Der Bundesbildungsbericht sollte in Zukunft einen deut-
lichen Akzent auf den Stellenwert von geistes-, sozial- und
kulturwissenschaftlichen Unterrichtsinhalten, ferner auf die
Ausbildung der Kulturkompetenz „Sprache“ setzen. Die An-
tragsteller erwarten, dass auch die humanistische Bildung,
der bewusste Umgang mit kulturellen Traditionen im Fokus
des Jahres der Geisteswissenschaften steht.

Der Kultur- und Kreativwirtschaft wird angesichts der fast
einer Million Beschäftigten und eines Jahresumsatzes von
126 Mrd. Euro eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zuge-
messen. Daher sollten die Kulturwissenschaften bei der
Schwerpunktsetzung auf die Geisteswissenschaften integ-
riert werden.

Die Fraktion der FDP erklärt, dass sie nach wie vor zu einem
gemeinsamen Antrag bereit sei.

Auch von Seiten der Fraktion DIE LINKE. wird eine große
Schnittmenge in den vorliegenden Anträgen erkannt, so dass
gute Voraussetzungen für einen gemeinsamen Antrag vor-
lägen. Man wolle sich mit der Fraktion der CDU/CSU, die
offensichtlich auf der Grundlage vergangener interner Be-
schlüsse nicht mit der Fraktion DIE LINKE. in einem
gemeinsamen Antrag kooperieren wolle, inhaltlich ausein-
andersetzen und keine alten Vorurteile weiter pflegen.

Der eigene Antrag basiere auf der Herangehensweise des
Wissenschaftsrates bei der Bewertung der Geistes- und So-
zialwissenschaften:

Problembeschreibung, Analyse und Lösungsvorschläge. Die
Frage der Zuständigkeiten spiele daher zunächst keine Rolle.
Die Antragsteller betonen, sie hätten bei der Formulierung
des Antrags die Ergebnisse der Förderalismusreform stets im
Blick gehabt.

Vor diesem Hintergrund wird die Gründung eines Diskus-
sionsforums vorgeschlagen unter dem Arbeitstitel „Perspek-
tiven, Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften“. Dieses
Forum werde auch im Lichte der Ergebnisse der Förderalis-
musreform arbeiten. Der Bund sollte sich hüten, zu sehr seg-
mentiert zu denken. Die Antragsteller sehen zurzeit das
angesichts der Einbringung der vorliegenden Anträge. Man
habe damals bereits eine überfraktionelle Zusammenarbeit

Hauptproblem im Bereich der Lehre. Daher werde im Antrag
auch dort ein Schwerpunkt gesetzt.

der Auffassung der Fraktionen SPD, FDP und DIE LINKE.
an, dass ein gemeinsamer Antrag ein positives Signal im Jahr
der Geisteswissenschaften hätte sein können. Der von Seiten
einer Regierungsfraktion im Nachhinein vermittelte Ein-
druck, zwischen einigen der vorliegenden Anträge lägen
Welten, erschlösse sich bei näherer Betrachtung nicht. Es
wird hinterfragt, ob es langfristig durchzuhalten sei, Integra-
tionsangebote von Fraktionen in Einzelfällen abzulehnen. Es
hätte auch ein schönes Zeichen gegenüber der Bundesregie-
rung werden können, wenn der zuständige Bundestagsaus-
schuss kollektiv die rasche Umsetzung der Empfehlungen
des Wissenschaftsrates im Hinblick auf die Kolleg-Forscher-
gruppen und Fellow-Programme gelobt hätte.

Die Antragsteller weisen auf die Gemeinsamkeiten in den
Anträgen hin: Weiterentwicklung- und -finanzierung der
geisteswissenschaftlichen Forschung, Aufwertung der For-
schungsverbünde zwischen Geistes- und Naturwissenschaf-
ten und die Sorge um die kleinen Fächer.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weist auf die
Gleichstellungsproblematik gerade auch in den Geistes- und
Sozialwissenschaften hin. Die Schere zwischen dem Anteil
der Frauen an den Studierenden und auch noch an den Dok-
toranden und der Professorenebene sei dort, in Relation zu
den Naturwissenschaften, noch größer.

Die Antragsteller sprechen das Problem der Entwicklung an-
gemessener Bewertungskriterien für die Geistes- und Sozial-
wissenschaften an. Es müsse ein institutioneller Rahmen ge-
schaffen werden, wo diese Strategiefrage gemeinsam disku-
tiert und gelöst werden könne.

Auf den Vorwurf von Seiten der Fraktion der CDU/CSU, die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verfolge mit ihrer
Schwerpunktsetzung ihre spezifischen politischen Interes-
sen, wird entgegnet, dass mit der Stärkung der Bildungs- und
Demokratieforschung auf aktuelle wichtige Herausforderun-
gen reagiert werde; das politische Interesse sei natürlich ge-
geben, aber in dieser Frage zweitrangig.

Berlin, den 4. Juli 2007

Johann-Henrich Krummacher
Berichterstatter

Swen Schulz (Spandau)
Berichterstatter

Patrick Meinhardt
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Krista Sager
Berichterstatterin
Drucksache 16/5931 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zu den Forschungskollegs wird ausgeführt, dass sie zwar in
der Lage seien, die Forschung zu stärken, man sehe aber die
Gefahr der Schwächung der Lehre und des Abzugs von
Lehrpersonal. Die Lehre spiele im Bologna-Prozess eine be-
sondere Rolle; und es seien vor allem Frauen, die das Lehr-
potential stellten. Diese Aspekte müssten stärker in der De-
batte berücksichtig werden.

Die Antragsteller erklären zum Vorschlag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eine Exzellenz-Initiative für
die Lehre aufzulegen, dass man das Prinzip der Exzellenz-
initiative umkehren müsse: Auf der Grundlage von Kriterien
für eine qualifizierte Lehre müssten Förderprinzipien abge-
leitet und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.

Die Forderung einer Exzellenzinitiative für Geistes-, Sozial-
und Kulturwissenschaften im Antrag der FDP-Fraktion wird
kritisiert, da sie die Ungleichheit der Hochschulen verstärke
und sich kontraproduktiv auf die kleinen Fächer auswirken
werde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schließt sich

Es wird befürchtet, dass die kleinen Fächer unter Umständen
auch der verstärkten Autonomie der Hochschulen zum Opfer
fallen könnten. Es bedürfe konkreter Anreize und verbind-
licher Übereinkünfte, um die Existenz der kleinen Fächer
langfristig zu sichern. Es dürfe auch keine Verantwortung für
die Lehre unter dem Vorwand der Förderalismusreform ab-
gegeben werden.

Zum Thema „Exzellenzinitiative“ wird ausgeführt, dass sie
nicht die einzige Lösung für den Zustand in der Lehre sei.
Eine Universität sollte aber das Prädikat „Exzellenz“ nur be-
kommen, wenn die Lehre dort auch exzellent sei. Wettbe-
werb werde an dieser Stelle – im Gegensatz zur Auffassung
der Fraktion DIE LINKE. – durchaus als Katalysator gese-
hen. Sorge bereite die schlechte Betreuungsrelation zwi-
schen Lehrenden und Studierenden, die enorme Verschulung
und Spezialisierung bei der Einführung des Bachelors im
Rahmen des Bologna-Prozesses. Daher sei eine bessere Ver-
zahnung von Fachwissenschaft, Pädagogik und Didaktik in
der Lehrerausbildung notwendig.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.