BT-Drucksache 16/5927

zu dem Antrag der Abgeordneten Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Martina Krogmann, Hans-Joachim Fuchtel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Uwe Küster, Dr. Rainer Wend, Dr. h. c. Susanne Kastner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -16/5602- Den Wettbewerb stärken, den Einsatz offener Dokumentenstandards und offener Dokumentenaustauschformate fördern

Vom 4. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5927
16. Wahlperiode 04. 07. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Martina Krogmann,
Hans-Joachim Fuchtel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Uwe Küster, Dr. Rainer Wend, Dr. h. c. Susanne
Kastner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 16/5602 –

Den Wettbewerb stärken, den Einsatz offener Dokumentenstandards und offener
Dokumentenaustauschformate fördern

A. Problem

Schaffung und Förderung international akzeptierter, offener Dokumentenstan-
dards für die Erstellung und Speicherung digitaler Dokumente.

B. Lösung

Annahme des Antrags in geänderter Fassung mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Frak-
tion der FDP

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/5927 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:

den Antrag auf Drucksache 16/5602 in folgender Fassung anzunehmen.

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Informations- und Kommunikationstechnologien haben im Alltag eine nicht
mehr wegzudenkende Bedeutung erlangt. Privatpersonen, Unternehmen und die
öffentliche Hand sind auf eine funktionierende und stets verfügbare IT-Infra-
struktur angewiesen. Der Einsatz von Informationstechnologie schafft enorme
wirtschaftliche und gesellschaftliche Chancen.

Die Weiterentwicklung dieser Technologie ist entscheidend, um auch in Zukunft
international konkurrenzfähige Produkte und Dienstleistungen anbieten zu kön-
nen.

Die globale Wissens- und Informationsgesellschaft ist weiter fortgeschritten, als
vielfach wahrgenommen wird. Informationen und Wissen werden zu immer
wichtigeren Rohstoffen und werden verstärkt in Form von digitalen Dokumen-
ten und Daten ausgetauscht, verarbeitet und abgespeichert.

Die Bundesregierung hat mit dem nationalen IT-Gipfel ein Signal für den Stand-
ort Deutschland gesetzt. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft wollen Deutsch-
land in der Informations- und Kommunikationstechnik an die Weltspitze heran-
führen. Der Beitrag von Normen und Standards zum Bruttoinlandsprodukt wird
allein für Deutschland auf ca. 16 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt und entspricht so-
mit etwa einem Drittel des Wirtschaftswachstums. Deutsche Normen werden im
Ausland bei der Ausschreibung von Investitionsgütern (Kraftwerke, Maschinen-
bau, Elektrotechnik) referenziert.

Wer die Standards setzt, dominiert den Markt.

Aktuell findet gerade ein intensiver Wettbewerb um die Setzung von Standards
für das hochauflösende Fernsehen statt.

Deutschland ist auch deshalb zum Exportweltmeister aufgestiegen, weil in vie-
len technischen Bereichen, wie zum Beispiel dem Maschinenbau oder der Kom-
munikationstechnik, die Nutzung offener Standards eine Selbstverständlichkeit
ist.

Bei der Erstellung und Speicherung digitaler Dokumente wird derzeit aber noch
weitgehend auf herstellerabhängige, nicht öffentlich dokumentierte Formate zu-
rückgegriffen, obwohl auch hier mittlerweile Alternativen in Form von genorm-
ten Standards vorliegen oder in der Entwicklung sind. Hier vollziehen sich dy-
namische Entwicklungen, die die genannten Probleme lösen wollen.

Im Internet haben offene Standards von Anfang an eine herausgehobene Rolle
gehabt. Der Siegeszug des World Wide Webs wäre ohne den offenen HTML-
Standard wohl kaum denkbar gewesen. HTML ist ein gelungenes Beispiel eines
vollständig offenen Formats. Im Bereich der Dokumentenverarbeitung besteht
hinsichtlich der Nutzung offener Standards ein deutlicher Nachholbedarf.

Der Einsatz offener Standards in diesem Bereich kann Märkte öffnen oder neue
Märkte schaffen. Offene Standards ermöglichen es mehreren Herstellern, Pro-
dukte zur Unterstützung eines solchen Standards zu entwickeln. Damit wird für
den Verbraucher die Möglichkeit geschaffen, zwischen verschiedenen Produk-

ten zu wählen. Wahlfreiheit schafft Konkurrenz und beflügelt somit Wettbewerb
und Innovation.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5927

Für den Wirtschaftsstandort Deutschland mit seiner überwiegend mittelstän-
disch strukturierten Softwarebranche ist unverzichtbar, dass der Zugang dieser
Unternehmen zu den entsprechenden Standards ungehindert und diskriminie-
rungsfrei möglich ist.

Für alle Beteiligten muss der Austausch von Dokumenten und Daten zwischen
Behörden, Unternehmen und Bürgern ohne große technische Hindernisse mög-
lich sein. Die öffentliche Verwaltung muss besonderen Wert darauf legen, nie-
manden von der Beteiligung an einem elektronischen Verfahren aufgrund der
Nutzung eines bestimmten Produktes auszuschließen.

Standards sollen dann als offen betrachtet werden, wenn sie den Austausch
zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen ermöglichen und aus-
reichend dokumentiert sind. Die Schnittstellen müssen offengelegt und die
technischen Spezifikationen umsetzbar sein. Die Ausgestaltung der Nutzungs-
bedingungen soll dabei den Vorgaben der internationalen Standardisierungsor-
ganisationen entsprechen.

Die Vernachlässigung offener Standards im Bereich der Dokumentenverarbei-
tung und des Dokumentenaustauschs wird mit weiter zunehmender Digitalisie-
rung unseres Wissens bereits bestehende Abhängigkeiten erhöhen.

Offene Dokumentenaustauschformate können zudem die Weiterverarbeitung
von Dokumenten und Daten durch unterschiedliche Benutzer auf unterschiedli-
chen Systemen erheblich erleichtern. Aus diesen Gründen kommt der Weiterent-
wicklung und Förderung von offenen Dokumentenstandards und offenen Doku-
mentenaustauschformaten eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung zu.

Der Weg der Digitalisierung wird weiter fortschreiten und sich auch aufgrund
der Bestrebungen der Bundesregierung in den verschiedenen eGovernment-Pro-
jekten weiter beschleunigen. Zunehmend wird sich auch die Frage der langfris-
tigen Archivierbarkeit von digitalen Daten und deren langfristige Abrufbarkeit
stellen.

Ohne offene Standards laufen wir Gefahr, in der Zukunft entweder irgendwann
das gespeicherte Wissen nicht mehr vollständig abrufen zu können oder aber für
die immer wiederkehrende Konvertierung der gespeicherten Dokumente in neue
wiederum herstellerabhängige Formate erhebliche Mittel aufwenden zu müssen.
Dabei werden wir unter Umständen Verluste im Bereich der Formatierung hin-
nehmen oder hohen manuellen Nachbereitungsaufwand treiben müssen.

Regierung und Parlament sind hier nicht nur als Exekutive und Legislative son-
dern auch als Marktteilnehmer gefordert.

Daraus erwächst für die öffentliche Hand die politische Verantwortung, sich für
die Schaffung offener Märkte einzusetzen. Es ist anzustreben, dass alle öffent-
lichen Stellen durch ihr Nachfrageverhalten offene Standards unterstützen.

Durch die Entscheidung für den Einsatz von offenen Standards im Bereich digi-
taler Dokumente können die Weichen zum Abbau bereits bestehender Abhän-
gigkeiten gestellt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf,

1. das Bewusstsein von Verwaltung, Wirtschaft und Bürgern für die Bedeutung
international akzeptierter, offener Dokumentenstandards umfassend zu för-
dern;

2. im eigenen Geschäftsbereich, immer dort wo es möglich ist, international ak-
zeptierte, offene Dokumentenstandards einzusetzen und in den entsprechen-

den Gremien der Europäischen Union, des Bundes und der Länder auf ein
entsprechend koordinierteres Vorgehen hinzuwirken;

Drucksache 16/5927 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Vorschläge für politische Initiativen zu machen, um die Bundesbehörden auf
offene Dokumentenstandards zu verpflichten;

4. zu prüfen, ob es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um bei der Beschaffung
von Informationstechnologie für die öffentliche Hand im Rahmen des gelten-
den Vergaberechts offene Dokumentenstandards als Teil der Leistungsbe-
schreibung zwingend vorzugeben und diese gegebenenfalls umzusetzen;

5. die Wirtschaft bei der Entwicklung und Nutzung international akzeptierter,
offener Dokumentenstandards zu fördern;

6. im Rahmen der Förderung von Forschung und Wissenschaft auf die Publika-
tion und Ablieferung von Ergebnissen in offenen Dokumentenstandards hin-
zuwirken;

7. an der Neu- und Fortentwicklung offener Standards und Dokumentenaus-
tauschformate mitzuwirken;

8. für die Bereiche, in denen herstellerabhängige Dokumentenformate de facto
dominieren, aber international akzeptierte, offene Dokumentenformate exis-
tieren, Migrationspfade hin zu diesen Formaten aufzuzeigen und mittelfristig
die Migration durchzuführen.

Berlin, den 4. Juli 2007

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Edelgard Bulmahn Martin Zeil
Vorsitzende Berichterstatter

des Wissens weiter zunimmt.
Der Ausschuss für Kultur und Medien hat die Vorlage in
Die Regierung wird aufgerufen, international akzeptierte,
offene Dokumentenstandards einzusetzen, wo immer dies
möglich ist, und die Bundesbehörden auf diese Standards zu

seiner 38. Sitzung am 4. Juli 2007 beraten. Er empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/5927

Bericht des Abgeordneten Martin Zeil

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 16/5602 wurde in der 103. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 14. Juni 2007 an den
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie zur federführen-
den Beratung sowie den Innenausschuss, den Rechtsaus-
schuss, den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, den Ausschuss für Arbeit und Soziales,
den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung, den Ausschuss für Kultur und Medien, den
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
sowie den Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt des Antrags

Nach Auffassung der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU
und SPD soll die Bundesregierung das Bewusstsein in der
Verwaltung, in der Wirtschaft und bei den Bürgern für die
Bedeutung international akzeptierter, offener Dokumenten-
standards fördern. Zur Begründung weisen die Koalitions-
fraktionen darauf hin, dass Deutschland auch deshalb zum
Exportweltmeister aufgestiegen sei, weil auf vielen techni-
schen Gebieten wie dem Maschinenbau oder der Kommuni-
kationstechnik offene Standards eine Selbstverständlichkeit
seien. Zur Erstellung und Speicherung digitaler Dokumente
werde zurzeit noch weitgehend auf herstellerabhängige,
nicht öffentlich dokumentierte Formate zurückgegriffen, ob-
wohl es auch hier inzwischen Alternativen in Form genorm-
ter Standards gebe. Im Internet hätten offene Standards von
Anfang an eine herausgehobene Rolle gespielt. Der offene
HTML-Standard sei ein gelungenes Beispiel eines vollstän-
dig offenen Formats. Bei der Dokumentenverarbeitung gebe
es einen deutlichen Nachholbedarf, was die Nutzung offener
Standards angeht. Deren Einsatz könne Märkte öffnen oder
neue Märkte schaffen. Die offenen Standards ermöglichten
es mehreren Herstellern, Produkte zur Unterstützung eines
solchen Standards zu entwickeln. Damit werde für den Ver-
braucher die Möglichkeit geschaffen, zwischen verschiede-
nen Produkten zu wählen. Die öffentliche Verwaltung müsse
besonderen Wert darauf legen, niemanden von der Beteili-
gung an einem elektronischen Verfahren aufgrund der Nut-
zung eines bestimmten Produktes auszuschließen.

Standards sollten nach Auffassung der Fraktionen dann als
offen betrachtet werden, wenn sie den Austausch zwischen
verschiedenen Plattformen und Anwendungen ermöglichen
und ausreichend kommentiert sind. Die Schnittstellen müss-
ten offengelegt, die technischen Spezifikationen auch um-
setzbar sein, und ihre Nutzung müsse zu fairen und diskri-
minierungsfreien Bedingungen lizenziert werden. Dagegen
werde die Vernachlässigung offener Standards bei der Doku-
mentenverarbeitung und beim Dokumentenaustausch vor-
handene Abhängigkeiten erhöhen, wenn die Digitalisierung

Dokumentenstandards als Teil der Leistungsbeschreibung
zwingend vorgeschrieben werden können. Die Wirtschaft
müsse bei der Entwicklung und Nutzung dieser Standards
unterstützt werden. Dort, wo herstellerabhängige Dokumen-
tenformate tatsächlich dominieren, es zugleich aber offene
Dokumentenformate gibt, müsse mittelfristig der Übergang
zu den offenen Formaten angestrebt werden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Drucksache 16/5602
verwiesen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 45. Sitzung
am 20. Juni 2007 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktionen
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des
Antrags.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 71. Sitzung
am 4. Juli 2007 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP die Annahme des
Antrags in der Fassung des Änderungsantrags der Koali-
tionsfraktionen auf Ausschussdrucksache 16(9)728.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat die Vorlage in seiner 51. Sitzung am
4. Juli 2007 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der FDP die Annahme des
Antrags in der Fassung des Änderungsantrags der Koali-
tionsfraktionen auf Ausschussdrucksache 16(9)728.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Vorlage in
seiner 57. Sitzung am 4. Juli 2007 beraten. Er empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE.
die Annahme des Antrags in der Fassung des Änderungs-
antrags der Koalitionsfraktionen auf Ausschussdrucksache
16(9)728.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlage in seiner 39. Sitzung am
20. Juni 2007 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP die Annahme des
Antrags.
verpflichten. Zu prüfen sei, ob bei der Beschaffung von
Informationstechnologie für die öffentliche Hand offene

90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der
FDP die Annahme des Antrags in der Fassung des Ände-

Drucksache 16/5927 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

rungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Ausschussdruck-
sache 16(9)728.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat die Vorlage in seiner 37. Sitzung am 4. Juli 2007
beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP die Annahme des Antrags.

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage in seiner 47. Sit-
zung am 4. Juli 2007 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE. die Annah-
me des Antrags in der Fassung des Änderungsantrags der
Koalitionsfraktionen auf Ausschussdrucksache 16(9)728.

IV. Abgelehnte Änderungsanträge
a) Änderungsantrag der Fraktion der FDP (Ausschuss-

drucksache 16(9)745)

Der folgende von der Fraktion der FDP auf Ausschussdruck-
sache 16(9)745 eingebrachte Änderungsantrag fand im Aus-
schuss keine Mehrheit:

Der Ausschuss wolle beschließen:

1. Abs 13, Feststellungsteil:

„Standards sollen dann als „offen“ betrachtet werden, wenn
sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und
Applikationen ermöglichen und ausreichend dokumentiert
sind. Die Schnittstellen müssen offen gelegt und die techni-
schen Spezifikationen umsetzbar sein. Die Ausgestaltung der
Nutzungsbedingungen soll dabei den Vorgaben der interna-
tionalen Standardisierungsorganisationen entsprechen.“

Soll geändert werden in:

„Standards sollen dann als „offen“ betrachtet werden, wenn
sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und
Applikationen ermöglichen und ausreichend dokumentiert
sind. Die Ausgestaltung des Standards soll den Vorgaben der
EU entsprechen, wie sie im „European Interoperability
Framework for Pan-European eGovernment Services“ der
Europäischen Kommission definiert sind, d. h. die Schnitt-
stellen müssen offen gelegt, die technischen Spezifikationen
auch umsetzbar sein und ihre Nutzung soll ohne Gebühren
oder sonstige Lizenzbedingungen erlaubt sein.“

2. Punkt 8 wird wie folgt geändert:

Die Worte „mittelfristig die Migration durchzuführen“ wer-
den ersetzt durch die Worte „Kosten und sonstigen Aufwand
für eine Umstellung zu ermitteln“

Begründung:

Zu 1.)

Die „Internationale Standardisierungsorganisationen“ wer-
den von der Koalition nur sehr unzureichend definiert.
Daraus ergibt sich auch eine nur unzureichende und even-
tuell zu unspezifische Definition von „Offenen Standards“.

Gemäß Empfehlungen der Europäischen Kommission für den

europa.eu.int/idabc/en/document/3761) kann von einem
„offenen Standard“ nur gesprochen werden, wenn folgende
Bedingungen erfüllt sind:

1. Der Standard wird von einer gemeinnützigen Organisa-
tion beschlossen und gepflegt und in einer offenen (kon-
sens- oder mehrheitsbasierten) Weise entwickelt, die allen
interessierten Parteien eine Einflussnahme ermöglicht.

2. Der Standard ist veröffentlicht. Die Spezifikation ist
entweder frei oder gegen eine genannte Schutzgebühr
verfügbar und darf frei oder gegen Gebühr kopiert und
weitergegeben werden.

3. Soweit der Standard oder Teile davon gewerblichen
Schutzrechten (Patenten) unterliegt, sind diese unwider-
ruflich gebührenfrei nutzbar.

4. Die Wiederverwendung des Standards unterliegt keinen
Einschränkungen.

Der Antrag der Koalitionsfraktionen beinhaltet eine Um-
definition von „offener Standard“, die der EU-Definition
widerspricht.

Zu 2.)

Der Punkt kann zu erheblichen Mehrbelastungen führen, die
durch die unklare Formulierung und die fehlende Abschät-
zung des finanziellen Aufwandes nicht kalkulierbar sind. Be-
vor eine Durchführung angestrebt wird, muss zuerst der Kos-
tenrahmen kalkuliert werden.

b) Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. (Ausschuss-
drucksache 16(9)716)

Ferner fand der folgende von der Fraktion DIE LINKE. auf
Ausschussdrucksache 16(9)716 eingebrachte Änderungsan-
trag im Ausschuss keine Mehrheit:

A. Änderung

Abs. 13, Feststellungsteil

Die Formulierung:

„Standards sollen dann als ‚offen’ betrachtet werden, wenn
sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und
Applikationen ermöglichen und ausreichend dokumentiert
sind. Die Schnittstellen müssen offen gelegt, die technischen
Spezifikationen auch umsetzbar sein, und ihre Nutzung muss
zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen lizenziert
werden.“;

soll geändert werden in:

„Standards sollen dann als ‚offen’ betrachtet werden, wenn
sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und
Applikationen ermöglichen und ausreichend dokumentiert
sind. Die Schnittstellen und der Quellcode müssen offen ge-
legt, die technischen Spezifikationen auch umsetzbar sein,
und ihre Nutzung muss zu fairen und dauerhaft gebühren-
freien Konditionen lizenziert werden.“

B. Begründung

Der Antrag der Koalitionsfraktionen beinhaltet eine Um-
definition „offener Standards“. Tatsächlich gemeint, davon
zeugt die Formulierung „fair und diskriminierungsfrei“
öffentlichen Behördenverkehr (European Interoperability
Framework for panEuropean eGovernment Services, http://

(Reasonable and Non-Discriminatory [RAND]), sind
„unfreie Standards“. So genannte „unfreie“ oder „RAND-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/5927

Standards“ zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Implemen-
tierung nicht lizenzfrei erfolgt.

Laut dem von der EU-Kommission betriebenen Programm
„Interoperable Delivery of European eGovernment Services
to public Administrations, Business and Citizens” (IDABC)
sind Standards dann offen, wenn:

– Der Standard von einer gemeinnützigen Einrichtung an-
genommen und aktualisiert wird und seine laufende
Weiterentwicklung auf der Grundlage offener Entschei-
dungsfindungsverfahren erfolgt, die allen Interessierten
offen stehen (Konsens- oder Mehrheitsentscheid etc.).

– Der Standard veröffentlicht wurde und die Standardspezi-
fikationen entweder kostenlos oder gegen ein nominelles
Entgelt erhältlich sind. Es muss allen erlaubt sein, den
Standard kostenlos oder gegen ein nominelles Entgelt zu
vervielfältigen, zu verteilen und zu nutzen.

– Das geistige Eigentum – i. e. eventuell bestehende Patente
– am Standard oder Teilen davon unwiderruflich unent-
geltlich zugänglich gemacht wird.

– Die Wiederverwendung des Standards keinen Einschrän-
kungen unterliegt.

(Vgl. European Interoperability Framework for PanEuro-
pean eGovernment Services. Version 1.0. Luxembourg:
Office for Official Publications of the European Communi-
ties, 2004. ISBN 92-894-8389-X. S. 9.)

Wie die wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung der EU-
Kommission mit Microsoft zeigt, sind es gerade die ver-
gleichsweise restriktiven RAND-Konditionen, die es dem
Konzern erlauben, EU-Auflagen zur Bereitstellung von
Kommunikationsprotokollen an Dritte zu unterlaufen, und
die es ferner in der Praxis verhindern, dass die zur Verfü-
gung gestellten Schnittstelleninformationen in konkurrieren-
den Open-Source-Projekten zum Einsatz kommen.

Die bewusste Abweichung von den Empfehlungen der EU-
Kommission für den Behörden-, Geschäfts- und Öffentlich-
keitsverkehr in der Definition „offener Standards“ wird das
Gegenteil von dem erreichen, was die Fraktionen von CDU/
CSU und SPD vorgeben, in ihrem Antrag zu fordern. Eine
Lex Microsoft im Bereich von Dokumentenstandards gilt es
zu verhindern. Um Monopolstrukturen aufzubrechen, ist
stattdessen eine breitere staatliche Unterstützung für freie
Software erforderlich.

c) Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN (Ausschussdrucksache 16(9)739)

Schließlich fand folgender Änderungsantrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache
16(9)739 im Ausschuss keine Mehrheit:

Der Bundestag wolle beschließen:

1. Änderung

Die Formulierung Absatz 13 auf Seite 2:

„Standards sollen dann als ,offen‘ betrachtet werden, wenn
sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und
Applikationen ermöglichen und ausreichend dokumentiert

zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen lizenziert
werden.“

soll wie folgt geändert werden in:

„Standards sollen dann als ’offen’ betrachtet werden, wenn
sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und
Applikationen ermöglichen und ausreichend dokumentiert
sind. Die Ausgestaltung des Standards soll den Vorgaben der
Europäischen Union entsprechen, wie sie im Europäischen
Interoperablitäts-Rahmenwerk der Europäischen Kommis-
sion definiert sind, d.h. die Schnittstellen müssen offen ge-
legt, die technischen Spezifikationen auch umsetzbar sein
und ihre Nutzung soll für jedermann ohne Gebühren oder
sonstige Lizenzbedingungen erlaubt sein.“

2. Begründung

Nach der vom Antragsteller genutzten Definition soll die
Nutzung „offener Standards“ zu fairen und diskriminie-
rungsfreien Konditionen erfolgen. Mit „fair“ und „diskrimi-
nierungsfrei“ werden aber üblicherweise Bedingungen be-
zeichnet, bei denen Benutzer Geld bezahlen oder sonstige
Leistungen erbringen müssen.

Der Antrag beabsichtigt die Informationstechnologie wei-
terzuentwickeln, um auch in Zukunft international konkur-
renzfähige Produkte und Dienstleistungen anbieten zu
können und die weitgehende Praxis zu ändern, bei der Er-
stellung und Speicherung digitaler Dokumente auf herstel-
lerabhängige Formate zurückzugreifen. Um diese Ziele zu
erreichen, müssen offene Standards jedoch dahingehend
definiert sein, dass der Standard von einer gemeinnützigen
Organisation beschlossen und gepflegt wird, der Standard
veröffentlicht ist, die Spezifikation frei ist oder gegen eine
genannte Schutzgebühr verfügbar ist, der Standard unwider-
ruflich gebührenfrei nutzbar ist und die Wiederverwendung
des Standards keinen Einschränkungen unterliegt.

V. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag auf Drucksache 16/5602 in seiner 41. Sitzung am
4. Juli 2007 abschließend beraten. Zur Beratung brachten die
Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag auf Ausschuss-
drucksache 16(9)728 ein. Ferner lagen zur Abstimmung
Änderungsanträge der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf den Ausschussdrucksachen
16(9)716, 16(9)739 und 16(9)745 vor.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD erläu-
terten, in dem Antrag gehe es um die für die Wissens- und
Informationsgesellschaft zentrale Frage, wie für alle ein dis-
kriminierungsfreier Zugang zu Informationen und Wissen
gewährleistet werden könne. Gegenwärtig kämen immer
noch unterschiedliche Dokumentenstandards zum Einsatz.
Dies erschwere die Archivierung, Speicherung, Übertragung
und Verarbeitung von Daten. Oft gebe es erhebliche Kompa-
tibilitätsprobleme. Offene Standards seien im Gegensatz da-
zu interoperabel, transparent und für jedermann zugänglich.
Durch den vorliegenden Antrag solle das Bewusstsein in
Wirtschaft, Verwaltung und bei den Bürgern für das Verwen-
sind. Die Schnittstellen müssen offen gelegt, die technischen
Spezifikationen auch umsetzbar sein, und ihre Nutzung muss

den offener Dokumentenstandards gefördert werden. Gerade
auch bei großen eGovernment-Projekten solle die Bundes-

Berlin, den 4. Juli 2007

Martin Zeil
Berichterstatter
Drucksache 16/5927 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

regierung darauf achten, vornehmlich offene Dokumenten-
standards zu verwenden.

Die Fraktion der FDP betonte, auch sie begrüße und teile
die in dem Antrag enthaltene Zielrichtung. Es komme in der
Tat darauf an, den Wettbewerb in diesem Bereich zu stärken
und einer Monopolsitzung entgegenzuwirken. Allerdings
bleibe der Antrag der Koalitionsfraktionen bei der Frage,
was denn als offene Standards anzusehen sein, zu sehr im
Unklaren. In diesem Aspekt wäre es richtig gewesen, mehr
auf die klaren Vorgaben und Definitionen durch die EU-
Kommission einzugehen. Bei der Frage der Migration müss-
te die Bundesregierung aufgefordert werden, zuerst die Kos-
ten eines solchen Schrittes zu ermitteln.

Die Fraktion DIE LINKE. sah es als problematisch an, dass
sich der Antrag nach ihrer Einschätzung auf die internatio-
nalen Standardorganisationen zurückziehe. Die Bundes-
regierung sollte bei der Definition offener Standards nicht
hinter die Vorgaben der EU-Kommission zurückfallen. Die
Gebühren- und Nutzungsbedingungen würden von interna-
tionalen Standardorganisationen nicht geklärt. Die Nut-
zungsbedingungen sollten zumindest auch mit den Lizenz-
modellen der freien offenen Software kompatibel sein.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schloss sich
den Forderungen der anderen Oppositionsfraktionen nach
einer klareren Definition dieses Standards an.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen

FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung des Änderungsantrags der Fraktion der FDP auf
Ausschussdrucksache 16(9)745.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung des Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE.
auf Ausschussdrucksache 16(9)716.

Der Ausschuss beschloss ferner mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung der Änderungsantrags der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 16(9)739.

Ferner beschloss der Ausschuss mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Annahme des Änderungsantrags der Koalitionsfraktio-
nen der CDU/CSU und SPD auf Ausschussdrucksache
16(9)728.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP, dem Deutschen Bundestag
die Annahme des Antrags auf Drucksache 16/5602 in der
Fassung des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen der
CDU/CSU und SPD auf Ausschussdrucksache 16(9)728 zu
empfehlen.

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