BT-Drucksache 16/5835

Bundeswildwegeplan als Ergänzung zum Bundesverkehrswegeplan

Vom 25. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5835
16. Wahlperiode 25. 06. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Undine Kurth (Quedlinburg),
Winfried Hermann, Peter Hettlich, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Reinhard Loske, Nicole Maisch
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bundeswildwegeplan als Ergänzung zum Bundesverkehrswegeplan

Die Zerschneidung von Lebensräumen hat in den vergangenen Jahrzehnten stark
zugenommen. Die Zahl der großen unzerschnittenen Räume ist dramatisch zu-
rückgegangen. Die Fragmentierung der Landschaft und die damit verbundene
Isolation von Lebensräumen für viele Pflanzen und Tiere werden – nicht zuletzt
in dem vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,
Sigmar Gabriel, vorgelegten Entwurf der nationalen Strategie zur biologischen
Vielfalt – als eine der schwerwiegendsten Hauptursachen für das Aussterben
von Arten und den Verlust von Biodiversität angesehen. Eine sichtbare Folge der
Zerschneidung von Lebensräumen durch Straßen ist die große Zahl von Wild-
unfällen.

Obwohl das Problem schon lange bekannt ist und in anderen Ländern, wie
der Schweiz und den Niederlanden, bereits seit Jahren umfangreiche Maß-
nahmen zur „Landschaftsentschneidung“ ergriffen werden, wird die Thematik
in Deutschland bei vielen Straßenplanungen immer noch zu wenig berücksich-
tigt. Es existieren praktisch keine Planungen, um die Barrierewirkung des be-
stehenden Straßennetzes für Wildtiere zu entschärfen.

Um diesen Missstand zu begegnen, wird die Schaffung von Wildwechsel-
möglichkeiten eines bundesweiten Wildwegeplans vorgeschlagen. Ein Bundes-
wildwegeplan als Ergänzung des Bundesverkehrswegeplans wäre ein zentrales
Element zur Umsetzung des gesetzlich vorgeschriebenen Biotopverbundes
sowie zur Kohärenz des EU-Schutzgebietsnetzes Natura 2000, das bisher im
Wesentlichen aus einzelnen Gebietsmeldungen besteht, nicht aber den Anfor-
derungen eines „Netzes“ und damit einer Vernetzung genügt.

Angelehnt an den Begriff des „Bundesverkehrswegeplans“ hat der Naturschutz-
bund Deutschland e. V. (NABU) am 12. Februar 2007 einen detaillierten „Bun-
deswildwegeplan“ vorgelegt. Stellvertretend für viele andere Arten wurden hier-
bei Wolf, Wildkatze, Luchs, Rothirsch und Otter in den Blick genommen und
Wanderungskorridore und Konfliktstellen identifiziert. Bundesweit wurden 125
Konfliktpunkte des „vordringlichen Bedarfs“ identifiziert.

Im Strategischen Plan des Übereinkommens zum Schutz der Biologischen Viel-
falt (CBD) wurde das Ziel festgelegt, bis 2010 die gegenwärtige Rate des Ver-
lustes an Artenvielfalt signifikant zu reduzieren. Die Europäische Union ging
einen Schritt weiter und formulierte das Ziel, bis zum Jahr 2010 das Arten-
sterben gänzlich zu stoppen (Beschluss 2002 in Göteborg). Als Gastgeberin der
9. Vertragsstaatenkonferenz der CBD im Mai 2008 in Bonn muss Deutschland

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Vorbild beim Schutz der biologischen Vielfalt sein. Die Ausrichtung der Ver-
tragsstaatenkonferenz gibt der Bundesregierung die einmalige Möglichkeit, ihr
Engagement für den Naturschutz im internationalen Rahmen zu unterstreichen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Ausmaß der
Zerschneidung von Lebensräumen durch Verkehrslinien (Auflistung nach
Ist-Zustand und Planungsvorhaben bis 2010)?

2. Wie viele Bundesstraßen sind nach Kenntnis der Bundesregierung mit
Lärmschutzwänden oder unüberwindbaren Wildzäunen für die Wildtiere
nicht durchgängig?

3. Auf welchen Bundesstraßen sind nach Kenntnis der Bundesregierung Wild-
wegebrücken oder Wanderungskorridore vorhanden, und in welchem
Abstand stehen diese zueinander?

4. Welche Erfahrungen konnten aus naturschutzfachlicher Sicht bislang mit
Wildwegebrücken oder Wanderungskorridoren über Bundesfernstraßen
gesammelt werden?

5. Wie viele unzerschnittene verkehrsarme Räume von über 100 km2 sind
nach Kenntnis der Bundesregierung noch in Deutschland vorhanden (auf-
geführt nach Bundesländern)?

6. Welches Konzept für konkrete Maßnahmen zur Entschärfung der Konflikt-
stellen zwischen Wildtieren und Straßenverkehr verfolgt die Bundesregie-
rung, und gibt es hierbei eine Prioritätensetzung?

7. Inwieweit sind konkrete Maßnahmen zur Vernetzung von Lebensräumen
z. B. durch einen Bundeswildwegeplan in dem Entwurf der Nationalen
Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung verankert, und in welchem
zeitlichen Rahmen ist die Umsetzung der Maßnahmen geplant?

8. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die vom NABU-Bundesverband
vorgeschlagene Initiative für einen Bundeswildwegeplan?

9. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung des vom NABU-
Bundesverband vorgelegten Bundeswildwegeplans bezüglich Wanderungs-
korridoren und identifizierter Konfliktstellen?

10. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass weitere Leitarten für die
Erstellung eines Bundeswildwegeplans herangezogen werden sollten, und
falls ja, welche?

11. Welche weiteren Konfliktstellen unter Einbeziehung vorliegender
Forschungsergebnisse zu Wildtierkorridoren und weiterer Arten sind nach
Auffassung der Bundesregierung zu identifizieren?

Berlin, den 25. Juni 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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