BT-Drucksache 16/5808

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Ausbildungsförderungsbedarfs

Vom 22. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5808
16. Wahlperiode 22. 06. 2007

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrücken)
und der Fraktion DIE LINKE.

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Ausbildungsförderungsbedarfs

A. Problem

Im Zuge der Einführung allgemeiner Studiengebühren in immer mehr Bundes-
ländern geraten viele Empfängerinnen und Empfänger von Unterstützungsleis-
tungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in die Situation,
ungeachtet ihrer mit dem BAföG-Anspruch anerkannten finanziellen Bedürftig-
keit Studiengebühren bezahlen zu müssen.

Die Gebühren werden bei den Bedarfssätzen nach dem BAföG nicht berücksich-
tigt. Somit bliebe den Betroffenen zur Finanzierung dieser Gebühren nur die
Möglichkeit zur Aufnahme von Krediten. Damit würde sich die ohnehin schon
durch das BAföG bestehende Darlehensschuld allerdings weiter erhöhen, und
zwar gegebenenfalls auch über die im BAföG definierte Verschuldungsgrenze
hinaus. Viele Betroffene wollen diese Belastung nicht auf sich nehmen und se-
hen sich deshalb gezwungen, auf ein Studium zu verzichten.

Wenn dennoch Kredite aufgenommen werden, führt dies nicht nur zu einer un-
gerechtfertigten Belastung der Betroffenen, sondern stellt zudem eine Quer-
finanzierung der in zahlreichen Bundesländern eingeführten Studiengebühren
über das BAföG dar, denn die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW
Bankengruppe) angebotenen Studienkredite sind explizit nicht zur Finanzierung
von Studiengebühren, sondern zur Finanzierung des Lebensunterhaltes gedacht.
Demzufolge müssen die Betroffenen das BAföG zur Finanzierung der Gebühren
verwenden. Das widerspricht der Intention des Gesetzgebers.

B. Lösung

In den Bedarf des BAföG werden die Kosten für eventuell erhobene Studien-
gebühren einbezogen. Damit kann den Auswirkungen von Studiengebühren
zwar nicht umfassend begegnet werden. Immerhin aber kann in einem ersten
Schritt der Gruppe von Studierenden, deren finanzielle Bedürftigkeit im Rah-
men der BAföG-Beantragung unzweifelhaft feststeht, weiterhin die Möglichkeit

zum Studieren gesichert werden.

Zugleich wird im BAföG geregelt, dass die Aufteilung der Kosten für diesen zu-
sätzlichen Bedarf von den Bundesländern, in denen sich die Hochschule der be-
troffenen Studierenden befindet, geleistet werden. Auf diese Weise ist sicher-
gestellt, dass nicht der Bund oder die Länder, die auf die Erhebung von
Studiengebühren verzichten, die Kosten der Gebührenländer mitfinanzieren
müssen.

Drucksache 16/5808 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Fortführung der widersinnigen Situation, dass BAföG-Empfängerinnen und
BAföG-Empfängern eine Sozialleistung gewährt wird, sie aber zugleich mit Ge-
bühren belastet werden. Außerdem Fortführung der Querfinanzierung von Stu-
diengebühren durch das BAföG.

D. Kosten

Keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt; bei den Länderhaushalten gege-
benenfalls geringere Einnahmen durch die Erhebung von Studiengebühren.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5808

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Ausbildungsförderungsbedarfs

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung
der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl. I S. 645,
1680), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 9 des Gesetzes
vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809), wird wie folgt
geändert:

1. In § 13 wird ein neuer Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Der Bedarf erhöht sich um die tatsächlich zu ent-
richtenden Studiengebühren in Höhe des von der besuch-

ten Hochschule bzw. des Landesgesetzgebers festgeleg-
ten Betrages.“

2. In § 56 Abs. 1 werden nach Satz 1 die folgenden Sätze
eingefügt:

„Ausnahme hiervon sind die Mittel nach § 13 Abs. 1a.
Diese werden vollständig von dem Land getragen, in dem
sich die jeweils besuchte Hochschule befindet.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 20. Juni 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/5808 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeines

Die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages hat es im Rah-
men des Gesetzes zur Reform der bundesstaatlichen Ord-
nung (Föderalismusreform) abgelehnt, ein bundesweites
Studiengebührenverbot bzw. eine Bundeskompetenz über
die Frage der Studiengebühren grundgesetzlich zu veran-
kern. Damit kann auf Grundlage der aktuellen Bund-Län-
der-Kompetenzverteilung der Bund keinen Einfluss auf die
Entscheidung über die Einführung von Studiengebühren
bzw. über die Ausgestaltung von Studiengebührenmodellen
auf Länderebene nehmen. Das entbindet den Bundesgesetz-
geber aber nicht von der Verantwortung, die durch die Ent-
wicklungen in den Ländern notwendig gewordenen Anpas-
sungen im BAföG vorzunehmen, um der Intention dieses
Gesetzes auch weiterhin zu entsprechen und allen Auszubil-
denden, denen die für ihren Lebensunterhalt und ihre Ausbil-
dung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung
stehen, einen Rechtsanspruch auf individuelle Ausbildungs-
förderung zu gewähren.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

haltes als auch zur Finanzierung der für die Ausbildung
erforderlichen Mittel. Die zweite Bedingung ist bei Studien-
gebühren erfüllt. Deshalb sollten Studiengebühren beim Be-
darf des BAföG mit berücksichtigt werden.

Eine solche Regelung entspricht auch dem Vorgängermodell
des BAföG, dem so genannten Honnefer Modell. Zwar be-
stand im Honnefer Modell kein Rechtsanspruch auf Unter-
stützung bei finanzieller Bedürftigkeit. Sofern Studierende
aber aufgrund besonderer Leistungen in die Förderung auf-
genommen wurden, waren in der Förderung auch die damals
zu entrichtenden sog. Hörergelder mit enthalten. In der Här-
tefallverordnung nach § 14a BAföG war bis 1982 in be-
stimmten Fällen ebenfalls die Erstattung von Gebühren
vorgesehen.

Zu Nummer 2 (Herkunft der Mittel)

Die Regelung stellt klar, dass der BAföG-Mehrbedarf für
Studiengebühren allein von den Ländern getragen wird, in
denen sie erhoben werden. Damit können weder der Bund
noch die Länder zur Finanzierung der in einem anderen Bun-
desland eingeführten Gebühren herangezogen werden.
Zu Nummer 1 (Erweiterung der Bedarfssätze)

Nach § 1 BAföG besteht ein Rechtsanspruch auf Ausbil-
dungsförderung sowohl zur Finanzierung des Lebensunter-

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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