BT-Drucksache 16/5775

Grenzwerte bei Müllverbrennungsanlagen dem technischen Fortschritt anpassen und deutlich absenken

Vom 20. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5775
16. Wahlperiode 20. 06. 2007

Antrag
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Bärbel
Höhn, Winfried Hermann, Peter Hettlich, Ulrike Höfken, Dr. Anton Hofreiter,
Undine Kurth (Quedlinburg), Dr. Reinhard Loske, Nicole Maisch, Renate Künast,
Fritz Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Grenzwerte bei Müllverbrennungsanlagen dem technischen Fortschritt anpassen
und deutlich absenken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die derzeit gültigen Grenzwerte der 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung
(BImSchV) für Müllverbrennungsanlagen sind seit Jahren unverändert und in-
zwischen als veraltet anzusehen. Die technologische Entwicklung ist weiter
fortgeschritten, eine deutliche Absenkung der Emissionsgrenzwerte nach dem
Stand der Technik problemlos möglich. In der Folge haben die seit Jahren in
Deutschland unverändert gültigen Grenzwerte dazu geführt, dass sich die in
Betrieb befindlichen Anlagen hinsichtlich ihres Emissionsverhaltens zum Teil
deutlich unterscheiden. Dies ist zu einem gewissen Teil darin begründet, dass
die Kapazitäten vieler Müllverbrennungsanlagen in der Vergangenheit nach
und nach erhöht wurden, ohne dass aber gleichzeitig die Rauchgasreinigung
entsprechend angepasst werden musste. Durch solche Maßnahmen wurden
bestehende Anlagen hinsichtlich des Emissionsverhaltens verschlechtert und
die Belastung der Umwelt so faktisch erhöht. Allein die 16 Müllverbrennungs-
anlagen, die derzeit in Nordrhein-Westfalen betrieben werden, zeigen hinsicht-
lich ihres Emissionsverhaltens für einige Parameter Unterschiede von bis zu
1 200 Prozent.

Mit Sorge stellt der Deutsche Bundestag fest, dass die Auslegung des Standes
der Technik so unterschiedlich gehandhabt wird. Viele neue Anlagen, die heute
zur Genehmigung anstehen, halten zwar die Grenzwerte der 17. BImSchV ein,
weisen aber damit heute höhere Emissionswerte auf als Anlagen, die bereits in
den 1980er Jahren genehmigt wurden. Aus Sicht des Umwelt- und Gesund-
heitsschutzes ist es jedoch in keiner Weise verantwortbar, dass den Menschen
heute – im Jahr 2007 – mehr schädliche Emissionen zugemutet werden sollen
als z. B. 1989.

Die inzwischen als veraltet anzusehenden Grenzwerte der 17. BImSchV führen

jedoch nicht nur bei Neuanlagen zum Einbau von wenig ambitionierter Tech-
nik. Sie setzen darüber hinaus sogar Anreize, dass bereits bestehende Anlagen,
im Zuge von „Modernisierungsmaßnahmen“ zurückgebaut werden. In der
Folge solcher Maßnahmen verschlechtern sich die Emissionswerte der Anla-
gen, und das Schutzniveau von Bevölkerung und Umwelt wird so deutlich ab-
gesenkt. Durch den Ersatz z. B. einer nassen „Rauchgasreinigung“ durch eine
einfachere trockene, fallen ehemals fortschrittliche Anlagen auf den Stand der

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Technik von 1986 zurück. Eine solche Entwicklung schadet nicht nur der Um-
welt und der Gesundheit, sondern auch dem Hochtechnologiestandort Deutsch-
land.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– die Grenzwerte der 17. BImSchV dem technischen Fortschritt anzupassen
und gegenüber dem heutigen Stand deutlich abzusenken;

– dafür Sorge zu tragen, dass bei der Ableitung neuer schärferer Grenzwerte
nicht die verfügbare Anlagentechnik zu Grunde gelegt wird, sondern ein
schutzgutbezogener Ansatz mit einer toxikologischen Ableitung erfolgt;

– eine Regelung zu treffen, die einen ambitionierten Stand der Technik bun-
desweit einheitlich fortschreitend definiert und diesen dann verbindlich für
alle Anlagengenehmigungen vorschreibt, und

– bei Genehmigungsverfahren eine Vorbelastungsuntersuchung verpflichtend
zu machen.

Berlin, den 20. Juni 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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