BT-Drucksache 16/5515

Lebenslängliche Haftstrafe in Deutschland

Vom 25. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5515
16. Wahlperiode 25. 05. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen und der Fraktion DIE LINKE.

Lebenslängliche Haftstrafe in Deutschland

Wegen Mordes verurteilte Strafgefangene sitzen in Deutschland nach Angaben
der Kriminologischen Zentralstelle im Durchschnitt 18 bis 20 Jahre im Gefäng-
nis (KrimZ: Lebenslange Freiheitsstrafe, Sicherheitsverwahrung und Unter-
bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, Ergebnisübersicht zur bun-
desweiten Erhebung für das Jahr 2004, Wiesbaden 2006). Dagegen hat die Kri-
minologische Zentralstelle keine Daten darüber, wie lange alle zu lebenslanger
Haft Verurteilten bereits inhaftiert sind und wie viele von ihnen bereits seit
mehr als 20 Jahren im Gefängnis sind. Das Statistische Bundesamt führt auf der
Grundlage der Verwaltungsvereinbarung zu den vom Bundesamt der Justiz ge-
meldeten Bundesergebnissen ebenfalls keine diesbezüglichen Daten.

Gleichwohl liefert das Bundeszentralregister beim Bundesamt für Justiz, das
mit Zuständigkeit für die allgemeine Justizverwaltung und das Registerwesen
am 1. Januar 2007 als zentrale Dienstleistungsbehörde der Bundesjustiz in
Bonn errichtet wurde, um mehr Transparenz und Bürgernähe zu schaffen, der
Forschung keine Verläufe oder Zahlen zu lebenslangen Haftstrafen. Ebenso
fehlen hier Vollzugsdaten oder Angaben zu Rückfällen etc. Forschung und
Lehre sind angewiesen auf Schätzungen, Aktenanalysen und auf inaktuelles
Zahlenmaterial von 1998 und früher. Lediglich die Kriminologische Zentral-
stelle in Wiesbaden liefert auf Basis jährlicher standardisierter Fragebögen,
Zahlen zum Strafvollzug; sie weist aber DDR-Verurteilungen nicht gesondert
aus und liefert insgesamt eine Zahlenbasis, die nicht vollständig überzeugen
kann. Die Bundeszuständigkeit für die Vorlage statistischen Materials ergibt
sich auch daraus, dass die Bundesregierung angewiesen ist, trotz einer födera-
tiven Durchführung des Strafvollzugs die Einhaltung des Gleichheitsgrund-
satzes bei der Behandlung der zu lebenslangen Haftstrafen Verurteilten sicher-
zustellen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele nach dem StGB resp. wegen Straftaten gegen das Leben in der
DDR zu lebenslanger Haft verurteilte Menschen befinden sich momentan in
deutschen Gefängnissen (bitte nach Bundesländern unterscheiden sowie
nach StGB-Verurteilten und Verurteilten wegen „Straftaten gegen das Leben“

in der DDR aufschlüsseln)?

a) Wie viele davon befinden sich mittlerweile seit über 10 Jahren im Ge-
fängnis?

b) Wie viele davon befinden sich mittlerweile seit über 20 Jahren im Ge-
fängnis?

Drucksache 16/5515 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
c) Wie viele davon befinden sich mittlerweile seit über 25 Jahren im Ge-
fängnis?

d) Wie viele davon befinden sich mittlerweile seit über 30 Jahren im Ge-
fängnis?

2. Wie viele Gefangene im Maßregelvollzug (§ 63 StGB) befinden sich

a) seit mehr als 10 Jahren,

b) seit mehr als 20 Jahren,

c) seit mehr als 30 Jahren in Haft?

3. Wie lange befinden sich nach der StGB resp. wegen Straftaten gegen das
Leben in der DDR zu lebenslangen Haftstrafen Verurteilte in Deutschland
im Schnitt tatsächlich bis zu ihrer Entlassung in Haft (bitte nach Bundes-
ländern aufschlüsseln)?

4. Wie viele nach der StGB resp. wegen Straftaten gegen das Leben in der
DDR zu lebenslangen Haftstrafen Verurteilte wurden aus dem Gefängnis
entlassen

a) nach Verbüßung von 15 Jahren Haft und Aussetzung ihrer Reststrafe auf
fünfjährige Bewährung,

b) als Vollverbüßer mit Auflagen,

c) wegen Krankheit?

5. Wie viele nach der StGB resp. wegen Straftaten gegen das Leben in der
DDR zu lebenslangen Haftstrafen Verurteilte haben Gnadenerlasse beantragt
und in wie vielen Fällen wurden diese gewährt (bitte nach Bundesländern
aufschlüsseln)?

6. Wie viele nach der StGB zu lebenslangen Haftstrafen Verurteilte starben in
Haft

a) durch Suizid,

b) durch Unfälle,

c) durch Krankheit oder Alter,

d) durch Mithäftlinge,

e) durch sonstige Fremdeinwirkung (bitte nach verbüßten Haftjahren und
Lebensalter aufschlüsseln)?

7. Wie viele zu lebenslangen Haftstrafen Verurteilte bekamen Hafterleichte-
rung in Form von Freigang?

Nach wie vielen Jahren Haft wurden diese Hafterleichterungen durchschnitt-
lich gewährt?

8. Wie viele zu lebenslangen Haftstrafen Verurteilte und vorzeitig auf Bewäh-
rung Entlassene wurden aufgrund erneuter Straffälligkeit wieder inhaftiert?

9. Inwieweit hält die Bundesregierung lebenslange Freiheitsstrafen weiterhin
für ein geeignetes Mittel zur Resozialisierung straffällig gewordener Men-
schen?

Berlin, den 24. Mai 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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