BT-Drucksache 16/5444

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/1829- Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes

Vom 23. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5444
16. Wahlperiode 23. 05. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/1829 –

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes

A. Problem

Die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) knüpft bis-
lang an die Regelbeträge nach der Regelbetrag-Verordnung für den Unterhalt
eines minderjährigen Kindes an. Durch das erste Gesetz zur Änderung des
Unterhaltsrechts, mit dem das bürgerlich-rechtliche Unterhaltsrecht reformiert
wird, soll die Regelbetrag-Verordnung aufgehoben werden. An ihre Stelle soll
eine an den einkommensteuerrechtlichen Kinderfreibetrag angelehnte Defini-
tion des gesetzlichen Mindestunterhalts im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1612a
Abs. 1 BGB) treten. Gleichzeitig ist geplant, damit die bisherige Differenzie-
rung bei der Höhe des Unterhalts für unterhaltsbedürftige Kinder, die in dem in
Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet leben, entfallen zu lassen.
Die maximale Höhe der Unterhaltsleistung nach dem UVG soll nun einheitlich
an den Mindestunterhalt geknüpft werden.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Ablehnung des Gesetzentwurfs.
D. Kosten

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Die dauerhaften Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte lassen sich nach
Angaben der Bundesregierung nicht exakt quantifizieren, da zeitgleich zu der
Änderung des UVG mit der Reform des Unterhaltsrechts der gesetzliche
Rahmen für die Leistung von Kindesunterhalt geändert wird.

Drucksache 16/5444 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Im ersten Jahr nach Inkrafttreten sei mit Mehraufwendungen beim Unterhalts-
vorschuss zu rechnen. Diese resultierten daraus, dass mit dem Wegfall der bis-
herigen Ost-West-Differenzierung bei der Zahlungshöhe die maximale Leis-
tungshöhe in den neuen Bundesländern ansteige. Die Mehraufwendungen be-
trügen – bezogen auf die bisherigen Fallzahlen – rund 20 Mio. Euro im ersten
Jahr nach Inkrafttreten. Hiervon werde ein Drittel der Bund tragen. Diese
Mehraufwendungen würden mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung infolge
des mit der Reform des Unterhaltsrechts eintretenden Rückgangs der Fall-
zahlen mindestens teilweise kompensiert.

2. Vollzugsaufwand

Ein einmaliger erhöhter Vollzugsaufwand ergibt sich nach Angaben der
Bundesregierung in den Bundesländern, in denen es aufgrund des Wegfalls der
Ost-West-Differenzierung zu einer Neufestsetzung des Unterhaltsvorschusses
infolge der Anhebung der Zahlungshöhe komme. Inwieweit dieser Vollzugs-
aufwand Kosten verursachen werde, sei nicht feststellbar.

In den übrigen Bundesländern sei eine entsprechende Neufestsetzung der Höhe
des Unterhaltsvorschusses nicht erforderlich.

Erhöhter Vollzugsaufwand im Bereich der Geltendmachung auf das Land über-
gegangener Unterhaltsansprüche sei nicht zu erwarten, da die Anhebung der
Zahlungshöhe unabhängig von der Leistungsfähigkeit der Unterhaltsverpflich-
teten sei.

E. Sonstige Kosten

Die Wirtschaft, insbesondere die mittelständischen Unternehmen, wird nach
Angaben der Bundesregierung nicht mit Kosten belastet. Auswirkungen auf
Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreis-
niveau, seien nicht zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5444

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/1829 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

I. Artikel 1 Nr. 1 wird wie folgt gefasst:

,1. § 1 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Nr. 2 werden nach dem Wort „Ehegatten“ die Wörter
„oder Lebenspartner“ eingefügt.

b) Dem Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:

„Soweit der Bedarf eines Kindes durch Leistungen nach dem Achten
Buch Sozialgesetzbuch gedeckt ist, besteht kein Anspruch auf Unter-
haltsleistung nach diesem Gesetz.“‘

II. In Artikel 3 wird die Angabe „1. April 2007“ durch die Angabe „1. Juli
2007“ ersetzt.

Berlin, den 23. Mai 2007

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Kerstin Griese
Vorsitzende

Dr. Eva Möllring
Berichterstatterin

Helga Lopez
Berichterstatterin

Sibylle Laurischk
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Ekin Deligöz
Berichterstatterin

Der Rechtsausschuss hat in seiner 64. Sitzung am 23. Mai

2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/

3. Es wird eine neue Nr. 4 folgenden Wortlauts eingefügt:

㤠3 wird ersatzlos gestrichen, die folgende Nummerie-
rung wird entsprechend angepasst.“
Drucksache 16/5444 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Eva Möllring, Helga Lopez, Sibylle Laurischk,
Jörn Wunderlich und Ekin Deligöz

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/1829 wurde in der
43. Sitzung des Deutschen Bundestages am 29. Juni 2006
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur
federführenden Beratung, dem Rechtsausschuss zur Mitbe-
ratung sowie dem Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO-BT*
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die vorliegende Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes
dient dem Zweck der Anpassung an das reformierte Unter-
haltsrecht, insbesondere an die Einführung eines einheit-
lichen Mindestunterhalts.

Das Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern
alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvor-
schüsse oder -ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz)
regelt den Anspruch und den Erhalt von Unterhaltsvor-
schuss. Der Unterhaltsvorschuss nach diesem Gesetz ist
eine Sozialleistung für Kinder unter zwölf Jahren, die 1980
eingeführt wurde. Anspruch haben alleinerziehende Eltern-
teile, wenn der andere Elternteil keinen oder einen unterhalb
des Mindestunterhaltes liegenden Unterhaltsbeitrag leistet.
Die Zahlungshöchstdauer beträgt 72 Monate. Die Höhe be-
maß sich bisher nach den Regelbeträgen der Regelbetrag-
Verordnung, wobei ggf. das Kindergeld zur Hälfte ange-
rechnet wurde.

Im Rahmen der Reform des Unterhaltsrechts wird die Regel-
betrag-Verordnung, deren Regelbeträge bisher in Ost- und
Westdeutschland unterschiedlich hoch waren, aufgehoben.
Mit dem Wegfall der Regelbeträge nach der Regelbetrag-
Verordnung für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes
bedarf es eines neuen Anknüpfungspunkts für die Höhe der
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Deshalb
soll an den mit der Unterhaltsrechtsreform beim bürgerlich-
rechtlichen Unterhaltsrecht neu eingeführten gesetzlichen
Mindestunterhalt gemäß § 1612a Abs. 1 BGB angeknüpft
werden.

Die Änderung lässt die wesentlichen Elemente dieses Ge-
setzes unberührt und enthält lediglich eine Modifikation im
Bereich der §§ 1 und 2 des Unterhaltsvorschussgesetzes, die
Änderungen im Unterhaltsrecht mit dem Ziel Rechnung
trägt, den bisherigen Regelungsgehalt des Unterhaltsvor-
schussgesetzes beizubehalten.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs in ge-
änderter Fassung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis
im federführenden Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

A. Allgemeiner Teil

1. Beratungsverlauf und Abstimmungsergebnis
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat
die Vorlage in seiner 35. Sitzung am 23. Mai 2007 beraten
und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs mit
Änderungen zu empfehlen.

2. Inhalt der Ausschussberatungen

Im Rahmen der Ausschussberatungen haben die Fraktionen
der CDU/CSU und SPD einen Änderungsantrag vorgelegt,
der mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen wurde. Dieser
Antrag ist Bestandteil der eingangs wiedergegebenen Be-
schlussempfehlung.

Ein weiterer Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE.
wurde mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. abgelehnt. Dieser Antrag hatte
folgenden Wortlaut:

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
möge beschließen, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1829
mit folgenden Maßgaben anzunehmen:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. Es wird eine neue Nr. 1 mit folgendem Wortlaut ein-
gefügt und die folgende Nummerierung entsprechend
angepasst:

„1. In § 1 Abs. 1 Nr. 1 wird das Wort „zwölfte“ durch
das Wort „achtzehnte“ ersetzt.“

2. Nr. 2 Buchstabe b wird aufgehoben.
Berlin, den 23. Mai 2007
* Der Bericht des Haushaltsausschusses wird gesondert auf Druck-

sache 16/5446 verteilt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/5444

Begründung

Zu 1.

Im Jahr 2004 betrug der Anteil der Alleinerziehenden an
allen Familien bundesweit 20 % (1970: 9 %, 1996: 16,1 %),
in Ostdeutschland lag er mit 25 % sogar noch deutlich
höher (Leben und Arbeiten in Deutschland, Sonderheft 1:
Familien und Lebensformen – Ergebnisse des Mikrozensus
1996–2004, S. 26). Der Zwölfte Kinder- und Jugendbericht
(BT-Drs. 15/6014) stellt fest, dass die sozio-ökonomische
Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in engem
Zusammenhang mit der Einkommenssituation und dem
Familienstand der Eltern steht. Die Einkommenssituation
Alleinerziehender wird als deutlich prekärer als die von
Paaren mit Kindern beschrieben – sie erzielten 2003 nur
70 % des Durchschnittseinkommens (BT-Drs. 15/6014,
S. 64). Alleinerziehende tragen ein deutlich höheres Armuts-
risiko, die durchschnittliche Armutsquote lag 2003 bei
16 %, die von Alleinerziehenden bei knapp unter 40 %. Die
Unterhaltsvorschussleistung ist daher ein notwendiger Bau-
stein zur wirtschaftlichen Entlastung von Einelternfamilien.
Vom Unterhaltsvorschuss profitiert nur ein geringer Teil der
Einelternfamilien. Die Mehrheit von ihnen ist wegen der
gesetzlichen Leistungsbegrenzung von dieser Entlastung
ausgeschlossen. Unterhaltsvorschussleistungen sind in
Dauer und Umfang zudem völlig unzureichend, um den
Bedarf eines minderjährigen Kindes zu decken. 2004 haben
fast eine halbe Millionen minderjährige Kinder Unterhalts-
vorschuss erhalten (vgl. BT-Drs. 16/279), die Tendenz ist
steigend. Die Dauer der Leistungen ist aber auf maximal
72 Monate bzw. bis zum 12. Lebensjahr des Kindes be-
grenzt. Ist der Leistungsrahmen ausgeschöpft, sind die
Eltern gezwungen, ohne Unterhaltszahlungen auszukommen
oder andere Sozialleistungen wie Sozialgeld oder Kinder-
zuschlag für ihr Kind zu beantragen. Bis eine teilhabe-
sichernde und armutsverhindernde Kindergrundsicherung
eingeführt wird, sollte zur Verbesserung der wirtschaft-
lichen Situation von Einelternfamilien der Unterhaltsvor-
schuss so ausgebaut werden, dass er nicht nur eine vorüber-
gehende Leistung ist, sondern bis zum 18. Lebensjahr des
Kindes zur Verfügung steht. Die Bemühungen zur Steige-
rung der Rückgriffsquoten sind zu erhöhen, um eine weit-
gehend kostenneutrale Ausgestaltung zu gewährleisten.

Zu 2.

Die Neuregelung der Anrechnung des Kindergeldes auf
den Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen ist sozial-
politisch fragwürdig und systematisch wenig stringent. Sie
führt dazu, dass trotz einer Erhöhung der Unterhaltsvor-
schussleistung die ausgezahlte Summe nahezu gleich bleibt
und die Situation der Betroffenen sich nicht verbessert.
Auch der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unter-
haltsrechts (BT-Drs. 16/1830) nimmt eine andere Wertung
vor, indem das Kindergeld nur zur Hälfte vom Barbedarf
abgezogen wird, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht
durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1612b Abs. 1 BGB
n. F.). Selbst diese Konstellation wird im Unterhaltsvor-
schussgesetz nicht ermöglicht. Auch die geplanten Neu-
regelungen im Unterhaltsvorschussgesetz rechtfertigen eine
volle Anrechnung des Kindergeldes nicht. Weder in der
Höhe noch in der Leistungsbezugsdauer ist der Unterhalts-
vorschuss geeignet, den tatsächlichen Barbedarf eines Kin-

Zu 3.

Vgl. Begründung zu 1.

In den Ausschussberatungen wies die Fraktion der CDU/
CSU auf den Zusammenhang des vorliegenden Gesetz-
entwurfs mit dem im Rechtsausschuss federführend be-
ratenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unter-
haltsrechts auf Drucksache 16/1830 hin. Die Leistungen
nach dem Unterhaltsvorschussgesetz müssten angepasst
werden an die unterhaltsrechtlichen Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Vertreterin der Fraktion der
CDU/CSU befürwortete außerdem auch den von den
Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD noch einge-
brachten Änderungsantrag, mit dem eine Regelungslücke
geschlossen werden solle. Bei einer vollstationären Unter-
bringung von Kindern alleinerziehender Eltern werde der
unterhaltsrechtliche Bedarf des Kindes inzwischen durch
Leistungen der Jugendhilfe gedeckt, so dass unterhalts-
pflichtige Eltern von den Kosten der Unterbringung befreit
würden. Es bestehe demnach kein Grund, in diesen Fällen
weiterhin Unterhaltsvorschuss zu zahlen, denn dieser solle
nicht die Jugendhilfe, sondern alleinerziehende Elternteile
entlasten und ihnen eine Notsituation erleichtern. Der
weiterhin vorgelegte Änderungsantrag der Fraktion
DIE LINKE. knüpfe an die schwierige Situation von allein-
erziehenden Elternteilen – in der Regel den Müttern – an,
die sich aufgrund der fehlenden Unterhaltszahlungen des
anderen Elternteils in einer schwierigen Situation befänden.
Zwar sei diesem Ansatz durchaus Sympathie entgegen zu
bringen; dennoch entspreche die von der Fraktion
DIE LINKE. vorgeschlagene Änderung nicht dem Sinn und
Zweck des Unterhaltsvorschusses. Dieser überbrücke nur
den Unterhalt, den der Vater schuldig bleibe. Die Unter-
haltsvorschussleistungen seien in den letzten Jahren deut-
lich erhöht und in ihrer Bezugsdauer deutlich verlängert
worden, so dass der Staat für einen Zeitraum von bis zu
sechs Jahren für den nicht leistenden Elternteil eintrete. In-
nerhalb dieser Zeit müssten andere Instrumente greifen, um
die säumigen Väter zur Erfüllung ihrer Pflicht zu veranlas-
sen. Hier und nicht bei den staatlichen Ausfallleistungen
müsse vorrangig und nachdrücklicher als bisher angesetzt
werden.

Die Fraktion der FDP kritisierte, dass nach den nunmehr
vorgesehenen Regelungen an den einkommensteuerrecht-
lichen Kinderfreibetrag als Bemessungsgrundlage ange-
knüpft werden solle. Dies könne zu einer Verkürzung des
Kindesunterhalts führen, was sich auch beim Unterhaltsvor-
schuss auswirken werde. Mit Blick auf den Änderungsantrag
der Fraktion DIE LINKE. führte die Vertreterin der Fraktion
der FDP aus, der Unterhaltsvorschuss werde für maximal
72 Monate und bis längstens zur Vollendung des 12. Lebens-
jahrs des Kindes gewährt. Er sei seinem Sinn und Zweck
nach eine Übergangsleistung, um Härten im Zusammenhang
mit der Trennung der Eltern und ungeregelten Unterhalts-
ansprüchen abzufedern. Im Laufe der Jahre sei das ursprüng-
lich auf 36 Monate begrenzte Unterhaltsvorschussrecht auf
72 Monate aufgestockt worden. Eine Anhebung der Alters-
grenze habe demgegenüber nicht stattgefunden, obwohl bei
älteren Kindern der Kostenfaktor zunehmend ins Gewicht
falle und die Problemlage bei ungeklärten Unterhaltsansprü-
des zu decken bzw. dessen sozio-kulturelles Existenz-
minimum zu sichern.

chen nicht einfacher sei als bei jüngeren. Aus Sicht ihrer
Fraktion sei der von der Fraktion DIE LINKE. hierzu vorge-

Drucksache 16/5444 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

schlagene Lösungsansatz – eine Fortzahlung bis zum 18. Le-
bensjahr – ohne Finanzierungsvorschlag jedoch zu weit-
gehend. Auch unter Berücksichtigung der Haushaltslage
schlage die Fraktion der FDP daher in ihrem Antrag auf
Drucksache 16/891 vor, Ansprüche auf Unterhaltsvorschuss
allen Kindern bis zum 18. Lebensjahr zu gewähren, aller-
dings bei einer Verkürzung der Bezugsdauer auf insgesamt
36 Monate.

Die Fraktion der SPD hob hervor, dass nach der nun vor-
gesehenen Regelung die bisherige Ost-West-Differenzie-
rung der Unterhaltsvorschussbeträge entfallen solle. Ebenso
sei sichergestellt, dass es im Zuge der Neuregelung zu kei-
ner Leistungskürzung kommen werde. Zwar sei das System
geändert worden und beziehe sich nunmehr auf den einkom-
mensteuerrechtlichen Kinderfreibetrag. Gleichzeitig werde
der Mindestunterhalt mit 281 bzw. 324 Euro so hoch ange-
setzt, dass in beiden Stufen eine leichte Erhöhung zu ver-
zeichnen sei. Hinsichtlich der Ungleichbehandlung von
Kindern, die bei einem wieder verheirateten Elternteil leb-
ten, bestünden rechtliche Bedenken. Diesbezüglich vertraue
man auf eine zukünftige Novellierung des UVG.

Die Fraktion DIE LINKE. begrüßte zunächst die vor-
gesehene Angleichung der Leistungshöhe in Ost und West.
Dennoch könne die Fraktion DIE LINKE. dem vorgelegten
Gesetzentwurf nicht zustimmen, denn die Höhe des An-
spruchs werde letztlich dem Bedarf von Kindern nicht ge-
recht. Auch die Altersgrenze für die Unterhaltsvorschuss-
leistungen sowie deren zeitliche Begrenzung überzeugten
nicht. Das Unterhaltsvorschussgesetz solle Kinder davor be-
wahren, in finanzielle Nöte zu kommen, wenn die Eltern
nicht leistungsfähig seien. Kinder hätten aber auch nach
Vollendung des 12. Lebensjahrs unterhaltsrechtlichen Be-
darf. Weder von den Betroffenen noch von Familienrichte-
rinnen und -richtern könne deshalb nachvollzogen werden,
warum der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nach Errei-
chen dieser Altersgrenze entfalle. Unter den gegebenen
wirtschaftlichen Umständen könne auch die Befristung auf
72 Monate nicht überzeugen, weil in der Praxis die Ausfall-
zeiten des unterhaltspflichtigen Elternteils doch länger
seien. Der Vertreter der Fraktion DIE LINKE. betonte ab-
schließend, dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD werde seine Fraktion zustimmen, weil bei
den vollstationär untergebrachten Kindern die Gefahr einer
unterhaltsrechtlichen Notlage nicht bestehe.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erachtete den
Gesetzentwurf der Bundesregierung sowie auch den dazu
vorgelegten Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD als konsequente Anpassung an die Unterhalts-
rechtsreform. Unter dem Gesichtspunkt der sich wandelnden
Gesellschaft komme der Durchsetzung des Kindesrechts
allerdings eine besondere Bedeutung zu. Bei der Geltend-
machung geleisteter Unterhaltsvorschüsse gegenüber den
säumigen Vätern und Müttern gehe es auch um die Geltend-
machung von Rechten der Kinder. Deshalb sei es sehr zu
bedauern, dass viele Kommunen argumentierten, das Ein-
treiben dieses Geldes sei teurer als die Leistung eines Vor-
schusses. Die Vertreterin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN führte weiter aus, ihre Fraktion teile grundsätzlich

18. Lebensjahr könne jedoch nicht ohne weiteres zuge-
stimmt werden, da dies Kosten beim Bund und bei den Kom-
munen verursachen würde, zu deren Gegenfinanzierung in
dem Antrag jedoch Vorschläge fehlten. Aus diesem Grund
könnte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesen
Änderungsantrag so nicht mittragen. Insgesamt müsse aller-
dings der gesamte Bereich des Unterhaltsvorschussrechts in
der kommenden Zeit noch einmal genauer überprüft werden.

B. Besonderer Teil – Ausschussempfehlung
zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung

des Unterhaltsvorschussgesetzes

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a

Redaktionelle Änderung zur Klarstellung.

Zu Buchstabe b

Bei einer vollstationären Unterbringung eines Kindes mit
einem Elternteil bestand bis zum Inkrafttreten des Gesetzes
zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK)
der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den unterhalts-
pflichtigen familienfernen Elternteil fort. Dieser wurde dem-
entsprechend vom Träger der Jugendhilfe auf Unterhalts-
zahlungen in Anspruch genommen. Leistete er keinen Unter-
halt, so machte der Träger der Jugendhilfe im Wege des
Erstattungsverfahrens gemäß § 104 SGB X einen Anspruch
auf Unterhaltsvorschuss geltend. Leistete der familienferne
Elternteil jedoch Unterhalt, so bestand kein Anspruch auf
Unterhaltsvorschuss.

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung
der Kinder- und Jugendhilfe am 1. Oktober 2005 wird der
unterhaltsrechtliche Bedarf des Kindes durch Leistungen
der Jugendhilfe gedeckt. Dadurch entfällt in der Regel ein
Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den unterhaltspflich-
tigen Elternteil (§ 10 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Dieser wird
daher nicht mehr durch die Geltendmachung eines Unter-
haltsanspruchs, sondern durch einen öffentlich-rechtlichen
Kostenbeitrag zu den Kosten der Unterbringung herangezo-
gen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII).

Zwischen den Trägern der Jugendhilfe und den Unterhalts-
vorschussstellen ist seitdem streitig, ob das Kind zusätzlich
einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss hat, den der Träger
der Jugendhilfe im Wege des Erstattungsverfahrens für sich
geltend machen kann.

Für eine Unterhaltsvorschussleistung besteht nach Sinn und
Zweck der Leistung auf Grund des gedeckten Bedarfs des
Kindes kein Raum. Der Unterhaltsvorschuss soll in einer
prekären, schwierigen Lebenssituation entlasten, in der sich
ein allein erziehender Elternteil befindet, wenn er die
gesamte Betreuung des Kindes alleine organisieren und leis-
ten und zudem eine ausfallende finanzielle Beteiligung des
anderen Elternteils kompensieren muss. In einer solchen
Situation befindet sich ein mit seinem Kind gemeinsam
vollstationär untergebrachter Elternteil nicht. Der Bedarf
die Intention des vorgelegten Änderungsantrags der Frak-
tion DIE LINKE. Einer Ausweitung des Anspruchs bis zum

des Kindes wird in diesen Fällen bereits vollständig durch
die Leistungen der Jugendhilfe gedeckt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/5444

Da das UVG jedoch bereits vor Inkrafttreten des KICK ver-
fasst wurde, ergibt sich aus dem Gesetzestext des UVG dem
Wortlaut nach auch in solchen Fällen ein Anspruch, in
denen auf Grund der Leistungen der Jugendhilfe kein
Unterhaltsanspruch gegen den familienfernen Elternteil be-
steht. Insoweit liegt eine Regelungslücke vor, die im Wege
einer Gesetzeskonkretisierung des UVG geschlossen wer-
den muss. Nur auf diesem Wege kann sowohl für die Träger
der Jugendhilfe als auch für die UVG-Stellen eine für alle
verbindliche Regelung der Sachverhalte erfolgen.

Diese Lücke ist auf dem Wege zu schließen, dass ein
Anspruch auf Unterhaltsvorschuss stets entfällt, wenn auf
Grund der Leistungen der Jugendhilfe kein unterhaltsrecht-
licher Bedarf mehr besteht.

Zu Artikel 3

Das Gesetz soll zeitgleich mit der Änderung des Unterhalts-
rechts in Kraft treten.

Berlin, den 23. Mai 2007

Dr. Eva Möllring
Berichterstatterin

Helga Lopez
Berichterstatterin

Sibylle Laurischk
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Ekin Deligöz
Berichterstatterin

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