BT-Drucksache 16/5413

Dem Verlust an Agrobiodiversität entgegenwirken

Vom 23. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5413
16. Wahlperiode 23. 05. 2007

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken,
Bärbel Höhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Dem Verlust an Agrobiodiversität entgegenwirken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die biologische Vielfalt im Bereich der Landbewirtschaftung (Agrobiodiver-
sität) ist von grundlegender Bedeutung für die Sicherheit der menschlichen Er-
nährung und die Deckung anderer Grundbedürfnisse des Menschen, wie Was-
serversorgung, Luftreinhaltung oder nachwachsende Rohstoffe. Sie schließt
neben der Vielfalt an Habitaten und Ökosystemen, die Artenvielfalt innerhalb
der Lebensräume und die genetische Vielfalt innerhalb der Tier- und Pflanzen-
arten auch die so genannten ökologischen Dienstleistungen der Ökosysteme ein.
Dazu gehört etwa der Kreislauf der Nährstoffe, die Regulierung von Kultur-
schädlingen und Krankheiten, die Bestäubung oder der Schutz vor Erosion.

Die Agrobiodiversität ist weltweit in Besorgnis erregendem Maße gefährdet.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden circa 7 000 Kulturpflanzenarten ange-
baut. Heute basiert die Welternährung zu einem Großteil auf nur noch zehn Kul-
turpflanzenarten. Vor allem in Industrieländern finden traditionelle Sorten kaum
noch Verwendung. Die Fruchtfolgen konzentrieren sich auf immer weniger Kul-
turarten und wenige ertragsstarke Sorten. Diese Entwicklung ist eine Folge der
zunehmenden Intensivierung der Landwirtschaft.

Der hohe Einsatz von Mineraldüngern und chemisch-synthetischen Pflanzen-
schutzmitteln rückt die natürliche Standortangepasstheit der Sorten immer wei-
ter in den Hintergrund. Es kommt so gut wie nur noch homogen gezüchtetes
Saatgut zum Einsatz. Der Saatgut-Markt wird heute wesentlich von fünf großen
Unternehmen geprägt, deren Zuchtziele sich auf die Ertragsstärke, die Eignung
für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Herbizidresistenzen, weltweite An-
baufähigkeit und Patentierbarkeit sowie technologische Eigenschaften konzent-
rieren. Ein Erhalt der Sortenvielfalt liegt nicht in ihrem Interesse. Die fortschrei-
tende Einführung der Gentechnik im Bereich der Landwirtschaft (Agro-Gen-
technik) und die Patentierbarkeit von Sorten beschleunigen die Abnahme der
Agrobiodiversität.

Auch bei den Nutztieren ist ein starker Rückgang der genetischen Vielfalt zu be-

obachten. Die fortschreitende Industrialisierung der Tierproduktion führt zu
einer zunehmenden Standardisierung der Tiere und der Standortbedingungen.
Darum konzentriert sich die kommerzielle Zucht auf wenige Rassen und einige
vermarktungsrelevante Merkmale innerhalb der Rassen. In der Folge sind in den
letzten 100 Jahren weltweit 1 000 der anerkannten 6 400 Nutztierrassen ausge-
storben. Die FAO hält weitere 2 000 Rassen für höchstgefährdet und gibt an,
dass zurzeit durchschnittlich zwei Nutztierrassen pro Woche aussterben. Auch

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die genetische Variabilität innerhalb der einzelnen Rassen nimmt in signifikan-
tem Maß ab. Es ist zu erwarten, dass diese Entwicklung durch den in der Novel-
lierung des Tierzuchtgesetzes von der großen Koalition beschlossenen Rückzug
des Staates aus der hoheitlichen Aufgabe der Leistungsprüfung und Zuchtwert-
schätzung noch beschleunigt wird. „Leistungsprüfungen“ sind der größte Kos-
tenfaktor in einem Zuchtprogramm. Wenn dieser allein von den Züchtern und
Landwirten getragen werden muss, werden kleine Zuchtorganisationen wie die
der Schaf- und Ziegenzüchter ihre Arbeit einstellen müssen. Es ist davon auszu-
gehen, dass (wie bei den Legehennen schon geschehen) die Zucht einer Tierart
nur noch bei einer Handvoll Monopolunternehmen stattfindet und sich die Aus-
richtung der Zucht allein auf die agroindustrielle Nutzung noch weiter ver-
schärft.

Zwar werden auf der Basis der wenigen, ertragsstarken Pflanzensorten und Tier-
rassen hohe Erträge erzielt. Diese werden aber meist durch einen hohen Einsatz
an fossilen Energien, an Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Kraftfutter und An-
tibiotika mit den bekannten Folgen für Umwelt und Verbraucher erkauft. Außer-
dem gefährdet der Verlust von Agrobiodiversität letztendlich die Stabilität der
Agrarwirtschaft und die Ernährungssicherheit weltweit. Die genetische Vielfalt
von agrarisch genutzten Arten stellt eine Absicherung gegen Missernten und
Schädlings- oder Krankheitsanfälligkeit dar. Eine Welternährung, die nur noch
auf wenigen Rassen und Arten mit stark eingeschränktem Sortenspektrum be-
ruht, kann den Ausfall einzelner Arten, Sorten oder Rassen kaum verkraften und
ausgleichen. Durch eine Einschränkung der innerartlichen Vielfalt geht das
natürliche Reservoir an Genen verloren, was die Anpassung an unvorhergese-
hene Krankheitsgefahren, an sich verändernde Umweltbedingungen wie den
Klimawandel oder an neues Wissen über Ernährungserfordernisse wesentlich
erschwert. In der Tierzucht kann darüber hinaus die Konzentration auf einige
wenige Spitzenvererber bei Unterschreitung einer kritischen Populationsgröße
zu Inzuchtdepressionen führen.

Die Entkoppelung der Agrardirektzahlungen der EU hat positive, aber auch
negative Wirkungen in Bezug auf eine diversifizierte Agrarwirtschaft und eine
höhere Agrobiodiversität gebracht. Einerseits erhalten die Landwirte nun für
den Anbau beliebiger Kulturen – auch in Mischkulturen – und für Landschafts-
elemente innerhalb der Agrarflächen Direktzahlungen. Dies sind klare Plus-
punkte für die Agrobiodiversität. Andererseits hat die Entkopplung der Agrar-
politik ein Mittel genommen, um den Anbau bestimmter erwünschter Feld-
früchte (etwa Eiweißpflanzen) gezielt zu fördern und einer möglichen Homo-
genisierung der Fruchtfolgen entgegenzuwirken. Darüber hinaus hat die
Entkopplung in bestimmten Gebieten zu einer Aufgabe der extensiven Tierhal-
tung geführt. Davon werden sowohl das Artenspektrum im Grünland als auch
die genetische Vielfalt der eingesetzten Tierrassen negativ beeinflusst.

Ein weiteres Problem für die Agrobiodiversität wird die auf EU-Ebene zu erwar-
tende Abschaffung der Flächenstilllegung werden. Die Stilllegung hat den An-
teil der Brachflächen, auf denen sich Ackerbegleitflora entfalten konnte, erhöht,
auch wenn die Stilllegungsflächen zunehmend für den Energiepflanzenanbau
genutzt werden. Ohne Flächenstilllegung wird der Anteil der Brachflächen wie-
der deutlich sinken. EU, Bund und Länder müssen im Rahmen von Cross Com-
pliance und zweiter Säule ihre Möglichkeiten nutzen, für die durch die Auf-
hebung der Flächenstilllegung entstehenden qualitativen Verluste an Agrobio-
diversität einen Ausgleich in Form verbindlicher Strukturelemente zu schaffen.

Die ökologische Landwirtschaft trägt in vielfältiger Weise zum Erhalt der Agro-
biodiversität bei. Nährstoff-, Schädlings- und Krankheitsmanagement setzen
längere Fruchtfolgen und eine größere Abwechslung bei der Kulturpflanzenaus-

wahl voraus. Die einseitige Konzentration der Pflanzen- und Tierzucht auf Er-
tragsstärke bzw. Hochleistung hat dazu geführt, dass weniger spezialisierte Sor-

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ten und Tierrassen für die ökologische Landwirtschaft kaum noch verfügbar
sind. Deshalb erfolgt ein Rückgriff auf alte Rassen und Sorten und ihre Weiter-
entwicklung durch eine an die ökologische Bewirtschaftung und die aktuellen
Verhältnisse in der Landwirtschaft angepasste Zucht. Im Übrigen wirkt sich die
ökologische Landbewirtschaftung auch positiv auf Menge und Vielfalt der
Acker-Begleitflora und -Fauna aus. Ein Ausbau der Förderung für den ökolo-
gischen Landbau im Rahmen der zweiten Säule auf EU-, Bundes- und Länder-
ebene ist also auch für den Erhalt der Agrobiodiversität dringend erforderlich.

Der Anbau nachwachsender Rohstoffe hingegen ist im Hinblick auf die Agro-
biodiversität nicht nur positiv zu bewerten. Bei der Erzeugung von Bioenergien
kann zwar weitgehend auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichtet
werden. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass bei der Produktion von mög-
lichst viel Biomasse für die Bioenergieerzeugung die Fruchtfolgen auf einige
wenige ertragsstarke Kulturarten und Sorten eingegrenzt werden, obwohl prin-
zipiell auch die Biomasse ertragsschwächerer Arten und Sorten genutzt werden
kann. Demgegenüber könnte der Bedarf an möglichst vielen verschiedenen In-
dustriepflanzen, die verschiedene Rohstoffe für die stoffliche Verwertung und
die chemische Industrie liefern, zu einer höheren Arten- und Sortenvielfalt auf
unseren Äckern sorgen. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Anbau von In-
dustriepflanzen als trojanisches Pferd für die Etablierung der grünen Gentechnik
instrumentalisiert wird. Damit sich der Anbau nachwachsender Rohstoffe posi-
tiv auf die Agrobiodiversität auswirken kann, muss ein verbindliches Zertifizie-
rungssystem für nachhaltig produzierte Biomasse geschaffen werden. Außer-
dem bedarf es eines hohen Forschungsaufkommens zu Bereichen wie gemein-
samer Anbau von Nahrungs- und Energiepflanzen, Bioraffinerien, Ganzpflan-
zennutzung und Anbau alternativer Arten.

Die Versuche, die genetische Vielfalt unserer Kulturpflanzen wenigstens in Gen-
banken für die Nachwelt zu erhalten, wird konterkariert durch die Beantragung
und Genehmigung von Freisetzungsversuchen mit gentechnisch veränderten
Weizen- und Erbsensorten direkt neben den Erhaltungsflächen der Genbank in
Gatersleben. Gatersleben ist eine der weltweit größten Genbanken für alte Ge-
treidesorten. Die Gefahr einer Kontaminierung jahrhundertealter Sorten und
einer Vernichtung dieser Genreserven ist unkalkulierbar. Dass auch das Bundes-
amt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als zuständige
Genehmigungsbehörde von einem Risiko ausgeht, lässt sich aus seiner Empfeh-
lung, die Erhaltungs- und Vermehrungsflächen der Genbank räumlich zu ver-
legen, ableiten. Die Genehmigung der Freisetzungsversuche mit gentechnisch
veränderten Pflanzen ist vor diesem Hintergrund höchst fahrlässig und muss un-
verzüglich zurückgenommen werden.

Es ist dringend notwendig, der Gefährdung der Agrobiodiversität entgegenzu-
treten. Auf internationaler Ebene hat die im Jahr 1996 stattgefundene Vertrags-
staatenkonferenz (VSK) der CBD ein Arbeitsprogramm zum Thema landwirt-
schaftliche Biodiversität aufgestellt. Der Rückgang blütenbestäubender Orga-
nismen und die Auswirkungen der „genetic use restriction technologies“
(GURTs) werden als Schwerpunkte der CBD diskutiert. Der Anbau von GURTs
ist aufgrund seiner möglichen sozialen und ökologischen Folgen sehr kritisch
bewertet, was zur Einsetzung einer Expertengruppe zu weiteren Untersuchun-
gen geführt hat. Zudem wurde im Jahr 2003 über die CBD das Protokoll über
biologische Sicherheit eingerichtet (Cartagena-Protokoll).

Im Mai 2008 wird Deutschland Gastgeberin der 9. Vertragsstaatenkonferenz der
CBD (COP 9) und der Verhandlungen des Cartagena-Protokolls in Bonn sein.
Aufgrund dieser besonderen Verantwortung sollte die Bundesregierung die EU-
Ratspräsidentschaft intensiv dazu nutzen, um mit den beiden nachfolgenden

EU-Ratspräsidenten Portugal und Slowenien die europäischen Themen und
Standpunkte für die COP 9 Verhandlungen zu erarbeiten. Die beiden Vertrags-

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staatenkonferenzen in Deutschland werden im Bereich der Agrobiodiversität
Schwerpunkte auf die Umsetzung der Bonner Richtlinien zu „Access to Genetic
Resources and Benefit-Sharing“ (ABS) und die Wiederherstellung und Absiche-
rung der Rechte und Souveränität der indigenen Völker und lokalen Gemein-
schaften über ihre biologischen Ressourcen setzen. Die Erarbeitung eines kon-
kreten Aktionsplans zur Erreichung der Ziele der Globalen Strategie zum Schutz
der Pflanzen (Beschluss der 6. VSK) steht auch auf der Tagesordnung. Die
9. Vertragsstaatenkonferenz ist zudem eine große Chance, den Menschen hier in
Deutschland die Bedeutung der biologischen Vielfalt und ihre Gefährdung
näherzubringen.

Im Strategischen Plan der CBD wurde das Ziel festgelegt, den Verlust an biolo-
gischer Vielfalt bis 2010 signifikant zu reduzieren. Die Europäische Union ging
einen Schritt weiter und formulierte das Ziel, bis zum Jahr 2010 den Verlust der
biologischen Vielfalt gänzlich zu stoppen. Der Druck, bei der letzten Vertrags-
staatenkonferenz vor 2010 konkrete Vereinbarungen mit zeitnahen Umsetzungs-
plänen zu erzielen, ist sehr hoch. Die Ausrichtung der Vertragsstaatenkonferenz
gibt der Bundesregierung die einmalige Möglichkeit, ihr Engagement für den
Erhalt der biologischen Vielfalt auch im Bereich der Landwirtschaft im nationa-
len, europäischen und internationalen Rahmen zu unterstreichen. Hier muss vor
allem eine Vernetzung mit den nationalen Sektorvorhaben z. B. Klimaschutz,
Schutz der Agrobiodiversität und Flächenverbrauch erfolgen.

Als Gastgeberin muss Deutschland Vorbild beim Schutz der biologischen Viel-
falt im Bereich der Landwirtschaft sein. Die von Seiten der Bundesregierung
bisher ergriffenen spezifischen Maßnahmen zum Schutz der Agrobiodiversität
(etwa das nationale Fachprogramm zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung
pflanzengenetischer Ressourcen landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Kul-
turpflanzen, die Einrichtung eines Informations- und Koordinationszentrums für
Biologische Vielfalt (IBV) bei der BLE und die bereitgestellten Mittel für For-
schungs-, Modell- und Demonstrationsvorhaben sowie die Strategie des
BMELV für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt für
die Ernährung, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft) müssen evaluiert und wei-
terentwickelt werden. Auch müssen weitere konkrete Maßnahmen auf den Weg
gebracht werden, um der Abnahme der Agrobiodiversität entgegenzuwirken.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● bis Ende dieses Jahres einen ausführlichen Bericht über den Umsetzungs-
stand und die Auswirkungen sowie Erfolge der bisher eingeleiteten Maßnah-
men zum Erhalt der Agrobiodiversität vorzulegen;

● aufbauend auf die vorgelegten Ergebnisse und unter Berücksichtigung der
folgenden Punkte die Strategie für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung
der Agrobiodiversität weiterzuentwickeln. Die relevanten Ansätze sind:

– die Öffentlichkeit mit Hilfe einer umfassenden Kommunikations- und In-
formationskampagne über die Bedeutung der Agrobiodiversität und ihre
Gefährdung umfassend aufzuklären und sie für die Wichtigkeit und die
notwendigen Maßnahmen des Biodiversitätsschutzes zu sensibilisieren;

– die Landwirte, Landnutzer und weitere Interessengruppen durch eine ver-
besserte Information und Ausbildung im Bereich des Erhalts der Agro-
biodiversität zu unterstützen;

– die qualitativen Verluste an Agrobiodiversität durch die zu erwartende
Aufhebung der Flächenstilllegung zu bestimmen und dafür einen entspre-
chenden Ausgleich in Form verbindlicher Strukturelemente zu schaffen;
– im Rahmen von Cross Compliance auf europäischer Ebene Auflagen zu
machen, die eine stärkere Diversifizierung der Fruchtfolgen sowie einen

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hinreichenden Anteil von ungenutzten Landschaftselementen und Acker-
randstreifen gewährleisten;

– die Agrarumweltprogramme mit dem Ziel der Erhöhung der ökologischen
Wirksamkeit inhaltlich fortzuentwickeln und besser finanziell auszustat-
ten;

– die Fördersätze für den Ökolandbau auf ein Niveau anzuheben, das dem
europäischen Durchschnitt in Ländern mit vergleichbaren Faktorkosten
entspricht, um so die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft zu un-
terstützen;

– analog zu den Agrarumweltmaßnahmen ein Programm für Waldumwelt-
maßnahmen zu entwickeln;

– die Entwicklung der Agroforstwirtschaft durch Forschungsmittel und
durch Einrichtung einer Informations- und Koordinierungsstelle zu unter-
stützen und die Einrichtung von Agroforstsystemen zukünftig mit Mitteln
der GAK zu fördern;

– Genreserven in Genbanken zu erhalten sowie den Anbau seltener Kultur-
sorten und die Vermarktung ihrer Produkte zu unterstützen;

– sowohl Freisetzungsversuche als auch den kommerziellen Anbau gen-
technisch veränderter Organismen im Umfeld von Genbanken grundsätz-
lich nicht zu genehmigen;

– bei Risikobewertungen gentechnisch veränderter Pflanzen im Rahmen der
Zulassungsverfahren sowohl auf europäischer als auch auf nationaler
Ebene den Schutz der Agrobiodiversität als wichtiges Ziel und Kriterium
zu berücksichtigen;

– dafür Sorge zu tragen, dass weder in Deutschland, der EU oder inter-
national gentechnisch veränderte Pflanzen, die mittels der so genannten
GURT-Technologie (Genetic Use Restriction Technology) entwickelt
wurden, freigesetzt werden und derartige Projekte auch nicht mit deut-
schen Forschungsmitteln oder EU-Gemeinschaftsmittel gefördert werden;

– sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass in der EU-Saatgutverordnung
der Kennzeichnungsschwellenwert für gentechnische Verunreinigungen
im Saatgut auf 0,1 Prozent (Nachweisgrenze) festgelegt wird;

– den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel zu vermindern sowie die
Bereitstellung und den Einsatz spezifischerer chemischer Pflanzenschutz-
mittel anstelle von Breitband-Pestiziden weiter zu fördern und hinsichtlich
beider Ziele das Reduktionsprogramm chemischer Pflanzenschutz aktiv
weiterzuentwickeln;

– die Forschung im Bereich nichtchemischer Methoden des Pflanzenschut-
zes zu verstärken;

– die Forschung im Bereich der Diversifizierung von Fruchtfolgen, des
Mischfruchtanbaus und der Nutzung alternativer Kulturpflanzenarten zu
verstärken;

– die Züchtungsforschung bei Kulturpflanzenarten, die bisher züchterisch
wenig bearbeitet wurden, zu verstärken;

– die Entwicklung möglichst breiter Einsatzbereiche für möglichst viele
verschiedene Industriepflanzen aktiv voranzubringen;

– der Ausbreitung invasiver Arten und Schadorganismen durch geeignete
Schutzmaßnahmen vorzubeugen und sie notfalls aktiv zu bekämpfen;

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– ein umfassendes Monitoring-Programm sowohl zur genetischen Vielfalt
der Nutztierrassen als auch zur genetischen Varianz innerhalb der Nutz-
tierrassen zu entwickeln;

– ein schlüssiges Konzept zu erarbeiten, um dem weiteren Rückgang der
tiergenetischen Vielfalt schnell und wirksam entgegenzuwirken;

– umfassende Genbanken für das Erbmaterial von Nutztierrassen anzule-
gen;

– die Tierzucht in Deutschland beim Erhalt der genetischen Ressourcen und
bei der Anpassung der Zuchtziele in Bezug auf Tiergerechtigkeit, Klima-
wandel und ökologische Produktionsweisen zu unterstützen;

– den Erhalt seltener Nutztierrassen zu fördern und

– Initiativen, die Produkte gefährdeter Nutztierrassen vermarkten, bei Mar-
ketingmaßnahmen zu unterstützen;

● sich im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und als Gastgeberin
der 9. Vertragsstaatenkonferenz der CBD während deren Vorbereitung und
der Verhandlungen für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der Agrobio-
diversität national, europaweit und international stärker einzusetzen. Die
relevante Ansätze sind:

– die Umsetzung der Bonner Richtlinien zu „Access to Genetic Resources
and Benefit-Sharing“ (ABS) und die Wiederherstellung und Absicherung
der Rechte und Souveränität der indigenen Völker und lokalen Gemein-
schaften über ihre biologischen Ressourcen aktiv voranzutreiben;

– sicherzustellen, dass taxonomische Sammlungen zur Inventarisierung von
Pflanzen- und Tierarten nur in Ländern angelegt werden, die die Konven-
tion über biologische Vielfalt unterzeichnet haben, so dass die darin fest-
gelegten Schutzregelungen greifen können;

– das Verbot von gentechnisch veränderten Bäumen zu beschließen;

– das bestehende CBD-Moratorium gegen die kommerzielle Nutzung und
Entwicklung der Terminator-Technologie weiterhin zu stützen;

– Haftungsregelungen bei Schadensfällen durch die Verunreinigung der
genetischen Ressourcen durch Gentechnik festzulegen und

– einen konkreten Aktionsplan zur Erreichung der Ziele der Globalen Stra-
tegie zum Schutz der Pflanzen vorzulegen.

Berlin, den 23. Mai 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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