BT-Drucksache 16/5179

Tornado-Unfall bei einer Navigationsflugübung in der Schweiz am 12. April 2007

Vom 27. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5179
16. Wahlperiode 27. 04. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke,
Heike Hänsel, Inge Höger, Katrin Kunert und der Fraktion DIE LINKE.

Tornado-Unfall bei einer Navigationsflugübung in der Schweiz am 12. April 2007

Im Rahmen eines Langstreckenfluges mit einer Station auf dem Militärflug-
hafen bei Solenzara/Korsika zurück zum Heimatstandort in Lagerlechfeld ist ein
Tornado Kampfflugzeug nach einem Zwischenstopp in Emmen/Schweiz im
schweizerischen Lauterbrunnental an einer Bergwand zerschellt. Die Piloten
sollten eine Navigationsflugübung im Tiefflug absolvieren, d. h. sie flogen ohne
den Einsatz von Sensoren und Radar in etwa 300 Meter über Grund nur auf
Sicht. Die Piloten ignorierten bei diesem Flug anscheinend eine Empfehlung der
schweizerischen Streitkräfte, die Übung besser in einer mittleren Flughöhe, d. h.
zwischen 500 und 1 000 Metern über Grund, durchzuführen. Hintergrund der
Empfehlung war die touristische und sportliche Nutzung des Tals, z. B. durch
Gleitschirmflieger, die Kabel der Seilbahnen sowie die gegenwärtige Diskusion
um die Fluglärmbelästigung in der Schweiz. Der Unfall unterstreicht das prinzi-
pielle Risiko, welches für die Bevölkerung in Tieffluggebieten besteht.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Seit wann und aufgrund welcher vertraglichen Grundlage führt die Bundes-
wehr militärische Übungen im Schweizer Luftraum durch?

2. Aus welchem Grund hielt sich das Tornado Kampflugzeug vorher in Korsika
auf?

3. Ist es bei der Rückverlegung von Tornado Kampfflugzeugen aus Korsika
üblich, dass die Tornado-Besatzungen Navigationsflüge in der Schweiz
durchführen?

4. Ist es üblich, dass hierbei nur eine Maschine die Übungen durchführt oder
werden in der Regel wenigstens zwei Flugzeuge eingesetzt?

5. Für welche Übungen betrachtet die Bundeswehr die Nutzung des Schweizer
Luftraums als erforderlich zur Gewährleistung der Einsatzbereitschaft der
Luftwaffe?

6. Wie viele dieser Übungen fanden in den letzten fünf Jahren statt (bitte auf-
geschlüsselt nach Jahren, beteiligten Flugzeugen und Flugzeugtypen)?
7. Wie häufig kam es bereits in der Vergangenheit zu Zwischenfällen im
Schweizer Luftraum unter Beteiligung deutscher militärischer Luftfahrzeuge
(bitte aufgeschlüsselt nach Jahr, Art des Vorfalls und beteiligte Flugzeug-
typen)?

8. Wie lautete der genaue Auftrag für den Navigationsflug des Tornado-Kampf-
flugzeuges, das am 12. April 2007 abgestürzt ist?

Drucksache 16/5179 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
9. Trifft es zu, dass die Piloten am 12. April 2007 den Auftrag erhalten hatten,
unter Abschaltung aller Sensoren und Radare nur auf Sicht zu fliegen?

10. Waren die Piloten z. B. durch frühere Übungsflüge, mit den örtlichen Gege-
benheiten und dem Gelände vertraut?

11. Wie wurden die Piloten auf diesen Navigationsflug vorbereitet?

12. Wer informiert die Piloten vor einem Flug im Ausland über die dort gelten-
den rechtlichen Bestimmungen für die Durchführung von Flugmanövern
und eventuellen Besonderheiten der Luftraumnutzung?

13. Welcher Umgang mit Empfehlungen der gastgebenden Streitkräfte bezüg-
lich der Durchführung von Übungen die im Widerspruch zum Übungs-
auftrag stehen wird den Bundeswehrpiloten in der Ausbildung vermittelt?

14. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob der Pilot die Empfehlung der
Schweizer Luftwaffe, die Übung in mittlerer Flughöhe durchzuführen, vor
dem Start mit einem Vorgesetzten besprochen hat?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

15. Wie wurde sichergestellt, dass die Bevölkerung und die Freizeitsportler in
den betroffenen Tälern am 12. April 2007 über die Tiefflugübungen der
Bundeswehr informiert und vorgewarnt waren?

16. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesem Unfall sowohl
hinsichtlich des Umgangs mit Empfehlungen der gastgebenden Streitkräfte
als auch hinsichtlich der Vertretbarkeit der Durchführung von Tiefflügen in
touristisch und sportlich genutzten Bergregionen der Schweiz (bitte jeweils
mit Begründung)?

17. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die Schweizer Luft-
waffe bei den Übungen für ihre Kampfflugzeuge eine Mindesthöhe von
3 965 Meter über dem Meeresspiegel eingeführt hat?

18. Gilt dies auch für die Übungen der Bundeswehr im Schweizer Luftraum?

Wenn nicht, wieso nicht?

19. Welche Mindestflughöhe beachtet die Schweizer Luftwaffe derzeit bei eige-
nen Flügen über touristische Gebiete in der Schweiz, und gilt diese Mindest-
flughöhe auch für die Bundeswehr?

20. Welche vertraglichen Verpflichtungen bestehen für die Bundeswehr bei
Manöver- und Übungsunfällen in der Schweiz die Haftung zu übernehmen
und die Schadensersatzforderungen von Opfern zu begleichen, und aus wel-
chen Haushaltstiteln werden diese beglichen?

Berlin, den 26. April 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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