BT-Drucksache 16/5176

Entwicklung der Zahl der Ausweisungen von Ausländerinnen und Ausländern

Vom 27. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5176
16. Wahlperiode 27. 04. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen, Jan Korte, Kersten Naumann
und der Fraktion DIE LINKE.

Entwicklung der Zahl der Ausweisungen von Ausländerinnen und Ausländern

In den kommenden Wochen berät der Deutsche Bundestag über eine Änderung
des Asyl- und Aufenthaltsrechts. Im vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung ist unter anderem eine Ausweitung der Ermessensausweisung von Aus-
länderinnen und Ausländern vorgesehen. Unter anderem sollen nun Personen
ausgewiesen werden können, die andere gezielt und in „verwerflicher Art“ da-
ran hindern, sich in die deutsche Mehrheitsgesellschaft zu integrieren. Zudem
soll der besondere Ausweisungsschutz für in Deutschland aufgewachsene Min-
derjährige bzw. Heanwachsende bei jugendlichen „Intensiv-Straftätern“ nicht
mehr gelten. Die Gesetzesbegründung lässt aber offen, woraus sich genau die
Notwendigkeit dieser Regelungen ergibt und ob Maßnahmen mit einer geringe-
ren Eingriffsschwelle überhaupt geprüft bzw. aus welchen Gründen sie gegebe-
nenfalls verworfen wurden. In der Öffentlichkeit kann so der Eindruck entste-
hen, dass es sich gerade bei den Änderungen im § 55 des Aufenthaltsgesetzes
lediglich um symbolische Politik handelt, mit der die eigentlichen Probleme
umgangen bzw. abgeschoben werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In wie vielen Fällen wurde seit der Reform des Ausländerrechts 1990/1 eine
Ausweisung verfügt, was waren jeweils die Ausweisungsgründe/Rechts-
grundlagen, und in wie vielen Fällen wurden die Ausweisungen rechts-
kräftig (bitte nach Jahren, Herkunftsstaaten, Geschlecht und Bundesländern
auflisten)?

2. Über welchen Aufenthaltsstatus verfügten die betroffenen Ausländerinnen
und Ausländer zum Zeitpunkt der Ausweisung (nach Jahren seit 1991 auf-
listen)?

3. Wie viele der betroffenen Ausländerinnen und Ausländer waren in den
Jahren 1991 bis 2006 zum Zeitpunkt der Ausweisung

a) 0–14 Jahre alt,

b) 15–18 Jahre alt,
c) 19–49 Jahre alt,

d) 50–65 Jahre alt,

e) älter als 65 Jahre

(bitte nach Jahren auflisten)?

Drucksache 16/5176 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Wie viele der Ausländerinnen und Ausländer, gegen die eine rechtskräftige
Ausweisungsverfügung erging,

a) reisten „freiwillig“ aus,

b) wurden abgeschoben,

c) konnten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben
werden

(bitte nach Herkunftsländern und Jahren auflisten)?

5. Wie viele Ausländerinnen und Ausländer werden nach Einschätzung der
Bundesregierung jeweils von der geplanten Änderung der Ermessensaus-
weisung nach den neuen Nummern 9 bis 11 in § 55 Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E
jährlich betroffen sein (bitte nach Nummern differenzieren)?

a) Nach welchen Tatbeständen und Kriterien soll beurteilt werden, ob eine
Ermessensausweisung aufgrund der neuen Nummer 9 zu prüfen bzw. zu
verfügen ist?

Was wären Beispiele, in denen es zu einer Ausweisung kommen könnte?

b) In wie vielen Fällen kam es seit 2001 zu Verurteilungen wegen einer
Nötigung im Sinne der Nummern 10 bzw. 11 des § 55 Abs. 2 Satz 1
AufentG-E (nötigende Abhaltung in verwerflicher Weise von gesell-
schaftlicher Teilhabe bzw. Nötigung zur Schließung einer Ehe; zur
Bezugnahme auf den Tatbestand der Nötigung siehe GE-Begründung)?

Woraus ergibt sich nach Ansicht der Bundesregierung überhaupt die Not-
wendigkeit einer solchen Regelung, da bei rechtskräftiger Verurteilung
wegen Nötigung eine Ausweisung bereits jetzt rechtlich möglich bzw.
geboten ist?

c) Nach welchen Tatbeständen soll beurteilt werden, ob eine Ermessens-
ausweisung aufgrund der neuen Nummer 10 zu prüfen bzw. zu verfügen
ist?

d) Nach welchen Tatbeständen soll beurteilt werden, ob eine Ermessens-
ausweisung aufgrund der neuen Nummer 11 zu prüfen bzw. zu verfügen
ist?

e) Worin genau werden sich voraussichtlich Ausweisungsverfügungen nach
den neuen Nummern 9 bis 11 von den bisherigen Fällen nach Nummer 2
(nicht nur vereinzelte oder geringfügige Verstöße gegen Rechtsvorschrif-
ten oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügun-
gen) unterscheiden?

Soll es den Sachbearbeitern der Ausländerbehörden obliegen, de facto
einen Straftatbestand zu prüfen und mit ihrem Ermessensentscheid
de facto ein Urteil zu sprechen?

6. Wie viele jugendliche bzw. heranwachsende Ausländerinnen und Ausländer
werden nach Einschätzung der Bundesregierung unter die Ausnahme von
besonderem Ausweisungsschutz nach Satz 3 in § 56 Abs. 2 AufenthG-E
fallen?

Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Zahl der jugend-
lichen und heranwachsenden nichtdeutschen Staatsangehörigen, die unter
diese Regelung fallen würden bzw. in den letzten Jahren gefallen wären?

Berlin, den 26. April 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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