BT-Drucksache 16/4984

Verhalten der Bundespolizei nach Neonaziangriff im Zug

Vom 4. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4984
16. Wahlperiode 04. 04. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen und der Fraktion DIE LINKE.

Verhalten der Bundespolizei nach Neonaziangriff im Zug

Nach uns vorliegenden Informationen wurden am 24. Februar 2007 fünf
Jugendliche auf dem Rückweg von einer antifaschistischen Demonstration in
Hildesheim im Zug von Minden nach Gütersloh von einer Gruppe von rund 18
Neonazis der „Freien Kameradschaften“ aus Hamm und Dortmund festgehalten
und verprügelt. Drei Jugendliche im Alter zwischen 15 und 18 Jahren erlitten
Verletzungen am Kopf und im Gesicht. In Bielefeld stiegen Beamte der Bun-
despolizei zu und forderten die Geschädigten sowie deren zur Hilfe gerufene
Bekannte auf, den Zug zu verlassen (Neonazis schlagen im Zug zu, Neue West-
fälische Gütersloh, Ausgabe 26. Februar 2007, http://cgr.antifa.net/?cmd=
presse&presseid=178). Die Opfer sollten zuvor noch einmal in das Abteil mit
den Neonazis gehen und die Angreifer identifizieren. Die Neonazis hatten sich
allerdings mit Jacken, Tüchern und Sonnenbrillen unkenntlich gemacht. Die
Polizei erklärte, sie könne die Neonazis nicht zwingen, zur Identifikation die
Jacken auszuziehen. Lediglich von drei Neonazis wurden die Personalien fest-
gestellt. Die Polizei weigerte sich nach Darstellung der antifaschistischen
Jugendlichen, den Zug nach aus dem Abteil geflohenen Schlägern zu durch-
suchen. Während die Opfer von der Polizei in Bielefeld zum Aussteigen
gezwungen und dabei von den Neonazis verhöhnt und fotografiert wurden, er-
mahnt die Polizei die verprügelten Jugendlichen, kein „provokantes Verhalten“
zu zeigen. Auf der Wache wurde ihnen noch unterstellt, sich absichtlich in das
Abteil mit den Neonazis gesetzt zu haben (http://cgr.antifa.net/ und dem Büro
Jelpke vorliegende Gedächtnisprotokolle der Betroffenen). Es drängt sich der
Eindruck auf, dass hier Täter/Opfer-Rollen vertauscht und verhindert wurde,
dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden können.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über einen Angriff einer
Gruppe von Neonazis auf Jugendliche im Zug von Minden nach Gütersloh
am 24. Februar 2007 vor?

2. Welche Maßnahmen hat die Bundespolizei am 24. Februar 2007 im Zug von
Minden nach Gütersloh getroffen, um die Identitäten rechtsextremer Schlä-
ger, die zuvor eine Gruppe Jugendlicher angegriffen hatten, festzustellen

und eine Strafverfolgung zu ermöglichen?

3. Ist es richtig, dass die Bundespolizei in Bielefeld die Opfer des rechtsextre-
men Angriffs und weitere nicht rechtsextreme Jugendliche zum Verlassen
des Zuges aufforderte?

a) Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?

Drucksache 16/4984 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
b) Warum wurden nicht die Angreifer zum Verlassen des Zuges aufgefor-
dert?

c) Welche anderen Möglichkeiten hätte es gegeben, die Sicherheit der ange-
griffenen Jugendlichen zu gewährleisten?

4. Hält die Bundesregierung das Vorgehen der Bundespolizei für angemessen?

5. Seit wann wusste die Bundespolizei, dass es am 24. Februar 2007 in Hildes-
heim einen Aufmarsch von Rechtsextremen und eine antifaschistische
Gegendemonstration gab?

a) Welche Maßnahmen wurden getroffen, um die Sicherheit von nicht
rechtsextremen Fahrgästen in Zügen von und zur rechtsextremen Kund-
gebung angesichts der zu erwartenden Teilnehmer aus anderen Städten zu
gewährleisten?

b) Befanden sich zum Zeitpunkt des Neonaziangriffs Beamte der Bundes-
polizei im Zug?

c) Wenn ja, warum griffen diese nicht ein?

6. Wie viele, und welche Art von Zwischenfällen mit Neonazis in Zügen der
Deutschen Bahn zählte die Bundespolizei während der letzten fünf Jahre
(bitte nach Jahren und Art der Zwischenfälle aufschlüsseln)?

a) In wie vielen Fällen kam es dabei zu gewalttätigen Übergriffen von Neo-
nazis auf andere Fahrgäste?

b) In wie vielen Fällen kam es zu Sachbeschädigungen durch Neonazis in
Zügen?

7. In welcher Form beinhaltet die Ausbildung von Beamten der Bundespolizei
die Vermittlung von Hintergrundkenntnissen über Rechtsextremismus?

8. Nach welchen Kriterien greift die Bundespolizei bei Auseinandersetzungen
zwischen Rechtsextremen und Nichtrechtsextremen ein?

Berlin, den 2. April 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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