BT-Drucksache 16/4983

Einsatz der Bundeswehr beim G8-Gipfel in Heiligendamm

Vom 4. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4983
16. Wahlperiode 04. 04. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Monika Knoche, Dr. Dietmar Bartsch,
Heike Hänsel, Inge Höger, Jan Korte, Katrin Kunert, Paul Schäfer (Köln)
und der Fraktion DIE LINKE.

Einsatz der Bundeswehr beim G8-Gipfel in Heiligendamm

Der G8-Gipfel in Heiligendamm findet unter höchster Sicherheitsstufe statt.
Gegen das Treffen werden Proteste von mehreren Zehntausend Demonstrantin-
nen und Demonstranten erwartet, die sich gegen Krieg, Hunger und Ausbeu-
tung wenden. Sämtliche acht Teilnehmerstaaten sind an Kriegen beteiligt,
einige auch an völkerrechtswidrigen wie dem Irakkrieg. Tausende von Polizis-
ten sollen das zur Festung ausgebaute Tagungshotel abschotten. Auch Bundes-
wehr und Bundespolizei wirken daran mit.

Die Tätigkeiten der Bundeswehr konzentrieren sich nach Presseberichten nicht
nur auf die Bereitstellung von Unterkünften für Polizeikräfte. Das Militär stellt
auch Sanitätskräfte und -material zur Verfügung. Ein Vizeadmiral der Bundes-
wehr wird von der Presse mit den Worten zitiert: „Wenn ein Schadensfall ein-
tritt und wir angefordert werden, wird die Bundeswehr mit jedem Soldaten, der
zur Verfügung steht, helfen“ (NDR, 12. März 2007). Darüber hinaus führt die
Bundeswehr gemeinsam mit der örtlichen Polizei Sicherheitsübungen durch.
„Dabei werde das Zusammenwirken von Sicherheits- und Hilfskräften etwa bei
Demonstrationen mit militanten Globalisierungsgegnern trainiert“, so laut NDR
Oberst Manfred Pape, der Chef des Landeskommandos Mecklenburg-Vor-
pommern.

Der „OSTSEE-ZEITUNG“ vom 22. März 2007 zufolge wird im Bundesminis-
terium der Verteidigung geprüft, „in welchen Bereichen die Truppe ihre Fähig-
keiten einbringen könne“ – über Sanitäts- und logistische Unterstützung hinaus.
Gedacht sei an den Einsatz von Tauchern und anderen Spezialisten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Bundeswehrsoldaten werden nach bisherigem Planungsstand in
Zusammenhang mit dem G8-Gipfel eingesetzt?

a) Welche Kosten entstehen dadurch?

b) Seit wann plant die Bundesregierung den Einsatz der Bundeswehr?
2. Werden darüber hinaus Soldaten in Bereitschaft gehalten, und wenn ja, wie
viele und zu welchem Zweck?

3. Wie viele dieser Bundeswehrangehörigen werden jeweils

a) innerhalb des umzäunten Areals,

b) außerhalb des Areals,

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c) im gesperrten Seebereich,

d) außerhalb des gesperrten Seebereichs,

e) auf dem Gelände des Flughafens Rostock-Laage

bereitgehalten?

4. Wie viele dieser Soldaten sind bewaffnet, und um welche Bewaffnung
handelt es sich dabei?

a) Haben einige der eingesetzten Soldaten (ggf. welche) das Recht,
Zwangsmittel anzuwenden, und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?

b) In welchem Rahmen, wann und wo werden Feldjäger eingesetzt?

5. Ist geplant oder wird erwogen, bestimmte Bereiche zu militärischen
Sicherheitsbereichen zu erklären, und wenn ja, welche (bitte präzise be-
schreiben) und mit welcher Begründung?

6. Mit welchen Tätigkeiten werden die Soldaten während des Gipfels betraut
(bitte nach Anzahl der Soldaten, deren Teilstreitkraft/Organisationsbereich,
vorgesehen Einsatztagen, Einsatzort und Art der Tätigkeit differenzieren)?

7. Plant die Bundesregierung, der Bundeswehr Aufgaben zu übertragen, die
in den Zuständigkeitsbereich der Küstenschutzpolizei fallen, und wenn ja,
welche Aufgaben und warum?

8. Welche weiteren Unterstützungsleistungen übernimmt die Bundeswehr,
auf wessen Anforderung, und welche Kosten entstehen dadurch (bitte nach
Art der Unterstützung, Einsatztagen und -ort differenzieren)?

9. Welche weiteren Unterstützungsleistungen werden von der Bundeswehr
bereitgehalten bzw. können noch zusätzlich abgefordert werden?

10. Welche Unterstützungsanforderungen hat die Bundeswehr abgelehnt (bitte
detailliert darlegen und begründen)?

11. Übernehmen ausländische Streitkräfte Unterstützungsleistungen oder be-
teiligen sich daran (ggf. bitte erläutern)?

12. In welchen Kasernen werden Unterbringungsmöglichkeiten bereitgestellt
und für wen und wie viele Personen?

13. Ist beabsichtigt, die Bundeswehr an der Sicherung der Strecke zwischen
dem Flughafen Rostock-Laage und dem Tagungshotel zu beteiligen, und
wenn ja, in welcher Form und auf welcher Rechtsgrundlage?

14. Werden in Zusammenhang mit dem G8-Gipfel Reservisten eingesetzt oder
in Bereitschaft gehalten, und wenn ja, in welchem Umfang und für welche
Zwecke?

15. Wie viele und welche Boote der Deutschen Marine sollen mit welchen
Aufgaben zum Einsatz kommen?

a) Wird der Einsatz von Marinetauchern erwogen oder fest eingeplant?

b) Wenn ja, über welche Bewaffnung verfügen diese?

c) Wird der Einsatz der Spezialisierten Einsatzkräfte der Marine erwogen?

16. Trifft die in der „OSTSEE-ZEITUNG“ vom 10. Januar 2007 wiedergege-
bene Äußerung des Inspekteurs der Streitkräftebasis Wolfram Kühn zu,
derzufolge keine Soldaten in Uniform auf den Straßen zu sehen sein
werden?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4983

17. Wie viele gemeinsame Übungen haben zwischen Bundeswehr und Polizei-
stellen in Zusammenhang mit dem G8-Gipfel stattgefunden, und wie viele
Übungen sollen bis zum Gipfel noch stattfinden und wann?

a) Was war bzw. ist Gegenstand dieser Übungen?

b) Wie viele Soldaten und Polizisten waren/sind an diesen Übungen betei-
ligt, und welche Tätigkeiten wurden/werden dabei geübt (bitte detail-
liert darlegen)?

c) Waren/sind weitere Organisationen oder Institutionen daran beteiligt,
und wenn ja, welche?

18. Welche Rolle soll die Bundeswehr im Zusammenwirken von Sicherheits-
und Hilfskräften bei Gewalttätigkeiten zwischen Polizei und Demonstran-
tinnen und Demonstranten spielen?

a) Inwiefern ist nach Ansicht der Bundesregierung die Bewältigung nicht-
kriegerischer, gewalttätiger Zusammenstöße im Inland eine Aufgabe
der Bundeswehr, und wie ist dies mit den einschlägigen grundgesetz-
lichen Regelungen zum Inlandseinsatz der Bundeswehr zu vereinbaren?

b) Welche Dienststellen und Einheiten der Bundeswehr sind an Planungen
und Szenarien in Zusammenhang mit möglichen Gewalttaten rund um
den Gipfel beteiligt?

c) Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, die Beteiligung
der Bundeswehr an gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Demonst-
rantinnen und Demonstranten sei etwas qualitativ Neues und ein Schritt
auf dem Weg dahin, der Bundeswehr zusätzliche Machtbefugnisse im
Inland zu übertragen, und wenn nein, warum nicht?

19. Welche Szenarien liegen den verschiedenen Einsatzplanungen für den
Bundeswehreinsatz zu Grunde?

20. In welchen Sicherheits-, Koordinations- oder Analysestäben werden kon-
krete Einsätze der Bundeswehr geplant, in welchen Stäben ist die Bundes-
wehr selbst beteiligt, und wer ist in diesen Gremien außerdem vertreten
(bitte Anzahl der eingesetzten Soldaten und die Rolle der Bundeswehr in
diesen Gremien darlegen)?

21. In welchem Zusammenhang steht das Manöver „Baltops“ mit dem G8-
Gipfel?

Sind am Manöver beteiligte Einheiten in der Lage, Sicherungsaufgaben für
den G8-Gipfel wahrzunehmen, und wenn ja, welche?

22. Wie viele Bundespolizisten sollen in Zusammenhang mit dem G8-Gipfel
zum Einsatz kommen, und welche Kosten entstehen dabei?

23. Welche Aufgaben sollen die Bundespolizisten übernehmen (bitte nach ein-
zelnen Tagen, Aufgaben und Anzahl der eingesetzten Bundespolizisten
aufgliedern)?

24. Werden weitere Bundespolizisten in Bereitschaft gehalten, und wenn ja,
wie viele und für welche Aufgaben?

Berlin, den 2. April 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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