BT-Drucksache 16/4839

zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Renate Künast, Fritz Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/4055- Für ein Entwicklungspartnerschaftsabkommen der Europäischen Union (EU) mit den Staaten der Afrika-, Karibik-, Pazifikgruppe (AKP)

Vom 27. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4839
16. Wahlperiode 27. 03. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Renate Künast,
Fritz Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/4055 –

Für ein Entwicklungspartnerschaftsabkommen der Europäischen Union (EU) mit
den Staaten der Afrika-, Karibik-, Pazifikgruppe (AKP)

A. Problem

Entwicklungspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Staaten.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/4839 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/4055 abzulehnen.

Berlin, den 28. Februar 2007

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Thilo Hoppe
Vorsitzender und Berichterstatter

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

lismus und Freihandel seien nicht der Königsweg. Wenn eine
sich im Aufbau befindende Industrie oder Kleinbauern in

tische Komponente gestärkt werden müsse, sie habe dies
aber trotz Nachfragen nie konkretisiert. Ein Veränderungs-
den Entwicklungsländern nicht die Möglichkeit hätten, sich
vor steuerfinanzierten Dumpingprodukten zu schützen, weil
sie zu radikalen Zollsenkungen gezwungen würden, lieferte
man sie der übermäßigen Konkurrenz der Europäischen Uni-

wille der Bundesregierung sei nicht erkennbar, tatsächlich
unterstütze sie den neoliberalen Flügel in der EU-Kommis-
sion. Nicht nur korrupte Eliten, sondern auch die Bevölke-
rung in den Partnerländern seien gegen die Verhandlungen,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4839

Bericht der Abgeordneten Anette Hübinger, Dr. Sascha Raabe,
Hellmut Königshaus, Heike Hänsel und Thilo Hoppe

I. Zum Beratungsverfahren

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/4055 in seiner 77. Sitzung am 19. Januar 2007 zur feder-
führenden Beratung an den Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie überwiesen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag in seiner 29. Sitzung am 28. Februar 2007 beraten.
Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Der federführende Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat den Antrag in seiner
31. Sitzung am 28. Februar 2007 beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. beschlossen,
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags zu
empfehlen.

II. Zum Inhalt der Beratung

Die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
unterstrich, sie stehe marktwirtschaftlichen Prinzipien und
dem Freihandel differenziert gegenüber und befürworte
grundsätzlich eine stärkere Integration der Entwicklungslän-
der in den Weltmarkt. Während das Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung versuche,
die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen so entwicklungs-
verträglich wie möglich auszugestalten, verdichte sich der
Eindruck, dass die Europäische Kommission sich im Gegen-
satz dazu für die europäische Export- und Agrarindustrie
einsetze. Viele AKP-Länder hätten deshalb die Verhand-
lungsführung der Europäischen Union kritisiert. Deren Ein-
schätzung, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen den
AKP-Ländern nicht zugute kämen, sei zu teilen. Es sei zwar
grundsätzlich richtig, Verhandlungen über die Neugestaltung
der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen in Angriff zu neh-
men, weil die Präferenzsysteme mit dem WTO-Recht
(WTO: Welthandelsorganisation) nicht kompatibel und zu-
dem für die Entwicklungsländer nicht nur vorteilhaft seien.
Messlatte bei den Verhandlungen müsse ihr Beitrag zur
Armutsbekämpfung sein. Dennoch sei nicht hinreichend
untersucht worden, wie sich die europäische Strategie der
Zollsenkungen und der stärkeren Marktöffnung auf verletz-
liche Bevölkerungsgruppen auswirkt. Grenzenloser Libera-

Sie kritisierte, dass die Singapur-Themen von der Europäi-
schen Union gegenüber den AKP-Staaten sehr offensiv ver-
treten würden, obwohl diese zurzeit in der WTO blockiert
würden. Deshalb bestehe die Gefahr, dass eine Durchsetzung
dieser Themen bei den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
die WTO-Verhandlungen in Richtung Liberalismus beein-
flussten. Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen müssten
als Entwicklungspartnerschaftsabkommen ausgestaltet wer-
den. Die Zahl der Hungernden sei wichtiger als die Wachs-
tumsraten.

Die Fraktion der SPD betonte die Bedeutung von Handel
und globalen Rahmenbedingungen in der Entwicklungszu-
sammenarbeit. „Aid for Trade“ sei insbesondere für die
ärmsten Entwicklungsländer ein wichtiges Stichwort. In die-
sem Zusammenhang sei die Frage zu stellen, warum in vielen
Ländern trotz der Präferenzsysteme und trotz des gewohnten
und zollfreien Marktzugangs so wenig erreicht worden sei.
Es sei zu hoffen, dass durch die Wirtschaftspartnerschaftsab-
kommen eine grundlegende Verbesserung erreicht wäre.
Wichtig sei es, die regionale Integration zu verstärken, da
bislang der Handel zwischen den AKP-Staaten durch Zölle
belastet werde. Nur größere Märkte insbesondere innerhalb
Afrikas könnten global wettbewerbsfähig sein. Hohe Zölle
führten zu einer Abschottung der Industrie, zudem kämen
die Zolleinnahmen vielfach nicht den Armen zugute. Die
Singapur-Themen seien im Rahmen der WTO-Verhandlun-
gen zurückgestellt worden, da zuerst größere Fortschritte auf
anderen Feldern, etwa beim Dumping landwirtschaftlicher
Produkte durch die EU, erreicht werden müssten. Bei richti-
ger Ausgestaltung seien die Singapur-Themen an sich nicht
von Nachteil für die Entwicklungsländer. Rechtsstaatlich-
keit, Investitionsschutz und fairer Wettbewerb müssten ge-
währleistet werden. Insbesondere hinsichtlich der wirt-
schaftlichen Entwicklung Afrikas sei die Integration in den
Weltmarkt langfristig der einzige Weg. Ausweis hierfür sei,
dass in den Regionen, wo Fortschritte bei der Bekämpfung
der Armut erreicht worden seien, sich diese schrittweise in
den Weltmarkt integriert hätten. Allerdings seien Wohl-
fahrtsgewinne durch die Weltmarktintegration gerechter zu
verteilen. „Fördern und Fordern“ sei ein Motto, das auch für
die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen gelte. Die Bundes-
regierung nehme die Aufgabe wahr, bei den Verhandlungen
dafür zu sorgen, dass sich der entwicklungspolitische und
nicht der wirtschaftsliberale Flügel in der EU-Kommission
durchsetze.

Die Fraktion DIE LINKE. entgegnete, das Bundesministe-
rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
habe zwar mehrfach dargelegt, dass die entwicklungspoli-
on aus. Alle Entwicklungsländer hätten in ihrer Aufbauphase
berechtigterweise protektionistische Ausnahmen ergriffen.

weil sie befürchteten, dass ihre subsistenzwirtschaftlichen
Strukturen zugunsten größerer Strukturen zerschlagen wür-

Drucksache 16/4839 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

den. Vor einer Stärkung des Exports müsse deshalb die Er-
nährungssicherheit der Bevölkerung sichergestellt werden.
Es gehe um gleichberechtigte Zusammenarbeit mit den afri-
kanischen Partnern; mit einer Politik des Förderns und For-
derns komme eine paternalistische Haltung zutage. Der
Wunsch nach einem Moratorium der Verhandlungen sei ver-
ständlich, zumal die Entwicklungsländer bei den Verhand-
lungen hinsichtlich ihrer Personalstärke und Kompetenz
benachteiligt seien. Generell sei es entscheidend, die Wirt-
schaftspartnerschaftsabkommen mit neuen Inhalten zu ver-
sehen, die auf Subsistenz und kleine Strukturen ausgerichtet
seien und nicht in erster Linie auf den Export.

Die Fraktion der CDU/CSU unterstrich, dass die Entwick-
lungsländer Handel als Chance begriffen, wenn er so ausge-
staltet sei, dass sie mit der Entwicklung Schritt halten könn-
ten. Es sei offensichtlich, dass die Präferenzsysteme der
Vergangenheit nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hät-
ten, also seien neue Verhandlungen nötig. Hinsichtlich des
Arguments, dass nach dem Abschluss der Wirtschaftspart-
nerschaftsabkommen den Entwicklungsländern Zolleinnah-
men nicht mehr zur Verfügung stünden, sei zu beachten, dass

als Laufzeit 25 Jahre vorgesehen seien und die Zollsenkun-
gen sukzessive erfolgen sollten. Mit Hilfe der Europäischen
Union und unter Beachtung von „Aid for Trade“ würden
Einnahmenverluste kompensiert werden. Darüber hinaus
müsse sichergestellt werden, dass Einnahmen bei der Bevöl-
kerung ankämen. Hinsichtlich der Verhandlungskompetenz
der Partnerstaaten hätten die Forderungskataloge, die west-
afrikanische und karibische Staaten erstellt hätten, gezeigt,
dass diese durchaus gegeben sei. Offen bleibe, wie damit
umgegangen werde. Grundsätzlich sei bedauerlich, dass
viele Nichtregierungsorganisationen nicht differenziert ge-
nug argumentierten, was die verschiedenen Probleme in den
verschiedenen Regionen angehe.

Die Fraktion der FDP legte dar, viele Punkte des Antrags
erinnerten an die altbekannte Agitation der politischen Lin-
ken. Protektionismus sei das Letzte, was den Partnerländern
helfen könnte. Wohlstand könne nur entstehen, wenn man
auf wirtschaftliche Entwicklung statt auf Protektionismus
setze. Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen würden ge-
braucht. Die Gespräche seien weiterzuführen; dies nicht zu
tun, widerspräche auch den Regeln der WTO.

Berlin, den 24. Januar 2007

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Thilo Hoppe
Berichterstatter

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