BT-Drucksache 16/4583

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/4372, 16/4420- Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) b) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD -16/3794- Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) c) zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Katja Kipping, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/2747- Nein zur Rente ab 67 d) zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Brigitte Pothmer, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/3812- Neue Kultur der Altersarbeit - Anpassung der gesetzlichen Rentenversicherung an längere Rentenlaufzeiten e) zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/3815- Stichtagsregelung für die Altersteilzeit im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (Rente mit 67) verlängern

Vom 7. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4583
16. Wahlperiode 07. 03. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 16/4372, 16/4420 –

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die
demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen
der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz)

b) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 16/3794 –

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die
demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen
der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz)

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Katja Kipping, Karin Binder,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/2747 –

Nein zur Rente ab 67

d) zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Brigitte

Pothmer, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/3812 –

Neue Kultur der Altersarbeit
– Anpassung der gesetzlichen Rentenversicherung an längere Rentenlaufzeiten

Drucksache 16/4583 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

e) zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus
Ernst, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/3815 –

Stichtagsregelung für die Altersteilzeit im RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz
(Rente mit 67) verlängern

A. Problem

Zu Drucksachen 16/3794, 16/4372, 16/4420

Die aus dem Rückgang der Geburtenzahl und der Verlängerung der Lebens-
erwartung resultierenden Veränderungen führen in der gesetzlichen Rentenver-
sicherung zu einer Veränderung des zahlenmäßigen Verhältnisses von aktiver
Erwerbsphase zu durchschnittlicher Rentenbezugsphase. Die Rentenbezugs-
dauer hat sich in den letzten 40 Jahren im Durchschnitt um rund sieben Jahre
auf nunmehr 17 Jahre erhöht. Es ist davon auszugehen, dass die Lebenserwar-
tung bis zum Jahr 2030 bei 65-jährigen Männern und bei 65-jährigen Frauen
um weitere 2,8 Jahre anwachsen wird.

Zu wenig ältere Menschen sind am Erwerbsleben beteiligt. Die Erwerbstäti-
genquote von Menschen zwischen 55 und 64 Jahren liegt mit rund 45 Prozent
deutlich unter der Erwerbstätigenquote für alle im erwerbsfähigen Alter (rund
65 Prozent). Dieser Entwicklung gilt es gegenzusteuern. Zudem wird in Zu-
kunft auch die Zahl junger qualifizierter Erwerbspersonen zurückgehen. Damit
die Wettbewerbsfähigkeit am Wirtschaftsstandort Deutschland erhalten bleibt,
dürfen Erfahrung und Wissen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
nicht verloren gehen.

Zu Drucksache 16/2747

Nach Ansicht der Antragsteller birgt das Vorhaben der Bundesregierung, das
Eintrittsalter für die abschlagsfreie Regelaltersrente von 65 Jahren auf 67 Jahre
anzuheben (ist arbeitsmarkt- und sozialpolitisch kontraproduktiv), das Risiko
erheblicher sozialer Verwerfungen in sich und sei zudem nicht geeignet, die
Finanzierungsbasis der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren. Die
Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre bedeute eine wei-
tere drastische Rentenkürzung. Sie sei eine Bestrafung all derer, die wegen
Arbeitslosigkeit oder aus gesundheitlichen Gründen die geltende Altersgrenze
nicht erreichen und nach der geplanten Änderung mit zusätzlichen Abschlägen
in Rente gehen müssen.

Zu Drucksache 16/3812

Nach Auffassung der antragstellenden Fraktion erweist sich die fehlende Er-
werbsintegration von älteren Beschäftigten mittlerweile als Wachstumsbremse.
Sie trage erheblich zum Mangel an Fachkräften und zur Finanzkrise der Sozial-
systeme bei. Wesentliche Ursache sei die Tradition der Frühverrentung, die
immer noch nicht konsequent beendet worden sei. Die Bundesregierung habe es
bisher versäumt, ein schlüssiges Konzept zur Steigerung der Erwerbstätigen-
quote von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorzulegen. Darunter

leide auch die Akzeptanz der sozial- und generationenpolitisch erforderlichen
Anhebung des Renteneintrittsalters.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4583

Zu Drucksache 16/3815

Der Gesetzesentwurf des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes sieht vor, dass
diejenigen Versicherten der Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1954 und älter
bei der Anhebung der Altersgrenzen für Altersrente besonderen Vertrauens-
schutz genießen sollen. Der Vertrauensschutz gilt für vor dem 1. Januar 2007
verbindlich abgeschlossene Vereinbarungen über Altersteilzeitarbeit im Sinne
der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes. Mit der Festsetzung des
Stichtages soll gewährleistet werden, dass Versicherte vor Abschluss einer
Vereinbarung über Altersteilzeit auf Grundlage des Kabinettsbeschlusses vom
29. November 2006 ihre Absicht überprüfen und bis zum 31. Dezember 2006
noch eine Vereinbarung schließen können. Die antragstellende Fraktion sieht
durch die kurzen Fristen die Möglichkeit eines Antragsstaus sowie zu kurzer
Verlaufzeiten gegeben und daraus resultierend die Gefahr, dass einige Personen
unverschuldet nicht mehr unter den Vertrauensschutz fallen.

B. Lösung

Zu Drucksachen 16/3794, 16/4372, 16/4420

Vor dem Hintergrund der weiter steigenden Lebenserwartung und sinkender
Geburtenzahlen ist die stufenweise Anhebung der Altersgrenze für die Regel-
altersrente von bisher 65 Jahren auf das 67. Lebensjahr eine wichtige renten-
politische Maßnahme, um die gesetzlichen Beitragssatz- und Niveausicherungs-
ziele einhalten zu können.

Flankierend dazu muss die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer in Deutschland weiter verbessert werden. Der Bund unter-
stützt dies mit der „Initiative 50plus“ und einer Reihe von Modellprojekten in
den Regionen. Ebenso gefordert sind Wirtschaft und Gewerkschaften sowie die
Betriebsparteien im Arbeitsleben mit Tarif- und Betriebsvereinbarungen Bedin-
gungen zu gestalten, die die Beschäftigungsfähigkeit im Alter erhalten und die
Beschäftigung Älterer erhöhen.

Die Anhebung der Altersgrenzen und die gezielte Förderung älterer Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer sind auch aus ökonomischen Gründen unerläss-
lich. Mit dem demografischen Wandel wird in Zukunft auch die Zahl junger
qualifizierter Erwerbspersonen zurückgehen. Mit der Anhebung der Alters-
grenzen wird deswegen auch einem drohenden Fachkräftemangel entgegen-
gewirkt. Zudem sind Erfahrungen und Wissen älterer Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter wichtige Ressourcen.

In der gesetzlichen Rentenversicherung sind im Sinne der gesetzlichen Bei-
tragssatz- und Niveausicherungsziele folgende Maßnahmen vorgesehen:

● Stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre beginnend von
2012 an mit dem Jahrgang 1947 bis zum Jahr 2029 und entsprechende An-
hebungen bei anderen Renten sowie Einführung einer neuen abschlagsfreien
Altersrente ab 65 Jahren für besonders langjährig Versicherte mit mindes-
tens 45 Jahren an Pflichtbeiträgen aus Beschäftigung, selbständiger Tätig-
keit und Pflege sowie Zeiten der Kindererziehung bis zum zehnten Lebens-
jahr des Kindes.

● Modifizierung der Schutzklausel bei der Rentenanpassung: Ab 2011 werden
seit 2005 unterbliebene Anpassungsdämpfungen realisiert, wenn aufgrund
der Lohnentwicklung Rentensteigerungen möglich sind.

Durch eine Bestandsprüfungsklausel wird die Bundesregierung verpflichtet,
den gesetzgebenden Körperschaften vom Jahr 2010 an alle vier Jahre über die
Entwicklung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

zu berichten und eine Einschätzung darüber abzugeben, ob die Anhebung der
Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung der Entwicklung der Arbeitsmarkt-

Drucksache 16/4583 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lage sowie der wirtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer weiterhin vertretbar erscheint und die getroffenen ge-
setzlichen Regelungen bestehen bleiben können.

Darüber hinaus enthält der Entwurf im Bereich der gesetzlichen Rentenversi-
cherung im Wesentlichen Rechtsänderungen hinsichtlich der

● Frist- und Verfahrensvorschriften zum Rentensplitting unter Ehegatten,

● Rücknahmepflicht bei bestandskräftigen Verwaltungsakten,

● Einführung einer Übergangsregelung in das Fremdrentengesetz (FRG).

Die für die gesetzliche Rentenversicherung vorgesehenen Maßnahmen sollen
mit diesem Gesetzentwurf auf die Alterssicherung der Landwirte übertragen
werden. Die Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversiche-
rung soll auch in den Systemen der zusätzlichen Altersvorsorge nachvollzogen
werden. Daher erfolgen u. a. auch im Einkommensteuergesetz und im Betriebs-
rentengesetz entsprechende Anpassungen.

Der Entwurf enthält darüber hinaus die sich aus der Altersgrenzenanhebung
ergebenden Folgeänderungen in sonstigen Bereichen der Sozialen Sicherung.

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksachen 16/3794, 16/4372 und
16/4420 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Zu Drucksache 16/2747

Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, auf eine Anhebung des gesetz-
lichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre zu verzichten und es bei der derzeit
geltenden Altersgrenze von 65 Jahren zu belassen. Ferner solle eine sozial
gerechte Rentenreform vorbereitet werden, die die Veränderungen in der Ar-
beitswelt berücksichtige. Zudem sollen die Erwerbsminderungsrenten so refor-
miert werden, dass Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus
dem Erwerbsleben ausscheiden müssen, der Zugang in die Erwerbsminde-
rungsrente erleichtert und diese ohne Abschläge gewährt wird. Schließlich ver-
langt der Antrag die gesetzliche Rentenversicherung zu einer solidarischen Er-
werbstätigenversicherung umzubauen, in die alle Berufsgruppen, Freiberufler,
Selbständige, Abgeordnete und in einem längeren Prozess auch Beamtinnen
und Beamte einbezogen werden, um so die Finanzierungsbasis zu verbreitern.

Die Bundesregierung wird weiterhin aufgefordert, ihre Anstrengungen darauf
zu richten, durch eine makroökonomisch fundierte Finanz-, Wirtschafts- und
Arbeitsmarktpolitik die Arbeitslosigkeit zu senken, den Abbau sozialversiche-
rungspflichtiger Beschäftigung zu stoppen und eine Lohnpolitik zu unter-
stützen, die Beschäftigte und Rentnerinnen und Rentner wieder angemessen an
Produktivität und wirtschaftlichem Wachstum beteiligt, und die Beschäf-
tigungsmöglichkeiten älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die
Teilhabe am Erwerbsleben durch die Förderung von Weiterbildung und Lebens-
langem Lernen, eines besseren Arbeits- und Gesundheitsschutzes, das Einwir-
ken auf die betriebliche Einstellungs- und Personalpolitik sowie die Schaffung
öffentlich geförderter Beschäftigung deutlich zu verbessern.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/2747 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.

Zu Drucksache 16/3812
Der Antrag fordert die Bundesregierung auf, ein Konzept vorzulegen, aus dem
hervorgeht, wie die Erwerbsintegration von Älteren schrittweise verbessert

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/4583

wird, so dass ältere Beschäftigte, die gesundheitlich dazu in der Lage sind, bis
2029 tatsächlich bis zum Alter von 67 Jahren arbeiten können, alle Regelungen
abzuschaffen und neue zu vermeiden, die zur Fortsetzung der Praxis der Früh-
verrentung führen, gemeinsam mit der Wirtschaft alles dafür zu tun, um zu-
künftig eine deutlich verbesserte Erwerbsbeteiligung von älteren Beschäftigten
zu erreichen, die Rahmenbedingungen für Lebenslanges Lernen in Deutschland
zu verbessern, um die Weiterbildungsbeteiligung älterer Beschäftigter und da-
mit auch die Erwerbsintegration zu erhöhen, die gemeinsamen Anstrengungen
vor allem auf ältere Beschäftigte mit geringer Qualifikation und unterbroche-
nen Erwerbsverläufen zu konzentrieren und die Tarifparteien anzuregen, die
erforderlichen Änderungen der Tarif- und Arbeitsverträge einzuleiten, um die
neue Regelaltersgrenze zu verwirklichen und tarifvertragliche Hürden für die
Beschäftigung von älteren Personen zu beseitigen.

Des Weiteren fordert der Antrag die schrittweise Anhebung der Regelalters-
grenze von heute 65 Jahren auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029 einzuführen, in den
Rentenversicherungsberichten ab 2008 alle zwei Jahre über die Erwerbstätigen-
quote von Beschäftigten ab dem 55. Lebensjahr zu berichten, eine Bewertung
über den Stand der Zielerreichung vorzunehmen und ggf. weitergehende Maß-
nahmen vorzuschlagen sowie die verfassungsrechtlich bedenkliche, vertei-
lungspolitisch fragwürdige und ungerechte Sonderregelung für eine neue ab-
schlagsfreie Altersrente nach 45 Versicherungsjahren nicht einzuführen.

Ferner soll die Regelaltersgrenze für eine abschlagsfreie Erwerbsminderungs-
rente weiterhin bei 63 Jahren belassen werden, wenn die Versicherten die ge-
setzlichen Voraussetzungen erfüllen. Außerdem soll darauf hingewirkt werden,
darauf einzuwirken, dass Versicherten, die eine Teilrente beziehen, eine Weiter-
beschäftigung ermöglicht und die bisherigen gesetzlichen Regelungen, indivi-
duell flexibel in Rente gehen zu können, ausgeweitet und um weitere Varianten
ergänzt werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/3812 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu Drucksache 16/3815

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Stichtagsklausel so zu ergänzen,
dass alle, die sich fristgerecht um eine Vereinbarung zur Altersteilzeit bemü-
hen, diese jedoch unverschuldet nicht vor dem Stichtag abschließen können,
ebenfalls unter den Vertrauensschutz fallen. Außerdem soll der vorgesehene
Stichtag auf den 31. März 2007 verschoben werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/3815 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme eines der Anträge.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Zu Drucksachen 16/3794 und 16/4372

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Die Anhebung der Altersgrenze und die Modifizierung der Schutzklausel set-

zen erst nach dem Jahr 2010 ein. Daher ergeben sich in der mittleren Frist keine
finanziellen Auswirkungen. Für den Zeitraum danach gilt Folgendes:

Drucksache 16/4583 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Durch die Maßnahmen dieses Gesetzentwurfs ergibt sich eine dauerhafte Ent-
lastung des Beitragssatzes und somit auch der Lohnzusatzkosten. Langfristig
wird unter Einbeziehung der Maßnahmen dieses Gesetzentwurfs der Beitrags-
satzanstieg bis zum Jahr 2030 auf 21,9 Prozent begrenzt.

Der Bund wird durch die Maßnahmen dieses Gesetzentwurfs aufgrund des
gedämpften Beitragssatzanstiegs bei den Zahlungen an die allgemeine Renten-
versicherung für den allgemeinen Bundeszuschuss und die Beiträge für Kinder-
erziehungszeiten entlastet.

Finanzwirkungen für den Bund entstehen in Verbindung mit der Rentenver-
sicherung weiter bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen, den eini-
gungsbedingten Leistungen, in der knappschaftlichen Rentenversicherung und
in der Alterssicherung der Landwirte, durch die der Bund im Saldo entlastet
wird.

2. Vollzugsaufwand

Der entstehende Vollzugsaufwand für die öffentliche Hand ist geringfügig und
nicht quantifizierbar.

E. Sonstige Kosten

Der geringere Beitragssatzanstieg in der gesetzlichen Rentenversicherung führt
zu einer Verminderung der Lohnzusatzkosten und damit der Lohnkosten insge-
samt. Sonstige Auswirkungen auf die Kosten der Unternehmen entstehen nicht.
Wegen der Bedeutung der Lohnkosten für die Kostensituation der Unterneh-
men ist eine dämpfende Wirkung auf das Preisniveau zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/4583

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Gesetzentwurf auf Drucksachen 16/3794, 16/4372, 16/4420 unverändert
anzunehmen,

2. den Antrag auf Drucksache 16/2747 abzulehnen,

3. den Antrag auf Drucksache 16/3812 abzulehnen,

4. den Antrag auf Drucksache 16/3815 abzulehnen.

Berlin, den 7. März 2006

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

Verbraucherschutz und der Ausschuss für Gesundheit 3. Petitionen
haben den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/4372 in ihren
Sitzungen am 7. März 2007 beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen

Dem Ausschuss lagen mehrere Petitionen zum RV-Alters-
grenzenanpassungsgesetz vor, zu denen der Petitionsaus-
schuss eine Stellungnahme nach § 109 GO-BT angefordert
Drucksache 16/4583 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen)

I. Verfahren

1. Überweisung

a) und b) Gesetzentwurf auf Drucksachen 16/3794, 16/4372,
16/4420

Der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
auf Drucksache 16/3794 ist in der 73. Sitzung des Deut-
schen Bundestages am 14. Dezember 2006, der textiden-
tische Gesetzentwurf der Bundesregierung (mit Stellung-
nahme und Gegenäußerung) auf Drucksachen 16/4372 und
16/4420 ist in der 82. Sitzung des Deutschen Bundestages
am 1. März 2007 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales
zur federführenden Beratung und an den Innenausschuss,
den Rechtsausschuss, den Finanzausschuss, den Haushalts-
ausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie,
den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz, den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und den Ausschuss
für Kultur und Medien zur Mitberatung überwiesen worden.

c) Antrag auf Drucksache 16/2747

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache
16/2747 ist in der 70. Sitzung des Deutschen Bundestages
am 30. November 2006 an den Ausschuss für Arbeit und
Soziales zur federführenden Beratung überwiesen worden.

d) Antrag auf Drucksache 16/3812

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/3812 ist in der 73. Sitzung des Deutschen
Bundestages am 14. Dezember 2006 an den Ausschuss für
Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung und an
den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend und den Ausschuss
für Gesundheit zur Mitberatung überwiesen worden.

e) Antrag auf Drucksache 16/3815

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache
16/3815 ist ebenfalls in der 73. Sitzung des Deutschen Bun-
destages am 14. Dezember 2006 an den Ausschuss für Ar-
beit und Soziales zur federführenden Beratung und an den
Haushaltsausschuss und den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie zur Mitberatung überwiesen worden.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

a) Gesetzentwurf auf Drucksachen 16/4372, 16/4420

Der Innenausschuss, der Finanzausschuss, der Haushalts-
ausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
gie, der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat den Gesetzent-
wurf auf Drucksache 16/4372 in seiner Sitzung am 7. März
2007 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Abwesenheit
der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Gesetzentwurf
anzunehmen. Der Rechtsausschuss, der Ausschuss für Fa-
milie, Senioren, Frauen und Jugend und der Ausschuss
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung haben in ihren
Sitzungen am 7. März 2007 den Gesetzentwurf für erledigt
erklärt.

b) Gesetzentwurf auf Drucksache 16/3794

Der Innenausschuss, der Rechtsausschuss, der Finanz-
ausschuss, der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie, der Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss für Ge-
sundheit, der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung und der Ausschuss für Kultur und Medien
(Sitzung am 28. Februar 2007) haben den Gesetzentwurf
auf Drucksache 16/3794 in ihren Sitzungen am 7. März
2007 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN emp-
fohlen, den Gesetzentwurf anzunehmen. Der Ausschuss für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat
in seiner Sitzung am 7. März 2007 den Gesetzentwurf für
erledigt erklärt.

c) Antrag auf Drucksache 16/2747

Keine Mitberatung vorgesehen.

d) Antrag auf Drucksache 16/3812

Der Finanzausschuss, der Haushaltsausschuss, der Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, der Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Aus-
schuss für Gesundheit haben den Antrag auf Drucksache
16/3812 in ihren Sitzungen am 7. März 2007 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.

e) Antrag auf Drucksache 16/3815

Der Haushaltsausschuss und der Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie haben den Antrag auf Drucksache
16/3815 in ihren Sitzungen am 7. März 2007 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag abzulehnen.
der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.

hatte. Mehrere Petenten kritisieren grundsätzlich den Ge-
setzentwurf im Hinblick auf die geplante Heraufsetzung des

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/4583

Renteneintrittsalters auf das 67. Lebensjahr. In einer weite-
ren Petition wird ein flexibler, durch die Lebensarbeitszeit
gesteuerter Renteneintritt gefordert. Ein Petent bittet um die
Änderung des Artikels 16 des Gesetzentwurfs hinsichtlich
des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgeset-
zes. Mit der Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksachen
16/4372, 16/4420 und 16/3794 in unveränderter Fassung
wird den Anliegen der Petenten nicht Rechnung getragen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

a) und b) Gesetzentwurf auf Drucksachen 16/3794, 16/4372,
16/4420

Vor dem Hintergrund der weiter steigenden Lebenserwar-
tung und sinkender Geburtenzahlen sei die stufenweise An-
hebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente von bisher
65 Jahren auf das 67. Lebensjahr eine wichtige rentenpoli-
tische Maßnahme, um die gesetzlichen Beitragssatz- und
Niveausicherungsziele einhalten zu können, heißt es zur
Begründung in dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
der CDU/CSU und SPD. Die Maßnahme trage dazu bei, in
einem ausgewogenen Verhältnis zwischen den Generatio-
nen die finanzielle Grundlage und die Leistungsfähigkeit
der gesetzlichen Rentenversicherung nachhaltig sicherzu-
stellen. Durch die Anhebung der Altersgrenze werde der
Beitragssatzanstieg deutlich gedämpft. Neben der Beitrags-
satzwirkung führe die Anhebung der Altersgrenze auch zu
einem höheren Rentenniveau. Die anpassungsdämpfende
Wirkung des Nachhaltigkeitsfaktors werde längerfristig
geringer ausfallen, weil sich das Verhältnis von Beitrags-
zahlern zu Rentnern durch die Anhebung der Altersgrenze
verbessern werde. Flankierend dazu müsse die Beschäfti-
gungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
in Deutschland weiter verbessert werden. Der Bund unter-
stütze dies mit der „Initiative 50plus“ und einer Reihe von
Modellprojekten in den Regionen. Ebenso gefordert seien
Wirtschaft und Gewerkschaften sowie die Betriebsparteien,
im Arbeitsleben mit Tarif- und Betriebsvereinbarungen Be-
dingungen zu gestalten, die die Beschäftigungsfähigkeit im
Alter erhielten und die Beschäftigung Älterer erhöhten. Die
Anhebung der Altersgrenzen und die gezielte Förderung
älterer Arbeitnehmer seien auch aus ökonomischen Gründen
unerlässlich. Mit dem demografischen Wandel werde in Zu-
kunft auch die Zahl junger qualifizierter Erwerbspersonen
zurückgehen. Mit der Anhebung der Altersgrenzen werde
deswegen auch einem drohenden Fachkräftemangel entge-
gengewirkt. Zudem seien Erfahrungen und Wissen älterer
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtige Ressourcen. Die
Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre dürfe somit
nicht ausschließlich als Instrument zur nachhaltigen Finan-
zierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung angesehen
werden. Die Gesetzesinitiative gebe ein verbindliches Signal
an Gesellschaft und Wirtschaft, dass eine Umorientierung in
der Haltung zur Rolle der Älteren in Gesellschaft und Wirt-
schaft notwendig sei und dass dieser Umorientierung auch
konkrete Verhaltensänderungen folgen müssten.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

c) Antrag auf Drucksache 16/2747

67 Jahre zu verzichten und es bei der derzeit geltenden
Altersgrenze von 65 Jahren zu belassen. Denn die Anhe-
bung der Altersgrenze sei kein geeignetes Mittel, um die
Finanzierungsbasis der gesetzlichen Rentenversicherung zu
stabilisieren: Die finanziellen Entlastungen betrügen maxi-
mal 0,3 bis 0,5 Beitragspunkte, da der Nachhaltigkeitsfaktor
sowie die Ausnahmeregelung für Beitragszahler mit 45 Bei-
tragsjahren den Großteil der finanziellen Gewinne durch die
Anhebung der Altersgrenze wieder zunichte mache. Die
Ursachen für die Finanzkrise der Rentenversicherung seien
außerdem weniger dem demografischen Wandel als viel-
mehr der hohen Arbeitslosigkeit, der Zunahme nicht ver-
sicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse und der
schwachen Lohnentwicklung geschuldet. Hier gelte es an-
zusetzen, um die Rentenkassen spürbar und nachhaltig zu
stabilisieren. Zudem könne durch die Umwandlung der ge-
setzlichen Rentenversicherung in eine Erwerbstätigenver-
sicherung, in die alle Berufsgruppen und auch Selbständige
einzahlten, die Solidar- und Finanzierungsbasis der Renten-
versicherung erweitert werden.

Die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters sei sowohl aus
arbeitsmarktpolitischen als auch aus sozialpolitischen Grün-
den abzulehnen. Sie verschärfe für viele Menschen die Pro-
bleme des Übergangs von Erwerbsarbeit in die Rente und
die Einkommenssituation im Alter. Wenn eine stärkere Inte-
gration der Älteren in Existenz sichernde Erwerbstätigkeit
bis zum gesetzlichen Rentenalter nicht gelinge, bedeute die
Heraufsetzung der Regelaltersgrenze noch zusätzliche Ren-
tenkürzungen durch Abschläge.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

d) Antrag auf Drucksache 16/3027

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt in ihrem
Antrag fest, die Praxis der Frühverrentung habe zu einer
massiven Unterbeschäftigung von Älteren über 55 Jahre ge-
führt und die Rentenlaufzeiten erheblich verlängert. Bisher
habe die Bundesregierung noch kein Konzept vorgelegt, wie
sie die Rahmenbedingungen verändern wolle, damit Ältere
auch tatsächlich bis zum 67. Lebensjahr erwerbstätig blie-
ben. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die grund-
sätzlich die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze
auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029 befürwortet, kritisiert, dass
die „bloße Modifizierung bereits bestehender arbeitsmarkt-
politischer Instrumente“ dafür nicht ausreichend sei. Viel-
mehr müsse die Bundesregierung ein Konzept vorlegen, das
zur Verbesserung der Erwerbsintegration von Älteren führe,
so dass ältere Beschäftigte in die Lage versetzt würden, bis
2029 tatsächlich bis zum Alter von 67 Jahren arbeiten zu
können. Zudem müssten alle Regelungen abgeschafft wer-
den, die zur Fortsetzung der Praxis der Frühverrentung führ-
ten. Gemeinsam mit der Wirtschaft müsse alles dafür getan
werden, um zukünftig eine deutlich verbesserte Erwerbsbe-
teiligung von älteren Beschäftigten zu erreichen. Es seien
die Rahmenbedingungen für Lebenslanges Lernen in
Deutschland zu verbessern, um die Weiterbildungsbeteili-
gung älterer Beschäftigter und damit auch die Erwerbsinteg-
ration zu erhöhen. Die gemeinsamen Anstrengungen müssten
vor allem auf ältere Beschäftigte mit geringer Qualifikation
Die Fraktion DIE LINKE. fordert in ihrem Antrag, auf
eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf

und unterbrochenen Erwerbsverläufen konzentriert werden.
Die vorgesehene Sonderregelung für eine neue abschlags-

Drucksache 16/4583 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

freie Altersrente nach 45 Versicherungsjahren lehnt die an-
tragstellende Fraktion als verfassungsrechtlich bedenklich,
verteilungspolitisch fragwürdig und ungerecht ab. Sie for-
dert vielmehr, die Regelaltersgrenze für eine abschlagsfreie
Erwerbsminderungsrente weiterhin bei 63 Jahren zu belas-
sen, wenn die Versicherten die gesetzlichen Voraussetzun-
gen erfüllten. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen, indi-
viduell flexibel in Rente gehen zu können, sollten
ausgeweitet und um weitere Varianten ergänzt werden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

e) Antrag auf Drucksache 16/3815

Die Fraktion DIE LINKE. will mit ihrem Antrag erreichen,
dass die Stichtagsregelung des RV-Altersgrenzenanpas-
sungsgesetzes für Vereinbarungen über Altersteilzeitarbeit
ergänzt wird und der vorgesehene Stichtag 31. Dezember 2006
auf den 31. März 2007 verschoben wird. Im Gesetzentwurf
sei Vertrauensschutz für Versicherte der Geburtenjahrgänge
bis einschließlich 1954 und älter vorgesehen, die bis zum
31. Dezember 2006 verbindliche Vereinbarungen über Al-
tersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des
Altersteilzeitgesetzes nach den derzeit noch geltenden Al-
tersgrenzen abgeschlossen hätten. Zwar sei es auch nach dem
Stichtag möglich, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen,
allerdings nur unter Inkaufnahme von rentenrechtlichen Ab-
schlägen bzw. eines späteren Renteneintritts. Da die Regie-
rungskoalition der CDU/CSU und SPD ihre Stichtagsrege-
lung erst am 29. November 2006 beschlossen habe, seien
viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer automatisch von
der Möglichkeit ausgeschlossen worden, sich rechtzeitig und
umfassend um den Abschluss eines verbindlichen Altersteil-
zeitvertrags zu kümmern. Daher solle die Stichtagsklausel in
jedem Fall so ergänzt werden, dass alle, die sich fristgerecht
um eine Vereinbarung zur Alterteilzeit bemüht hätten, diese
jedoch unverschuldet nicht vor dem Stichtag hätten abschlie-
ßen können, ebenfalls unter den Vertrauensschutz fielen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung
der Vorlagen auf Drucksachen 16/3794, 16/2747, 16/3812
und 16/3815 in seiner 38. Sitzung am 17. Januar 2007 auf-
genommen und beschlossen, eine öffentliche Anhörung
durchzuführen. Sie erfolgte in der 40. Sitzung des Aus-
schusses am 26. Februar 2007.

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverstän-
dige waren zu der Anhörung eingeladen:

1. Verbände und Institutionen

– Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA)

– Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

– dbb beamtenbund und tarifunion

– Deutsche Rentenversicherung Bund

– Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

– Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen

– Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD)

– Sozialverband VdK Deutschland e. V.

– Deutsche Bundesbank

– Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V.

– Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung

– Deutscher Juristinnenbund e. V.

2. Einzelsachverständige

– Prof. Dr. Eckart Bomsdorf, Köln

– Prof. Dr. Bert Rürup, Darmstadt

– Alfred Löckle, Ludwigsburg

– Prof. Dr. Johann Eekhoff, Köln

– Axel Gerntke, Frankfurt

– Prof. Dr. Helge Sodan, Berlin

– Dr. Edith Perlenbach, St. Augustin.

Die Anhörungsteilnehmer haben schriftliche Stellungnah-
men abgegeben, die in der Ausschussdrucksache 16(11)538
zusammengefasst wurden. Der Gesamtverband der land-
wirtschaftlichen Alterskassen verzichtete auf eine Teil-
nahme.

Nachstehend werden die wesentlichen Aussagen in den
schriftlichen Stellungnahmen der Verbände, Institutionen
und Einzelsachverständigen komprimiert dargestellt:

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-
bände (BDA) begrüßt die schrittweise Anhebung der Re-
gelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung auf
67 Jahre als einen richtigen und notwendigen Schritt zur
langfristigen Begrenzung der Rentenausgaben und zur An-
passung der Rentenversicherung an die steigende Lebenser-
wartung. Damit die entlastende Wirkung in vollem Umfang
greife, müsse jedoch auf die vorgesehenen Ausnahmerege-
lungen, insbesondere für besonders langjährig Versicherte,
verzichtet werden. Richtig wäre es, die Zuverdienstgrenzen
bei vorgezogenem Rentenzugang entfallen zu lassen. So
könnten Abschläge aus vorgezogenem Rentenzugang kom-
pensiert werden. Zu begrüßen sei auch die vorgesehene Ein-
führung eines Anpassungsfaktors, mit dem die gesetzlich
festgeschriebene Rentenniveausenkung gewährleistet wer-
den solle. Der Anpassungsfaktor sollte jedoch bereits ab
2007 und nicht erst ab 2011 gelten. Außerdem dürfe die
Wirkung des Anpassungsfaktors nicht durch weitere Dämp-
fungsklauseln verzögert und begrenzt werden. Die im Re-
gierungsentwurf vorgesehenen Maßnahmen zur Reform der
gesetzlichen Rentenversicherung seien aber insgesamt un-
zureichend. Der Beitragssatz werde nicht dauerhaft unter
20 Prozent stabilisiert, sondern solle bis zum Jahr 2030 auf
22 Prozent steigen. Eine noch höhere Beitragsbelastung für
Arbeitgeber und Arbeitnehmer widerspreche jedoch dem
richtigen Ziel der Bundesregierung, die Lohnzusatzkosten
zu senken und die Sozialversicherungsbeiträge insgesamt
dauerhaft auf unter 40 Prozent zu senken. Gerade angesichts
unzureichender Reformen in der gesetzlichen Krankenver-
– Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See

– Bundesagentur für Arbeit (BA)
sicherung müssten alle Chancen zur Beitragsentlastung in
den anderen Sozialversicherungszweigen genutzt werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/4583

Weitere Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung
blieben daher unerlässlich. Dies betreffe insbesondere den
Bereich der Hinterbliebenenversorgung.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt die Anhe-
bung des gesetzlichen Rentenalters entschieden ab. Sie sei
weder arbeitsmarkt- noch sozialpolitisch vertretbar. Die
Arbeitslosigkeit sei nach wie vor hoch, die wirtschaftliche
Belebung führe nur zu einem langsamen Abbau der Arbeits-
losigkeit. Die Prognosen der Bundesregierung im Renten-
versicherungsbericht gingen davon aus, dass die Arbeitslo-
sigkeit im Jahr 2010 noch 10 Prozent und im Jahr 2020
noch 7,2 Prozent betrage. Deshalb seien – ungeachtet einer
generellen Ablehnung – der frühe Einstieg in die Erhöhung
des gesetzlichen Rentenalters ab dem Jahr 2012 sowie die
kurzen Vertrauensschutzfristen besonders problematisch.
Das höhere Rentenalter werde nicht nur zu einer höheren
Belastung von Älteren führen, sondern auch die Arbeits-
marktchancen von jüngeren Arbeitnehmerinnen/Arbeitneh-
mern verschlechtern. Da die Arbeitslosigkeit nur langsam
abnehmen werde (wenn die Regierungsprognosen zuträfen),
werde die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters dazu
führen, dass ältere Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer den
Jüngeren den Zugang zum Arbeitsmarkt versperrten. Auf
der anderen Seite trete heute nur ca. ein Fünftel der Alters-
rentnerinnen/Altersrentner aus sozialversicherungspflich-
tiger Arbeit in den Ruhestand ein. Ein Großteil, ca. 70 Pro-
zent, gehe aus der Arbeitslosigkeit, der Freistellungsphase
der Altersteilzeit, aus Krankengeldbezug oder aus der „Stil-
len Reserve“ in die Rente. Die Gefahr sei groß, dass die
Anhebung des gesetzlichen Rentenalters nicht mit einer aus-
reichenden Anhebung der Erwerbstätigenquote unter den
Älteren verbunden sei. Dies werde vor allem auch mit einer
erheblichen sozialen Schieflage verknüpft sein: Insbeson-
dere Menschen mit niedrigen Qualifikationen und niedrigen
Einkommen würden von der Erwerbstätigkeit bis ins Alter
von 67 Jahren ausgeschlossen sein. Die zunehmende Gefahr
der Arbeitslosigkeit im Alter habe auch damit etwas zu tun,
dass die Festlegung der Einführungsphase rentenpolitisch
motiviert sei – nämlich mit dem Blick auf das Beitragsziel
von 20 Prozent im Jahr 2020 – und nicht auf die Entwick-
lung auf dem Arbeitsmarkt abgestimmt sei. Die Phase der
Anhebung finde zu einem Zeitpunkt statt, in dem die Zahl
der älteren Arbeitnehmer ab 55 Jahre besonders stark steige.
Die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters führe also zu
einer Ausweitung des Arbeitsangebots bzw. des Erwerbs-
personenpotenzials in einer besonders stark besetzten
Altersgruppe der älteren Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer,
ohne dass sichergestellt sei, dass die Nachfrage nach Ar-
beitskraft generell und die Akzeptanz von älteren Arbeit-
nehmerinnen/Arbeitnehmern im Speziellen tatsächlich zu-
genommen hätten. Die Bundesregierung erhöhe zwar den
Druck auf Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, bis zum Alter
von 65 bzw. künftig bis zum Alter von 67 Jahren zu arbei-
ten, unternehme aber wenig, die Erwerbstätigkeit von Älte-
ren zu fördern. Die „Initiative 50plus“ enthalte keine echten
Neuerungen, sondern es werde an bereits bestehende finan-
zielle Anreize und Förderinstrumente für Betriebe ange-
knüpft. Die Erwerbsminderungsrente werde nicht zu einem
Instrument ausgebaut, das die Menschen, die über lange
Jahre in körperlich oder psychisch belastenden Berufen ge-

der Ermittlung der Abschlagshöhe löse das Problem der
engen Zugangskriterien nicht. Die „Rente mit 67“ werde
deshalb das „Ausfransen“ der Erwerbsbiografien zum Ende
des Erwerbslebens hin weiter verschärfen: Die Zahl der
Menschen, die zu jung für die Altersrente, gleichzeitig aber
zu krank und zu belastet dafür seien, auf dem Arbeitsmarkt
reelle Chancen zu haben, jedoch wiederum nicht krank genug
für die Erfüllung der engen Kriterien der Erwerbsminde-
rungsrente eingeschätzt würden, werde steigen. Dafür biete
die Politik keine Lösung an. Der DGB fordere, die
Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten generell abzu-
schaffen: Sie seien nicht systemgerecht, weil kein Ver-
sicherter sich die Erwerbsunfähigkeit freiwillig aussuche. In
jedem Fall müssten die Abschläge auch künftig auf das
63. Lebensjahr bezogen sein, und zwar unabhängig von der
Zahl der Versicherungsjahre. Der DGB fordert zudem, dass
die Zurechnungszeit bei Versicherten, die bereits vor dem
60. Lebensjahr erwerbsgemindert seien, verlängert werde.
Nur so könne vermieden werden, dass der Sicherungsum-
fang der Erwerbsminderungsrente im Vergleich zur Alters-
rente (bei Zugang mit 67 Jahren) noch weiter zurückgehe.
Der Zugang zur Erwerbsminderungsrente zumindest für
Ältere müsse erleichtert werden, insbesondere über die
Neuregelung der Stundengrenzen und den Verzicht auf die
Prüfung, ob es eine Teilzeitstelle für teilweise Erwerbsge-
minderte gäbe. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Son-
derregelungen für Erwerbsgeminderte mit 35 und 40 Versi-
cherungsjahren reichten bei weitem nicht aus. Dies gelte
ebenso für die Einführung einer neuen Altersrente für be-
sonders langjährig Versicherte. Der DGB lehnt die Einfüh-
rung eines Ausgleichsfaktors ab. Seit drei Jahren stagniere
die Höhe des aktuellen Rentenwerts, die Rentenzahlbeträge
seien durch Sonderbelastungen (insbesondere durch höhere
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) gesunken und
hätten durch die Inflation an Kaufkraft verloren. Der Aus-
gleichsfaktor führe im nächsten Jahrzehnt zu einigen weite-
ren Runden von Minianpassungen und damit zu weiteren
Kaufkraftverlusten. Diese Belastung der Rentnerinnen und
Rentner sei auch aus ökonomischen Gründen problema-
tisch, da dadurch die Konsumnachfrage gedrückt werde.
Durch die „Riestertreppe“ und den Nachhaltigkeitsfaktor
würden die Rentnerinnen und Rentner vom allgemeinen
Wohlstandszuwachs abgekoppelt. Die Kürzungsfaktoren
wirkten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter und
würden das Rentenniveau drastisch absenken. Dies führe zu
einer Belastung der jetzigen Rentnergeneration, werde aber
vor allem auch künftige Rentnerinnen und Rentner treffen –
Rentnerinnen und Rentner, die aufgrund der über lange
Jahre schlechten Arbeitsmarktlage und der Flexibilisierung
der Arbeitswelt ohnehin geringere Rentenanwartschaften
aufwiesen und von denen viele trotz langjähriger sozialver-
sicherungspflichtiger Beschäftigung das Grundsicherungs-
niveau nicht erreichten.

Der dbb beamtenbund und tarifunion widerspricht ange-
sichts des ungebrochenen positiven Trends der Verlänge-
rung der durchschnittlichen Lebenserwartung und damit
längeren Rentenlaufzeiten einer Anhebung der Regelalters-
grenzen nicht grundsätzlich. Für problematisch hält der dbb
jedoch die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen der vor-
gesehenen Regelungen. Angesichts der seit Jahren sinken-
arbeitet hätten, wirklich vor dem sozialen Abstieg schütze.
Die geplante Berücksichtigung der Versicherungsjahre bei

den Beschäftigungsquote älterer Menschen sei bei vielen
eher eine Verlängerung der Altersarbeitslosigkeit als eine

Drucksache 16/4583 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

fortdauernde Berufstätigkeit zu befürchten. Aufgrund der
nach wie vor bestehenden Massenarbeitslosigkeit führe ein
längeres Verbleiben älterer Beschäftigter im Arbeitsleben
notwendigerweise zu Problemen beim Eintritt Jüngerer in
das Erwerbsleben. Zudem sei auch in Zukunft keineswegs
sicher, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt so grund-
legend ändere, dass ausreichend Arbeitsplätze für länger
arbeitende ältere wie auch für jüngere Arbeitnehmer zur
Verfügung stünden. Negative Folgen auf dem Beschäf-
tigungsmarkt jedoch hätten wiederum negative Rückwir-
kungen auf die sozialen Sicherungssysteme, so auch die
gesetzliche Rentenversicherung. Ein bloßes Anheben der
Altersgrenze ohne flankierende Änderungen in der betrieb-
lichen Wirklichkeit liefen auf ein bloßes Rentenkürzungs-
programm hinaus. Hier sei ein Umdenken der Unternehmen
gefragt, die sich verstärkt den Themen Lebenslanges Lernen,
betriebliche Gesundheitspolitik, altersgerechte Arbeitsplätze
sowie Beschäftigungsbedingungen widmen müssten. Gleich-
zeitig sollten Möglichkeiten für einen flexiblen und gleiten-
den Übergang aus dem Arbeitsleben in die Ruhestandsphase
gefunden werden. Darüber hinaus sollten nach Auffassung
des dbb Sonderregelungen für besonders belastete Berufs-
gruppen gefunden werden. Die vorgesehene Möglichkeit
des abschlagsfreien Rentenzugangs mit 65 Jahren für beson-
ders langjährig Versicherte nach mindestens 45 Versiche-
rungsjahren vermöge die besondere Belastungssituation
bestimmter Beschäftigtengruppen nicht abzumildern. Pro-
blematisch sei an dieser Regelung zudem, dass Frauen nur
in Ausnahmefällen entsprechende Versicherungszeiten er-
reichten. Insoweit wirke die Vorschrift mittelbar diskrimi-
nierend. Stattdessen sollte für Menschen mit besonderen
beruflichen und daraus folgenden gesundheitlichen Belas-
tungen eine Lösung über verbesserte Bedingungen für den
Zugang und Bezug von Erwerbsminderungsrenten erreicht
werden, schlägt der dbb vor.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt in ihrer Stel-
lungnahme fest, dass die von 2012 an vorgesehene Anhe-
bung der Regelaltersgrenze vor dem Hintergrund sinkender
Geburtenzahlen und einer stetig ansteigenden durchschnitt-
lichen Lebenserwartung grundsätzlich eine geeignete Maß-
nahme zur weiteren Sicherung der Finanzierungsgrundlagen
der gesetzlichen Rentenversicherung darstelle. In diesem
Zusammenhang werde aber die Einführung einer neuen
Altersrente für langjährig Versicherte unter systematischen,
rechtlichen und Verteilungsaspekten abgelehnt. Diese neue
Altersrente führe zu einer Umverteilung zu Lasten von
Frauen, Arbeitslosen, Erwerbsgeminderten sowie Versicher-
ten mit lückenhaften Versicherungsläufen. Begünstigt wür-
den dagegen regelmäßig – zumeist männliche – Versicherte,
die eine weitgehend ununterbrochene Versicherungsbiogra-
fie aufwiesen, im Verlaufe ihres Lebens nicht oder nur kurz
von Arbeitslosigkeit betroffen gewesen seien und keine Tä-
tigkeit ausgeübt hätten, die zu einer vorzeitigen Erwerbs-
minderung geführt habe. Die Deutsche Rentenversicherung
Bund empfiehlt im Zuge der gesetzgeberischen Maßnahmen
zugleich die derzeit geltende Hinzuverdienstgrenze für eine
vorgezogene Vollrente wegen Alters und für eine Rente
wegen voller Erwerbsminderung bzw. wegen Erwerbs-
unfähigkeit von zurzeit monatlich 350 Euro an die Grenze
für geringfügig entlohnte Beschäftigungen von monatlich

abläufe wesentlich vereinfacht werden. Zu den finanziellen
Auswirkungen des vorgelegten Gesetzentwurfs führt die
Deutsche Rentenversicherung Bund aus, dass sich im Ver-
gleich zu den bisherigen Berechnungen nur leichte Verände-
rungen ergäben, wenn man die aktuellen Eckdaten aus der
Finanzschätzung im Februar 2007 zu Grunde lege. Infolge
der günstigeren Rahmendaten könne von geringeren Aus-
gleichsbedarfen bezüglich der modifizierten Schutzklausel
im Rahmen der Rentenanpassung ausgegangen werden. Be-
reits auf Grundlage des geltenden Rechts stelle sich die
finanzielle Entwicklung günstiger dar, weil in einem gerin-
geren Umfang unterbliebene Negativanpassungen aufge-
baut würden. Der Regelmechanismus der neuen Renten-
anpassungsformel des RV- Nachhaltigkeitsgesetzes komme
somit in stärkerem Maße zum Tragen. Vor diesem Hinter-
grund errechne sich für das Jahr 2015 nunmehr eine durch
die geplanten Maßnahmen mögliche Verminderung des
Beitragssatzes von 0,4 Prozentpunkten. Die Anhebung der
Altersgrenzen habe zu diesem Zeitpunkt noch keine größere
Finanzwirkung auf den Beitragssatz (0,1 Prozentpunkte), da
diese Maßnahme sich grundsätzlich erst vom Jahr 2012 an
auswirken könnte. Die restlichen 0,3 Prozentpunkte könnten
auf den Abbau von Ausgleichsbedarf aufgrund der modi-
fizierten Schutzklausel zurückgeführt werden. Die Abschät-
zung der Finanzwirkungen auf längere Sicht bleibe dagegen
nahezu unverändert. Die finanzielle Wirkung der Maßnah-
men sei für die Jahre 2020 und 2030 um 0,1 Prozentpunkte
geringer, als nach dem Gesetzentwurf angenommen werde.
Für das Jahr 2030 ergebe sich im Vergleich zum geltenden
Recht somit eine Beitragssatzreduzierung von 0,9 Prozent-
punkten. Die Maßnahmen, die mit der Anhebung der Regel-
altersgrenze auf 67 Jahre im Zusammenhang stünden, ver-
minderten davon den Beitragssatz um 0,5 Prozentpunkte im
Vergleich zum geltenden Recht. Die Einführung einer neuen
Altersrente für besonders langjährig Versicherte vermindere
das Einsparpotenzial der geplanten Reformmaßnahmen in
erheblichem Maße: Berechnungen der Deutschen Renten-
versicherung Bund zufolge um ca. 2,1 Mrd. Euro im Jahr
2030; nach Rückkopplungseffekten der Rentenanpassungs-
formel entspreche dies einer Beitragssatzwirkung von 0,1
bis 0,2 Prozentpunkten.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Knappschaft-
Bahn-See stimmt der Anhebung der Altersgrenzen vor dem
Hintergrund der demografischen Entwicklung und der da-
mit einhergehenden steigenden Rentenbezugsdauer grund-
sätzlich zu. Allerdings werde diese Regelung nur dann
breite Akzeptanz finden, wenn die Erwerbssituation der äl-
teren Menschen nachhaltig verbessert werde. Insofern seien
insbesondere die Tarifvertragsparteien aufgefordert, einver-
nehmlich Bedingungen im Arbeitsleben zu schaffen, die ei-
nerseits verbesserte Beschäftigungsmöglichkeiten für die äl-
teren Menschen vorsähen und andererseits auch Konzepte
zur Erhaltung der Arbeitskraft älterer Menschen beinhalte-
ten. Die Vertrauensschutzregelungen, nach denen die Regel-
altersrente weiterhin mit dem vollendeten 65. Lebensjahr in
Anspruch genommen werden könne, sollten nach Auffas-
sung der DRV Knappschaft-Bahn-See um den Personen-
kreis der Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminde-
rung bzw. einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem
bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht erweitert wer-
400 Euro anzugleichen. Dadurch könnten Irritationen bei
den betroffenen Rentnern vermieden und Verwaltungs-

den. Anderenfalls sei mit einem arbeits- und kostenintensi-
ven Verfahren zu rechnen, dem auf der Leistungsseite nicht

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/4583

einmal Einsparungen gegenüberstünden. Die DRV Knapp-
schaft-Bahn-See meldet Zweifel hinsichtlich der Verfas-
sungsmäßigkeit der geplanten Altersrente für langjährig
Versicherte an: Hierdurch könne das die gesetzliche Ren-
tenversicherung prägende Prinzip der Teilhabeäquivalenz
verletzt sein. Verzichtet werden solle außerdem auf die An-
hebung des „Referenzalters“ bei den Erwerbsminderungs-
renten vom 63. auf das 65. Lebensjahr. Das durchschnitt-
liche Zugangsalter liege etwa bei 50 Jahren und damit nicht
ansatzweise in der Nähe der geltenden Grenze von
63 Jahren für eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente.
Die Heraufsetzung auf das 65. Lebensjahr komme daher
praktisch einer Senkung des Rentenartfaktors, also des Si-
cherungsniveaus gleich, denn die Zahl der Versicherten, die
künftig noch eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente
beziehen könnten, dürfe sehr gering sein. Gerade die Versi-
cherten mit langjähriger besonders belastender Erwerbstä-
tigkeit würden eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente
nicht erhalten können, da der Versicherungsfall nach aller
Wahrscheinlichkeit deutlich früher eintreten werde. Von da-
her sei auch nur im Ausnahmefall zu erwarten, dass dieser
Personenkreis ohne rentenrelevante gesundheitliche Ein-
schränkung bis zum 65. Lebensjahr „durchhalte“, um die
neue abschlagsfreie Altersrente in Anspruch nehmen zu
können.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) weist in ihrer Stellung-
nahme darauf hin, dass die demografische Entwicklung in
Deutschland längerfristig zu einem Fachkräftemangel füh-
ren werde. Die Anhebung der Altersgrenze für die Regel-
altersrente werde dazu beitragen, diese Situation zu ent-
schärfen. Erfahrene ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer seien länger in den Arbeitsprozess integriert und
trügen damit dazu bei, den Bedarf der Wirtschaft an Fach-
kräften zu decken. Bei der Änderung in Artikel 2 (§ 7a des
Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II) handele es sich
um eine Folgeänderung zur Anhebung der Regelalters-
grenze. Dies führe zu einer Ausweitung der durch die
ARGEn zu betreuenden anspruchsberechtigten Personen
sowie voraussichtlich zu einem erhöhten Mitteleinsatz im
Bereich der Eingliederungsleistungen. Bei der Änderung in
Artikel 14 Nr. 1 (Änderung des Altersteilzeitgesetzes) han-
dele es sich lediglich um eine Folgeänderung zur Anhebung
der Regelaltersgrenze für die Altersrente. Die Änderung in
Artikel 14 Nr. 2 sei arbeitsrechtlicher Natur und habe nur
klarstellenden Charakter. Es werde geregelt, dass auch Be-
fristungen von Altersteilzeit-Arbeitsverhältnissen, die auf
einen Zeitpunkt eines individuell gegebenen anderweitigen
vorzeitigen Rentenzugangs (als die Rente nach Altersteil-
zeitarbeit i. S. d. § 237 SGB VI) abstellten, wirksam seien.
Die BA werde hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Nach
summarischer Prüfung könnten schließlich die im vorlie-
genden Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen im IT-
Verfahren A2LL zum Zeitpunkt des voraussichtlichen In-
krafttretens umgesetzt werden.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
führt in seiner Stellungnahme aus, dass die Anhebung der
Altersgrenzen im Gesetzentwurf unter anderem mit dem
drohenden Fachkräftemangel begründet werde. Die Gegen-
überstellung von Arbeitskräftepotenzial und Arbeitskräfte-
bedarf der Betriebe zeige aber, dass noch länger mit einer

tigung (ausgewiesene plus verdeckte Arbeitslosigkeit) bis
zum Jahr 2020 zwar halbieren, doch würde sie sich auch
dann noch in einer Größenordnung von gut 3 Millionen
Personen bewegen. Bei dieser Bilanzierung sei die „Rente
mit 67“ noch nicht berücksichtigt worden. Der projizierte,
rechnerische Rückgang der Unterbeschäftigung setze vor-
aus, dass der künftige Bedarf an Arbeitskräften auch in qua-
lifikatorischer Hinsicht gedeckt werden könne. Diese – in
der Projektion implizit enthaltene Annahme – sei in Zukunft
möglicherweise nicht mehr erfüllt. Die sinkende Zahl jün-
gerer Arbeitskräfte könnte in Verbindung mit einem Still-
stand der Bildungsentwicklung – trotz hoher Unterbeschäf-
tigung – zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften
führen. Dies gelte umso mehr, je geringer die Bereitschaft
der Wirtschaft sei, ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen.
Verstärken könnte sich dieses „Mismatch-Problem“ durch
die fortschreitende Dequalifizierung des Humankapitals
aufgrund lang anhaltender hoher Unterbeschäftigung mit
einem hohen Anteil Langzeitarbeitsloser. Um dem sich
vermutlich verstärkenden Problem des Fachkräftemangels
frühzeitig zu entgegnen, seien schon heute die Weichen für
ein höheres Arbeitskräftepotenzial zu stellen. Angesichts
der in der Projektion berücksichtigten deutlich höheren
Frauenerwerbstätigkeit dürften Ältere in Zukunft die wich-
tigste noch nicht ausgeschöpfte personelle Ressource sein.
Eine Anhebung der Regelaltersgrenze vom 65. auf das
67. Lebensjahr bewirke einen längeren Verbleib der 60- bis
66-Jährigen im Erwerbsleben. Das Wachstum der älteren
Bevölkerung und der längere Verbleib im Erwerbsleben
führten zu einem deutlichen Anstieg des Arbeitskräfte-
potenzials, wobei die konkrete Entwicklung vom Verhalten
der von der Anhebung Betroffenen abhinge. Langfristig sei
mit 0,8 Millionen bis 2,4 Millionen zusätzlichen (älteren)
Arbeitskräften zu rechnen. Der Höhepunkt werde ungefähr
im Jahr 2030 mit zwischen 1,2 Millionen und mehr als
3 Millionen erreicht. Die beschäftigungspolitische Heraus-
forderung bestehe darin, dass das zusätzliche Arbeitskräfte-
potenzial einer „Rente mit 67“ durch eine starke Arbeits-
kräftenachfrage absorbiert werden müsse. Wenn dies nicht
gelinge, würde durch eine Anhebung der Regelaltersgrenze
zwischenzeitlich die Arbeitslosigkeit steigen. Eine „Rente
mit 67“ werde das Arbeitskräftepotenzial also insgesamt
vergrößern. Dadurch würden mehr Fachkräfte zur Verfü-
gung stehen, weil deren Erwerbsbeteiligung schon heute
hoch sei und bei ihnen – auch angesichts besserer Chancen –
durchaus ein längerer Verbleib im Erwerbsleben unterstellt
werden könne.

Der Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen
macht deutlich, dass die Anhebung des Rentenzugangsalters
in der Alterssicherung der Landwirte (AdL) im Wider-
spruch zur agrarstrukturellen Zielsetzung dieses berufsstän-
dischen Sondersystems stehe und daher abgelehnt werde.
Seit jeher diene die AdL nicht nur der sozialen Sicherung
der selbständigen Landwirte, ihrer Ehegatten und der mitar-
beitenden Familienangehörigen, sondern sie werde auch zur
Verfolgung agrarstrukturpolitischer Ziele eingesetzt. Inso-
weit bezwecke sie eine Verjüngung des Unternehmerbestan-
des, darüber hinaus solle sie Anreize zur Schaffung wirt-
schaftlich leistungsfähiger Unternehmen bieten. Dass die
AdL bei der Verfolgung dieser Ziele überaus erfolgreich ge-
hohen Unterbeschäftigung zu rechnen sei. Nach der aktuel-
len IAB-Projektion könnte sich die gesamte Unterbeschäf-

wesen sei, zeige sich vor allem darin, dass das Durchschnitts-
alter der landwirtschaftlichen Unternehmerinnen und Unter-

Drucksache 16/4583 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nehmer in Deutschland im Europavergleich am niedrigsten
liege. Die Verbindung der Alterssicherung mit der Verfol-
gung agrarstruktureller Ziele werde dadurch geschaffen,
dass ein Anspruch auf Rente auch bei Erfüllung der übrigen
Voraussetzungen wie etwa der Erreichung der Altersgrenze
erst dann entstehe, wenn das landwirtschaftliche Unterneh-
men abgegeben werde. Weil eine Vielzahl der in der AdL
rentenbegründenden Hofabgaben erst im Zusammenhang
mit der Inanspruchnahme der Rente erfolge, hätte eine An-
hebung der Altersgrenze mit hoher Wahrscheinlichkeit eine
Verzögerung der Hofabgaben zur Folge. Die gewünschte
Veränderung der Agrarstruktur (Verjüngung des Unterneh-
merbestandes und Schaffung leistungsfähiger Unterneh-
mensgrößen) bzw. die Sicherung der insoweit bereits erreich-
ten Erfolge würden infrage gestellt. Ebenfalls abzulehnen sei
eine schematische Übertragung der für die gesetzliche Ren-
tenversicherung vorgesehenen Anhebung des Referenzalters
bei den Erwerbsminderungsrenten. In der AdL hätten die
Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme von Er-
werbsminderungsrenten von Anfang an keinen sachlichen
Grund gehabt, weil das Sondersystem – anders als die
gesetzliche Rentenversicherung – keine flexiblen Alters-
grenzen kenne und es somit auch nicht gegolten habe, ein
Ausweichen auf Erwerbsminderungsrenten zu verhindern.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2006 zur
Unzulässigkeit von Abschlägen für Bezugszeiten vor dem
60. Lebensjahr sei zwar auf die AdL nicht übertragbar und
werfe auch viele Fragen auf. Es enthalte aber die unmissver-
ständliche Feststellung, dass die einzige Rechtfertigung für
die Einführung von Abschlägen wegen vorzeitiger Inan-
spruchnahme von Erwerbsminderungsrenten die Gefahr des
Ausweichens von den Altersrenten (die nur unter Inkauf-
nahme von Abschlägen vorzeitig in Anspruch genommen
werden könnten) auf diese Rentenart gewesen sei. Weil die
Erwerbsminderungsrenten in der AdL im Durchschnitt erst
im Alter von etwa 60 Jahren begännen, habe auch die erwei-
terte Berücksichtigung von Zurechnungszeiten zwischen
dem 55. und 60. Lebensjahr in den allermeisten Fällen keine
Kompensation für die Abschläge bewirken können.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) lehnt den Entwurf
für ein RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz mit Entschie-
denheit ab. Dies betreffe insbesondere die Anhebung der
Altersgrenzen in der Rentenversicherung, die Einschrän-
kung der Rücknahmepflicht bei bestandskräftigen Verwal-
tungsakten sowie die so genannte modifizierte Schutz-
klausel, mit der der Nachholfaktor eingeführt werden solle.
Der SoVD hält den geltenden Prüfauftrag zur Anhebung der
Altersgrenzen in der Rentenversicherung (§ 154 Abs. 4
SGB VI) für sachgerecht und ausreichend. Mit dieser Rege-
lung habe sich der Gesetzgeber die Selbstbindung auferlegt,
ab dem Jahr 2008 alle vier Jahre zuerst die Arbeitsmarkt-
und Sozialverträglichkeit einer Anhebung der Altersgrenzen
zu überprüfen und anschließend auf Grundlage dieser Er-
kenntnisse eine Entscheidung zu treffen. Mit der jetzt ge-
planten Anhebung der Altersgrenzen werde eine „Regelung
auf Verdacht“ geschaffen, die bei unveränderter Arbeits-
marktlage für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
wieder außer Kraft gesetzt werden müsse. Diese Verfah-
rensweise schaffe keine Verlässlichkeit. Die Anhebung der
Altersgrenzen in der Rentenversicherung sei aus arbeits-

situation der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
erfülle nicht einmal im Ansatz die Rahmenbedingungen, die
für eine Anhebung der Altersgrenzen erforderlich wären.
Vor diesem Hintergrund werde die Anhebung der Alters-
grenzen nicht zu einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit,
sondern zu einer Vergrößerung der Lücke zwischen Berufs-
austritt und Renteneintritt führen. Ein weiterer Anstieg der
Langzeitarbeitslosigkeit und ein deutlich höheres Risiko der
Vorruhestands- und Altersarmut wären die Folgen. Um die
Langzeitarbeitslosigkeit zu überbrücken, würden viele Be-
troffene in die ihnen verbliebenen Frühverrentungsmöglich-
keiten gedrängt und müssten lebenslange Abschläge von bis
zu 14 Prozent in Kauf nehmen. Die Anhebung der Alters-
grenzen sei in diesen Fällen nichts anderes als eine weitere
Rentenkürzung. Die Anhebung der Altersgrenzen hätte dar-
über hinaus eine weitere Spreizung der Alterseinkommen
zur Folge. Auch die Anhebung des Referenzalters bei den
Erwerbsminderungsrenten auf das 65. Lebensjahr wird vom
SoVD entschieden abgelehnt. Die Abschläge bei den Er-
werbsminderungsrenten seien systemwidrig, weil der Ein-
tritt einer Erwerbsminderung – anders als beim Bezug einer
vorgezogenen Altersrente – nicht zur Disposition der Be-
troffenen stehe. Die geplante Anhebung der Altersgrenzen
bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen werde
ebenfalls nachdrücklich abgelehnt. Schwerbehinderte Men-
schen seien nach wie vor in besonderer Weise von Arbeits-
losigkeit betroffen oder bedroht. Mit der Anhebung würden
diejenigen bestraft, die aufgrund ihrer Schwerbehinderung
häufig eine überdurchschnittliche Energieleistung und er-
hebliche Anstrengungen erbringen müssten, um die Anfor-
derungen des Erwerbslebens zu bewältigen. Die modifi-
zierte Schutzklausel entspreche inhaltlich dem so genannten
Nachholfaktor, mit dem künftige Rentenanpassungen um
nicht realisierte Dämpfungen der Vergangenheit gekürzt
werden sollen. Sie stoße auf verfassungsrechtliche Beden-
ken, weil sie das Prinzip der Lohn orientierten Rentenanpas-
sungen verletze und bei ausreichender Lohnentwicklung
nicht einmal Rentenanpassungen in Höhe der Inflationsrate
sicherstelle. Die modifizierte Schutzklausel werde zu weite-
ren Kaufkraftverlusten bei Rentnerinnen und Rentnern füh-
ren und sei daher als Kürzung künftiger Rentenanpassungen
abzulehnen. Ebenfalls abzulehnen sei die geplante Ein-
schränkung der Rücknahmepflicht bei bestandskräftigen
Verwaltungsakten. Sie stelle einen erheblichen und nicht ge-
rechtfertigten Eingriff in den Rechtsschutz der Versicherten,
Rentnerinnen und Rentner dar. Darüber hinaus würde sie
die Betroffenen geradezu zwingen, gegen jeden Bescheid
Rechtsmittel einzulegen, der auf einer rechtlich umstritte-
nen Auslegungsfrage beruht. Massen- statt Musterverfahren
wären die Folge und würden bei der Rentenversicherung
und den Sozialgerichten zu einer erheblichen Mehrbelas-
tung führen.

Der Sozialverband VdK Deutschland wendet sich im Hin-
blick auf die längere Rentenbezugsdauer aufgrund der
glücklicherweise gestiegenen Lebenserwartung nicht grund-
sätzlich gegen die Erhöhung der Regelaltersgrenze. Aller-
dings dürfe diese Maßnahme nicht automatisch in Kraft
treten. Aus Sicht des Sozialverbandes Vdk sei es vielmehr
zwingend notwendig, dass die Anhebung der Regelalters-
grenze ab 2012 von konkreten Bedingungen abhängig ge-
markt- und sozialpolitischen Gründen gegenwärtig nicht
vertretbar. Die derzeitige und absehbare Beschäftigungs-

macht und dies gesetzgeberisch sichergestellt werde. Diese
rentenpolitische Maßnahme dürfe faktisch erst wirksam

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/4583

werden, wenn aufgrund von überprüfbaren alterspezifischen
Arbeitsmarktindikatoren sich die Beschäftigungssituation
älterer Menschen nachhaltig verbessert habe. Ohne die Vor-
aussetzung einer deutlich erhöhten Beschäftigungsquote
älterer Arbeitnehmer laufe die Anhebung der Regelalters-
grenze auf eine Rentenkürzung und eine Verlängerung von
Zeiten der Arbeitslosigkeit statt der Lebensarbeitszeit hin-
aus. Die vorgesehene „Initiative 50plus“ als flankierende
Maßnahme sei ein wichtiger Schritt, aber unstreitig nicht
ausreichend. Sehr deutlich werde dies, wenn man sich ver-
gegenwärtige, dass die „Initiative 50plus“ auf die zusätzliche
Beschäftigung von 100 000 Menschen abziele. Zwar appel-
liere der Entwurf (Begründung, allgemeiner Teil, S. 27, Ab-
satz 6) an Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebspar-
teien, geeignete Bedingungen zu schaffen, mit denen die
Beschäftigung älterer Menschen angehoben werde. Der
Sozialverband VdK befürchtet aber, dass ein solcher Appell
allein ungehört bleiben werde. Er fordert deshalb einen
umfassenden und weitergehenden Lösungsansatz. Erforder-
lich seien zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Arbeits-
markt-, der Bildungs-, der Gesundheits- und Präventions-,
der Finanz- sowie der Wirtschaftspolitik. Gelöst werden
müsse auch das Problem, dass – obgleich die Menschen im
Durchschnitt ein immer höheres Lebensalter erreichten – sie
dies nicht immer in guter gesundheitlicher Verfassung täten.
Neben individuellen Faktoren wirkten sich insbesondere
erschwerte Arbeitsbedingungen und gesundheitlich beson-
ders belastende Tätigkeiten nachteilig auf die Erwerbs- bzw.
Arbeitsfähigkeit aus. Deshalb müsse auch für diejenigen
Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht länger
arbeiten könnten, eine adäquate Lösung gefunden werden,
die Altersarmut vermeide. Die vorgesehene Regelung, wo-
nach Menschen mit mindestens 45 Pflichtbeitragsjahren
nach Vollendung des 65. Lebensjahres abschlagsfrei in
Rente gehen können, sei ein richtiger Schritt. Die Regelung
könne das dargestellte Problem aber nicht lösen. Viele Ver-
sicherte, die lange Zeit arbeitslos gewesen seien oder – wie
insbesondere Frauen – Erziehungs- und Pflegearbeit geleis-
tet hätten, könnten aufgrund der Flexibilisierung der Ar-
beitswelt 45 Versicherungsjahre nicht erreichen. Anzuset-
zen sei hier in erster Linie bei der Erwerbsminderungsrente,
wobei die vorgesehene Anhebung des geltenden Referenz-
alters allerdings kontraproduktiv sei. Vielmehr müssten die
Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten generell abge-
schafft werden, weil sie den Versicherten systemwidrig bei
Eintritt eines nicht zu vertretenden und planbaren Versiche-
rungsfalls bestraften. Zudem müssten der Zugang zur Er-
werbsminderungsrente wieder erleichtert werden und die
Zurechnungszeit entsprechend der Regelaltersgrenze ver-
längert werden, fordert der Verband.

Die Deutsche Bundesbank macht in ihrer Stellungnahme
deutlich, um dauerhaft eine finanzielle Entlastung der ge-
setzlichen Rentenversicherung zu realisieren, müsse das
gesetzliche Rentenalter angehoben werden, wenn nicht der
Beitragssatz immer weiter zu- oder die individuellen monat-
lichen Renten abnehmen sollen. Der im Entwurf des RV-
Altersgrenzenanpassungsgesetzes vorgesehene Anstieg des
gesetzlichen Rentenalters von 65 Jahren auf 67 Jahre bis
zum Jahr 2029 entspreche nicht dem Anstieg der ferneren
Lebenserwartung um zweieinhalb Jahre. Um den diesbe-

allem darauf an, dass das Verhältnis von Rentnern zu Bei-
tragszahlern infolge der steigenden Lebenserwartung nicht
zunehme. Auf den Einzelfall bezogen sollte also ein Anstieg
des Verhältnisses von Rentenbezugsdauer zu beitragspflich-
tiger Erwerbsphase vermieden werden. Wenn ein 65-jähri-
ger Rentenversicherter im Jahr 1970 beispielsweise 45 Bei-
tragsjahre habe aufweisen können und eine statistische
Lebenserwartung von knapp 77 Jahren gehabt habe, so habe
sich für ihn eine Relation von Rentenbezugsdauer zur Er-
werbsdauer von 26,5 Prozent ergeben. Bis zum Jahr 2004
sei die Lebenserwartung 65-jähriger Männer auf 81,5 Jahre
gestiegen. Die voraussichtliche Rentenbezugsdauer habe
damit bereits 36,5 Prozent der Erwerbsdauer betragen. Ohne
eine Anhebung des gesetzlichen Rentenalters dürfte die re-
lative Rentenbezugsdauer bis zum Jahr 2030 weiter auf 42,5
Prozent steigen, was einer statistischen Lebenserwartung
der 65-jährigen Männer von dann gut 84 Jahren entspreche.
Mit der Anhebung des gesetzlichen Rentenalters werde aus
heutiger Sicht dagegen ein Wert von 36,5 Prozent im Jahr
2030 erreicht werden, weil die Rentenbezugsphase kürzer
und die Erwerbsphase länger ausfalle. Die geplante Ausnah-
meregelung für Versicherte mit mindestens 45 Pflichtbei-
tragsjahren hält die Deutsche Bundesbank für problema-
tisch, weil damit das die gesetzliche Rentenversicherung
prägende Prinzip der Teilhabeäquivalenz durchbrochen
werde. Die Modifikation der Schutzklausel wird hingegen
im Sinne eines wie geplant gedämpften Beitragssatzanstiegs
begrüßt. Die finanziellen Auswirkungen der Anhebung des
gesetzlichen Rentenalters hingen von den Reaktionen der
Versicherten ab. Zwar sei es auf Dauer weitgehend unerheb-
lich für die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversiche-
rung, ob die Betroffenen tatsächlich mit 67 Jahren oder frü-
her unter Inkaufnahme der Abschläge in Rente gingen –
soweit die Abschläge versicherungsmathematisch adäquat
seien. Finanzielle Einbußen seien jedoch in dem Maße zu
erwarten, wie für den Einzelnen vorteilhaftere Auswege
etwa über die Erwerbsminderungsrente beschritten würden.
Weiterhin hinge die beitragssatzdämpfende Wirkung der
Rentenaltersanhebung davon ab, inwieweit eine längere Be-
schäftigung der Älteren die Beschäftigungschancen der Jün-
geren beeinträchtige. Selbst im Grenzfall einer vollständi-
gen Verdrängung würden sich noch finanzielle Entlastungen
für die Beitragszahler insgesamt ergeben, weil die Renten
erst später bezogen würden und dies nicht durch versiche-
rungsmathematische Zuschläge kompensiert werde. Die
Verdrängung werde im Übrigen umso schwächer ausfallen,
je besser es durch Reformen am Arbeitsmarkt gelinge, hier
Angebot und Nachfrage besser in Einklang zu bringen.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) un-
terstützt grundsätzlich das Ziel des Gesetzentwurfs, die ge-
setzliche Rentenversicherung langfristig demografiefest zu
machen. Die Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre
sei daher ein richtiger Schritt und finde die Zustimmung des
Handwerks. Die Bundesregierung dürfe allerdings die ge-
plante Erhöhung nicht von der Arbeitsmarktlage älterer
Arbeitnehmer abhängig machen (vgl. § 154 Abs. 1 und 2
SGB VI-E). Dies würde eine wiederholte arbeitsmarktpoli-
tische Instrumentalisierung der Rentenversicherung nach
den umfangreichen Frühverrentungsmaßnahmen der Ver-
gangenheit bedeuten. Im Zuge der Erhöhung der Regelal-
züglichen Druck auf den Beitragssatz zu kompensieren, sei
dies aber auch nicht erforderlich. Vielmehr komme es vor

tersgrenze würden bei praktisch allen anderen Rentenarten
entsprechende Erhöhungen um zwei Jahre in demselben

Drucksache 16/4583 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zeitraum vorgenommen. Diese Anpassungen seien folge-
richtig, gingen aber an den Stellen, wo in der Vergangenheit
das Rentenalter vergleichsweise niedrig gewesen sei, nicht
weit genug. So sei zum Beispiel die Anhebung der Alters-
grenze für die große Witwer- und Witwenrente auf 47 Jahre
konsequent, gehe aber in Anbetracht der vergleichsweise
deutlichen Begünstigung nicht weit genug. Eine schnellere
Anhebung des Zugangsalters für diese Rentenart sei not-
wendig. Weiterhin sollte die Altersgrenze auf ein höheres
Niveau gesteigert werden. Vor dem Hintergrund des Urteils
des Bundesverfassungsgerichts, nach dem Hinterbliebenen-
renten als fürsorglich motivierte Leistungen keinem Eigen-
tumsschutz unterlägen, sollten die Leistungen langfristig
durch Steuern finanziert werden und nicht durch Beiträge.
Zu kritisieren seien die umfangreichen Ausnahmen, ins-
besondere die 45er Regelung. Bezüglich der Zielgruppe der
Ausnahmeregelung – Personen in körperlich besonders be-
lastenden Berufen – sei anzumerken, dass Arbeitnehmer im
Handwerk, die körperlich belastende Tätigkeit ausübten, zu-
meist die geforderten Voraussetzungen der 45er Regelung
nicht erfüllten. Es sei ein Irrglaube, dass zum Beispiel
Dachdecker derzeit regelmäßig bis zum 65. Lebensjahr im
Sinne einer schweren körperlichen Arbeit tätig seien. Tat-
sächlich müssten sich in den entsprechenden Berufen des
Handwerks die Arbeitnehmer meist spätestens bis zum
Alter von 50 Jahren, aber häufig früher, im Tätigkeitsfeld
oder beruflich umorientiert haben. Zudem bewirkten gerade
im Bau- und Ausbaubereich auftrags- oder witterungs-
bedingte Phasen der Arbeitslosigkeit, dass die Beschäftigten
trotz frühen Eintritts in das Berufsleben die notwendige
Zahl an 45 Versicherungsjahren bis zum 65. Lebensjahr
nicht erreichen würden. Ebenfalls stelle die geplante 45er
Regelung insofern keine realistische Option für Beschäf-
tigte in körperlich belastenden Tätigkeitsfeldern dar, als
diese infolge der Belastungen häufig berufsunfähig oder er-
werbsgemindert seien – weit vor dem 65. Lebensjahr. Klar
benachteiligt durch diese Regelung würden ebenfalls selb-
ständige Handwerker, deren freiwillige Beiträge im An-
schluss an die Pflichtversicherung keine Berücksichtigung
zur Erreichung der 45 Beitragsjahre finden sollten. Mit
Blick auf die damit verbundenen Kosten und die Zielunge-
nauigkeit in Bezug auf den begünstigten Personenkreis
lehne der ZDH die 45er Regelung daher ab. Ebenfalls for-
dere das Handwerk, die nicht vollzogenen negativen Ren-
tenanpassungen zeitnah und vollständig nachzuholen.

Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung vertritt die Auffas-
sung, dass die Erhöhung des Rentenalters nur „ein Tropfen
auf den heißen Stein“ sei. Die demografischen Verwerfun-
gen seien viel zu groß, als dass hierin bereits die Lösung der
Rentenkrise gesehen werden könne. Heute liege das gesetz-
liche Rentenalter bei 65 Jahren, doch das durchschnittliche
Alter des Renteneintritts liege bei 62,6 Jahren, wenn man
die Renten wegen Erwerbsunfähigkeit außer Acht lasse, und
bei 60,5 Jahren, wenn man sie mit einbeziehe. Mittels einer
Erhöhung des gesetzlichen Alters für den Rentenbeginn auf
67 Jahre könnte es gelingen, den Durchschnitt bei der nor-
malen Altersrente auf etwa 65 Jahre und bei allen Renten
auf etwa 63 Jahre zu erhöhen. Ohne diese Maßnahme sei zu
erwarten, dass das Bruttorentenniveau von derzeit (2006)
47,3 Prozent bis 2035 auf 37,5 Prozent absinken werde und

Leistungen hinausgehe, von derzeit (2006) 22,1 auf 28 Pro-
zent erhöhe. Mit der Erhöhung des Rentenalters würden das
Rentenniveau im Jahr 2035 bei 41,3 Prozent und der effek-
tive Beitragssatz bei 26,1 Prozent liegen. Mehr könne man
mit der Erhöhung des Rentenalters realistischerweise kaum
erreichen. Wollte man das heutige Rentenniveau bis zum
Jahr 2050 ohne eine Erhöhung des Beitragssatzes und des
anteiligen Bundeszuschusses allein durch eine Verlängerung
der Lebensarbeitszeit halten, so müsste nach einer Berech-
nung der Vereinten Nationen das gesetzliche Rentenalter in
Deutschland nicht auf 67 Jahre, sondern auf 77 Jahre anstei-
gen. Das sei zu absurd, als dass man sich damit ernsthaft
auseinandersetzen könne. Nach einer Prognose des Statisti-
schen Bundesamtes werde die Restlebenserwartung von 60-
jährigen Männern im Jahr 2050 etwa 24 Jahre betragen. Die
Erhöhung des Rentenalters auf 77 Jahre hieße also, dass
man ein Leben lang arbeite, um zum Schluss gerade einmal
sieben Jahre eine Rente zu erhalten. Nur die Frauen, die
über das 60. Lebensjahr hinaus im Schnitt noch 28 Jahre
lebten, hätten ein wenig mehr von diesem Renteneintritts-
alter. Die Erhöhung des Rentenalters sei ein Stück sinnvol-
ler Mangelverwaltung. Die wirklichen Lösungsansätze für
Deutschlands demografische Krise lägen aber nicht in im-
mer neuen Einfällen zur Umverteilung von Einkommen
zwischen den und innerhalb der Generationen und der ge-
schickten semantischen Begründung dieser Einfälle, son-
dern in Maßnahmen, die dem Mangel selbst abhülfen: Man
müsse dafür sorgen, dass in der kritischen Zeit, wenn die
Rentnerzahlen wüchsen, entweder mehr Ersparnisse oder
mehr Menschen zur Finanzierung der Renten zur Verfügung
stünden. Es gehe deshalb prinzipiell um die Kapitalde-
ckung, eine Forcierung der Einwanderung und die Anhe-
bung der Geburtenrate, wobei über die quantitative Bedeu-
tung dieser Wege damit noch nichts gesagt sei. Insbesondere
die Einwanderung sei weniger ergiebig, als es zunächst er-
scheinen möge.

Der Deutsche Juristinnenbund meint, dass grundsätzlich
nichts gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit bei
verlängerter Lebenszeit einzuwenden sei. Gerade Frauen,
die wegen einer mehrjährigen Unterbrechung ihrer Er-
werbsarbeit aus Familiengründen keine hohen Renten-
anwartschaften, wohl aber einen gut bezahlten Arbeitplatz
und, nachdem die Kinder aus dem Haus seien, endlich mehr
Zeit für sich selbst hätten, wollten häufig gern über das
65. Lebensjahr hinaus arbeiten. Allerdings sei die Sonder-
regelung für langjährig Versicherte nicht mit dem europäi-
schen Verbot der Ungleichbehandlung von Männern und
Frauen in den gesetzlichen Systemen der Sozialen Sicher-
heit vereinbar. Zwar wolle der Gesetzgeber mit der Vor-
schrift, wonach Kindererziehungszeiten bis zum zehnten
Lebensjahr des Kindes rentenwirksam einbezogen werden
sollen, offenbar die selbst erkannten Lücken füllen – Frauen
hätten deutlich seltener 45 Beitragsjahre aufzuweisen als
Männer. Tatsächlich bewirke die Einbeziehung der Berück-
sichtigungszeiten nach Berechnungen der Deutschen Ren-
tenversicherung Bund nur eine minimale Verbesserung der
Situation der Frauen: Während ohne Einbeziehung der
Berücksichtigungszeiten nur 2,48 Prozent aller versicherten
Frauen die 45 Pflichtbeitragsjahre erreichten, seien es mit
deren Einbeziehung 4,39 Prozent, während immerhin ca. 27,2
dass sich der effektive Beitragssatz einschließlich des antei-
ligen Bundeszuschusses, der über die versicherungsfremden

Prozent der Männer diese Voraussetzungen erfüllten. Die
Zahlen verdeutlichten die überproportionale Betroffenheit

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/4583

von Frauen und ihre mittelbare Diskriminierung. Es sei
auch nicht ersichtlich, dass diese Diskriminierung im Sinne
von § 3 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes
– AGG sachlich gerechtfertigt sei. Das erklärte Ziel des
Gesetzes sei die Anpassung des Renteneintrittsalters an die
demografische Entwicklung, welches kaum durch die Privi-
legierung „besonders langjährig Versicherter“ befördert
werde. Damit sei auch eine Ungleichbehandlung wegen des
Geschlechts im Rahmen dieser Maßnahme nicht gerechtfer-
tigt. Die gleichfalls angestrebte Haushaltskonsolidierung
werde nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts-
hofes als Rechfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung
wegen des Geschlechts nicht akzeptiert.

Der Sachverständige Prof. Dr. Eckart Bomsdorf hält die Er-
höhung des gesetzlichen und natürlich auch des faktischen
Renteneintrittsalters schon aus Gründen der Zunahme der
Lebenserwartung für zwingend notwendig. Das Nachholen
unterlassener Dämpfungen der Erhöhung des Rentenwerts
sei zu begrüßen. Es sei notwendig, da die Anwendung des
Nachhaltigkeitsfaktors einer Schutzklausel unterliege. Es
wäre allerdings besser, dieses Nachholen schneller durchzu-
führen. Insbesondere sei zu regeln, dass Renten erhöhende
Wirkungen des Nachhaltigkeitsfaktors unmittelbar mit einem
Nachholbedarf zu verrechnen seien; alles andere würde dem
Sinn des Nachhaltigkeitsfaktors widersprechen. Der Sachver-
ständige schlägt vor, § 68a Abs. 3 SGB VI des Gesetzent-
wurfs sprachlich neu zu formulieren. Darüber hinaus sei die
vorgeschlagene abschlagsfreie Rente für besonders langjäh-
rig Versicherte abzulehnen, da sie dem Äquivalenzprinzip
widerspreche. Der Gesetzentwurf sollte nach Auffassung
von Prof. Dr. Eckart Bomsdorf dahingehend ergänzt werden,
dass Rentenanpassungen nur alle zwei Jahre vorgenommen
werden. Zumindest aber sollten Rentenanpassungen, die in-
nerhalb eines bestimmten Intervalls (z. B. zwischen –0,3 und
+0,3 Prozent) lägen, aufgeschoben und erst mit der Anpas-
sung des darauf folgenden Jahres vorgenommen werden.

Der Sachverständige Prof. Dr. Bert Rürup hat keine schrift-
liche Stellungnahme abgegeben.

Der Sachverständige Alfred Löckle führt in seiner Stellung-
nahme aus, dass sich die Belastungen, denen Beschäftigte
heute im Arbeitsleben ausgesetzt seien, stark unterschieden.
Zum Beispiel seien beim Unternehmen Bosch rund 40 000
Arbeitsplätze in Deutschland in der direkten industriellen
Fertigung und deren unmittelbarem Umfeld angesiedelt.
Der Konkurrenzdruck aus Billiglohnländern lasse die alters-
gerechte Umgestaltung solcher Arbeitsplätze nur begrenzt
zu. Alternde Belegschaften würden so zu einem weiteren
„Wettbewerbsnachteil“ gegenüber der Fertigung in diesen
Ländern. Ein Abbremsen der Fluktuation durch die stufen-
weise Anhebung der Altersgrenze auf 67 Jahre bei gleich-
zeitiger Beendigung der Möglichkeiten für einen vorzeitigen
Ausstieg in die Rente würde bei Bosch einen drastischen
Rückgang bei der unbefristeten Übernahme der Auszubil-
denden zur Folge haben und würde den heutigen hohen
Standard bei der Berufsausbildung auch quantitativ stark
gefährden. Der Gesetzgeber stehe in der Pflicht, den diffe-
renzierten Anforderungen heutiger Erwerbsarbeit gerecht zu
werden und unabhängig vom Alter für den ungekürzten
Rentenzugang flexible Übergangsmodelle in die Rente zu

Tarifparteien und der Betriebsparteien sein, Beiträge zur
Finanzierung entsprechender Modelle zu leisten. Um die
Voraussetzungen für solche Modelle zu schaffen, bedürfe es
eines auf Langfristigkeit angelegten, verlässlichen gesetz-
lichen Rahmens. Durch weitere Maßnahmen könne die Ge-
staltung flexibler Übergänge in die Rente begünstigt werden.
Die Bestandsprüfungsklausel werde ausdrücklich begrüßt.
Sie sollte aber zu einer wirksamen Revisionsklausel erwei-
tert werden. Die Bundesregierung dürfe im Falle von Fehl-
entwicklungen nicht auf gezielte Fördermaßnahmen – insbe-
sondere im Hinblick auf Problemgruppen am Arbeitsmarkt –
verzichten.

Der Sachverständige Prof. Dr. Johann Eekhoff begrüßt die
beabsichtigte Anhebung der Regelaltersgrenze in der ge-
setzlichen Rentenversicherung. Mit zunehmender Lebens-
dauer der Versicherten müssten die Erwerbs- und Beitrags-
phase proportional zur Rentenbezugsphase verlängert
werden, wenn die Beitragssätze nicht steigen sollten. Eine
stabile Relation von Rentenbezugsphase zu Erwerbsphase
sei ein Element der Generationengerechtigkeit. In den letz-
ten 40 Jahren sei nicht nur die Rentenbezugsdauer wegen
der unveränderten Regelaltersgrenze um mehr als sieben
Jahre auf 17,2 Jahre gestiegen, sondern auch der Beitrags-
satz sei um rund sechs Punkte von 14,0 auf 19,9 Prozent er-
höht worden. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der
Beitragssatz bis 2030 um weitere 2 Prozentpunkte angeho-
ben werde. Um weitere Beitragssatzsteigerungen zu vermei-
den, sollte die erwartete zunehmende Lebenserwartung zu
gut 70 Prozent die Erwerbsphase und zu knapp 30 Prozent
die Rentenbezugsphase verlängern, d. h. die Regelalters-
grenze sollte mit zunehmender Lebenserwartung weiter an-
gehoben werden, meint Prof. Dr. Johann Eekhoff. Dabei
sollte eine Möglichkeit für einen flexiblen Rentenzugang
geschaffen werden. Dabei sollten alle Zuverdienstgrenzen
aufgehoben werden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
werde nur auf einen von zwei demografischen Faktoren rea-
giert, nämlich auf die verlängerte Lebenserwartung. Um die
umlagefinanzierte Rentenversicherung zu stabilisieren, sei
es aber zusätzlich erforderlich, angemessen auf die geringe
Geburtenrate zu reagieren. Das Umlagesystem beruhe da-
rauf, dass es hinreichend viele Kinder gebe, die später die
Renten der Eltern finanzierten. In einem System ohne Kin-
der brauche man sich über die Regelaltersgrenze keine
Gedanken mehr zu machen. Konstituierend für das umlage-
finanzierte System sei somit die Erziehung von Kindern.
Nur dadurch würden Rentenansprüche begründet. Mit der
geltenden Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in
der gesetzlichen Rentenversicherung werde dieser Faktor
nach wie vor völlig unzureichend berücksichtigt. Das heiße,
dass die Kindererziehung ein sehr viel höheres Gewicht bei
der Begründung von Rentenansprüchen erhalten müsse.
Gleichzeitig müssten die kinderlosen Versicherten einen
größeren Teil ihrer Altersvorsorge selbst ansparen. Es sei
nicht Aufgabe des Staates, aus dem Bundeshaushalt Bei-
träge für Kindererziehungszeiten in die Rentenversicherung
einzuzahlen. Diese Mittel würden nicht in einem Kapital-
deckungsverfahren für künftige Rentenzahlungen angespart,
sondern unmittelbar für die gegenwärtigen Rentenzahlungen
verwendet. Sie verdeckten einen Teil der in der Vergangen-
heit angelegten Finanzierungsprobleme infolge der verrin-
verträglichen Bedingungen zu ermöglichen. Neben der
staatlichen Förderung werde es Aufgabe des Einzelnen, der

gerten Geburtenzahlen, der verlängerten Rentenbezugsdauer
einschließlich der Frühverrentung usw. Tatsächlich werde

Drucksache 16/4583 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

damit verschleiert, dass der Beitragssatz erheblich höher
liegen müsste, und es würden Personengruppen zur Renten-
finanzierung herangezogen, die keine Leistungen aus dem
System bezögen.

Der Sachverständige Axel Gerntke empfiehlt, von den Plä-
nen Abstand zu nehmen, die Rente mit 67 Jahren und einen
so genannten Ausgleichsfaktor einzuführen: Denn diese
Maßnahmen würden in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass
bei größeren Teilen der Bevölkerung Altersarmut um sich
greife. Mit den Plänen sei gleichzeitig verbunden, das Prin-
zip der Lebensstandardsicherung abzuschaffen. Auch nach
einem erfüllten Arbeitsleben werde es – sofern es bei der
bisherigen Gesetzgebung bleibe und die aktuellen Pläne
umgesetzt würden – nicht mehr möglich sein, den im Ar-
beitsleben erarbeiteten Lebensstandard durch die gesetz-
liche Rente zu halten. Die durch die Absenkung des Renten-
niveaus gerissenen Versorgungslücken könnten von einem
Teil der Bevölkerung nicht über zusätzliche Privatvorsorge
ausgeglichen werden, weil sie nicht über die finanziellen
Mittel verfügten. Auch für diejenigen Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer, die zu zusätzlicher Privatvorsorge in der
Lage seien, seien die Rentenpläne von Nachteil. Sei ein
nahezu Lebensstandard sicherndes Alterssicherungsniveau
bisher paritätisch durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber
finanziert worden, würden die Lasten zukünftig einseitig
auf die Beschäftigten verschoben. Die Arbeitsbedingungen
seien nicht so gestaltet, dass es dem überwiegenden Teil der
Beschäftigten heute möglich sei, tatsächlich bis zum 65. Le-
bensjahr oder darüber hinaus zu arbeiten. Es sei nicht ab-
sehbar, dass die Arbeitsbedingungen sich so änderten, dass
in Zukunft für einen relevanten Teil der Bevölkerung „ar-
beiten über 65 hinausgehend“ möglich werde. Unter der
Maßgabe, dass die Anhebung der Rentenaltersgrenze auch
mit einer faktischen Lebensarbeitszeitverlängerung ver-
bunden sei, würden in überproportionalem Maße Gering-
verdiener negativ betroffen. Es gebe einen signifikanten
Zusammenhang zwischen Einkommenshöhe und Lebens-
erwartung. Werde das tatsächliche Renteneintrittsalter er-
höht, verkürze sich die individuelle Rentenbezugszeit der
Geringverdiener überproportional. Die Rente mit 67 Jahren
führe zu einer zusätzlichen Arbeitsplatzlücke, die das Insti-
tut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für das
Jahr 2030 mit 1,2 bis 3 Millionen Arbeitsplätzen beziffere.
Bei den Kürzungsmaßnahmen im Bereich der gesetzlichen
Rentenversicherung handele es sich nicht nur um „einfa-
chen Sozialabbau“ zu Lasten der Beschäftigten und zur Ent-
lastung der Arbeitgeber, sondern auch um einen ordnungs-
politisch motivierten Umbau der Sozialsysteme: Weg vom
Sozialstaat hin zum Finanzmarktkapitalismus.

Prof. Dr. Helge Sodan führt aus, dass aus verfassungsrecht-
licher Sicht grundsätzlich keine Bedenken gegen die schritt-
weise Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 Jahren auf
67 Jahre bestünden. Allerdings ergäben sich verfassungs-
rechtliche Bedenken bezüglich einzelner Regelungen des
Gesetzentwurfs. So werfe die vorgesehene Ausnahmevor-
schrift für besonders langjährig Versicherte in zweierlei Hin-
sicht verfassungsrechtliche Probleme auf. Zum einen könnte
eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung verschiedener
Pflichtbeitragszeiten und damit verschiedener Versicherter
vorliegen. Zum anderen stelle sich die Frage, ob die Ausnah-

es sich auch um „wesentlich Gleiche“ im Sinne der anerkann-
ten Dogmatik zu Artikel 3 Abs. 1 GG: Beide Versicherten-
gruppen nähmen an der solidarischen, gesetzlichen Alters-
vorsorge teil und wiesen die gleiche Summe an Entgeltpunk-
ten auf. Eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem
führe nur dann zu einem Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG,
wenn sie ohne sachlichen Grund, also „willkürlich“ erfolge;
das Vorliegen eines sachlichen Grundes könne eine an Arti-
kel 3 Abs. 1 GG zu messende Ungleichbehandlung also
rechtfertigen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht in ge-
festigter Rechtsprechung angewandten so genannten neuen
Formel sei die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung an
Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auszurichten. Danach
verfolge die Koalition hier zwar sozialpolitisch durchaus
wünschenswerte und legitime Ziele, es sei aber sehr zweifel-
haft, ob die vorgesehene Ausnahmeregelung sich zur Erfül-
lung dieses Zwecks als geeignet erweise. Im Ergebnis werde
nicht etwa ein besonders langes Arbeitsleben, sondern ledig-
lich die Treue zur gesetzlichen Rentenversicherung, und dies
auch nur im Rahmen der Versicherungspflicht, belohnt. Zu-
dem handele es sich bei solchen Versicherten, die mit der
Vollendung des 65. Lebensjahres bereits 45 Versicherungs-
jahre vorweisen können, regelmäßig nicht etwa um die
herkömmlichen Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, die in der
Privatwirtschaft tätig seien, sondern typischerweise um die
Angestellten des öffentlichen Dienstes, die regelmäßig Ar-
beitslosigkeit nicht fürchten müssten. Die Regelung des § 38
SGB VI n. F. sei ferner nicht zum besonderen Schutz Versi-
cherter mit außerordentlich belastender Berufstätigkeit erfor-
derlich. Bereits nach der derzeit geltenden Rechtslage seien
solche Versicherten ausreichend durch die Erwerbsminde-
rungsrente geschützt. In keinem Fall stünden Ungleichbe-
handlung und rechtfertigender Grund in einem angemesse-
nen Verhältnis zueinander. Die finanziellen Belastungen hät-
ten die Beitragszahler und solche Versicherten zu tragen,
denen der Renteneintritt mit der Vollendung des 65. Lebens-
jahres verwehrt bliebe. Schließlich erweise sich das Geset-
zesvorhaben als verfassungsrechtlich bedenklich unter dem
Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Geschlechter. Die
Ausnahmeregelung des § 38 SGB VI n. F. stelle nicht auf das
Geschlecht der Versicherten ab. Eine unmittelbare Diskrimi-
nierung von Frauen liege daher nicht vor. Auch sei dem Ge-
setzgeber nicht die Absicht zu unterstellen, mit der abschlags-
freien Rente für besonders langjährig Versicherte Frauen zu
diskriminieren. Jedoch lasse eine Auswertung der Deutsche
Rentenversicherung Bund darauf schließen, dass vor allem
Männer von der Ausnahmeregelung profitieren würden.

Für die Sachverständige Dr. Edith Perlebach kann die Anhe-
bung des Renteneintrittsalters ein wesentlicher Beitrag sein,
den erforderlichen Umdenkungsprozess in Wirtschaft und
Gesellschaft nachdrücklich anzustoßen, mit dem den Folgen
des demografischen Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft
begegnet werden müsse. Tatsächlich bedinge dieser Schritt
aber auch, dass begleitende Maßnahmen ergriffen würden,
der Bevölkerung diesen Schritt verständlich und nachvoll-
ziehbar darzulegen, um Akzeptanz zu erreichen. Es müsste
Ängsten in der Bevölkerung vorgebeugt werden, angesichts
veröffentlichter Zukunftsszenarien befürchten zu müssen,
dass Alter mit dem Verlust des erarbeiteten und erworbenen
Lebensstandards einhergehen werde. Eine höhere Lebens-
meregelung zu einer mittelbaren Diskriminierung von Frauen
führe. Bei den verschiedenen Versichertengruppen handele

erwartung sollte als Chance begriffen werden, mit seinem
Leben aus dem starren Vorbild der Großelterngeneration

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/4583

heraustreten zu können, das durch den Ablauf Schule–Aus-
bildung–Beruf–Rente gekennzeichnet gewesen sei. Politische
Weichenstellungen zur Unterstützung einer Vielfalt von Be-
schäftigungsformen, die mit Aus- und Weiterbildung und
einem Familienleben vereinbar seien, müssten als neue und
bessere Chancen für eine aktive Teilnahme am Erwerbsle-
ben zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit eröffnet
werden. Die arbeitsmarktpolitischen Instrumente der „Initi-
ative 50plus“ setzten im Schwerpunkt an den derzeit älteren
Arbeitslosen an. Die hohe Anzahl der arbeitslosen Erwerbs-
tätigen über 50 Jahre rechtfertige, hier einen Schwerpunkt
zu setzen. Darüber hinaus sei bekannt, dass bestimmte Be-
rufe aufgrund ihrer körperlichen und mentalen Belastungen
als berufliche Tätigkeiten mit begrenzter Tätigkeitsdauer
anzusehen seien, die im Regelfall nicht bis zu einem Alter
von 67 Jahren ausgeübt werden könnten. Selbst bei Aus-
schöpfung einschlägiger Maßnahmen zur gesundheitsge-
rechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen und Angebote
zur betrieblichen Gesundheitsförderung müssten frühzeitig
für diejenigen Alternativen aufgezeigt werden, die aus die-
ser Tätigkeit in eine andere Erwerbsarbeit wechseln möch-
ten. Die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und zu fördern,
sei aus Sicht des Einzelnen ebenso von Bedeutung wie aus
Sicht der Gesellschaft. Der Erhalt und die Förderung der
Beschäftigungsfähigkeit seien eng verzahnt mit Maßnah-
men und Aktivitäten der öffentlichen Gesundheit, der Ar-
beitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, der Renten- und Ge-
sundheitspolitik, der Bildungspolitik und der Sozialpolitik.
Um die Beschäftigungsfähigkeit von Erwerbspersonen
langfristig zu sichern und damit ein Renteneintrittsalter von
67 Jahren mittelfristig durchzusetzen, müssten begleitende
Maßnahmen selbstverständlich auch bei den Unternehmen
und bei den Beschäftigten selbst ergriffen werden. Eine
Weichenstellung für demografieorientierte Personalpolitik
sichere den Unternehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber
Konkurrenten, die sich nicht den Anforderungen der demo-
grafiebedingten Veränderungen in der Zusammensetzung
des Erwerbspersonenpotenzials stellten. Das bedeute aber
auch, dass Personalmaßnahmen nicht singulär bei einzelnen
Altersgruppen ansetzten, sondern dass mit Blick auf die
Begleitung von Erwerbsbiographien Personalstrategien ent-
wickelt würden, die jeder Altersgruppe Perspektiven böten,
sich mit den eigenen Fähigkeiten im Rahmen der Möglich-
keiten aktiv am Erwerbsleben zu beteiligen.

IV. Beratung und Abstimmungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung
der Vorlagen in seiner 38. Sitzung am 17. Januar 2007 auf-
genommen, nach der öffentlichen Anhörung am 26. Februar
2007 in seiner 42. Sitzung am 28. Februar 2007 fortgesetzt
und in seiner 43. Sitzung am 7. März 2007 abgeschlossen.

Die Fraktion der FDP legte zur Abschlussberatung den
nachfolgenden Entschließungsantrag auf Ausschussdruck-
sache 16(11)590 vor, der keine Mehrheit fand:

Der Bundestag wolle beschließen:

Um den Bedürfnissen der Versicherten nach individueller
und abgesicherter Lebensgestaltung im Alter einerseits und
den Finanzierungsproblemen der Deutschen Rentenversi-

keit eines flexiblen Rentenzugangs bei gleichzeitig un-
begrenzten Hinzuverdienstmöglichkeiten eingeführt und die
steigende Lebenserwartung in der Rentenberechnung be-
rücksichtigt werden. Ein solches System des flexiblen Über-
gangs in die Rente kann mit folgenden Maßnahmen erreicht
werden:

1. Leitgedanken

Mit einem flexibleren Rentenrecht werden die Vorausset-
zungen dafür geschaffen, dass ältere Menschen länger am
Erwerbsleben teilnehmen wollen und können.

Die Versicherten in der Rentenversicherung sollen – ab dem
60. Lebensjahr – den Zeitpunkt ihres Renteneintritts selbst
bestimmen können.

Die steigende Lebenserwartung und die damit einherge-
hende längere Rentenbezugsdauer werden direkter als bis-
her bei der Rentenberechnung berücksichtigt. Das ermög-
licht mehr Generationengerechtigkeit.

Ein individueller Zugangsfaktor verdeutlicht den Versicher-
ten den Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des Ren-
teneintritts und der Rentenhöhe. Wir brauchen einen Para-
digmenwechsel: Nicht mehr die möglichst frühe Verrentung,
sondern eine möglichst lange Teilhabe am Erwerbsleben
muss zum Leitbild werden.

Durch die Aufhebung aller Zuverdienstgrenzen werden An-
reize geschaffen, auch bei Rentenbezug weiter tätig zu sein.
Mit dem Zuverdienst kann der eigene Lebensstandard ver-
bessert werden. Die Verbeitragung der Zuverdienste schafft
zusätzliche Einnahmen für die Sozialversicherung.

Durch eine Veränderung der Rahmenbedingungen am Ar-
beitsmarkt werden bestehende Beschäftigungshindernisse
für ältere Arbeitnehmer beseitigt und deren Chancen auf
einen Arbeitsplatz verbessert.

2. Flexibler Rentenzugang

Für alle Versicherten wird die Möglichkeit eines flexiblen
Rentenzugangs ab dem 60. Lebensjahr geschaffen. Im Ge-
gensatz zur heutigen Rechtslage wird der Rentenzugang ab
60 nicht an ein Kriterium (Kriterien für vorzeitigen Renten-
bezug bisher: Arbeitslosigkeit, Altersteilzeit, langjährige
Versichertenstellung, Schwerbehinderteneigenschaft, Ge-
schlecht) gebunden.

Voraussetzung für den flexiblen Rentenzugang ist, dass die
Summe der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Alters-
versorgungsansprüche sowie sonstiger Einkünfte des Ver-
sicherten ab dem Zeitpunkt des Renteneintritts über dem
Grundsicherungsniveau liegt. Für einen Renteneintritt ab
dem 65. Lebensjahr entfällt die Prüfung der Grundsiche-
rungsfreiheit.

Die Versicherten können wählen, ob sie eine Rente ab dem
60. Lebensjahr als Vollrente oder als Teilrente beziehen
wollen.

Die Möglichkeit, wegen Erwerbsminderung bereits vor dem
60. Lebensjahr in Rente zu gehen, bleibt bestehen.

3. Aufhebung der Zuverdienstgrenzen
cherung aufgrund steigender Lebenserwartung andererseits
gerecht zu werden, sollte für alle Versicherten die Möglich-

Die Grenzen für Zuverdienst neben dem Rentenbezug ab
60 Jahren werden aufgehoben. Die Versicherten entschei-

Drucksache 16/4583 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

den selbst, ob sie neben dem Rentenbezug noch erwerbs-
tätig sein wollen. Allerdings wird die Möglichkeit eines Zu-
verdienstes in Zukunft auch deswegen immer wichtiger, weil
das gesetzliche Rentenniveau von heute 67 Prozent auf
52 Prozent (Nettorentenniveau nach Steuern) im Jahr 2030
absinken wird.

4. Sozialversicherung für Zuverdienst

Beiträge zur Sozialversicherung sind für den Zuverdienst
neben Rentenbezug nach folgender Maßgabe zu zahlen:

● Rentenversicherung:

Für den Zuverdienst werden sowohl vom Arbeitnehmer
als auch vom Arbeitgeber Rentenbeiträge gezahlt. Ar-
beitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag führen zum Er-
werb zusätzlicher Entgeltpunkte. Sie können vom ver-
sicherten Arbeitnehmer zu einem von ihm wählbaren
Zeitpunkt – unter Verwendung des für diesen Zeitpunkt
geltenden Zugangsfaktors – zur Erhöhung der eigenen
Rente eingesetzt werden.

● Kranken- und Pflegeversicherung:

Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen für den Zuver-
dienst ihren jeweiligen Anteil zur Kranken- und Pflege-
versicherung.

● Arbeitslosenversicherung

Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung entfällt. Da
die Einkünfte des Versicherten über der Grundsicherung
liegen, besteht keine Notwendigkeit, durch Beiträge zur
Arbeitslosenversicherung einen Anspruch auf Arbeits-
losengeld zu begründen.

Der Wegfall des Arbeitslosenversicherungsbeitrages be-
deutet aus Sicht der Unternehmen einen Kostenvorteil
und erhöht für Rentenempfänger, die zuverdienen wol-
len, die Chancen am Arbeitsmarkt. Aus Sicht der Arbeit-
nehmer erhöht sich das verfügbare Einkommen.

5. Individuelle Rentenermittlung

Die Rentenhöhe der Versicherten errechnet sich aus den
erworbenen Entgeltpunkten, dem aktuellen Rentenwert und
einem individuellen Zugangsfaktor.

Bei der Umstellung auf die neue Berechnungsweise bleiben
die Zahlbeträge zunächst gleich. Veränderungen ergeben
sich dann für die Zukunft aufgrund der folgenden Maß-
gaben:

Im aktuellen Rentenwert wird für jede Alterskohorte die zu
erwartende durchschnittliche Rentenbezugsdauer aufgrund
ihrer durchschnittlichen Lebenserwartung berücksichtigt.
Steigt die durchschnittliche Lebenserwartung stärker als
das durchschnittliche Renteneintrittsalter, führt das zu einer
Dämpfung des Anstiegs des Rentenwertes. Insoweit wird
eine gerechte Verteilung der Lasten der Alterung auf die
verschiedenen Jahrgänge erreicht.

Über den individuellen Zugangsfaktor wird der Zeitpunkt
des individuellen Rentenzugangs berücksichtigt. Je länger
der Versicherte arbeitet, desto höher ist der Zugangsfaktor.
Durch eine progressive Ausgestaltung besteht ein zusätz-
licher Anreiz für die Versicherten nach Möglichkeit über

6. Flankierende Reformen am Arbeitsmarkt

Durch flankierende Reformen des Arbeitsmarktes (insbe-
sondere beim Kündigungsschutz und im Tarifrecht) wird die
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zusätzlich begünstigt.

Die Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters kann
mit dem vorgeschlagenen Maßnahmenpaket auch ohne die
Anhebung der gesetzlichen Altersgrenze auf 67 Jahre er-
reicht werden.

Begründung

Die Rentenbezugsdauer nimmt mit der steigenden Lebens-
erwartung zu. Diese aus Sicht der Rentenbezieher positive
Entwicklung belastet die Rentenversicherung finanziell
schwer und führt zu steigenden Beiträgen.

Eine Anhebung des starren gesetzlichen Renteneintritts-
alters auf 67 Jahre, wie von den Koalitionsfraktionen vor-
geschlagen, verkürzt zwar die Rentenbezugsdauer, führt
aber in der von der Bundesregierung vorgesehenen Art und
Weise zu unterschiedlichen Jahrgangsbelastungen (belastet
werden besonders die Jahrgänge 1959 bis 1974) und ist von
daher nicht generationengerecht.

Viele Menschen können oder wollen derzeit nicht bis zum
67. Lebensjahr arbeiten. Aktuell sind überhaupt nur noch
45 Prozent der über 55-jährigen und 28 Prozent der über
60-jährigen erwerbstätig. Der Rentenzugang aus einem Ar-
beitsverhältnis bei Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze
ist somit von der Regel zur Ausnahme geworden. Vor diesem
Hintergrund empfinden viele Menschen die Anhebung des
gesetzlichen Renteneintrittsalters als verkappte Rentenkür-
zung.

Verkrustete Strukturen schränken die Chancen älterer Men-
schen am Arbeitsmarkt ein. Bei einem Verlust des Arbeits-
platzes – etwa als Folge der Insolvenz des Arbeitgebers –
droht älteren Arbeitnehmern eine lange finanzielle Durst-
strecke bis zum Renteneintritt. Die Verkürzung der Bezugs-
zeit des Arbeitslosengeldes (ALG I) hat bei den Betroffenen
bestehende Ängste noch verstärkt.

Viele Versicherte haben sich vor diesem Hintergrund in den
scheinbar sicheren Hafen der Altersteilzeit und verschiede-
ner anderer Frühverrentungstatbestände – allerdings mit
engen Zuverdienstgrenzen – geflüchtet. Im Ergebnis haben
diese Lösungsansätze aber zu einer Verdrängung älterer
Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben bei einer gleichzeiti-
gen zusätzlichen Belastung der sozialen Sicherungssysteme
geführt.

Im Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN beschlossen, dem Deutschen Bundestag die
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksachen 16/3794,
16/4372, 16/4420 in unveränderter Fassung zu empfehlen.

Der Ausschuss hat zudem mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen,
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 16/2747 zu empfehlen.
das 60. Lebensjahr hinaus zu arbeiten und nach eigenen
Vorstellungen später in Rente zu gehen.

Der Ausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/4583

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, dem
Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags auf Druck-
sache 16/3812 zu empfehlen.

Schließlich hat der Ausschuss mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
beschlossen, dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des
Antrags auf Drucksache 16/3815 zu empfehlen.

Die Fraktion der CDU/CSU hob hervor, dass die große
Koalition rechtzeitig handle, damit die Rentenversicherung
für alle Generationen ein verlässliches und leistungsstarkes
Instrument der Altersicherung bleibe. Die Anhebung der
Regelaltersgrenze um zwei Jahre liege unter der Steigerung
der Lebenserwartung der Menschen. Das heiße, dass die
durchschnittliche Rentenbezugsdauer derjenigen, die im
Jahr 2029 in Rente gingen, um ein Jahr länger sei als die
Rentenbezugsdauer derjenigen, die heute in Rente gingen.
Es sei also schlichtweg falsch, von einer Rentenkürzung in
diesem Zusammenhang zu sprechen. Zudem werde sich
durch die Rente mit 67 Jahren das Verhältnis zwischen Er-
werbstätigen und Rentenbeziehern verbessern. Der in der
Rentenformel enthaltene so genannte Nachhaltigkeitsfaktor
bewirke, dass angesichts einer solchen positiven Verände-
rung wieder Rentenerhöhungen ermöglicht würden. Zur
Anhebung der Regelaltersgrenze gehöre als zweite Seite ein
und derselben Medaille die Verbesserung der Beschäfti-
gungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Daher werde heute auch parallel das Gesetzesvorhaben
„50plus“ auf den Weg gebracht. Mit beiden Gesetzesvorha-
ben zeige die Bundesregierung, dass sie vorausschauend
handle und den Mut besitze, das Notwendige zu tun – auch
wenn dies auf den ersten Blick bei vielen Bürgerinnen und
Bürgern nicht besonders beliebt sei. Ein Schlüssel zur Ak-
zeptanz des neuen Rentenrechts seien Sonderregelungen
wie die 45-Jahre-Regelung für diejenigen, die lange gear-
beitet und durch langjährige Beitragszahlung in besonderer
Weise zur Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente beige-
tragen hätten. Dies sei keine Benachteiligung anderer, son-
dern eine Belohnung für ein langes und aktives Berufsleben.

Die Fraktion der SPD betonte, man müsse der demografi-
schen Entwicklung Rechnung tragen, die Herausforderung
annehmen und zukunftsfähige, sozial gerechte Lösungen
dafür finden. Sie wolle das paritätisch finanzierte System
und die Akzeptanz dafür erhalten. Man könne im Ren-
tensystem hierzu nur an drei Stellschrauben ansetzen. Vor
diesem Hintergrund habe man sich für die Anhebung der
Regelaltersgrenze als die verträglichste Lösung entschie-
den. Die stufenweise Einführung der Rente mit 67 Jahren
könne nur im Zusammenhang mit der Förderung der Be-
schäftigungschancen älterer Menschen erfolgreich umge-
setzt werden. Es gehe um eine gute materielle Absicherung
der älteren Generation und die Möglichkeit zu altersgerech-
ter Arbeit für diejenigen, die 50, 55, 60 Jahre und älter
seien. Man müsse in Deutschland wieder dazu kommen,
dass ältere Menschen mit ihren Erfahrungen, mit ihren
Kompetenzen, mit ihrem Willen zu arbeiten auch einen
Platz in der Arbeitswelt hätten. Dies erfordere einen Menta-
litätswandel in dieser Gesellschaft, am Arbeitsmarkt und
vor allem in den Unternehmen. Angesichts von einem schon

zu erhalten und auszubauen. Nur so blieben die Betriebe
auch wettbewerbsfähig. Der Schlüssel zu längerer Erwerbs-
tätigkeit liege in der fortlaufenden Qualifizierung und Wei-
terbildung der Beschäftigten. Lebenslanges Lernen sei die
Voraussetzung dafür, die Beschäftigungsfähigkeit älterer
Arbeitnehmer zu verbessern. Außerdem bräuchten wir
alternsgerechte Arbeitsbedingungen und eine gesundheits-
schonende Gestaltung der Arbeitsplätze. Die Fraktion der
SPD habe bewusst auf eine Überprüfungsklausel bestanden,
wie sich die Beschäftigungssituation der Älteren entwickelt.
Nach Auswertung der Entwicklung müssten die notwendi-
gen Anpassungen vorgenommen werden. Wichtig sei auf
der anderen Seite, dass für diejenigen, die auch künftig nicht
bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten könnten,
mit der Erwerbsminderungsrente weiter eine geeignete
Lösung zur Verfügung stehe. So sei sichergestellt, dass sich
gegenüber heute die Situation der Menschen nicht ver-
schlechtere, die nach einer gewissen Anzahl von Beitrags-
jahren im Alter arbeitsunfähig würden. Auch weiterhin ist
der flexible Rentenbezug ab dem 63. Lebensjahr möglich.
Darüber hinaus bräuchten wir auch in Zukunft die Möglich-
keit gleitender Übergänge in den Ruhestand. Die Fraktion
der SPD werde noch in diesem Jahr sehr konkrete Vor-
schläge für flexible Übergänge vorlegen, bei denen auch
über Teilrente und verbesserte Hinzuverdienstmöglichkei-
ten fließende Übergänge möglich gemacht würden. Klar sei:
Steigendes wirtschaftliches Wachstum, höhere Produktivität
und eine größere Beschäftigungsquote lassen sich nur durch
eine bessere Qualität der Arbeit erreichen.

Die Fraktion der FDP machte deutlich, dass eine längere
Arbeitszeit vor dem Hintergrund steigender Lebenserwar-
tung unumgänglich sei. Allerdings sei das Konzept der Koa-
lition nicht tragfähig. Es führe in vielen Fällen zu einer ver-
kappten Rentenkürzung für diejenigen, die nicht zwei Jahre
länger arbeiten könnten. Deshalb könne die richtige Ant-
wort nur sein, die Menschen selbst entscheiden zu lassen:
Anstatt ein starres Renteneintrittsalter durch ein höheres zu
ersetzen, müsse der Übergang aus dem Erwerbsleben in den
Ruhestand flexibler als bisher gestaltet werden können.
Viele Menschen in der Altersgruppe ab 60 Jahren wolle
nicht mehr Vollzeit arbeiten. Sie wollten über den Umfang,
in dem sie voll oder teilweise mit entsprechender Teilrente
tätig seien, selbst bestimmen können. Sie wünschten sich
eine flexible Gestaltung des Renteneintritts und die Sicher-
stellung eines ausreichenden Auskommens durch eine
Kombination aus gesetzlicher Rente, privater und betrieb-
licher Altersvorsorge. Die FDP habe mit ihrem Entschlie-
ßungsantrag entsprechende Vorschläge zur Ausgestaltung
gemacht. Sie begründete ihre ablehnende Haltung zum Ge-
setzentwurf der Koalition auch damit, dass er gegen verfas-
sungs- und europarechtliche Normen verstoße. Dies gelte
insbesondere für die Sonderregelungen wie das Rentenein-
trittsalter 65 nach 45 Versicherungsjahren.

Die Fraktion DIE LINKE. vertrat die Auffassung, dass die
Anhebung der Rente auf 67 Jahre an der Lebenssituation
vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland
vorbeigehe. Sie bedeute eine weitere drastische Renten-
kürzung und sei eine Bestrafung all derer, die wegen Ar-
beitslosigkeit oder aus gesundheitlichen Gründen schon die
jetzt beginnenden Fachkräftemangel müssten die Unterneh-
men alles daran setzen, die Beschäftigungsfähigkeit Älterer

geltende Altersgrenze nicht erreichten und nun mit zusätz-
lichen Abschlägen in Rente gehen müssten. Die Erhöhung

Drucksache 16/4583 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

der Altersgrenze verschärfe den Verdrängungswettbewerb
auf dem ersten Arbeitsmarkt und werde voraussichtlich zu
einer noch höheren Arbeitslosigkeit unter Älteren und zu
vermehrter Altersarmut führen. Die 45-Jahre-Regelung be-
nachteilige insbesondere Frauen und Versicherte mit langen
Arbeitslosigkeitszeiten, da diese die Vorbedingungen für
einen früheren Rentenbezug gar nicht erreichen könnten.
Hinzu käme, dass durch diese Ausnahmeregelung sowie
den Nachhaltigkeitsfaktor der Großteil der finanziellen Ge-
winne für die Finanzierungsbasis der gesetzlichen Renten-
versicherung zunichte gemacht würde. Die finanziellen Ent-
lastungen der Rentenkasse durch die Anhebung auf 65 Jahre
seien ohnehin mit maximal 0,3 bis 0,5 Beitragspunkten ge-
ring. Die Ursachen für die Finanzkrise der Rentenver-
sicherung seien weniger dem demografischen Wandel als
vielmehr der hohen Arbeitslosigkeit, der Zunahme nicht
sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse
und der schwachen Lohnentwicklung geschuldet.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützte
die Erhöhung des Rentenalters zwischen 2012 und 2029

unter Verweis auf die Notwendigkeit dieses Schrittes. Aller-
dings forderte sie ein Gesamtkonzept, mit dem die schritt-
weise Verbesserung der Erwerbsintegration Älterer in zeit-
licher Hinsicht sehr konsequent durchgeführt und der
Arbeitsmarkt für die Älteren beobachtet werden müssten,
um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Den
Menschen müsse verständlich gemacht werden, dass lebens-
langes Lernen nicht erst im Alter beginne, sondern von An-
fang an notwendig sei. Die Bundesregierung müsse mit den
Arbeitgebern intensive Anstrengungen unternehmen, um
die Arbeitsbedingungen zu verbessern, denn nur so könne
die Grundlage für ein längeres Arbeiten geschaffen werden.
Mit der Einführung einer neuen abschlagsfreien Altersrente
werde nicht die eigentliche Zielgruppe geschützt, sondern
diejenigen, die bereits eine relativ gute Absicherung besä-
ßen. Die 45-Jahre-Regelung sei darüber hinaus verfassungs-
und europarechtlich bedenklich, sie diskriminiere Frauen
und sei sozial unausgewogen. Die Flexibilität bezüglich des
Zeitpunkts des Rentenantritts solle verbessert und Möglich-
keiten wie Teilrente und Weiterbeschäftigung während der
Rente sollten stärker publik gemacht werden.

Berlin, den 7. März 2007

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

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