BT-Drucksache 16/4532

Reklametätigkeit der Bundeswehr

Vom 2. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4532
16. Wahlperiode 02. 03. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Jan Korte
und der Fraktion DIE LINKE.

Reklametätigkeit der Bundeswehr

Ein wichtiges Mittel der Reklametätigkeit der Bundeswehr ist der Einsatz von
Infomobilen und die Präsenz auf Messen. Das Zentrale Messe- und Event-
marketing der Bundeswehr (ZeMEMBw) steuert den Einsatz der Ausstellung
KarriereTreff Bundeswehr. Diese Ausstellung besteht aus drei Trucks (von de-
nen einer für Filmvorführungen geeignet ist) und mehreren anderen Fahrzeu-
gen, Zelten und Ständen. KarriereTreff Bundeswehr wird bevorzugt auf zentra-
len Plätzen in Innenstädten gezeigt. So heißt es in einem Eigenbericht der
Bundeswehr über einen Einsatz in Ansbach im Jahr 2006: „Der Martin-Luther-
Platz, direkt im Stadtzentrum, ist fest in Bundeswehr-Hand.“ (Y-online)

Die Ausstellung dient vor allem dazu, durch die Präsentation moderner Technik
und militärischen Geräts Minderjährige für das Militär zu begeistern. Mit zum
Konzept gehören sog. event-Module ziviler Vertragspartner, etwa eine Kletter-
wand. Auch Musikgruppen werden gerne in die Öffentlichkeitsarbeit des Mili-
tärs mit eingebunden. „Karriertruck, Kinotruck, Kletterwand und Bühnentruck
sollen die Jugendlichen überzeugen. Neben Videos über die Bundeswehr, menü-
gesteuerten Touch-Screen-Bildschirmen mit Informationen über Laufbahn- und
Karrierechancen, werden die Jugendlichen auch individuell beraten“, heißt es
auf einer Bundeswehr-Homepage über die Taktik der Werber gegenüber der
minderjährigen Zielgruppe (www.bundeswehr.de).

Die 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ZeMEMBw koordinieren ihre
Tour mit den vier Zentren für Nachwuchsgewinnung, die jeweils über acht
Messestände, Infomobile und Infotrucks verfügen.

Welche verheerenden Folgen der Einsatz militärischer Gewalt hat, wird bei den
Ausstellungen nicht gezeigt. Auch die Frage, ob die Einsatzrealität der Bundes-
wehr (Unterstützung völkerrechtswidriger Handlungen von Alliierten, Angriff
auf Jugoslawien ohne UN-Mandat usw.) mit dem Grundgesetz und dem Vertei-
digungsauftrag der Bundeswehr vereinbar ist, wird nicht thematisiert. Es geht
offenbar allein darum, Nachwuchs durch Technikbegeisterung zu ködern.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Was sind die Aufgaben des Zentralen Messe- und Eventmarketings der Bun-
deswehr, und wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Arbeit des
ZeMEMBw?

2. In welchen Städten war der KarriereTreff Bundeswehr in diesem Jahr bis zur
Beantwortung dieser Anfrage eingesetzt, und in welchen Städten soll er
noch eingesetzt werden (bitte mit genauen Orts- und Datumsangaben)?

Drucksache 16/4532 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Auf welchen Veranstaltungen (Messen, Ausstellungen usw.) wird das
ZeMEMBw in diesem Jahr vertreten sein (bitte mit genauen Orts- und
Datumsangaben)?

4. Welche Rechtsgrundlage gibt es für den Einsatz auf zentralen Plätzen in
Innenstädten?

a) Richtet die Bundeswehr einen militärischen Sicherheitsbereich nach
den Bestimmungen des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren
Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der
Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen
(UZwGBw) ein?

b) Stellt die Bundeswehr Anträge auf Sondernutzung des Straßenlandes?

c) Meldet die Bundeswehr Versammlungen im Sinne der Versammlungs-
gesetze an?

d) Werden andere Rechtsgrundlagen in Anspruch genommen (Fragen 4a
bis 4d bitte nach der konkreten Praxis des Jahres 2006 aufgliedern)?

5. Werden Bürgermeister und/oder Kommunalparlamente vom Einsatz des
KarriereTreff Bundeswehr vorab in Kenntnis gesetzt, oder ist deren Zu-
stimmung oder Einladung Voraussetzung für die Durchführung des Kar-
riereTreff Bundeswehr (ggf. die unterschiedlichen Varianten darlegen)?

6. Wie viele Soldatinnen und Soldaten kommen bei einer durchschnittlichen
Karriere-Tour mit welchen Funktionen zum Einsatz?

7. Wie viele Gesprächskontakte wurden im Jahr 2006 im Laufe der Karriere-
Touren erfasst, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die
Altersverteilung auf Seite der Gesprächspartnerinnen und Gesprächspart-
ner?

8. Welche Kosten entstehen dem Bund im Durchschnitt für einen Karriere-
Treff Bundeswehr (bitte detailliert darlegen einschließlich eventueller Vor-
bereitungs-, Nachbereitungs-, Sicherheitskosten und Kosten für Rechts-
streitigkeiten)?

9. Welche Bedeutung kommt den Reklameeinsätzen des ZeMEMBw und der
Zentren für Nachwuchsgewinnung bei der Rekrutierung von Soldaten zu?

10. Welche militärischen Geräte, Waffen und Waffensysteme werden bei
solchen Einsätzen präsentiert (bitte nach Art des Werbeeinsatzes getrennt
aufgliedern)?

11. Wie wird der Einsatz der KarriereTreff Bundeswehr durch die Öffentlich-
keitsarbeit der Bundeswehr in den jeweiligen Kommunen vorbereitet?

a) Werden Schulen angeschrieben?

b) Werden Vereine und Jugendclubs angeschrieben?

12. Wie häufig werden Schulklassen zum Besuch der KarriereTreff Bundes-
wehr eingeladen?

a) Ab welcher Klassenstufe werden Schülerinnen und Schüler eingeladen?

b) Wird den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gegeben, den Be-
such zu verweigern?

13. Hält es die Bundesregierung für angemessen, die Technikbegeisterung von
Minderjährigen zu instrumentalisieren, um durch „Karrieretruck, Kino-
truck, Kletterwand und Bühnentruck“ zu „überzeugen“ und Nachwuchs für
die Truppe zu rekrutieren, wie unter www.bundeswehr.de beschrieben?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4532

14. Auf welchen Messen und anderen Veranstaltungen waren im letzten Jahr
die Zentren für Nachwuchsgewinnung vertreten, wie Gesprächskontakte
haben sich dabei ergeben, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregie-
rung über die Alterversteilung der Gesprächspartnerinnen und Gesprächs-
partner?

15. Auf welchen Messen und anderen Veranstaltungen waren bis zur Beant-
wortung dieser Kleinen Anfrage in diesem Jahr die Zentren für Nach-
wuchsgewinnung vertreten und auf welchen ist für dieses Jahr ihre Vertre-
tung beabsichtigt (bitte nach Ort, Datum und Art der Präsenz aufgliedern)?

16. Welche Kosten sind im vergangenen Jahr für solche Einsätze entstanden,
und mit welchen Kosten rechnet die Bundesregierung in diesem Jahr (bitte
nach Einzelposten aufgliedern)?

17. Wird bei den Reklametätigkeiten der Bundeswehr darauf hingewiesen,
dass die Bundeswehr laut Grundgesetz nur zu Verteidigungszwecken ein-
gesetzt werden darf, und wie wird in diesem Zusammenhang der Umstand,
dass die Bundeswehr 1999 ohne UN-Mandat am NATO-Krieg gegen
Jugoslawien beteiligt war, thematisiert?

a) Wird das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2005 thematisiert,
im dem es mit Blick auf die deutschen Unterstützungsleistungen für den
völkerrechtswidrigen Irak-Krieg hieß, auch die Beihilfe zu einem Völ-
kerrechtsdelikt sei ein völkerrechtliches Delikt, und wenn ja, in welcher
Form?

b) Werden die von anderen NATO-Staaten ausgehenden Völkerrechtsbrü-
che thematisiert, und wenn ja, in welcher Form?

Berlin, den 1. März 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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