BT-Drucksache 16/4530

Presseberichte über Tätigkeit eines BKA-Beamten im Libanon

Vom 27. Februar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4530
16. Wahlperiode 27. 02. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen und der Fraktion DIE LINKE.

Presseberichte über Tätigkeit eines BKA-Beamten im Libanon

Kriminalhauptkommissar G. L. vom Bundeskriminalamt (BKA) gilt als „deut-
scher James Bond“. G. L. arbeitet seit 1979 für das Bundeskriminalamt, Abtei-
lung Sonderaufgaben. Sein Schwerpunkt sind Mordfälle mit starkem internatio-
nalem Bezug. „Kein Fahnder hat in den vergangenen 25 Jahren mehr Attentate
aufgeklärt, mehr Terroristen und ihre Hintermänner hinter Gitter gebracht.“,
preist der Scherz-Verlag das 2005 erschienene Buch des Journalisten Oliver
Schröm „Gefährliche Mission – Die Geschichte des erfolgreichsten deutschen
Terroristenfahnders“ an, das unter dem Pseudonym „Richard Böttcher“ von
G. L.s Arbeit für das BKA handelt.

Nach einem Bericht der Tageszeitung „junge Welt“ soll G. L. nicht nur arabische
V-Leute angeheuert haben, sondern auch einen Spionagering im Nahen Osten
aufgebaut haben. Als „Mann fürs Grobe“ mit exzellenten Geheimdienstkontak-
ten arbeitete G. L. seit Jahren an der Seite des Berliner Oberstaatsanwalts Detlev
Mehlis. Im Jahr 2005 gehörte G. L. der von Detlev Mehlis geleiteten UN-Unter-
suchungskommission zur Aufklärung der Ermordung des früheren libanesi-
schen Ministerpräsidenten Rafik Al Hariri am 14. Februar 2005 in Beirut an.
Nachdem internationale Kritik an der Arbeitsweise der UN-Untersuchungs-
kommission laut wurde, sie bezichtige ohne stichhaltige Beweise Syrien der
Urheberschaft des Anschlages, legte Detlev Mehlis im Dezember 2005 sein Amt
nieder. Sein Nachfolger wurde im Januar 2006 der belgische Jurist Serge
Brammertz. Dieser tauschte nahezu das gesamte Ermittlerteam aus. Auch BKA-
Hauptkommissar G. L. als ehemalige Chief-Investigator unter Detlev Mehlis
wurde aus der Ermittlergruppe abgezogen.

Laut einer Meldung der im Sommer 2007 gegründeten liberal-demokratischen
libanesischen Tageszeitung „Al Akhbar“ (Die Nachrichten) soll G. L. weiterhin
im Libanon und in Paris als Ermittler im Mordfall Rafik Al Hariri tätig sein.
G. L. soll demnach ein Angebot der Familie Al Hariri angenommen haben,
parallel zur UN-Untersuchungskommission an der Aufklärung der Ermordung
Rafik Al Hariris zu arbeiten. Weiterhin soll G. L. als Berater der Familie Al
Hariri in Sicherheitsfragen arbeiten. G. L. sei für diese Tätigkeiten aufgrund
seiner Erfahrungen in der UN-Untersuchungskommission sowie durch seine Ar-
beit mit deutschen Geheimdiensten und seine Verbindungen mit US-amerika-

nischen und europäischen Nachrichtendiensten ausgewählt worden, heißt es in
„Al Akhbar“. (Al Akhbar vom 30. Oktober 2006).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Inwieweit ist G. L. derzeit beim Bundeskriminalamt angestellt oder beschäf-
tigt?

Drucksache 16/4530 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Trifft es zu, dass G. L. nach seinem Abzug aus der internationalen Ermittler-
gruppe durch Serge Brammertz Anfang 2006 weiterhin im Mordfall Rafik
Al Hariri ermittelt?

a) Wenn ja, in wessen Auftrag ermittelt G. L. weiterhin im Mordfall Rafik
Al Hariri?

b) Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage ist G. L. nach Abzug der von
Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis geleiteten UN-Untersuchungskommis-
sion zur Ermordung des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik
Al Hariri weiterhin im Libanon tätig?

c) Wenn ja, wieweit kooperiert G. L. mit der offiziellen UN-Untersuchungs-
kommission zur Ermordung des früheren libanesischen Ministerpräsi-
denten Rafik Al Hariri unter Leitung des belgischen Juristen Serge
Brammertz?

3. Ist der Bundesregierung bekannt, ob eine libanesische Nachrichtenmeldung
aus der Tageszeitung „Al Akhbar“ vom 30. Oktober 2006 zutreffend ist, wo-
nach G. L. als Berater der Familie Al Hariri im Libanon und in Paris tätig ist?

a) Wenn ja, was genau sind die Aufgaben von G. L. im Libanon und in Paris
im Auftrag der Familie Al Hariri?

b) Wenn ja, wird die Beratertätigkeit von G. L. für die Familie Al Hariri von
Seiten des BKA oder von anderen Stellen des Bundes finanziell bzw.
logistisch unterstützt?

4. Inwieweit hat das Bundeskriminalamt Interesse an einer fortgesetzten Tätig-
keit von G. L. im Libanon und seinen Kontakten mit der Familie Al Hariri?

5. Inwieweit hat die Bundesregierung ein politisches Interesse an der fortgesetz-
ten Tätigkeit von G. L. bezogen auf den Libanon?

6. Wann und gegenüber welchen Behörden erstattet G. L. Bericht über seine
Ermittlungen und seine Beratertätigkeit im Libanon?

7. Inwieweit gehört die Pflege von Kontakten zu deutschen und ausländischen
Nachrichtendiensten zum Aufgabengebiet von G. L.?

8. Inwieweit sind der Bundesregierung laufende oder eingestellte Ermittlungs-
verfahren arabischer oder europäischer Justizbehörden gegen G. L. wegen
seiner Ermittlertätigkeit im Rahmen der UN-Untersuchungskommission im
Jahr 2005 im Libanon bekannt?

Berlin, den 19. Februar 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.