BT-Drucksache 16/4521

Probleme bei der Erteilung von Einreise- und Besuchserlaubnissen (Visa)

Vom 2. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4521
16. Wahlperiode 02. 03. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen und der Fraktion DIE LINKE.

Probleme bei der Erteilung von Einreise- und Besuchserlaubnissen (Visa)

Der Evaluierungsbericht des Bundesministeriums des Innern zum Zuwande-
rungsgesetz beurteilt die Visaerteilungspraxis lediglich in Hinblick auf die
Vereitelung von Missbrauch und unter Sicherheitsaspekten. Einschränkungen
der Reise- und Besuchsfreiheit und des Rechts auf Familienzusammenführung
werden hingegen nicht problematisiert.

Dabei hat der „Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V.“ in
seiner Stellungnahme zum Praktiker-Erfahrungsaustausch im Rahmen der Eva-
luation des Zuwanderungsgesetzes am 30./31. März 2006 an mehreren Beispie-
len verdeutlicht, dass seit der Untersuchung der sog. Visaaffäre „Besuchervisa
von Familienangehörigen aus Drittstaaten noch restriktiver als zuvor erteilt“
werden (S. 2 der Stellungnahme, siehe auch Anlage I zum Bericht zur Evaluie-
rung des Zuwanderungsgesetzes, 5a. 3). Der Verband weist darauf hin, dass etwa
60 Prozent der jährlich ca. 16 000 an ihn gerichteten Anfragen dem Bereich
Visaerteilung und Einreise zur Familienzusammenführung/Ehegattennachzug
zuzuordnen sind (ebd.) und dass die staatliche Verwaltung in diesem Bereich
„Rechtsansprüche sowie Grund- und Menschenrechte systematisch“ unterlaufe
(ebd. 9). Auch der „Sechste Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Aus-
länder in Deutschland“ enthält Hinweise auf eine „insgesamt restriktivere Ver-
gabepraxis“, und zwar nicht nur in Bezug auf so genannte Risikostaaten (vgl.
Bundestagsdrucksache 15/5826, S. 200).

Die Beantragung und Erteilung vieler Besuchsvisa scheitert bereits daran, dass
einladende Personen in Deutschland ein sehr hohes Einkommen für den Beleg
ihrer Bonität nachweisen müssen im Zusammenhang der so genannten Ver-
pflichtungsklärung (Übernahme aller eventuell entstehenden Kosten, vgl. § 68
des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG).

Ein auch in Petitionen an den Deutschen Bundestag häufig genannter Grund für
die Verweigerung eines Visums ist die (angeblich) fehlende Rückkehrbereit-
schaft. Insbesondere sozial schwache Antragstellerinnen und Antragsteller aus
ärmeren Ländern haben deshalb Probleme, ein Besuchsvisum zu erhalten, selbst
wenn eine Einladung und Verpflichtungserklärung vorliegt. Alleinstehenden
wird häufig zudem eine fehlende familiäre Bindung ans Herkunftsland vorge-
halten.
Zur Verweigerung von Visa kommt es schließlich vermehrt auch wegen (angeb-
licher) Sicherheitsbedenken, etwa einer Gefährdung der freiheitlich-demokrati-
schen Grundordnung, wobei diese Vorhalte in vielen Fällen nicht nachvollzieh-
bar sind.

Drucksache 16/4521 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil nicht erteilter Be-
suchs- bzw. Touristen-Visa, und wie hoch ist dabei der Anteil wegen fehlen-
der Rückkehrbereitschaft nicht erteilter Besuchs- bzw. Touristenvisa

a) an der Gesamtzahl der bearbeiteten Visaanträge (bitte nach Jahren seit
1996 auflisten),

b) an der Zahl der bearbeiteten Visaanträge in den least developed countries
(LDC), die nach Anlage 1 der „Gemeinsamen Konsularischen Instruk-
tion“ visumpflichtig sind (bitte nach Ländern und Ablehnungsgrund diffe-
renzieren und nach Jahren seit 2000 auflisten)?

2. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass es in den vergangenen Jahren ver-
mehrt zu Problemen bei der Erteilung von Visa zum Zweck des (Familien-)
Besuchs wegen vermeintlich fehlender Rückkehrbereitschaft gekommen ist
(vgl. Bundestagsdrucksache 15/5826, S. 201)?

a) Sieht die Bundesregierung hier einen Zusammenhang zur Erlasslage des
Auswärtigen Amts nach 2004 (Chrobog-Erlass)?

b) Plant die Bundesregierung eine adäquate Neufassung des Erlasses im
Sinne einer Erleichterung von Familien- und Freundschaftsbesuchen,
wenn ja, in welchem Zeitraum, wenn nein, warum nicht?

3. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass – wie es etwa aus dem
Sechsten Bericht zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland
hervorgeht – in der Praxis eine mangelnde Rückkehrbereitschaft im Regelfall
bereits dann angenommen wird,

a) wenn die Antragstellerinnen bzw. Antragsteller unverheiratet bzw. ohne
minderjährige Kinder sind,

b) wenn die Antragstellerinnen bzw. Antragsteller nur über ein geringes oder
nicht regelmäßiges Einkommen verfügen, und was wird hierbei als Maß-
stab genommen (Verdienst-/Arbeitsmarktlage im Herkunftsland oder in
Deutschland)?

c) Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass zu den bei der Visumprüfung
zu beachtenden Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des
§ 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG auch die Grundsätze der Weltoffenheit, der
größtmöglichen Reisefreiheit und der Gastfreundschaft gehören, und
wenn ja, wie stellt sie sicher, dass diese in der Praxis auch tatsächlich be-
rücksichtigt werden, wenn nein, warum nicht?

d) Wird die Bundesregierung die deutschen Auslandsbotschaften anweisen,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen
vom 31. Mai 1995 in der Entscheidungspraxis zu berücksichtigen, wo-
nach nicht bereits (jedweder) Zweifel an der Rückkehrbereitschaft der
Visumerteilung entgegensteht, sondern die „Zweifel (…) ein solches Ge-
wicht haben müssen, dass die Wahrscheinlichkeit eines beabsichtigten
dauerhaften Verbleibs des Ausländers im Bundesgebiet wesentlich höher
einzuschätzen ist als die Wahrscheinlichkeit seiner Rückkehr“ (zitiert
nach dem Bericht des sog. Visa-Untersuchungsausschusses, Bundestags-
drucksache 15/5975, S. 56 f.), und wenn nein, warum nicht?

4. Wieso werden an den Nachweis einer Rückkehrbereitschaft auch in den Fäl-
len unvermindert hohe Anforderungen gestellt, in denen persönliche Einla-
dungen und Verpflichtungserklärungen vorliegen, mit denen für sämtliche
Kosten des Aufenthalts und gegebenenfalls einer Abschiebung gebürgt wird?
5. a) Berücksichtigt die Erlasslage des Auswärtigen Amts nach Ansicht der
Bundesregierung ausreichend, dass es in einigen Ländern kein oder ein

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4521

erst seit wenigen Jahrzehnten funktionierendes Pass- und Meldewesen
gibt (bitte begründen, welche Länder sind dies)?

b) Welche Möglichkeiten gibt es für Antragstellerinnen und Antragsteller
dieser Länder, ihre Identität, ihren Familienstand oder andere für die
Visumerteilung erforderlichen Angaben (Geburtsort, -datum usw.) den-
noch ohne überhöhte und unverhältnismäßige Anforderungen glaubhaft
zu machen?

c) Beabsichtigt die Bundesregierung, am derzeit praktizierten, aber wegen
seiner hohen Kosten, seiner Langwierigkeit und Unzuverlässigkeit
kritisierten (vgl. Bundestagsdrucksache 15/5826, S. 205 f.) Verfahren
festzuhalten, bei dem ein sog. Vertrauensanwalt der Botschaft Angaben
vor allem durch mündliche Befragungen überprüft, und welche Alternati-
ven gäbe es hierzu (bitte begründen)?

6. Wie viele Fälle von Einreiseverweigerungen bzw. der Versagung von Visa
sind der Bundesregierung seit Neufassung des § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG
i. V. m. § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG bekannt, die mit Bezug auf diesen
Tatbestand ausgesprochen wurden (bitte nach Jahren und Herkunftsländern
auflisten)?

7. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Petitionen an den Deutschen Bun-
destag die Visumerteilungspraxis betreffen (bitte in absoluten Zahlen und
relativem Anteil zur Gesamtzahl der Eingaben angeben, differenziert nach
Jahren seit 1996, und Ergebnis der Petitionen), und welche Schlüsse zieht sie
daraus?

8. a) In wie vielen Fällen reisten Personen, die mit einem Besuchs- oder Tou-
ristenvisum nach Deutschland einreisten, nicht innerhalb der Gültigkeit
des Visums bzw. überhaupt nicht freiwillig wieder aus?

b) Wie viele von ihnen wurden abgeschoben, und wie war in diesen Fällen
die durchschnittliche Gesamtaufenthaltsdauer?

c) In wie vielen Fällen lag eine Verpflichtungserklärung vor, und welche
Geldsummen mussten die einladenden Personen an öffentliche Sozialleis-
tungsträger bzw. zur Begleichung von Abschiebehaft- und Abschiebungs-
kosten bezahlen (Angaben bitte nach Herkunftsländern, Jahren seit 1996,
und nach Visumart differenzieren)?

9. a) Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, dass bei Familienbesuchen
vermehrt längerfristige Visa nach § 6 Abs. 2 AufenthG erteilt werden,
wenn ja, wie, wenn nein, warum nicht?

b) Hält die Bundesregierung es in der Sache für gerechtfertigt, auch bei
Visumantragstellerinnen und -antragstellern, die regelmäßig zu Familien-
besuchen in die Bundesrepublik Deutschland ein- und wieder ausgereist
sind, intensive Prüfungen der Identität, Rückkehrbereitschaft etc. jedes
Mal im gleichen Umfang erneut vorzunehmen, und wie begründet sie ihre
Ansicht?

c) Wird sich die Bundesregierung angesichts des Umstandes, dass gerade bei
Familienbesuchen die Rückkehrbereitschaft extrem hoch ist, um künftige
Besuche nicht zu gefährden, für Erleichterungen der Visumerteilung bei
Familienbesuchen einsetzen, wenn ja, durch welche Maßnahmen, wenn
nein, warum nicht?

d) Wird die Bundesregierung Maßnahmen ergreifen, um die Visumerteilung
in Fällen, in denen Einladung und Verpflichtungserklärung vorliegen, zu
erleichtern, auch wenn die Betroffenen aus einer sozial schwachen Schicht

oder einem armen Land kommen, wenn ja, welche, wenn nein, warum
nicht?

Drucksache 16/4521 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

e) Wird die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung oder andere Maß-
nahmen zur Einreise- und Aufenthaltsgewährung bei bevorstehenden
Eheschließungen oder Lebenspartnerschaften, die ein Aufenthaltsrecht
vermitteln könnten, initiieren, um den Betroffenen angesichts der oft ho-
hen bürokratischen Anforderungen (Dokumentenbeschaffung) ihr Recht
auf Zusammenleben zu sichern, wenn nein, warum nicht, und wie verein-
bart sie ihre Haltung mit dem hohen Verfassungsrang der Ehe im Grund-
gesetz?

10. a) Welche Kosten sind mit dem Visa-Informationssystem (VIS) verbunden
(EU-weit bzw. für Deutschland)?

b) Wie ist der Stand der Bemühungen Deutschlands, die VIS-Verordnung
dahingehend zu ändern, dass Einlader genauer identifiziert werden sollen
und dass die Speicherdauer von fünf auf zehn Jahre verdoppelt werden
soll (vgl. Ausschussdrucksache 16(4)48)?

c) Wie begründet die Bundesregierung ihre Bemühungen, dass ein im VIS
zu speichernder Missbrauch eines Visums bereits dann vorliegen soll,
wenn ein Asylantrag unanfechtbar abgelehnt wurde, und ist eine Ableh-
nung im Asylverfahren (aus welchem Grund auch immer) für die Bun-
desregierung gleichbedeutend mit einem Missbrauch?

d) Wie will die Bundesregierung bei den geplanten VIS-Verordnungsände-
rungen sicherstellen, dass sog. Einlader nicht für den vereinzelten Miss-
brauch eines Visums durch Eingeladene verantwortlich gemacht werden
und trotz einer Eintragung im VIS auch weiterhin Besucher einladen und
empfangen können?

e) Wie sind die in Frage 10b benannten Bemühungen Deutschlands zu ver-
einbaren mit der Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe vom
23. Juni 2005 zum VIS und der entsprechenden Kritik des EU-Daten-
schutzbeauftragten Peter Johann Hustinx (http://www.datenschutz.de/
news/alle/detail/?nid=1749)?

11. a) Welche Möglichkeiten einer Kostenerleichterung bzw. -reduzierung
sieht die Bundesregierung angesichts der mitunter sehr hohen Kosten
einer Visumablehnung (Gebühren, Porto, Zertifizierungen)?

b) Wie verträgt sich die EU-weit geplante Erhöhung der Visagebühren auf
60 Euro mit dem Grundsatz der Reisefreiheit, und welche Ausnahme-
regelungen sind vorgesehen (Länder-, Personengruppen)?

c) Welchen Anteil hat die geplante Aufnahme biometrischer Daten in Visa
an der Kostensteigerung?

12. Plant die Bundesregierung eine bundeseinheitliche Regelung zur Bonitäts-
prüfung bei einladenden Personen, die die zuständigen Behörden zu einer
verhältnismäßigen Praxis verpflichtet, d. h., die insbesondere dem Zweck
der jeweiligen Reise Rechnung trägt (wichtige familiäre Belange usw.) und
die es ermöglicht, dass auch Kindergeldzahlungen, finanzielle Rücklagen
der Familien und gegebenenfalls auch Zusagen weiterer Personen berück-
sichtigt werden, und wenn nein, warum nicht?

13. Unternimmt oder plant die Bundesregierung Maßnahmen für ein trans-
parenteres, berechenbares Visumverfahren, wie von der vormaligen Beauf-
tragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration ge-
fordert (vgl. Bundestagsdrucksache 15/5826, S. 202 ff.), insbesondere durch

a) Offenlegung der verwaltungsinternen Entscheidungs- und Zustim-
mungsabläufe (welche beteiligte Behörde lehnt aus welchem Grund

ab?),

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/4521

b) die Verankerung eines Beschleunigungsgebotes, so dass insbesondere im
Ehegatten- und Familienzusammenführungsverfahren eine Entschei-
dung im Regelfall z. B. innerhalb von längstens drei Monaten vorliegen
muss,

c) ein Einsichtsrecht von Betroffenen und Anwältinnen und Anwälten in
die so genannte Kölner Liste (Auflistung notwendiger Dokumente zur
Eheschließung durch das Kölner Oberlandesgericht; vgl. Bundestags-
drucksache 15/5825, S. 205),

und wenn nein, warum nicht?

14. a) In wie vielen Fällen kommt es trotz eines erteilten Visums bei der Ein-
reise nach Deutschland auf welcher Rechtsgrundlage und mit welchen
Begründungen zur Einreiseverweigerung bzw. Zurückschiebung (bitte in
absoluten und relativen Zahlen, nach Herkunftsland und nach Visumart
und Einreiseverweigerungs- bzw. Zurückweisungsgrund differenzieren,
seit 1990)?

b) Welche Prüfungen werden nach welchen Kriterien und auf welcher
Rechtsgrundlage bei einer Einreise nach Deutschland bei Personen, die
im Besitz eines gültigen Visums sind, vorgenommen?

c) Welche Beschwerde-, Widerspruchs- und Rechtsschutzmöglichkeiten
stehen den Betroffenen in solchen Fällen einer Einreiseverweigerung
trotz Visums zur Verfügung?

d) Wie fallen die Antworten zu den Fragen 14a bis 14c bezogen auf die
Europäische Union aus?

15. a) In wie vielen Fällen kommt es bei Einreisen von Staatsangehörigen aus
so genannten visumfreien Ländern nach Deutschland auf welcher
Rechtsgrundlage und mit welchen Begründungen zur Einreiseverweige-
rung bzw. Zurückschiebung (bitte in absoluten und relativen Zahlen,
nach Herkunftsland und nach Visumart und Einreiseverweigerungs- bzw.
Zurückweisungsgrund differenzieren, seit 1990)?

b) Welche Prüfungen werden nach welchen Kriterien und auf welcher
Rechtsgrundlage bei einer Einreise nach Deutschland vorgenommen bei
Personen, die kein Visum benötigen, und wird die Rückkehrbereitschaft
der Betroffenen nach vergleichbaren Kriterien wie im Visumverfahren
generell bzw. in Einzelfällen an der Grenze überprüft?

c) Welche Beschwerde-, Widerspruchs- bzw. Rechtsschutzmöglichkeiten
stehen den Betroffenen in solchen Fällen einer Einreiseverweigerung
trotz Visumfreiheit zur Verfügung?

d) Wie fallen die Antworten zu den Fragen 15a bis 15c bezogen auf die
Europäische Union aus?

16. a) Wie steht die Bundesregierung zum Vorschlag der Europäischen Kom-
mission (KOM (2006) 84 endg.), Bolivien neu auf die Liste der visum-
pflichtigen Länder zu setzen?

b) Aus welchen Gründen kommt es zu den von der Europäischen Kommis-
sion zur Begründung genannten verstärkten Zurückweisungen boliviani-
scher Staatsangehöriger an den Außengrenzen der EU bzw. zu zuneh-
menden Ausweisungen?

Wie ist die zahlenmäßige Entwicklung genau (Zahl der Einreisen/Zu-
rückweisungen/Ausweisungen in den letzten 10 Jahren)?

c) Wie sind die genauen Zahlen zu den von der Europäischen Kommission

zur Begründung genannten Kriminalitätsdelikten und Straftaten im Zu-
sammenhang mit der illegalen Einwanderung von Bolivianerinnen und

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Bolivianern, und was wird den Betroffenen schwerpunktmäßig vorge-
worfen?

d) Wieso sollen alle Bolivianerinnen und Bolivianer der Visumpflicht un-
terfallen, weil andere lateinamerikanische Staatsangehörige sich im Ein-
zelfall falscher bolivianischer Pässe bedienen, um die Visumpflicht zu
umgehen?

Welche konkreten Zahlen liegen hierzu vor?

Welche Pässe anderer visumfreier Länder werden gefälscht, und müssen
deren Staatsangehörige ebenfalls mit der Einführung einer allgemeinen
Visumpflicht rechnen?

17. a) Wie steht die Bundesregierung zum Entwurf eines Vorschlags der Euro-
päischen Kommission für eine Verordnung über einen Visakodex der Ge-
meinschaft (KOM (2006) 403 endg./2) und konkret zu den dort enthalte-
nen Vorschlägen kürzerer und verbindlicher Bearbeitungsfristen, einer
Begründungspflicht bei Ablehnungen und Ausnahmen von der Ver-
pflichtung einer persönlichen Vorsprache?

b) Wird sich die Bundesregierung – auch im Rahmen ihrer EU-Ratspräsi-
dentschaft – bei der Entwicklung eines gemeinsamen Visakodex für eine
Lockerung der Visabestimmungen einsetzen, insbesondere in Hinblick
auf die in der Praxis oft als willkürlich und restriktiv erlebte Prüfung der
Rückkehrbereitschaft, des Migrationsrisikos usw.?

Wenn nein, warum nicht?

c) Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Prüfung der
Rückkehrbereitschaft entfällt, wenn eine Verpflichtungserklärung und
Kostenübernahme einer einladenden Person bzw. von Verwandten vor-
liegt?

Wenn nein, warum nicht?

d) Hält die Bundesregierung das von der Europäischen Kommission vorge-
schlagene Formblatt (a. a. O., S. 96 f.) und die dort vorgesehene Mög-
lichkeit des Ankreuzens vorgegebener allgemeiner Begründungen für
geeignet, um dem Erfordernis einer einzelfallbezogenen und nachvoll-
ziehbaren Begründung der Visumablehnung zu entsprechen (bitte be-
gründen)?

e) Wie wird etwa anhand des im Formblatt verwandten Satzes „Ihre Ab-
sicht, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, konnte nicht festgestellt wer-
den“ für die Betroffenen ersichtlich, aus welchen Gründen im Einzelfall
eine fehlende Rückkehrbereitschaft unterstellt wird?

f) Hält die Bundesregierung die im Formblatt vorgegebene Begründung,
„ein oder mehrere Mitgliedstaaten sind der Auffassung, dass Sie eine
Gefahr für die öffentliche Ordnung und die öffentliche Sicherheit, die
innere Sicherheit oder die internationalen Beziehungen … darstellen“,
für ausreichend, um eine Ablehnung für die Betroffenen nachvollziehbar
zu machen, und welche Kriterien sollen bei der Konkretisierung und
Anwendung der zahlreichen unbestimmten Begriffe in diesem Zusam-
menhang zur Anwendung kommen?

Berlin, den 1. März 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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