BT-Drucksache 16/4365

Europäischer Informationsverbund für Polizei- und Sicherheitsbehörden

Vom 21. Februar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4365
16. Wahlperiode 21. 02. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen und
der Fraktion DIE LINKE.

Europäischer Informationsverbund für Polizei- und Sicherheitsbehörden

In der Debatte im Innenausschuss des Deutschen Bundestages vom 31. Januar
2007 um den Antrag des Abgeordneten Jan Korte und der Fraktion DIE LINKE.
„Zugriff von Geheimdiensten auf das Schengener Informationssystem der
zweiten Generation verhindern“ (Bundestagsdrucksache 16/3619) erklärte die
Bundesregierung, dass eine Öffnung des SIS für Geheim- und Nachrichten-
dienste „im Europäischen Parlament allerdings nicht mehrheitsfähig gewesen
sei. Im Interesse eines zügigen Inkrafttretens des SIS II sei das Anliegen dann
nicht weiter [durch die Bundesregierung, Anm. d. Verf.] verfolgt worden.“

Hintergrund für das Vorhaben der Bundesregierung zur Öffnung des SIS II für
Geheim- und Nachrichtendienste sei die Tatsache – so die Bundesregierung
weiter – dass „die Nachrichtendienste etlicher Mitgliedstaaten aufgrund inner-
staatlicher Regelungen Zugriff auf die Daten des SIS hätten und auch Zugriff
auf die Daten des SIS II und des VIS erhalten würden“.

In der „Europapolitischen Vorausschau 2007 für den Innenausschuss“, die nach
der benannten Innenausschusssitzung verteilt wurde, wird erneut auf das deut-
sche Präsidentschaftsprogramm „Europa gelingt gemeinsam“ Bezug genom-
men. Die Vorausschau legt dar, dass „die deutsche Ratspräsidentschaft, unter
Verweis auf die Mitteilung der Kommission über die ‚Verbesserung der Effi-
zienz der europäischen Datenbanken im Bereich Justiz und Inneres und die
Steigerung ihrer Interoperabilität sowie der Synergien zwischen ihnen‘ von
2005, die Schaffung eines Europäischen Informationsverbundes fordert, der
sicherstellen soll, dass Polizei- und Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten
einen optimalen Zugang zu den bereits bestehenden bzw. im Aufbau befind-
lichen EU-Informationssystemen SIS, VIS, ZIS und EURODAC erhalten“.

Die oben zitierten Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs Peter
Altmaier (CDU) in der Innenausschusssitzung vom 31. Januar 2007 lassen nun
aber die sonst von ihm gewohnte Klarheit, vor allem im Hinblick auf die dar-
gelegten Vorhaben der Bundesregierung im Programm der deutschen Ratspräsi-
dentschaft und der Europapolitischen Vorausschau, vermissen.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie ist der Beschluss des europäischen Parlaments zu verstehen, dass Ge-
heim- und Nachrichtendienste keinen Zugang zum SIS II haben sollen, in
„etlichen“ Mitgliedstaaten dies aber nicht nur möglich, sondern offensicht-
lich auch gängige Praxis ist?

Drucksache 16/4365 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Hält die Bundesregierung an ihrem im Programm für die deutsche Rats-
präsidentschaft postulierten Vorhaben fest, den Europäischen Informations-
verbund auch für Geheim- und Nachrichtendienste zu öffnen?

3. Wenn ja, wie sind vor diesem Hintergrund die Äußerungen des Parlamenta-
rischen Staatssekretärs Peter Altmaier im Innenausschuss zu bewerten?

4. Wenn nein, erfolgt eine offizielle Stellungnahme der Bundesregierung in
Bezug auf den Zugriff von Geheim- und Nachrichtendiensten auf den Euro-
päischen Informationsverbund, die feststellt, dass die Bundesregierung von
diesem wichtigen Punkt des Ratspräsidentschaftsprogramms abrückt und sie
das Vorhaben nicht weiter verfolgen wird?

5. In welchen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben welche nationa-
len Geheim- und Nachrichtendienste über „innerstaatliche Regelungen“ in
welchem Umfang und seit welchem Zeitpunkt direkten Zugriff auf den
Europäischen Informationsverbund (bitte einzeln auflisten)?

6. Wird die Bundesregierung im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft die Ein-
führung eines Rahmenbeschlusses zum Datenschutz für die so genannte
Dritte Säule einführen und zu einem Kernbestandteil ihrer Politik im Be-
reich der Justiz- und Innenpolitik machen?

7. Wird die Bundesregierung innerstaatliche Regelungen schaffen, die den
deutschen Geheim- und Nachrichtendiensten den Zugriff auf den Euro-
päischen Informationsverbund ermöglicht?

8. Existieren bereits innerstaatliche Regelungen in der Bundesrepublik
Deutschland, die den deutschen Geheim- und Nachrichtendiensten den Zu-
griff auf die einzelnen Datenbanken des Europäischen Informationsverbun-
des ermöglichen?

Wenn ja, seit wann auf welche, und in welchem Umfang (bitte einzeln auf-
listen)?

Berlin, den 19. Februar 2007

Dr. Gregor Gysi. Oskar Lafontaine und Fraktion

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