BT-Drucksache 16/4330

Entwicklung der Einbürgerungszahlen

Vom 15. Februar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4330
16. Wahlperiode 15. 02. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Ulla Jelpke und der Fraktion DIE LINKE.

Entwicklung der Einbürgerungszahlen

Auf der Innenministerkonferenz (IMK) vom 17. November 2006 haben die
Innenminister der Länder und der Bundesminister des Innern hinsichtlich der
Bedingungen für die Einbürgerung von Migrantinnen und Migranten erhebliche
Verschärfungen beschlossen. Eine Verschärfung der Einbürgerungskriterien
wiegt umso schwerer, da das seit dem 1. Januar 2000 geltende neue Staats-
bürgerschaftsrecht die avisierten deutlichen Verbesserungen im Rahmen der Re-
form des Staatsbürgerschaftsrechts nicht erfüllt. Mit dieser Reform waren die
Hoffnungen einer Vielzahl von Menschen auf eine erleichterte Einbürgerung
verbunden, die jedoch im Zuge der Unterschriftenkampagne der hessischen
CDU gegen den sog. Doppelpass 1998/99 getrübt wurden.

Nun werden bundeseinheitliche Standards eingeführt, die Einbürgerungen zu-
sätzlich erschweren. Betroffen sind vor allem jene, die in einzelnen Regionen
bisher unter liberaleren Bedingungen als im Bundesdurchschnitt den deutschen
Pass erhalten konnten. Die Einbürgerungsverfahren der einzelnen Bundesländer
unterscheiden sich aufgrund der geltenden Rechtslage zum Teil erheblich. Der
unterschiedliche Umgang in den Bundesländern lässt sich insbesondere an den
absoluten Zahlen wie auch in Bezug auf die Einbürgerungsquote (Anteil der
Einbürgerungen an der ausländischen Gesamtbevölkerung) erkennen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Personen sind in den Jahren 1995, 1996, 1997, 1998, 1999 diffe-
renziert nach

a) der Staatsangehörigkeit,
b) dem Alter,
c) dem Geschlecht,
d) der Rechtsgrundlage der Einbürgerung,
e) der Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet nach Jahren,
f) dem Bundesland

eingebürgert worden?

2. Wie viele Personen sind in den Jahren 2000, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005,
2006 differenziert nach
a) der Staatsangehörigkeit,
b) dem Alter,
c) dem Geschlecht,
d) der Rechtsgrundlage der Einbürgerung,
e) der Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet nach Jahren,
f) dem Bundesland

eingebürgert worden?

Drucksache 16/4330 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Bei wie vielen Personen ist seit Inkrafttreten des neuen Staatsagehörigkeits-
gesetzes am 1. Januar 2000 die Einbürgerung unter Hinnahme des Fortbe-
standes der bisherigen Staatsangehörigkeit (Mehrstaatigkeit) erfolgt, und
um welche Staatsangehörigkeiten handelt es sich (bitte absolut und prozen-
tual getrennt nach Jahren und Bundesländern auflisten)?

4. Bei welchen Staaten wird auf das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatig-
keit verzichtet, weil die Entlassung regelmäßig verweigert und der oder die
ausländische Staatsangehörige der zuständigen Behörde einen Entlassungs-
antrag zur Weiterleitung an den ausländischen Staat übergeben hat?

5. Für welche Staatsangehörigen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union
besteht Gegenseitigkeit bezüglich der Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei
der Einbürgerung?

6. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, wie viele Ein-
bürgerungsanträge 2006 nach dem Einbürgerungsgespräch im Rahmen des
Leitfadens in Baden-Württemberg abgelehnt wurden (bitte entsprechend
der Monate in Prozent und absoluten Zahlen angeben)?

7. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der auf der
182. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der
Länder vom 17. November 2006 angeregte Gesetzesvorschlag zur Um-
setzung von bundeseinheitlichen Einbürgerungsstandards durch seine be-
trächtlichen Verschärfungen der Einbürgerungsvoraussetzungen zu einer
weiteren Senkung der Einbürgerungszahlen führen wird, und inwieweit ist
genau das das Ziel einer diesbezüglichen Änderung des Staatsangehörig-
keitsgesetzes?

8. Auf welcher Datengrundlage beruht die Aussage der Staatsministerin beim
Bundeskanzleramt und Beauftragten der Bundesregierung für Migration,
Flüchtlinge und Integration, Prof. Dr. Maria Böhmer, vom 11. Januar 2007,
wonach die große Mehrheit derjenigen, die aufgrund der Reform des Staats-
angehörigkeitsrechts ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben,
inzwischen wieder einen gesicherten Status für ihren Aufenthalt in Deutsch-
land hätten (Presseerklärung vom 11. Januar 2007)?

9. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele Personen als
ehemalige Deutsche gemäß § 38 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) einen
Aufenthaltstitel erhalten haben, der eine zeitnahe erneute Einbürgerung
ermöglicht, sofern die sonstigen Einbürgerungsvoraussetzungen (z. B. aus-
reichende deutsche Sprachkenntnisse, keine erheblichen Straftaten und
erneute Aufgabe der anderen Staatsangehörigkeit) vorliegen (bitte entspre-
chend ausländischer Staatsangehörigkeit, Aufenthaltstitel und Geschlecht
nach Bundesländern auflisten)?

10. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele Personen
mit einem Aufenthaltstitel nach § 38 AufenthG eine erneute Einbürgerung
beantragt bzw. erlangt haben (bitte entsprechend ausländischer Staatsange-
hörigkeit und Geschlecht nach Bundesländern auflisten)?

11. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, inwiefern sich die
Praxis in den Bundesländern bezogen auf die in Frage 9 erfragten ehema-
ligen Deutschen, die aufgrund des Wiedererwerbs einer ausländischen
Staatsangehörigkeit ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, im
Umgang mit den sonstigen Einbürgerungsvoraussetzungen (z. B. Sicherung
des Lebensunterhalts) beispielsweise durch die Festlegung einer Frist,
innerhalb derer die Ausländerbehörde auf einige Vorprüfungen (etwa Sprach-
kompetenz und Lebensunterhalt) verzichten, unterscheidet?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4330

12. Inwieweit gibt es seitens der Bundesregierung Überlegungen, ggf. das deut-
sche Staatsangehörigkeitsrechts dem „Europäischen Übereinkommen über
die Staatsangehörigkeit“ durch eine Novellierung anzupassen bzw. das
„Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit“ zu zeichnen?

Berlin, den 13. Februar 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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