BT-Drucksache 16/4157

Statt Nullrunde - BAföG angleichen

Vom 31. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4157
16. Wahlperiode 31. 01. 2007

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider (Saarbrücken),
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Statt Nullrunde – BAföG angleichen

Der Bundestag wolle beschließen

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Noch nie seit der Wiedervereinigung wurde die Erhöhung der Bedarfssätze und
Freibeträge des BAföG über so viele Jahre ausgesetzt, wie es zurzeit der Fall ist.
Um das BAföG zumindest in seiner jetzigen Form zu erhalten und dem bil-
dungspolitischen Anspruch einer Erhöhung der Studierendenquote und einer
Verringerung der sozialen Ungleichheit an den Hochschulen entgegenzuwirken,
darf eine Anpassung deshalb nicht noch länger verschleppt werden.

In weiteren Schritten muss das BAföG hin zu einer elternunabhängigen sozialen
Grundsicherung mit Vollzuschuss ausgebaut werden, um allen Studieninteres-
sierten, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, Zugang zur Hochschule zu ge-
währen und ihnen eine eigenständige und selbstbestimmte Gestaltung des Stu-
diums zu ermöglichen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den siebzehnten Bericht zum BAföG zum Anlass zu nehmen, eine sofortige
Erhöhung der Freibeträge und Bedarfssätze um mindestens 10 Prozent zu be-
schließen;

2. die Leistungen des Auslands-BAföG auszuweiten, indem die Zuschläge bei
Auslandsaufenthalten erhöht werden. Sowohl diese Zuschläge als auch Stu-
diengebühren, die an ausländischen Hochschulen erhoben werden, müssen
als Vollzuschuss gezahlt werden;

3. den Förderanspruch nicht mehr an der Regelstudienzeit, sondern an der
durchschnittlichen Studiendauer zu orientieren und Regelungen zu treffen,
damit Studierenden mit der Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und
Master keine Nachteile beim BAföG entstehen;

4. im BAföG einen finanziellen Ausgleich für Studierende mit Kind vorzuneh-
men, die durch das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Elterngeld schlechter
gestellt werden;
5. den Auftrag an die Kreditanstalt für Wiederaufbau zum Angebot von Stu-
dienkrediten zurückzunehmen.

Berlin, den 30. Januar 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/4157 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

Die Forderung nach einer kurzfristigen Novelle des BAföG und einer sofortigen
Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge ergibt sich aus der desolaten Lage,
in der sich das BAföG aktuell befindet. Die letzte Anpassung erfolgte im Rah-
men der BAföG-Novelle im Jahre 2001. Wie der siebzehnte Bericht zum BAföG
belegt, ist die Zahl der Geförderten aus diesem Grund im Jahre 2005 nur noch
geringfügig angestiegen; die Gefördertenquote ist sogar leicht gesunken. Diese
Entwicklung muss gestoppt werden.

Zu den Forderungen im Einzelnen:

1. Aufgrund der inzwischen über mehrere Jahre verschleppten Anpassung der
Bedarfssätze und Freibeträge beim BAföG kann eine weitere Verschleppung
nicht mehr länger hingenommen werden. Um in diesem Jahr zumindest wie-
der das Förderniveau des Jahres 2002 und damit den Stand nach der letzen
Anpassung zu erreichen, müssten nach den Berechnungen des Beirats für
Ausbildungsförderung die Freibeträge insgesamt um rund 8,7 Prozent und
die Bedarfssätze um rund 10,3 Prozent erhöht werden.

2. Die Evaluierung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) der Auslandsförderung nach dem BAföG hat aufgezeigt, dass die
Auslandsmobilität von Studierenden, Auszubildenden und Schülerinnen und
Schülern mit der sozialen Herkunft korreliert: Je höher die soziale Herkunft,
desto höher ist der Anteil derjenigen, die zeitweise im Ausland studiert
haben. Neben strukturellen Erleichterungen, die BAföG-Empfängerinnen
und - Empfängern die Durchführung eines Auslandsaufenthaltes vereinfa-
chen, sind deshalb auch materielle Verbesserungen erforderlich.

3. Durch die Unterfinanzierung der Hochschulen und der daraus folgenden Eng-
pässen bei Lehrveranstaltungen und Prüfungsterminen haben immer weniger
Studierende die Möglichkeit, ihr Studium in der Regelstudienzeit zu beenden.
Weitere Schwierigkeiten ergeben sich für Studierende, die von Magister-
oder Diplomstudiengängen in die neuen Bachelor- oder Masterstudiengänge
wechseln: Dies zählt vielfach als Fachrichtungswechsel, womit in höheren
Semestern der Anspruch auf BAföG verloren geht. Hier müssen kurzfristige
Anpassungen vorgenommen werden, um den Betroffenen weiterhin einen
Anspruch auf BAföG zu sichern.

4. Mit dem am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Elterngeld werden studie-
rende Väter und Mütter schlechter gestellt: Statt eines Erziehungsgeldes in
Höhe von 300 Euro monatlich für 24 Monate (Regelbezug), bzw. 450 Euro
monatlich für zwölf Monate (Budgetvariante), erhalten sie künftig nur noch
zwölf bzw. 14 Monate lang 300 Euro Mindestelterngeld. Darauf sollte im
BAföG reagiert und ein Ausgleich gefunden werden.

5. Seit dem 1. April 2006 bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Auftrag
der Bundesregierung einen so genannten Studienkredit an. Das ist bildungs-
politisch ein falsches Zeichen. Die Bundesregierung hat es den Ländern da-
mit vereinfacht, allgemeine Studiengebühren einzuführen. Sie selbst zieht
sich unter Verweis auf die KfW-Studienkredite aus ihrer Verantwortung für
den Ausbau des BAföG zurück. Zu Recht hat auch der Beirat für Ausbil-
dungsförderung darauf hingewiesen, dass die KfW-Studienkredite „in vielen
Fällen zu einer nicht tragbaren Darlehensbelastung führen“ und dass „Perso-
nen aus einkommensschwächeren Haushalten auf diese Weise davon abge-
halten werden, ein Studium aufzunehmen.“

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