BT-Drucksache 16/4125

Verwendung von Bundesmitteln für die Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik und Einsatz der Bundeswehr

Vom 19. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4125
16. Wahlperiode 19. 01. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Monika Knoche, Wolfgang Gehrcke,
Heike Hänsel, Inge Höger, Paul Schäfer (Köln), Alexander Ulrich
und der Fraktion DIE LINKE.

Verwendung von Bundesmitteln für die Münchner Konferenz
für Sicherheitspolitik und Einsatz der Bundeswehr

Vom 9. bis 11. Februar 2007 findet in München die 43. „Münchner Konferenz
für Sicherheitspolitik“ statt, meist als „NATO-Konferenz“ bezeichnet. Als Ver-
anstalter der Tagung mit ca. 300 internationalen Teilnehmern und Gästen aus
Politik, Wirtschaft und Militär tritt der ehemalige Kanzleramtsberater Horst
Teltschik auf.

Die Konferenz versammelt internationale Politiker und Vertreter der Rüstungs-
industrie. Auf der Agenda der Konferenz stehen aktuelle und künftige Kriege
bzw. Konfliktszenarien. Vertreten sind auch Repräsentanten von Staaten, die
völkerrechtswidrige Kriege führen. 1999 wurde über den NATO-Angriff auf
Jugoslawien gesprochen, 2002 wurde der „Krieg gegen den Terror“ abge-
stimmt und 2003 der Angriff auf den Irak besprochen. Die heutige Bundes-
kanzlerin zitierte im Jahre 2004, damals noch als Oppositionsführerin, mit
Blick auf die „Perspektiven, die wir heute ja beraten“, die frühere US-
Außenministerin Madeleine Albright: „Die zentrale außenpolitische Ziel-
setzung lautet, Politik und Handeln anderer Nationen so zu beeinflussen, dass
damit den Interessen und Werten der eigenen Nation gedient ist. Die zur Ver-
fügung stehenden Mittel reichen von freundlichen Worten bis zu Marschflug-
körpern.“ Die heutige Bundeskanzlerin führte weiter aus, dass diese Sicht
„nicht nur für die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik Gültigkeit
haben muss, sondern auch Maßstab einer europäischen Außen- und Sicher-
heitspolitik sein“ müsse (http://www.securityconference.de/konferenzen/rede.
php?id=122&menu_kon-ferenzen=&menu_2006=&sprache=de&).

Im Jahr 2005 forderte die heutige Bundeskanzlerin den Inlandseinsatz der
Bundeswehr: „Internationale Einsätze unter Beteiligung Deutschlands und
Heimatschutz sowie Einsatz der Bundeswehr im Innern sind deshalb zwei
Seiten ein und derselben Medaille“ (http://www.securityconference.de/konfe-
renzen/rede.php?id=145&menu_2006=&menu_konferenzen=&sprache=de&).

Für diese Konferenz stellt die Bundesregierung Steuergelder bereit. Die Bun-

desregierung beantwortete am 21. Dezember 2006 eine Frage der Abgeordneten
Sevim Dagd˘elen mit der Angabe, die Konferenz werde aus Mitteln des Bundes-
ministeriums der Verteidigung mit einer Summe von 323 000 Euro unterstützt.
Außerdem wird die Bundeswehr eingesetzt, die das Hausrecht im Konferenz-
bereich des Tagungshotels ausübt (Bundestagsdrucksache 16/4000).

Nach Angaben des antimilitaristischen Bündnisses „NO NATO“ ist für die
Öffentlichkeitsarbeit der Konferenz der Oberstleutnant der Bundeswehr K. T.

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zuständig (http://www1.autistici.org/g8/deu/siko/auf-nach-muenchen-hinter-
gruende-zur-sicherheitskonferenz/).

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Einsatz von Bundeswehr und Bundespolizei

1. Wie viele Bundeswehrsoldaten werden in diesem Jahr zur Ausübung des
Hausrechts im Tagungshotel eingesetzt?

a) Welche Befugnisse haben die Soldaten genau?

b) Gehört zu diesen Befugnissen auch, Personen unter Anwendung von kör-
perlichem Zwang aus dem Tagungshotel zu entfernen, festzuhalten und/
oder der Polizei zuzuführen, und wenn ja, nach welchen Maßgaben und
auf wessen Anordnung?

c) Über welche Bewaffnung verfügen die Soldaten?

d) Welche Rechtsgrundlage liegt diesem Einsatz zu Grunde?

2. Werden weitere Bundeswehrsoldaten oder Dienststellen der Bundeswehr mit
Aufgaben im Zusammenhang mit der Sicherheitskonferenz betraut oder in
Bereitschaft gehalten (bitte ggf. nach Zahl der Soldaten, Verwendungszweck,
genauem Einsatzort, -dauer und Rechtsgrundlage aufgliedern)?

3. Welche Waffen führen diese Soldaten mit sich?

4. Wer hat den Einsatz der Bundeswehr im jeweiligen Fall angefordert, und wel-
che Überlegungen haben auf Seiten der Bundesregierung dazu geführt, dem
Ersuchen stattzugeben?

Ist geprüft worden, ob der Einsatz der Bundeswehr unvermeidbar ist und ob
die entsprechenden Aufgaben nicht von der bayerischen Polizei oder anderen
Behörden bzw. Organisationen übernommen werden könnten?

5. Welche Kosten fallen im Zusammenhang mit dem Einsatz der Bundeswehr
an, und wer kommt für diese auf?

Sind diese Kosten bereits in der Summe von 323 000 Euro enthalten?

6. Wie viele Bundeswehrsoldaten waren in den Jahren seit 1998 im Zusammen-
hang mit der Konferenz eingesetzt?

a) Mit welchen Aufgaben waren die Soldaten betraut?

b) Welche Kosten sind dabei entstanden, und waren diese in den vom Bund
übernommenen Anteilen bereits enthalten?

c) Haben Bundeswehrsoldaten jemals im Zusammenhang mit der Münch-
ner Sicherheitskonferenz unmittelbaren Zwang auf Konferenzbesucher
oder -gegner ausgeübt (ggf. bitte die Umstände schildern)?

7. Wie viele Mitarbeiter des Militärischen Abschirmdienstes werden im Zusam-
menhang mit der Konferenz mit welchen Aufgaben betraut, und wer kommt
für diese Kosten auf?

8. Trifft es zu, dass für die Öffentlichkeitsarbeit der Konferenz der Oberstleut-
nant der Bundeswehr K. T. zuständig ist oder früher zuständig war, und wenn
ja, steht dieser Oberstleutnant in einem aktiven Dienstverhältnis?

9. Werden im Rahmen der Sicherheitskonferenz auch Bundespolizisten
eingesetzt (ggf. bitte nach Zahl der Bundespolizisten, Verwendungszweck,
genauem Einsatzort, -dauer und Rechtsgrundlage aufgliedern)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4125

10. Welche Kosten fallen im Zusammenhang mit dem Einsatz der Bundespoli-
zei an, und wer kommt für diese auf?

Sind diese Kosten bereits in der Summe von 323 000 Euro enthalten?

11. Welche Waffen führen die Bundespolizisten mit sich?

12. Wie viele Bundespolizisten waren in den Jahren seit 1998 im Zusammen-
hang mit der Konferenz eingesetzt?

a) Mit welchen Aufgaben waren die Bundespolizisten betraut?

b) Welche Kosten sind dabei entstanden, und waren diese in den vom Bund
übernommenen Anteilen bereits enthalten?

c) Haben Bundespolizisten jemals im Zusammenhang mit der Münchner
Sicherheitskonferenz unmittelbaren Zwang auf Konferenzbesucher oder
-gegner ausgeübt (ggf. bitte die Umstände schildern)?

13. Werden neben Militär- und Polizeieinheiten auch weitere, zivile Organi-
sationen wie etwa das Technische Hilfswerk im Zusammenhang mit der
Konferenz eingesetzt, und wenn ja,

a) welche Kosten fallen hierbei an,

b) wer kommt für diese auf,

c) falls beim Bund Kosten anfallen: in welcher Höhe und sind diese bereits
in den 323 000 Euro enthalten?

14. Werden die Soldaten der Bundeswehr sowie die Polizei vor ihrem Einsatz
darauf hingewiesen, Straftäter der Polizei anzuzeigen und beispielsweise
Kriegsverbrecher, Folterer und andere Völkerrechtsverbrecher nach dem
Jedermannsrecht vorläufig festzuhalten, um so die Sicherheit der Welt-
bevölkerung zu erhöhen, und wenn ja, mit wie vielen Festnahmen rechnet
die Bundesregierung?

15. Wie viele ausländische Sicherheitskräfte werden im Zusammenhang mit der
Sicherheitskonferenz erwartet?

a) Welche Kosten fallen für diese an?

b) Wer übernimmt diese Kosten?

c) Falls die Bundesregierung diese Kosten ganz oder teilweise übernimmt:
Sind diese Kosten bereits im Budget von 323 000 Euro enthalten?

d) Welche Befugnisse haben die ausländischen Sicherheitskräfte und gehö-
ren hierzu auch Zwangsbefugnisse?

e) Wie viele Militärs bzw. Gendarmen gehören zu den ausländischen
Sicherheitskräften (bitte detailliert aufführen)?

f) Wie viele ausländische Geheimdienstmitarbeiter werden zur Sicherheits-
konferenz erwartet?

16. Wie viele Polizisten will das Land Bayern im Zusammenhang mit der
Konferenz einsetzen?

II. Kosten

17. Wie hoch waren die aus dem Bundeshaushalt bereitgestellten Mittel für die
Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik in den Jahren seit 1998 (bitte
pro Jahr angeben)?

18. Welche Kosten fielen bei Bund und Ländern für Sicherheitsmaßnahmen im

Zusammenhang mit der Konferenz in den Jahren seit 1998 an?

Drucksache 16/4125 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
19. Wie hoch ist der Bundesanteil an den Gesamtkosten der Konferenz in den
Jahren seit 1998 (bitte pro Jahr angeben)?

20. Für welche Einzelposten werden die aus dem Bundeshaushalt bereitgestell-
ten Mittel in Höhe von 323 000 Euro für die diesjährige Sicherheitskon-
ferenz veranschlagt (bitte detailliert darlegen)?

21. Welche Kosten fallen bei Bund und Ländern in diesem Jahr für die Absiche-
rung der Konferenz an, und ist der Bundesanteil bereits in den 323 000 Euro
enthalten?

22. Welche Kosten übernimmt das Land Bayern im Zusammenhang mit der
Sicherheitskonferenz?

23. Welche Kosten übernehmen Sponsoren (bitte detailliert darlegen)?

24. Wie begründet die Bundesregierung, für eine Privatveranstaltung wie die
Münchner Sicherheitskonferenz Hunderttausende von Euro auszugeben,
insbesondere vor dem Hintergrund, dass dort auch solchen Politikern ein
Forum geboten wird, die völkerrechtswidrige Kriege führen?

Berlin, den 19. Januar 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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