BT-Drucksache 16/387

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel Kultur)

Vom 18. Januar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/387
16. Wahlperiode 18. 01. 2006
Gesetzentwurf
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Jan Mücke, Jens Ackermann, Christian Ahrendt,
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Mechthild Dyckmans, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Elke Hoff, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Patrick
Meinhardt, Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Konrad Schily, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Guido Westerwelle, Martin Zeil,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel Kultur)

A. Problem

Der Schutz und die Förderung von Kultur sind im Grundgesetz (GG) nicht aus-
drücklich geregelt. Demgegenüber enthält das Europäische Verfassungsrecht
mit Artikel 151 des EG-Vertrages einen Kulturartikel. Auch in nahezu allen Lan-
desverfassungen sind der Schutz, die Pflege bzw. die Förderung von Kunst und
Kultur eine staatliche Aufgabe von Verfassungsrang. Im GG gibt es bereits
Staatszielbestimmungen, die die materiellen Bedingungen menschlicher Exis-
tenz abdecken: das Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 1 GG sowie den
Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere durch Artikel 20a GG.
Für die geistigen und ideellen Dimensionen menschlichen Daseins fehlt eine
entsprechende Bestimmung.

B. Lösung

Das Grundgesetz wird um den neuen Artikel 20b mit dem Wortlaut „Der Staat
schützt und fördert die Kultur.“ ergänzt.

C. Alternativen

Keine
D. Kosten

Die verfassungsrechtliche Zielbestimmung hat keine unmittelbare Kostenfolge.

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Uwe Barth
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Mechthild Dyckmans
Dr. Edmund Peter Geisen
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen
Dr. Christel Happach-Ka
Heinz-Peter Haustein
Elke Hoff
Dr. Heinrich L. Kolb
)
san

Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Michael Link (Heilbronn)
Patrick Meinhardt
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Konrad Schily
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Guido Westerwelle
Martin Zeil
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion
Drucksache 16/387 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel Kultur)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen. Artikel 79 Abs. 2 des Grund-
gesetzes ist eingehalten.

Artikel 1

Änderung des Grundgesetzes

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in
der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer
100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geän-
dert durch …, wird wie folgt geändert:

Nach Artikel 20a wird folgender Artikel 20b eingefügt:

„Artikel 20b
Der Staat schützt und fördert die Kultur.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 18. Januar 2006

Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Jan Mücke

Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin

dungen ein gewichtiges Argument, angesichts knapper wer-
dender Haushaltsmittel neben den Pflichtaufgaben zu be-
stehen. Wenngleich sich aus einem Staatsziel Kultur keine
unmittelbaren Ansprüche ableiten lassen, ist es doch vom
Gesetzgeber zu beachten und bei der Auslegung und Anwen-
dung von Gesetzen, insbesondere bei solchen mit Ermes-
sensspielräumen, zu berücksichtigen.

Mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 1 GG
und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der
Tiere in Artikel 20a enthält das Grundgesetz bereits einige

manifestiert sich ein ständiger Appell an den Staat, kulturelle
Erfordernisse zu berücksichtigen, ohne dass eine Verpflich-
tung zu ganz bestimmten Umsetzungsmaßnahmen besteht.
Der Begriff des „Staates“ bezieht sich in diesem Zusammen-
hang auf alle Träger öffentlicher Gewalt, sei es auf Bundes-,
auf Landes- oder auf kommunaler Ebene. Auf das Kompe-
tenzgefüge von Bund und Ländern ist die Ergänzung des
Grundgesetzes ohne Auswirkung. Die Kulturhoheit der Län-
der wird dadurch nicht berührt und es werden keine unge-
schriebenen Gesetzgebungs- oder Verwaltungskompetenzen
geschaffen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/387

Begründung

Die Kultur in allen ihren Erscheinungsformen bildet die
Grundlage für die geistigen und ideellen Dimensionen
menschlichen Daseins. Ohne den Schutz und die Förderung
des Staates ist es unmöglich, das kulturelle Angebot in
Deutschland in seiner ganzen, historisch gewachsenen Brei-
te und Vielfalt zu erhalten. Eine verlässliche staatliche
Finanzierung der Kultur bildet zugleich die Grundlage dafür,
dass sich die Zivilgesellschaft für eine zusätzliche Förderung
von Kunst und Kultur engagieren kann. In zunehmendem
Maße gerät die öffentliche Finanzierung der Kultur jedoch
unter Druck. Dies schlägt sich nicht zuletzt in zurückgehen-
den Kulturausgaben insbesondere der Länder und Kommu-
nen nieder. Wurden 2002 noch 8,3 Mrd. Euro für die Kultur
von staatlicher Seite ausgegeben, waren es 2004 nurmehr
8,0 Mrd. Euro.

Die Ergänzung des Grundgesetzes (GG) um das Staatsziel
Kultur ist ein wichtiges rechtliches und politisches Signal
dafür, welchen besonderen Stellenwert der Staat der Kultur
einräumt. Insbesondere auf kommunaler Ebene ist ein
Staatsziel Kultur bei Ermessens- und Abwägungsentschei-

Staatszielbestimmungen. Der Tierschutz wurde erst in der
14. Wahlperiode ergänzt.

Es ist nicht ersichtlich, warum mit der Umwelt die materiel-
len Grundlagen des menschlichen Daseins als Staatsziel
unter einem besondern Schutz stehen sollen, die Kultur als
ideelle Lebensgrundlage des Menschen jedoch nicht. Stärker
als je zuvor bildet die Kultur das zentrale Identifikations-
moment unserer Gesellschaft.

Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ des
Deutschen Bundestages hat sich daher in der 15. Wahlperio-
de einstimmig dafür ausgesprochen, die Kultur als Staatsziel
im Grundgesetz zu verankern. Im Zwischenbericht der En-
quete-Kommission (Bundestagsdrucksache 15/5560) sind
Diskussion und Argumente für und wider eine Grundge-
setzänderung dokumentiert.

Die Formulierung „Der Staat schützt und fördert die Kultur“
ist das Resultat der Auswertung der mündlichen und schrift-
lichen Stellungnahmen namhafter Staatsrechtslehrer. In ihr

Gesetzentwurf
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel Kultur)
Entwurf eines Gesetzes Änderung des Grundgesetzes (Staatsziel Kultur)
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