BT-Drucksache 16/3863

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/508, 16/3813- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen

Vom 13. Dezember 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3863
16. Wahlperiode 13. 12. 2006

Änderungsantrag
der Abgeordneten Lutz Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill, Dorothee
Menzner und der Fraktion DIE LINKE.

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/508, 16/3813 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm
in der Umgebung von Flugplätzen

Der Bundestag wolle beschließen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 3 wird wie folgt geändert:

aa) § 2 wird wie folgt geändert:

aaa) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Der Lärmschutzbereich eines Flugplatzes wird nach dem
Maße der Lärmbelastung in zwei Schutzzonen für den Tag und
eine Schutzzone für die Nacht gegliedert. Schutzzonen sind je-
weils diejenigen Gebiete, in denen der durch Fluglärm hervor-
gerufene Pegelwert Lden und Lnight sowie bei der Nacht-Schutz-
zone auch der fluglärmbedingte Maximalpegel LAmax die
nachfolgend genannten Werte übersteigt, wobei die Häufigkeit
aus dem Mittelwert über die verkehrsreichsten sechs Monate des
Prognosejahres bestimmt wird (Anlage zu § 3):

1. Für neue oder wesentlich baulich erweiterte zivile und mili-
tärische Flugplätze im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 4:

Tag-Schutzzone 1: Lden = 55 dB(A),

Tag-Schutzzone 2: Lden = 50 dB(A),

Nacht-Schutzzone: Lnight = 45 dB(A), LAmax = 6 mal 53 dB(A),

2. Für bestehende zivile und militärische Flugplätze im Sinne
des § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 4:

Tag-Schutzzone 1: Lden = 60 dB(A),
Tag-Schutzzone 2: Lden = 55 dB(A),

Nacht-Schutzzone: Lnight = 45 dB(A), LAmax = 6 mal 53 dB(A).

Neue oder wesentlich baulich erweiterte Flugplätze im Sinne
dieser Vorschrift sind Flugplätze, für die ab dem [einsetzen: Da-
tum des Tages, der auf die Verkündigung dieses Gesetzes folgt]
eine Genehmigung, eine Planfeststellung oder eine Plangeneh-

Drucksache 16/3863 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

migung nach den §§ 6 oder 8 des Luftverkehrsgesetzes für ihre
Anlegung, den Bau einer neuen Start- oder Landebahn oder eine
sonstige bauliche Erweiterung erteilt wird. Die sonstige bauliche
Erweiterung ist wesentlich, wenn sie zu einer Erhöhung des
Pegelwertes Lden an der Grenze der Tag-Schutzzone 1 oder des
Pegelwertes Lnight an der Grenze der Nacht-Schutzzone um min-
destens 2 dB(A) führt. Bestehende Flugplätze im Sinne dieser
Vorschrift sind Flugplätze, bei denen die Voraussetzungen der
Sätze 3 und 4 nicht erfüllt sind.“

bbb) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Die Bundesregierung wird spätestens im Jahre [einset-
zen: Jahresangabe des 5. Jahres, das auf die Verkündigung die-
ses Gesetzes folgt] und spätestens nach Ablauf von jeweils wei-
teren 5 Jahren die in Absatz 2 genannten Werte unter Berück-
sichtigung des Standes der Lärmwirkungsforschung überprüfen,
darüber dem Deutschen Bundestag Bericht erstatten und bei
neuen Erkenntnissen einen Gesetzentwurf zur Änderung der in
Absatz 2 genannten Grenzwerte vorlegen.“

b) Nummer 4 Buchstabe a wird wie folgt geändert:

aa) § 3 Abs. 1 (neu) wird wie folgt geändert:

aaa) In Satz 1 wird die Angabe „(1) Der äquivalente Dauerschall-
pegel LAeq Tag für die Tag-Schutzzonen 1 und 2 sowie der äqui-
valente Dauerschallpegel LAeq Nacht und“ durch die Angabe „(1)
Die Pegelwerte Lden und Lnight sowie“ ersetzt.

bbb) Nach Satz 1 werden die folgenden Sätze 2 und 3 angefügt:

„Hierbei wird die Fluglärmbelastung für die verschiedenen Be-
triebsrichtungen durch Berechnung bestimmt; maßgeblich ist
der höhere Wert. Unberücksichtigt bleiben Betriebssituationen,
die in weniger als 5 Prozent der Betriebszeit auftreten.“

c) Nummer 5 Buchstabe b wird wie folgt geändert:

In § 4 Abs. 5 werden die Sätze 2 bis 4 wie folgt gefasst:

„Eine Veränderung der Lärmbelastung ist insbesondere dann als wesent-
lich anzusehen, wenn sich die Höhe des Pegelwertes Lden an der Grenze
der Tag-Schutzzone 1 oder des Pegelwertes Lnight an der Grenze der
Nacht-Schutzzone um mindestens 2 dB(A) ändert. Die Neufestsetzung ist
für einen neuen oder wesentlich baulich erweiterten Flugplatz im Sinne
des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 auf der Grundlage der dort angegebenen
Werte vorzunehmen. Die Neufestsetzung ist für einen bestehenden Flug-
platz im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 auf der Grundlage der dort an-
gegebenen Werte vorzunehmen, solange kein Fall des Absatzes 4 Satz 2
vorliegt.“

d) Nummer 10 wird wie folgt geändert:

aa) Buchstabe c wird wie folgt geändert:

In Absatz 1 werden die Sätze 2 bis 4 (alt) durch die folgenden Sätze
ergänzt:

„Soweit für einen bestehenden Flugplatz im Sinne des § 2 Abs. 2
Satz 2 Nr. 2 der durch Fluglärm hervorgerufene äquivalente Dauer-
schallpegel den Wert von 65 dB(A) übersteigt, entsteht Anspruch mit
der Festsetzung des Lärmschutzbereiches. Soweit er den Wert von
60 dB(A) übersteigt und den Wert 65 dB(A) nicht übersteigt, entsteht

der Anspruch mit Beginn des dritten Jahres nach der Festsetzung des
Lärmschutzbereiches.“

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3863

bb) Buchstabe d wird wie folgt geändert:

aaa) In Absatz 2 (neu) werden in Satz 1 die Worte „bei einem zivi-
len Flugplatz im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2“ ge-
strichen, in Satz 2 die Angabe „60 dB(A)“ durch die Angabe
„50 dB(A)“ ersetzt, in Satz 3 die Angabe „59 dB(A)“ durch die
Angabe „45 dB(A)“, die Angabe „60 dB(A)“ durch die Angabe
„50 dB(A)“ und die Wörter „mit Beginn des fünften Jahres“
durch die Wörter „mit Beginn des dritten Jahres“ ersetzt und
die Sätze 4 und 6 (neu) gestrichen.

bbb) In Absatz 5 (neu) werden in Satz 2 die Angabe „65 dB(A)“
durch die Angabe „60 dB(A)“ ersetzt, in Satz 3 die Angabe
„64 dB(A)“ durch die Angabe „55 dB(A)“, die Angabe
„65 dB(A)“ durch die Angabe „60 dB(A)“ und die Wörter „mit
Beginn des fünften Jahres“ durch die Wörter „mit Beginn des
dritten Jahres“ ersetzt und die Sätze 4 und 5 gestrichen.

e) Nummer 14 wird wie folgt gefasst:

„Anlage zu § 3

Die Pegelwerte für die Tag-Schutzzonen 1 und 2 werden nach Gleichung
(1) und für die Nacht-Schutzzone nach Gleichung (2) ermittelt:

(1)

(2)

mit

lg – Logarithmus zur Basis 10

T – Beurteilungszeit T in s;

die Beurteilungszeit umfasst die sechs verkehrsreichsten
Monate (180 Tage) des Prognosejahres

– Summe über alle Flugbewegungen in den Teilzeiten Tag
(day) (6.00 bis 18.00 Uhr), Abend (evening) (18.00 bis
22.00 Uhr) bzw. Nacht (night) (22.00 bis 6.00 Uhr) wäh-
rend der Beurteilungszeit T

i – laufender Index des einzelnen Fluglärmereignisses

t10,i – Dauer des Geräusches des i-ten Fluglärmereignisses am
Immissionsort in s (Zeitdauer des Fluglärmereignisses,
während der der Schallpegel höchstens 10 dB(A) unter
dem höchsten Schallpegel liegt (10 dB-down-time))

LAmax,i – Maximalwert des Schalldruckpegels des i-ten Fluglärm-
ereignisses am Immissionsort in dB(A), ermittelt aus der
Geräuschemission des Luftfahrzeuges unter Berücksichti-

Lden 10 lg
1
24 ------ 12 * 10

Lday
10 - - ---------

4 * 10
Levening 5 +

10 - - - - - - - - - - - -------- - - - - - - - - - -
8 * 10

Lnight 10 +
10 - - - - - - - - - - ------- - - - - - - - - -

+ +
⎝ ⎠ ⎜ ⎟
⎛ ⎞

=

Lday 10 lg
1
T
---

t10,i 10
0,1 LAMax,i



i = 1

n

∑ =

Levening 10 lg
3
T
---

t10,i 10
0,1 LAMax,i



i = 1

n

∑ =

Lnight 10 lg
1,5
T

-------
t10,i 10

0,1 LAMax,i


i = 1

n

∑ =

i = 1

n


gung des Abstandes zur Flugbahn und der Schallausbrei-
tungsverhältnisse

Drucksache 16/3863 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zusätzlich wird auf der Grundlage der nach § 3 Abs. 2 erlassenen Rechts-
verordnung für die Nachtzeit (22 bis 6 Uhr) die Kontur gleicher Pegel-
häufigkeit für das Häufigkeits-Maximalpegelkriterium unter Berücksich-
tigung eines Pegelunterschiedes zwischen außen und innen von 15 dB(A)
ermittelt. Die Nacht-Schutzzone bestimmt sich als Umhüllende dieser
Kontur und der Kontur gleichen äquivalenten Dauerschallpegels während
der Beurteilungszeit T nachts.“

2. Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 § 8 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Satz 3 (neu) wird folgender Satz 4 eingefügt:

„Bei Überschreitung der jeweils anwendbaren Werte des § 2 Abs. 2
des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm sind Maßnahmen festzule-
gen, die zur Minderung des entstehenden Fluglärms, insbesondere
des nächtlichen Fluglärms, führen.“

bb) Satz 4 (neu) wird zu Satz 5 und wie folgt gefasst:

„Die Sätze 3 und 4 sind auf Genehmigungen nach § 6 entsprechend
anzuwenden.“

Berlin, den 12. Dezember 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a

Zu Doppelbuchstabe aa

Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass militärischer Fluglärm
weniger gravierende gesundheitliche Auswirkung auf die Anwohner von Flug-
plätzen hat als ziviler Fluglärm. Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung
vorgesehene Bevorzugung militärischer Flugplätze durch Grenzwerte und die
Nicht-Erstattung für Belüftungseinrichtungen ist somit weder sachgerecht noch
im Interesse des Schutzes der Anwohner vor Fluglärm. Für die Anwohner
macht es keinen Unterschied, ob sie beispielsweise wegen militärischen oder
zivilen Fluglärms nicht schlafen können.

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagenen Grenzwerte sind
allesamt deutlich zu hoch angesetzt und entsprechen nicht aktuellen Erkennt-
nissen der Lärmwirkungsforschung. In der Lärmwirkungsforschung ist es ent-
gegen der Aussagen in der so genannten Synopse von Greifahn, Jansen et al.
anerkannt, dass oberhalb eines Mittelungspegels von 55 dB(A) tags und
45 dB(A) nachts die Grenze zur erheblichen Belästigung überschritten wird, da
mehr als 25 Prozent der Betroffenen sich stark belästigt fühlen (Ortscheid, J.,
Wende, H. [Umweltbundesamt, Hrsg.] = Fluglärmwirkungen, Berlin, 2001).
Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen (Umweltgutachten 2002 – Für
eine neue Vorreiterrolle, Berlin 2002) legt die Grenze der zumutbaren Belas-
tung bei diesen Werten fest und die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht
sich dafür aus, dass mittelfristig oberhalb dieser Werte keine Belastungen auf-
treten sollten. Zudem würden sich bei Inkrafttreten des Gesetzentwurfs der

Bundesregierung an den meisten Flugplätzen die Lärmschutzzonen nicht oder
nur unwesentlich vergrößern. So würde nach Aussage des Sachverständigen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3863

Jühe in der Anhörung des Umweltausschusses vom 8. Mai 2006 die am stärks-
ten von Fluglärm betroffene Kommune Deutschlands, die Stadt Raunheim, we-
gen der gewählten Grenzwerte und der vorgeschlagenen Grenzwerte nicht in
der Lärmschutzzone 1 liegen (s. Protokoll 16/11, S. 4 f.).

Anspruchsvollere Grenzwerte im Fluglärmschutzgesetz haben keine direkten
Auswirkungen auf den Flugverkehr, da sie lediglich berechtigte Entschädi-
gungs- und Erstattungsansprüche für betroffene Anwohner und Bauverbote
nach sich ziehen.

Eine Differenzierung zwischen bestehenden Flugplätzen einerseits, sowie
neuen und wesentlich baulich zu erweiternden Flugplätzen ist grundsätzlich
sinnvoll, da bei letzteren von vornherein die höheren Anforderungen des Lärm-
schutzes besser berücksichtigt werden können.

Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 26. Mai 2006 zu vier Musterklagen zum
Ausbau des Flughafens Berlin-Brandenburg-International (BBI) wegen der be-
sonders schutzbedürftigen nächtlichen Kernzeit von 0:00 bis 5:00 Uhr in dieser
Zeit ein Nachtflugverbot angeordnet. Um dieser somit höchstrichterlich an-
erkannten, besonderen Bedeutung der Nachtruhe der Anwohner Rechnung zu
tragen ist auch bei bestehenden Flugplätzen der strengere Grenzwert beim
Pegelwert von 45 dB(A) für die Nacht-Schutzzone anzuwenden.

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Einführung eines zu-
sätzlichen Einzelschallkriteriums für die Berechnung der Nacht-Schutzzone ist
ebenfalls sinnvoll. Die darin vorgesehene Bestimmung von sechs zulässigen
Überschreitungen des Wertes von 53 dB(A) innen muss allerdings auch für
bestehende Flugplätze gelten. Die Schwelle für Aufwachreaktionen liegt nach
aktuellen Forschungsergebnissen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raum-
fahrt DLR bereits bei 33 dB(A) innen. Beim Flughafen Halle/Leipzig wurde
die Nacht-Schutzzone auf der Grundlage dieser Erkenntnisse so festgelegt, dass
maximal eine Aufwachreaktion durch nächtlichen Fluglärm erfolgen soll.
Durch die Kombination eines anspruchsvollen Grenzwertes für den Dauer-
schallpegel und sechs Überschreitungen eines Maximalpegels ist insgesamt ein
angemessener Anspruch der Betroffenen auf Lärmschutzmaßnahmen gewähr-
leistet.

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene zeitlich verzögerte
Anwendung eines um 3 dB(A) niedrigeren Grenzwertes bei neuen und wesent-
lich baulich erweiterten Flugplätzen für die Nacht-Schutzzonen erst ab dem
1. Januar 2011 ist weder im Interesse des Schutzes der Anwohner vor Fluglärm,
noch gibt es lärmschutzfachliche Gründe für diese Regelung. Die nach dem
aktuellen Stand der Lärmwirkungsforschung angemessenen Grenzwerte müs-
sen deshalb sofort angewendet werden, gerade um langfristig wirkenden Lärm-
belastungen wirksam entgegenzutreten.

Bei der Definition einer wesentlichen Erweiterung eines Flugplatzes sind die
Kriterien strenger zu fassen. Die vorgesehene Vergrößerung eines Lärmschutz-
bereiches um 25 Prozent oder die Erhöhung des äquivalenten Dauerschall-
pegels um 3 dB(A) würden jeweils erhebliche Verkehrszunahmen bedeuten, die
deutlich oberhalb der Signifikanzschwelle liegen. So entspricht eine Zunahme
um 3 dB(A) einer Verdopplung des Verkehrs.

Die Pegelwerte Lden und Lnight besitzen gegenüber den im Gesetzentwurf der
Bundesregierung enthaltenen äquivalenten Dauerschallpegeln Laeq (Tag und
Nacht) den Vorteil, dass sie den europäischen Vorgaben in der EU-Umgebungs-
richtlinie entsprechen. Da diese die Verwendung des Lden vorschreibt, werden
Doppelberechnungen entfallen und dadurch ein Beitrag zur Verwaltungsverein-
fachung erreicht. Zudem bilden Lden und Lnight die realen Belastungen der Be-

völkerung durch die Aufschläge bei Lärmbelastungen abends und nachts we-
sentlich besser ab. Beim Laeq hingegen werden die Lärmbelastungen nicht

Drucksache 16/3863 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

entsprechend der verschiedenen Tageszeiten gewichtet, eine Differenzierung
würde lediglich durch den strengeren Grenzwert nachts erfolgen.

Zu Doppelbuchstabe bb

Eine Frist von zehn Jahren bei der Überprüfung der Grenzwerte ist angesichts
des rasanten Fortschritts der wissenschaftlichen Lärmwirkungsforschung zu
lang. Deswegen sind fünf statt zehn Jahre angemessen. Zudem sollte die
Bundesregierung nicht nur dem Bundestag Bericht erstatten, sondern es müssen
vielmehr bei neuen Erkenntnissen auch umgehend die Grenzwerte entspre-
chend gesetzlich angepasst werden.

Zu Buchstabe b

Folgeänderung zu Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa, Änderung des
Lärmindizes Laeq zu Lden und Lnight.

Durch den neuen Satz 2 wird gewährleistet, dass die jeweils höhere Belastung
der verschiedenen Betriebsrichtungen berücksichtigt wird. Die realen Lärmbe-
lastungen können so besser abgebildet werden als mit der im Gesetzentwurf der
Bundesregierung gewählten Sigma-Regelung zur Berechnung eines Zuschlags
auf die über sechs Monate ermittelten realen Lärmbelastungen.

Durch diese Änderung wird vermieden, dass bei seltener genutzten Betriebs-
richtungen die Lärmschutzzonen durch die Nivellierung über sehs Monate hin-
weg zu gering ausfallen. Denn auch wenn Betriebsrichtungen nur an wenigen
Tagen im Monat genutzt werden, können die dann entstehenden Lärmbelastun-
gen erheblich sein, weswegen auch in diesen Fällen Entschädigungs- und Er-
stattungsansprüche nötig sind.

Durch den neuen Satz 3 wird verhindert, dass diese Regelung auch bei sehr sel-
ten genutzten Betriebsrichtungen, also unverhältnismäßig, Anwendung findet.

Zu Buchstabe c

Folgeänderung zu Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa, Anpassung der
Definition einer wesentlichen baulichen Erweiterung und redaktionelle Korrek-
tur.

Zu Buchstabe d Doppelbuchstaben aa und bb

Beseitigung der im Gesetzentwurf vorgesehenen Benachteiligung der Anwoh-
ner militärischer Flugplätze, da diese keinen Anspruch auf die Erstattung von
Aufwendungen für den Einbau von Belüftungseinrichtungen haben sollen. Es
gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür, dass militärischer Fluglärm
bei gleichen Dauerschallpegeln weniger gravierende gesundheitliche Auswir-
kung auf die Anwohnerinnen und Anwohner von Flugplätzen hat als ziviler
Fluglärm. Für die Anwohnerinnen und Anwohner von Flugplätzen ist es viel-
mehr unerheblich, ob beispielsweise ihre Nachtruhe durch militärischen oder
zivilen Fluglärm gestört wird.

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Streckung der Entschä-
digungen und Erstattungen über einen Zeitraum von bis zu 13 Jahren ist den be-
troffenen Anwohnern nicht zuzumuten, da diese z. T. bereits seit Jahrzehnten auf
diese Leistungen warten. Auch ist diese Regelung nicht praktikabel. Dass die
Zahlung dieser Leistungen teilweise in jährlichen 1 dB(A)-Schritten erfolgen
soll, zieht zudem einen erheblichen Aufwand bei der Erfassung der tatsächlich
Betroffenen nach sich. Um die Flughafengesellschaften nicht sofort mit dem
ganzen Aufwand und den gesamten finanziellen Aufwendungen für die zu zah-
lenden Leistungen zu überfordern, ist ein zweistufiges Vorgehen mit einem zeit-

lichen Abstand von zwei Jahren sowohl sachgerecht als auch praktikabel. Eine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3863

finanzielle Belastung der (zivilen) Flughäfen ist hierdurch nicht zu erwarten, da
die Flughäfen diese Kosten an die Passagiere und die gewerblichen Nutzer der
Flugplätze weiterreichen können.

Folgeänderungen zu Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifach-
buchstabe aaa, die dort geänderten Grenzwerte werden angeglichen.

Zu Buchstabe e

Folgeänderung zu Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuch-
stabe aaa: Änderung des Lärmindizes Laeq zu Lden und Lnight.

Folgeänderung zu Buchstabe b: Streichung der Sigma-Regelung, wurde durch
die Bestimmung unter Buchstabe b ersetzt.

Zu Nummer 2

Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm regelt lediglich die Festsetzung von
Lärmschutzbereichen, die zu Entschädigungs- und Erstattungsansprüchen füh-
ren können. Eine Verminderung des tatsächlich entstehenden Fluglärms, also
der Lärmemissionen, wird durch das Fluglärmschutzgesetz nicht erreicht. Die
im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Änderung von § 8 Abs. 1
LuftVG wird nicht zu einer Senkung des Fluglärms führen. Dieser kann viel-
mehr weiter ansteigen, wodurch lediglich ein größerer Betroffenenkreis
Anspruch auf Entschädigungs- und Erstattungszahlungen bekäme. Da sich die
Anwohner aber nicht ausschließlich bei geschlossenen Fenstern im Inneren
ihrer Häuser aufhalten, führt eine Zunahme des entstehenden Fluglärms unbe-
achtet möglicher Entschädigungszahlungen zu höheren Belastungen der An-
wohner. Selbst bei geschlossenen Fenstern sind bei erheblicher Lärmbelastung
mehrere nächtliche Aufwachreaktionen möglich.

Deshalb muss die Entstehung des Fluglärms an der Quelle durch aktive Lärm-
schutzmaßnahmen wie Nachtflugverbote oder -einschränkungen, Lärmkontin-
gente oder lärmabhängige Landeentgelte vermindert werden. Durch diesen
Änderungsantrag sollen diesbezügliche Auflagen bei Genehmigungsentschei-
dungen nach dem Luftverkehrsgesetz zukünftig auf eine klarere gesetzliche
Grundlage gestellt werden. Insbesondere dem Schutz der Nachtruhe der
Anwohner ist eindeutig Vorrang vor anderen Interessen einzuräumen. Dieser
Antrag berücksichtigt dabei die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts, das in seinem Urteil vom 26. Mai 2006 zum geplanten Ausbau
des Flughafens Berlin-Brandenburg-International in der nächtlichen Kernzeit
von 0:00 bis 5:00 Uhr ein absolutes Nachtflugverbot angeordnet und damit den
Interessen der Anwohner vor wirtschaftlichen Interessen Vorrang eingeräumt
hat. Dieser Antrag dient dazu, den Genehmigungsbehörden für solche Ent-
scheidungen eine eindeutigere rechtliche Grundlage zu geben.

Angesichts einer Vielzahl von bestehenden völligen oder teilweisen Nachtflug-
verboten (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion
DIE LINKE., Bundestagsdrucksache 16/2370) steht zudem außer Frage, dass
ein wirtschaftlicher Betrieb von Flughäfen durch teilweise oder völlige Nacht-
flugverbote nicht gefährdet ist.

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