BT-Drucksache 16/3787

Rechtmäßigkeit und Anwendung von Online-Durchsuchungen

Vom 6. Dezember 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3787
16. Wahlperiode 06. 12. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Kersten Naumann und der Fraktion
DIE LINKE.

Rechtmäßigkeit und Anwendung von Online-Durchsuchungen

Im „Programm zur Stärkung der Inneren Sicherheit“ (PSIS), das der Bundes-
minister des Innern am 10. Oktober 2006 vorlegte, wird die „technische Fähig-
keit, entfernte PC auf verfahrensrelevante Inhalte hin durchsuchen zu können,
ohne selbst am Standort des Geräts anwesend zu sein“ als wichtiger Baustein der
Fortentwicklung der kriminalistischen Sachaufklärung bezeichnet (vgl. PSIS,
Anlage 2b, Maßnahme 3).

Dieses Instrumentarium befindet sich nach Aussage des Bundesministeriums
des Innern in der Entwicklung. Dennoch ordnete ein Ermittlungsrichter beim
Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 21. Februar 2006 eine Online-Durch-
suchung zum Nachteil eines Beschuldigten an.

In einem Schreiben vom 31. März 2006 wendet sich der damalige Generalbun-
desanwalt an den Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke,
mit der Bitte, beim BKA die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen,
dass Anordnungen von Online-Durchsuchungen durchgeführt werden können.
In gleichem Schreiben wies der Generalbundesanwalt darauf hin, dass „dem
Vernehmen nach verschiedene deutsche Sicherheitsbehörden bereits seit gerau-
mer Zeit erfolgreich mit dem Instrument des heimlichen Abziehens von Daten
auf fremden Computern mittels spezieller Software“ arbeiten würden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Seit wann wenden deutsche Sicherheitsbehörden das Instrumentarium des
„heimlichen Abziehens von Daten auf fremden Computern mittels spezieller
Software“ (Online-Durchsuchung) an?

2. Welche Sicherheitsbehörden haben bisher die Online-Durchsuchung ange-
wandt oder wenden sie an?

3. In wie vielen Fällen kam die Online-Durchsuchung bisher zur Anwendung
(bitte aufschlüsseln nach durchführender Behörde)?

4. Durch wen wurden die bisher durchgeführten Online-Durchsuchungen je-
weils angeordnet?

5. In wie vielen Fällen führten die bereits durchgeführten Online-Durchsuchun-
gen dazu,

a) dass sich ein bestehender Anfangsverdacht erhärten konnte;

b) dass neue verwertbare Erkenntnisse über Verdächtige gewonnen werden
konnten;

Drucksache 16/3787 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
c) dass es zu einer Anklage aufgrund einer schweren Straftat kam;

d) dass konkrete Gefahr bzw. eine schwere Straftat abgewandt werden
konnte;

was ohne dieses Instrumentarium nicht möglich gewesen wäre?

6. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden die bisherigen Online-Durchsuchun-
gen im Einzelnen durchgeführt?

7. Welche Rechtsgrundlage soll nach Einschätzung der Bundesregierung künf-
tig zum Tragen kommen, um eine Online-Durchsuchung anzuwenden?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung, eine besondere rechtliche Regelung zur
Durchführung von Online-Durchsuchungen zu schaffen?

Wenn ja, welches Gesetz soll dafür geändert werden?

9. a) Wie viele Online-Durchsuchungen werden nach Schätzung der Bundes-
regierung in den nächsten zwei Jahren notwendig sein und angeordnet
werden, und worauf stützt sich eine solche Einschätzung?

b) Wie viele zusätzliche Personalstellen werden nach Schätzung der Bun-
desregierung dafür beim BKA und anderen Behörden notwendig sein?

c) In welcher Höhe werden nach Schätzung der Bundesregierung zusätz-
liche Sachkosten für dieses Instrumentarium anfallen, und in welcher
Höhe sind die benötigten Mittel im „Programm zur Stärkung der Inneren
Sicherheit“ abgedeckt?

d) Wie hoch wird nach Schätzung der Bundesregierung der einmalige
Investitionsaufwand sein, damit das BKA der Bitte des Generalbundes-
anwaltes nach Schaffung der technischen Voraussetzungen für die
Online-Durchsuchung nachkommen kann, und in welcher Höhe sind die
benötigten Mittel im „Programm zur Stärkung der Inneren Sicherheit“
abgedeckt?

10. Was ist nach Auffassung der Bundesregierung der zusätzliche Nutzen der
Online-Durchsuchung, der nur durch dieses Instrumentarium, nicht aber mit
anderen Instrumenten erreicht werden kann?

Berlin, den 5. Dezember 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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