Vom 10. November 2006
Deutscher Bundestag Drucksache 16/3376
16. Wahlperiode 10. 11. 2006
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Ulrike Höfken, Kerstin
Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/2991 –
Qualifizierung statt Quoten – Vermittlungsagenturen für landwirtschaftliche und
andere grüne Berufe
A. Problem
Quotenregelungen und Zwangsverpflichtungen von inländischen Arbeitsuchen-
den im landwirtschaftlichen Bereich haben zu hohen Vorbehalten sowohl der
landwirtschaftlichen Arbeitgeber gegenüber Arbeitsuchenden als auch Arbeit-
suchender gegenüber der Arbeit in der Landwirtschaft geführt.
B. Lösung
Um die Vermittlung von Erwerbslosen für Arbeiten in der Landwirtschaft und
in anderen grünen Berufen zu verbessern, werden regionale „Grüne Agenturen“
eingerichtet. Sie arbeiten bundesweit und landesweit vernetzt, um ganzjährige
Beschäftigung zu ermöglichen.
Geeignete Arbeitsuchende werden auf freiwilliger Basis in den Beschäftigten-
pool der „Grünen Agenturen“ übernommen. Sie werden über Voraussetzungen,
Tätigkeiten und Perspektiven in Landwirtschaft und anderen grünen Berufen
informiert und für ihre Arbeit qualifiziert. Auch die weiteren Förderungsmög-
lichkeiten des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und des SGB III sol-
len ausgeschöpft werden.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
C. Alternativen
Keine
D. Kosten
Wurden nicht erörtert.
Drucksache 16/3376 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Beschlussempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 16/2991 abzulehnen.
Berlin, den 8. November 2006
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales
Gerald Weiß (Groß-Gerau) Gitta Connemann
Vorsitzender Berichterstatterin
Auch die weiteren Förderungsmöglichkeiten des Zweiten dass sie grundsätzlich das Ziel unterstütze, als Erntehelfer
Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und des SGB III sollten
ausgeschöpft werden. Weiterführende Qualifizierungsmo-
dule sollten die Arbeitsuchenden darüber hinaus für die
auch deutsche Arbeitsuchende einzusetzen. Wenn man aber
aus der unsäglichen Debatte über angeblich „faule Arbeits-
lose“ herauskommen wolle, müsse man den Menschen auch
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3376
Bericht der Abgeordneten Gitta Connemann
I. Überweisung und Voten des mitberatenden
Ausschusses
Der Antrag auf Drucksache 16/2991 ist in der 58. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 20. Oktober 2006 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Bera-
tung und an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz zur Mitberatung überwiesen wor-
den.
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat die Vorlage in seiner Sitzung am 8. No-
vember 2006 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag abzulehnen.
II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Quotenregelungen und Zwangsverpflichtungen von inländi-
schen Arbeitsuchenden im landwirtschaftlichen Bereich
hätten zu hohen Vorbehalten sowohl der landwirtschaft-
lichen Arbeitgeber gegenüber Arbeitsuchenden als auch Ar-
beitsuchender gegenüber der Arbeit in der Landwirtschaft
geführt, heißt es in dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN. Landwirtschaftliche Betriebe seien hoch
technisierte und auf Effektivität ausgerichtete Unternehmen,
die genau wie andere Betriebe auch auf motivierte und fach-
kundige Arbeitskräfte angewiesen seien. Ernteausfälle oder
-verzögerungen durch unzureichend ausgebildetes oder un-
zuverlässiges Personal gefährdeten schnell die wirtschaft-
liche Grundlage der landwirtschaftlichen Betriebe und
könnten so zum Verlust von Arbeitsplätzen führen. Es ma-
che deshalb keinen Sinn, Arbeitsuchende zur Feldarbeit zu
zwingen. Sie müssten für die geforderte Arbeit motiviert
und geeignet sein. Voraussetzungen hierfür seien Informa-
tion und Qualifikation sowie die Entwicklung dauerhafter
Beschäftigungsperspektiven in Landwirtschaft und anderen
grünen Berufen.
Um die Vermittlung von Erwerbslosen für Arbeiten in der
Landwirtschaft und in anderen grünen Berufen zu verbes-
sern, will die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN regio-
nale „Grüne Agenturen“ einrichten, die bundes- und landes-
weit vernetzt arbeiten sollen, um ganzjährige Beschäftigung
zu ermöglichen. Die „Grünen Agenturen“ sollen als regio-
nale Ansprechpartner für Landwirtschafts- und Verarbei-
tungsbetriebe agieren, die hierüber zuverlässig qualifizierte
Mitarbeiter für saisonale und ganzjährige Beschäftigungen
finden sollen. Geeignete Arbeitsuchende würden auf frei-
williger Basis in den Beschäftigtenpool der „Grünen Agen-
turen“ übernommen. Sie würden über Voraussetzungen, Tä-
tigkeiten und Perspektiven in Landwirtschaft und anderen
grünen Berufen informiert und für ihre Arbeit qualifiziert.
Tätigkeiten in angrenzenden Bereichen wie z. B. im Touris-
mus infrage.
Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.
III. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung
der Vorlage in seiner 31. Sitzung am 8. November 2006
aufgenommen und abgeschlossen.
Die CDU/CSU-Fraktion begründete ihre ablehnende Hal-
tung mit dem Hinweis, dass es nicht der Einrichtung von
„Grünen Vermittlungsagenturen“ bedürfe, weil entspre-
chende Qualifizierungsbemühungen bereits durch die Bun-
desagentur für Arbeit und die Arbeitsagenturen vor Ort
stattgefunden hätten. Es sei zu konstatieren, dass körper-
liche Arbeit in unserer Gesellschaft keinen Wert mehr
darstelle. Diese Einstellung zu ändern, sei sicherlich ein
langwieriger Prozess, der aber nicht auf Kosten der
landwirtschaftlichen Betriebe laufen dürfe. Es könne nicht
sein, dass sich ein Teil der Bevölkerung von körperlicher
Arbeit ausschließe. Hier müssten Sanktionen greifen.
Die SPD-Fraktion betonte, es sei richtig, auf inländische Ar-
beitskräfte als Erntehelfer zurückzugreifen. Um die sicherlich
schwierige Aufgabe zu lösen, Arbeitslose auch tatsächlich für
einen solchen Einsatz zu gewinnen, müsse die Zusammen-
arbeit zwischen der Bundesagentur für Arbeit, den örtlichen
Arbeitsgemeinschaften und den Betrieben verbessert werden.
Es komme auf die Schaffung der richtigen Rahmenbedingun-
gen an; insofern sei die Analyse der diesjährigen Erfahrungen
natürlich wichtig.
Die FDP-Fraktion begründete ihre ablehnende Haltung mit
dem Hinweis darauf, dass man den Tatsachen ins Auge se-
hen müsse: Es seien Jobs in der Landwirtschaft vorhanden,
die aber nun einmal nicht in der erforderlichen Anzahl von
hiesigen Arbeitsuchenden angenommen würde. Es sei daher
sinnvoller, die Kontingentierung aufzuheben und auf den
Stand von Ende 2005 zurückzukommen.
Die Fraktion DIE LINKE. machte deutlich, dass sie den
Ausbau der bereits laufenden Vermittlung von geeigneten
Fachkräften in der Landwirtschaft für sinnvoller halte als
den Aufbau von „Grünen Vermittlungsagenturen“. Es gebe
durchaus positive Beispiele für Regionen, wo die Vermitt-
lung gut laufe, zum Beispiel im Spreewald. Es gehe um Per-
spektiven und Motivation für die Arbeitslosen und nicht um
Sanktionen in den Fällen, in denen körperliche Arbeit aus
gesundheitlichen Gründen nicht geleistet werden könne.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte fest,
dauerhafte und ganzjährige Beschäftigung in grünen Beru-
fen befähigen. Dabei kämen auch Qualifizierungen für
vernünftige Angebote machen, indem man sie für die Arbeit
in der Landwirtschaft qualifiziere und motiviere.
Drucksache 16/3376 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Im Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
beschlossen, dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des
Antrags zu empfehlen.
Berlin, den 8. November 2006
Gitta Connemann
Berichterstatterin