BT-Drucksache 16/3141

Erhaltungsrückstand bei Bundesfernstraßen beenden

Vom 25. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3141
16. Wahlperiode 25. 10. 2006

Antrag
der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Anna Lührmann,
Peter Hettlich, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Dr. Reinhard Loske
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erhaltungsrückstand bei Bundesfernstraßen beenden

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Zustand der Bundesfernstraßen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich
verschlechtert. Dies belegen sowohl der Straßenbaubericht, der Bericht über die
Qualität, Dauerhaftigkeit und Sicherheit von Spannbetonbrücken als auch der
von 1991 bis 2004 von 74 auf 69 Prozent gesunkene Modernitätsgrad der Bun-
desfernstraßen. Grund dafür ist, dass zu wenig Mittel in den Erhalt der Bundes-
fernstraßen investiert werden.

Mangelhafte Straßenqualität hat mehrere negative Folgen: Teilweise ist direkt
die Verkehrssicherheit betroffen etwa durch starke Spurrinnen auf der rechten
Fahrbahn. Geschwindigkeiten müssen reduziert werden, wodurch es zu ver-
mehrten Stauereignissen kommt, Sanierungskosten für Schäden, die nicht im
Frühstadium behoben wurden, steigen überproportional stark an, bis Ersatz-
investitionen vorgenommen werden müssen.

Während Ostdeutschland und den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit in den
alten Bundesländern seit der Wende überproportional Straßenbaumittel zur Ver-
fügung gestellt wurden und der Infrastrukturaufbau dort weitestgehend als ab-
geschlossen betrachtet werden kann, weisen insbesondere viele westdeutsche
Autobahnen und Bundesstraßen erhebliche Instandhaltungsrückstände auf.

Bei den Bundesautobahnen wurden nach Berechnungen der Forschungsgesell-
schaft für das Straßen und Verkehrswesen (FGSV) lediglich 63 Prozent und bei
den Bundesstraßen nur 54 Prozent der Erhaltungsmittel eingesetzt, die nach den
Prognoseergebnissen der FGSV für die Erhaltung des Status quo im Zustand er-
forderlich gewesen wären. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirt-
schaftsforschung (DIW) sind für den Prognosezeitraum von 1999 bis 2020 – je
nach Investitionsvariante – zwischen 75 und 85 Prozent der laut Bundesver-
kehrswegeplan für die Bundesfernstraßen zur Verfügung stehenden Mittel zur

Deckung des Ersatzbedarfs einzusetzen. Diese Zahlen wurden bei weitem nicht
erreicht.

Für den Zeitraum von 1991 bis 1995 kann nach Angaben der 2002 im Auftrag
des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBWS –
früher: BMVBW) erstellten „Wegekostenrechnung für das Bundesfernstraßen-
netz unter Berücksichtigung der Vorbereitung einer streckenbezogenen Auto-
bahnbenutzungsgebühr“ von jährlichen unterlassenen substanzrelevanten Maß-

Drucksache 16/3141 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
nahmen in Höhe von 1 Mrd. Euro ausgegangen werden. Zwischen 1996 und
2000 liegt dieser Wert bei 2 Mrd. Euro für das Bundesfernstraßennetz. In der
Summe über die Jahre 1991 bis 2000 ergibt dies einen Erhaltungsrückstand von
15 Mrd. Euro, der durch unterlassene Baumaßnahmen steigenden Reparaturauf-
wand im Zeitverlauf weiter angestiegen ist. Bis heute dürfte sich der Instandhal-
tungsrückstand weiter erhöht haben.

Der Bundesverkehrswegeplan bis 2015 weist unter den erhaltungspolitischen
Zielen der Bundesregierung für die Erhaltung der Bundesfernstraßen von 2006
bis 2010 einschließlich einen Finanzbedarf von knapp 13 Mrd. Euro aus. „Der
aus den Qualitätsszenarien des BVWP 2003 entwickelte zeitliche Erhaltungs-
prognoseverlauf sieht ab dem Jahr 2006 einen Anstieg der Erhaltungsmittelvor-
gaben auf rund 2,5 Mrd. Euro vor“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung
auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
(Bundestagsdrucksache 16/1120). Im Haushalt 2006 und im Haushalt 2007 ste-
hen für Erhaltungsinvestitionen gerade einmal rund 1,7 Mrd. Euro zur Verfü-
gung. Selbst wenn zu den Ausgaben für die Erhaltung noch anteilige Ausgaben
der Investitionen für Erweiterungs- und Ausbaumaßnahmen hinzugerechnet
werden, kommt das BMVBS für den Bundesfernstraßenhaushalt 2006 selbst nur
auf 2,2 Mrd. Euro. Damit gibt es einen aktuelle Unterfinanzierung des Bestands-
netzes gegenüber dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP) in Höhe von mindes-
tens 300 Mio. Euro. Da kein zusätzliches Geld zur Verfügung stehen wird, muss
es daher zu einer Umschichtung bei den Investitionstitel für Bundesfernstraßen
kommen.

II. Der Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,

1. die Unterfinanzierung der Erhaltungsinvestitionen bei Bundesfernstraßen
von mindestens 300 Mio. Euro durch Umschichtung von Mitteln für Maß-
nahmen des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen zu beenden;

2. den aufgelaufenen Instandhaltungsrückstand bei den Bundesfernstraßen
durch ein zusätzliches Sonderprogramm mit einem jährlichen Volumen von
300 Mio. Euro über zehn Jahre abzubauen, das ebenfalls durch Umschich-
tung von Mitteln des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen finanziert wird.

Berlin, den 25. Oktober 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.