BT-Drucksache 16/2728

EU-Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Errichtung der Nordhallen auf dem Kölner Messegelände

Vom 22. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2728
16. Wahlperiode 22. 09. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Lötzer, Paul Schäfer (Köln) und der Fraktion DIE LINKE.

EU-Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Errichtung
der Nordhallen auf dem Kölner Messegelände

Die EU-Kommission hat gegen die Bundesrepublik Deutschland im Zusam-
menhang mit dem Bau neuer Messehallen in Köln ein Vertragsverletzungsver-
fahren nach Artikel 226 ff. EGV eingeleitet. Gleichzeitig ermittelt die Kölner
Staatsanwaltschaft wegen Verdachtes auf Untreue im Zusammenhang mit der
Auftragsvergabe. Hintergrund ist, dass die Stadt Köln und die Kölnmesse
GmbH drei Jahre zuvor den Auftrag für die im Januar 2006 eröffneten neuen
Gebäude ohne Ausschreibung an den Oppenheim-Esch-Fonds gegeben hatte.
Für die neuen Gebäude „muss die Messe in den kommenden 30 Jahren – ab-
hängig von der Preissteigerung – vermutlich mehr als 750 Mio. Euro zahlen.
Sollte die Messe dazu nicht in der Lage sein, muss die Stadt die Zahlungen
übernehmen“ (Kölner Stadt-Anzeiger, 15. August 2006). Die Ermittlungen der
Kölner Staatsanwaltschaft zielen auf die Frage, ob die Stadt und die Messege-
sellschaft nicht ein günstigeres Geschäft hätten abschließen können bzw. eine
eigene Bauträgerschaft günstiger gewesen wäre als das gewählte PPP-Verfah-
ren einer Fremdvergabe mit langfristigem Rückmietvertrag und Rückkaufs-
option. Die Ermittlungen der EU-Kommission zielen auf die Frage, ob nicht
eine Ausschreibung zwingend gewesen wäre. In einem ähnlichen Fall hatte das
Kammergericht Berlin festgestellt, dass die Messe Berlin GmbH im Sinne des
Vergaberechtes als öffentlicher Auftraggeber anzusehen ist und damit aus-
schreibungspflichtig (Urteil 27. Juli 2006). Die Berliner Messe GmbH gehört
zu 99,7 Prozent dem Land Berlin, die Kölnmesse GmbH zu 79,2 Prozent der
Stadt Köln und zu 20 Prozent dem Land Nordrhein-Westfalen.

Inzwischen hat die EU-Kommission ein zweites Mahnverfahren gegen die
Bundesrepublik Deutschland wegen Verstoß gegen die Kooperationspflicht
eingeleitet.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Ermittlungen der EU-Kommission
gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Verstoß gegen das Vergabe-
recht im Zusammenhang mit dem Neubau der Kölner Messehallen?
2. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Rechtsfol-
gen aus dem Beschluss des 2. Vergabesenats des Kammergerichts Berlin vom
27. Juli 2006 (Az: 2 VERG 5/06) auf das Vertragsverletzungsverfahren?

3. Welche Stellungnahme hat die Bundesregierung in diesem Fall gegenüber
der Europäischen Kommission abgegeben?

Liegen hierzu Dokumente vor?

Drucksache 16/2728 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Wie verhält sich die Bundesregierung zur Kritik der EU-Prüfer, die deut-
schen Behörden hätten nicht alle notwendigen Unterlagen an sie weitergelei-
tet, auf welche Unterlagen bezieht sich diese Kritik?

5. Was hat dazu geführt, dass die Bundesregierung ein zweites Mahnverfahren
der EU-Kommission in Kauf genommen hat, welche Position nimmt die
Bundesregierung zu diesem Verfahren ein, und wie begründet sie ihre Hal-
tung?

6. Mit welchen Strafzahlungen ist u. U. zu rechnen, und wie ist in diesem Falle
die innerstaatliche Abwicklung und Verteilung der Strafzahlungen geregelt?

Berlin, den 21. September 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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