BT-Drucksache 16/2681

Für das Recht auf Generalstreik

Vom 21. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2681
16. Wahlperiode 21. 09. 2006

Antrag
der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Für das Recht auf Generalstreik

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

dem Deutschen Bundestag die gesetzlichen Maßnahmen für die Zulässigkeit
eines Generalstreiks in Deutschland zuzuleiten.

Berlin, den 20. September 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Der Generalstreik ist nach seiner üblichen Zwecksetzung – als politisches
Druckmittel – maßgeblich unter dem Gesichtspunkt des politischen Streiks von
Bedeutung. Grundsätzlich ist der Streik zur Durchsetzung politischer Ziele in
Deutschland, insbesondere, wenn er gegen gesetzgebende Körperschaften ge-
richtet ist, nach herrschender Meinung unzulässig. Laut einer vom Wissen-
schaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages erstellten Studie sind politische
Streiks außer in Deutschland nur noch in Dänemark und Großbritannien ver-
boten (Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Generalstreik – Recht-
liche Bedingungen und Streikkultur im Vergleich, 24. April 2006, WF VI G –
3000-103/06). Gleichzeitig gilt in Deutschland im internationalen Vergleich die
höchste Regelungsdichte beim Streik- und Tarifrecht.

Nach Meinung des Sachverständigenausschusses, der das zuständige Organ für
die Kontrolle der Einhaltung der Europäischen Sozialcharta durch die Vertrags-
staaten ist und heute als das Europäische Komitee der Sozialen Rechte auftritt,
verstößt das deutsche Arbeitskampfrecht mit seiner Begrenzung auf tariflich
regelbare Ziele sowie das gewerkschaftliche Streikmonopol gegen die Sozial-
charta. Die Europäische Sozialcharta ist durch den Deutschen Bundestag ratifi-
ziert worden. Sie ist eine von der Bundesrepublik Deutschland eingegangene
völkerrechtliche Verpflichtung, die die Rechtsprechung wie auch den Gesetz-

geber, der völkerrechtliche Verpflichtungen umsetzen muss, bindet. Sie thema-
tisiert unter anderem die Arbeitskampffreiheit. Das Ministerkomitee des Euro-
parats erteilte am 3. Februar 1998 der Bundesregierung die „Empfehlung“, die
Ergebnisse des Sachverständigenausschusses zu berücksichtigen.

Die durch die vorherrschende Politik geschwächte Position der Gewerkschaf-
ten, die sich nicht zuletzt in einer anhaltend niedrigen bzw. negativen Lohn-

Drucksache 16/2681 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
entwicklung und der Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse wider-
spiegelt, die von der Deutschen Bundesbank als Masseneinkommen ausgewie-
senen, seit über einem Jahr beständig sinkenden Nettolöhne, -gehälter und aus-
bezahlten Sozialleistungen und die laut repräsentativen Meinungsumfragen in
der Bevölkerung vorhandene Politikverdrossenheit machen deutlich, dass die
Bürgerinnen und Bürger stärker an politischen Meinungsbildungsprozessen
und Entscheidungen beteiligt werden müssen, damit ihre Interessen von der
Politik stärker wahrgenommen und berücksichtigt werden.

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