BT-Drucksache 16/2428

Ausfälle der Binnenschifffahrt als Folge extremer Wetterereignisse

Vom 22. August 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2428
16. Wahlperiode 22. 08. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Hettlich, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter,
Undine Kurth (Quedlinburg), Rainder Steenblock, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell,
Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Reinhard Loske
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ausfälle der Binnenschifffahrt als Folge extremer Wetterereignisse

Die beförderte Verkehrsleistung der Binnenschifffahrt ist infolge extremer Wet-
terereignisse starken Schwankungen ausgesetzt. Gab es nach dem „Jahrhundert-
sommer“ 2003 mit langen Niedrigwasserzeiten, in denen auf vielen Flüssen
keine Schiffe oder nur mit verringerter Last verkehren konnten, in 2004 einen
starken Aufschwung mit einem Wachstum von 9,5 Prozent, so ist die Verkehrs-
leistung 2005 nur um 0,7 Prozent gewachsen. Für 2006 wird durch die BVU-
Kurzfristprognose Sommer 2006 (BVU: Beratergruppe Verkehr + Umwelt
GmbH) im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung angegeben, dass es in den ersten 4 Monaten durch Niedrigwasser und Eis-
gang einen Einbruch der Transportleistung gegenüber dem Vorjahr um 11 Pro-
zent gegeben hat. Der derzeitige erneute „Jahrhundertsommer“, der die Werte
von 2003 noch übertreffen dürfte, sorgt für neue Niedrigwasserzeiten. Das
Sinken der Transportleistung um lediglich 0,6 Prozent im Gesamtjahr 2006, wie
von der BVU prognostiziert, dürfte angesichts der schon bestehenden und ab-
sehbaren Einschränkungen für die Binnenschifffahrt infolge von Niedrigwasser
daher eher noch höher ausfallen.

Gleichzeitig ist es das erklärte Ziel der Bundesregierung laut Bundesverkehrs-
wegeplan 2003, die beförderte Gütermenge der Binnenschifffahrt ausgedrückt
in Tonnenkilometer gegenüber 1997 bis 2015 um 40 Prozent zu erhöhen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. An wie vielen Tagen war die Schifffahrt auf Bundeswasserstraßen in den
Jahren 1996 bis 2005 eingeschränkt oder ganz eingestellt, dargestellt nach
Wasserstraßen?

2. Wie bewertet die Bundesregierung mittel- und langfristig die Potenziale der
Binnenschifffahrt vor dem Hintergrund der stark zunehmenden extremen
Wetterereignisse mit dem zweiten „Jahrhundertsommer“ innerhalb von
4 Jahren?
3. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über den volkswirtschaftlichen
Schaden vor, der durch Beförderungsausfälle auf Wasserstraßen infolge von
extremen Wetterereignissen entsteht?

4. Wann liegen der Bundesregierung wissenschaftlich belastbare Wasserhaus-
haltsszenarien vor, die die Sensivitäten und Verwundbarkeit für die Nutzung
von Wasserstraßen aufgrund des Klimawandels aufzeigen?

Werden diese Erkenntnisse veröffentlicht?

Drucksache 16/2428 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5. Welche Anpassungs- und Adaptionsstrategien unter der Berücksichtigung
ökologischer Erfordernisse für die einzelnen Wasserstraßen könnten das Er-
gebnis verstärkt auftretender Niedrigwasserereignisse sein?

Sind damit Staustufen gemeint?

6. Sind bei der Berechnung der Kosten-Nutzen-Verhältnisse für Neu- und Aus-
bau von Wasserstraßen Prognosen über die eingeschränkte wirtschaftliche
Nutzbarkeit dieser Infrastruktur infolge extremer Wetterereignisse einge-
gangen, und wenn ja, wurde eine Zunahme dieser Ereignisse prognostiziert?

7. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass zum Auffangen von Beförde-
rungsausfällen der Binnenschifffahrt infolge von extremen Wetterereignis-
sen immer freie Schienenkapazitäten parallel zu den Wasserstraßen vorge-
halten werden müssen; dass es also eine Rückfalloption für die Verlader
braucht, falls die jeweilige Wasserstraße nicht befahrbar ist?

8. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, welche zusätzlichen Güter-
züge entlang der Rheins bei den letzten Nichtbefahrbarkeiten des Rheins für
die Binnenschifffahrt gefahren sind und welche Auswirkungen dies auf
Kapazität und Pünktlichkeit dieser Strecken hatte?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die reale Entwicklung der beförderten
Transportleistung der Binnenschifffahrt von 1997, dem Bezugsjahr des
Bundesverkehrswegeplans 2003, bis 2005, mit einer Steigerung der Trans-
portleistung von von 62 auf 64,2 Mrd. Tonnenkilometer, was einer Steige-
rung innerhalb von 8 Jahren von 3,5 Prozent oder einer jährlichen Steige-
rung von unter 0,5 Prozent entspricht?

10. Hält die Bundesregierung vor diesem Hintergrund das Ziel, das Güterauf-
kommen der Binnenschifffahrt bis 2015 auf 86 Mrd. Tonnenkilometer zu
steigern, was gegenüber 2005 eine durchschnittliche jährliche Steigerung
von rund 3,5 Prozent bedeuten würde, für erreichbar, oder muss die Progno-
se nach unten revidiert werden?

11. Inwieweit hält die Bundesregierung dieses Ziel vor dem Hintergrund einer
in 2006 erneut sinkenden Transportleistung der Binnenschifffahrt aufgrund
extremer Wetterereignisse für erreichbar?

12. Wie haben sich die intramodalen Verkehrsmarktanteile der Binnenschiff-
fahrt auf allen Bundeswasserstraßen zwischen 1996 und 2005 entwickelt,
dargestellt für die einzelnen Bundeswasserstraßen?

13. Welche Aus- und Neubauprojekte an Bundeswasserstraßen sind aus Sicht
der Bundesregierung bis 2015 fertiggestellt und geeignet, den Modal Split
der Binnenschifffahrt zu heben?

14. Wie haben sich fertiggestellte Neu- und Ausbauten auf die Verkehrsleistung
der Binnenschifffahrt auf der betreffenden Wasserstraße ausgewirkt?

Welche Verkehrsleistungsändernen fanden absolut und prozentual statt.

15. Welche Verkehrsleistungsänderungen absolut und prozentual fanden insbe-
sondere nach Fertigstellung des Rhein-Main-Donaukanals und des Magde-
burger Wasserstraßenkreuzes statt?

16. Wie stehen diese Veränderungen im Verhältnis zu den prognostizierten Stei-
gerungen der Verkehrsleistung, die Grundlage der jeweiligen Planungen
waren?

Berlin, den 22. August 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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