BT-Drucksache 16/2373

Verweigerung der Einbürgerung wegen Unterstützung der Linkspartei

Vom 8. August 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2373
16. Wahlperiode 08. 08. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen, Jan Korte
und der Fraktion DIE LINKE.

Verweigerung der Einbürgerung wegen Unterstützung der Linkspartei

Der Beschluss der Innenministerkonferenz vom 4./5. Mai 2006 (TOP 5.1., II.,
1. f) sieht unter anderem vor: „Über die bereits gesetzlich vorgeschriebene Re-
gelanfrage beim Verfassungsschutz hinaus soll der Einbürgerungsbewerber
selbst zu Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen in extremistischen
oder extremistisch beeinflussten Organisationen befragt werden“.

In Bayern ist dies bereits Praxis. Die vom Bayrischen Staatsministerium des
Inneren für Einbürgerungsgespräche durch Weisung vom 7. Februar 2006 vor-
gegebene „Auflistung der wichtigsten extremistischen und extremistisch beein-
flussten Organisationen“, in der nach einer Mitgliedschaft oder Unterstützung
dieser Vereinigungen gefragt wird, enthält u. a. die „Partei des Demokratischen
Sozialismus (PDS)“.

Unter Einwanderern sorgt diese Beschlusslage bzw. Praxis für erhebliche Be-
unruhigung. Es steht außerdem zu befürchten, dass die Linkspartei.PDS und wo-
möglich die WASG durch die beschriebene Praxis gegenüber anderen demo-
kratischen Parteien benachteiligt werden, weil potentielle Spender abgeschreckt
werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen eine Einbürgerung daran
scheiterte, dass die Betroffenen die PDS bzw. Linkspartei.PDS mit Spenden
unterstützt haben, und wenn ja, wie viele (bitte nach Jahren aufgegliedert dar-
legen)?

2. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen eine Spendentätigkeit für
die Linkspartei.PDS zum Anlass für weitere Befragungen, Sicherheitsprü-
fungen usw. wegen Zweifeln an der „Verfassungstreue“ der Einbürgerungs-
bewerberinnen und -bewerber genommen wurde, und wenn ja, wie viele (bitte
nach Jahren aufgegliedert darlegen)?

3. Ist nach Auffassung der Bundesregierung die Verweigerung einer Einbürge-
rung rechtens, wenn sie
a) unter anderem oder

b) ausschließlich

auf den Umstand gestützt wird, dass die Einbürgerungsbewerberinnen und
-bewerber die Linkspartei.PDS mit Spenden unterstützen (bitte begründen)?

Drucksache 16/2373 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Geben nach Auffassung der Bundesregierung Spenden für die Linkspar-
tei.PDS einen hinreichenden Anlass für weitere Überprüfungen der Verfas-
sungstreue der Einbürgerungsbewerberinnen und -bewerber oder für weiter-
gehende Befragungen (bitte begründen)?

5. In welchen Bundesländern wird nach Kenntnis der Bundesregierung die
Mitgliedschaft oder Unterstützung in „extremistischen oder extremistisch
beeinflussten Organisationen“ im Rahmen eines Einbürgerungsverfahrens
abgefragt, und zwar nicht nur in allgemeiner Form, sondern auch anhand
konkreter Vorlage-Listen, bei denen Mitgliedschaften oder Unterstützungs-
handlungen zu jeder einzelnen Organisation von den Einbürgerungsbewer-
berinnen und -bewerbern schriftlich bejaht oder verneint werden müssen,
und gelten hierbei Spenden als Unterstützung?

6. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass solche – je nach Bun-
desland – bereits stattfindenden bzw. geplanten Befragungen im Rahmen
von Einbürgerungsverfahren zu den in der Vorbemerkung dargelegten Ver-
unsicherungen bei Migrantinnen und Migranten führen?

7. Befürwortet die Bundesregierung den Beschluss der Innenminister vom
4./5. Mai 2006, künftig in allen Bundesländern individuelle Befragungen
zur Mitgliedschaft bzw. Unterstützung als extremistisch eingeschätzter bzw.
beeinflusster Organisationen vorzunehmen?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung, in die von der IMK eingesetzte Länder-
arbeitsgruppe Anregungen zu Gesetzesänderungen einzubringen, um die
Mitgliedschaft bzw. Unterstützung als extremistisch eingeschätzter bzw. be-
einflusster Organisationen im Einbürgerungsverfahren zu berücksichtigen,
und wenn ja, an welche Gesetzesänderungen denkt sie dabei?

9. Sieht die Bundesregierung hierin eine (indirekte) Benachteiligung der
Linkspartei.PDS im „demokratischen Wettbewerb“ um Spenden für die
politische Arbeit, und wenn nein, warum nicht?

10. Wenn die Mitgliedschaft oder Unterstützung der Linkspartei.PDS als Indiz
für eine fehlende Verfassungstreue gewertet wird und wenn dies einer Ein-
bürgerung entgegensteht, sieht die Bundesregierung hier die Gefahr, dass
potentielle Wählerinnen und Wähler der Linkspartei.PDS von einer Einbür-
gerung und damit vom demokratischen Stimm- und Mitwirkungsrecht ab-
gehalten werden, und hält sie dies für legitim (bitte begründen)?

11. Gibt es, abgesehen von Spenden für die Linkspartei.PDS, andere Unterstüt-
zungsleistungen für diese Partei, welche Anlass für weitere Überprüfungen
oder gar Verweigerung der Einbürgerung bieten, und wenn ja, welche?

12. Gelten die Antworten auf die obigen Fragen unverändert oder übertragbar
auch in Bezug auf Spenden und andere Unterstützungsleistungen für Glie-
derungen der WASG (bitte begründen)?

Berlin, den 4. August 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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