BT-Drucksache 16/2338

Einsatz von nicht zugelassenen Pestiziden in Deutschland

Vom 1. August 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2338
16. Wahlperiode 01. 08. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Hans-Josef
Fell, Winfried Hermann, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl,
Undine Kurth (Quedlinburg), Dr. Reinhard Loske und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Einsatz von nicht zugelassenen Pestiziden in Deutschland

Bei verschiedenen von der Umweltschutzorganisation Greenpeace veranlassten
Untersuchungen von Strauchbeeren und Gemüse aus deutscher Herkunft auf
Pestizide wurden wiederholt nicht zugelassene Wirkstoffe nachgewiesen. Dabei
fanden sich Wirkstoffe wie Endosulfan, Methomyl oder Vinclozolin, die akut
giftig oder krebserregend sind oder bei denen der Verdacht auf endokrine Wir-
kung besteht. Einige der Wirkstoffe waren in Deutschland gar nicht zugelassen,
andere waren es nur für die Anwendung in anderen als den untersuchten Kultu-
ren. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
geht Hinweisen über den Einsatz nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel seit
dem Frühjahr 2005 nach. Auch die Landesministerien berichten über Probleme
mit illegalen Pestiziden und haben im Frühjahr 2005 eine Bund-Länder-Arbeits-
gruppe eingerichtet, die die gezielte Kontrolle der Anwendung von Pflanzen-
schutzmitteln in Beerenobst und entsprechende Probenzahlen festgelegt hat.
Das Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum Baden-Württemberg hat
bei eigenen Untersuchungen seit mehreren Jahren das Vorkommen nicht zuge-
lassener Pflanzenschutzmittel bei bestimmten Kulturen festgestellt. In 39 Pro-
zent der dort im Jahr 2005 getesteten Strauchbeeren fanden sich nicht zuge-
lassene Pestizidwirkstoffe. Vor diesem Hintergrund ist zu vermuten, dass in
Deutschland nach wie vor nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel in erheb-
lichem Umfang verkauft und angewendet werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Handel und den Ein-
satz nicht zugelassener Pestizidwirkstoffe in Deutschland?

2. Welche in Deutschland nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittel bzw. Wirk-
stoffe werden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland in den Ver-
kehr gebracht (incl. Importsendungen) und in welchen Mengen erfolgt dies?

Welche Informationen über die Inverkehrbringer und die Abnehmer liegen
vor?

3. Welche in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel bzw. Wirkstoffe
werden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland in Kulturen ein-
gesetzt, für die diese nicht zugelassen sind, und in welchen Mengen erfolgt
dies?

Welche Kulturen und welche Regionen sind davon betroffen?

Welche Informationen über die Inverkehrbringer und die Abnehmer liegen
vor?

Drucksache 16/2338 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Einsatz von ggf. noch bei
den Anwendern gelagerten Mitteln, deren Zulassung abgelaufen ist, die
jedoch weiterhin eingesetzt werden?

5. Welche Maßnahmen werden von Bund und Ländern ergriffen, um den Ein-
satz nicht zugelassener Pestizidwirkstoffe festzustellen und zu unterbinden?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die finanzielle und personelle Ausstat-
tung und die Laborausstattung des Pflanzenschutzkontrolldienstes und der
Lebensmittelüberwachung für die Feststellung von illegal eingesetzten Pes-
tiziden?

7. Wie viel Prozent der Lebensmitteluntersuchungsämter können aufgrund
ihrer Ausstattung die gesamte Breite an Pestiziden testen?

8. In welchen Fällen und in welchem Umfang wurden in den letzten vier Jah-
ren im Rahmen der Lebensmitteluntersuchungen der Bundesbehörden und
der Bundesländer nicht zugelassene Pestizidwirkstoffe nachgewiesen?

Wie häufig und in welchen Fällen wurden welche Sanktionen verhängt?

9. Welche Ergebnisse liegen zu den von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe ge-
zielt durchgeführten Kontrollen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
im Beerenobstanbau vor?

10. Welche Gefahren für die Gesundheit der Verbraucher und Anwender gehen
vom Einsatz dieser nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittel bei der Anwen-
dung, bei der Lagerung und Entsorgung und durch Rückstände in Lebens-
mitteln aus?

11. Welche Umweltgefahren sind mit der Anwendung und der Lagerung dieser
nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittel, insbesondere bezüglich möglicher
Einträge in Böden, in Oberflächengewässer und das Grundwasser, und bzgl.
der Wirkung auf Nichtzielorganismen verbunden?

12. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung eingeleitet bzw. vorgeschla-
gen, um den Einsatz von nicht zugelassenen Pestiziden zu unterbinden?

Welche entsprechenden Maßnahmen sind geplant?

Welche Maßnahmen seitens der Behörden der Länder sind der Bundesregie-
rung bekannt?

13. In wie vielen Fällen haben die Bundesländer Einzelfallgenehmigungen
gemäß § 18b des Pflanzenschutzgesetzes für welche Pestizide und für den
Import von behandelten Lebensmitteln erteilt, und welche dieser Genehmi-
gungen sind noch nicht verfristet?

14. Wie umfangreich sind die Mitteilungspflichten der Länder an das Bundes-
amt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Fällen einer auf
Antrag genehmigten Einzelfallanwendung; und in wie vielen Fällen hat das
Bundesamt vor der Genehmigung Stellung genommen?

15. Kann es auf Grund von Namensgleichheiten zu Missverständnissen und
Fehleinschätzungen bei der Beurteilung der Legalität der eingesetzten Pes-
tizide kommen?

Berlin, den 1. August 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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