BT-Drucksache 16/2312

Tätigkeit des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Zusammenhang mit illegalen Überwachungen von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst

Vom 25. Juli 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2312
16. Wahlperiode 25. 07. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion DIE LINKE.

Tätigkeit des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informations-
freiheit in Zusammenhang mit illegalen Überwachungen von Journalisten durch
den Bundesnachrichtendienst

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat über einen langen Zeitraum wieder-
holt und ohne Rechtsgrundlage Journalisten bespitzelt. Diese Vorgänge be-
schäftigen derzeit einen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages.

Nicht im Mittelpunkt dessen Untersuchungsauftrags stehen die Tätigkeiten so-
wie mögliche Versäumnisse anderer Bundeseinrichtungen, darunter auch des
Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI).
Dieser hat nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die Befugnis, „Einsicht
in alle Unterlagen, insbesondere in die gespeicherten Daten und in die Daten-
verarbeitungsprogramme“ zu nehmen (§ 24 BDSG). Das gilt auch für die
Datenbestände des Bundesnachrichtendienstes, es sei denn, dieser stellt fest,
dass bei Auskunft oder Einsicht „die Sicherheit des Bundes oder eines Landes“
gefährdet sei. Da es sich bei der Bespitzelung von Journalisten um eine illegale
Aktion gehandelt hat, würde eine entsprechende Einsichtnahme die Sicherheit
des Landes jedoch nicht gefährden, sondern allenfalls eine bereits vorgenom-
mene Gefährdung des Rechtsstaates aufdecken und beseitigen sowie den be-
troffenen Journalisten und anderen Bürgerinnen und Bürgern zu ihrem Recht
verhelfen. Medienberichten zufolge hat der BfDI allerdings bislang keinerlei
Initiativen in dieser Richtung ergriffen. Ein Referatsleiter der Behörde wird in
der „junge Welt“ vom 21. Juni 2006 mit den Worten zitiert: „Wir nutzen die uns
gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten nicht“.

Dem Bericht zufolge ist der BfDI vor allem deswegen bislang nicht tätig ge-
worden, weil er das gute Verhältnis zum BND nicht gefährden wollte. „Wir
sind nicht auf Konfrontation aus“, wird der Referatsleiter zitiert. Nach Ansicht
der Fragesteller handelte es sich hierbei um eine Rücksichtnahme auf die Be-
findlichkeit des BND, die angesichts des Ausmaßes des Überwachungsskan-
dals vollkommen unangebracht ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat der BfDI seit Bekanntwerden der rechtswidrigen Journalistenobserva-

tionen durch den BND versucht, beim BND Einsicht in Unterlagen zu neh-
men, um diesem Skandal nachzugehen, und wenn ja, wann, und mit welchem
Erfolg?

Wenn nein, wie beurteilt die Bundesregierung dies unter rechtsaufsicht-
lichen Aspekten (§ 22 Abs. 4 BDSG)?

Drucksache 16/2312 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Hat der Bundesnachrichtendienst dem BfDI die Einsicht im Zusammen-
hang mit der Bespitzelungsaffäre verweigert, und wenn ja, in welchen Fäl-
len, und mit welcher Begründung?

3. Wie oft ist der BfDI im vergangenen Jahr und in den ersten fünf Monaten
dieses Jahres beim Bundesnachrichtendienst vorstellig geworden, um Ein-
sicht in Unterlagen zu nehmen, und wie oft, und mit welcher Begründung
ist ihm diese Einsicht verweigert worden?

4. Müsste der BND dem BfDI nach Ansicht der Bundesregierung Einsicht in
die Akten gewähren, die für die Aufdeckung des Überwachungsskandals
und für die Überprüfung der Frage, inwieweit Daten von Journalisten
rechtswidrig erhoben und gespeichert worden sind, relevant sind, und wie
begründet die Bundesregierung ihre Ansicht?

5. Falls die Bundesregierung die vorangegangene Frage nicht generell bejaht,
ist sie der Ansicht, die Aufdeckung illegaler Arbeitsmethoden des BND
könne die Sicherheit des Bundes gefährden?

6. Ist die Bundesregierung der Ansicht, der BfDI solle bei seiner Tätigkeit auf
die Befindlichkeit von Behörden Rücksicht nehmen, und hat sie ihm dies
in irgendeiner Form nahe gelegt, und wie will die Bundesregierung aus-
schließen, dass dies zu Lasten des Datenschutzes geht?

7. Weisen die Aussagen des Referatsleiters, er wolle „im Einvernehmen mit
dem BND handeln“ und sei „nicht auf Konfrontation aus“ auf eine Haltung
hin, welche die Behörden des Bundes dem BfDI gegenüber einnehmen
bzw. einfordern, und wenn ja, hält die Bundesregierung eine solche Hal-
tung für angemessen angesichts der mittlerweile bekannt gewordenen
Dimensionen des Überwachungsskandals, und wie begründet sie ihre Auf-
fassung?

8. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass im Dienste
eines effizienten Datenschutzes durchaus auch Konfrontation notwendig
sein kann, und auf diese auch gegenüber dem BND nicht grundsätzlich
verzichtet werden darf, vor allem wenn BND-Angehörige massive Rechts-
verstöße begehen, und wie begründet sie ihre Auffassung?

9. Trifft die Darstellung des Referatsleiters beim BfDI zu, er habe schon öfter
Verstöße des BND gegen datenschutzrelevante Bestimmungen festgestellt,
diese aber nicht in seinem Jahresbericht erwähnt (junge Welt vom 21. Juni
2006), und wenn ja, um welche Verstöße handelt es sich dabei (bitte detail-
liert darlegen)?

10. Wie will die Bundesregierung ausschließen, dass angesichts der fehlenden
Konfrontationsbereitschaft des BfDI gegenüber dem BND in der Öffent-
lichkeit der Eindruck entsteht, der BfDI gehe Verstößen des Geheimdiens-
tes gegen datenschutzrelevante Bestimmungen nicht ernsthaft nach?

11. Trifft es zu, dass der BfDI unter anderem deswegen nicht versucht hat, Ein-
sicht in Unterlagen des BND zu nehmen, weil er zu wenig personelle Res-
sourcen hat, und wenn ja, welche Konsequenzen will die Bundesregierung
hieraus ziehen?

Berlin, den 17. Juli 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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