BT-Drucksache 16/2117

Einführung der Humusreproduktion und der Humusbilanzierung in das Dünge- und Bodenschutzrecht

Vom 30. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2117
16. Wahlperiode 30. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken,
Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, Peter Hettlich, Winfried Hermann,
Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl, Reinhard Loske und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einführung der Humusreproduktion und der Humusbilanzierung in das
Dünge- und Bodenschutzrecht

Ein ausreichender Humusanteil in Böden ist der wesentliche Faktor, um die
Bodenfunktionen zu gewährleisten und insbesondere eine hohe Bodenfruchtbar-
keit von landwirtschaftlichen Nutzflächen aufrechtzuerhalten. Dies beruht darauf,
dass der Humus für ein gutes Bodengefüge sorgt und die Wasserspeicher-
kapazität und die Erosionsstabilität der Böden erhöht. Es ist davon auszugehen,
dass die Erträge landwirtschaftlicher Kulturen auf humusverarmten Böden im
Jahresdurchschnitt bis zu 10 Prozent niedriger liegen als auf optimal humusver-
sorgten Böden. Dabei können die Erträge in normalen Jahren durchaus ver-
gleichbare Größenordnungen erreichen. Die Defizite treten in trockenen Jahren
umso stärker hervor.

Daneben sind im Bodenhumus sehr große Mengen an Kohlenstoff gespeichert.
Global gesehen ist der Boden ein größerer CO2-Speicher als die Atmosphäre
und die Gesamtheit der lebenden Organismen (Pflanzen, Tiere und Mikroorga-
nismen). Demnach kann eine Degradierung der Böden durch Humusabbau einen
relevanten Beitrag zur Erhöhung der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmos-
phäre und damit zum Klimawandel leisten. Umgekehrt könnte der Atmosphäre
Kohlendioxid entzogen werden, wenn es gelingen würde, den Humusanteil der
Böden, die als unterversorgt angesprochen werden können, global zu erhöhen.

Trotz dieser hohen Bedeutung standortspezifisch optimaler Humusgehalte in
den Böden sind Aspekte der Humuserhaltung und der Humusreproduktion
bisher nur begrenzt Teil der öffentlichen Umwelt- und Klimadiskussion. Auch
in das nationale und europäische Agrar-, Abfall-, Dünge- und Bodenschutzrecht
haben der Schutz der Böden vor Humusverlust bzw. eine klimaentlastende Hu-
musreproduktion bisher nur unzureichenden Eingang gefunden. Auch bei den
Strategien zur Abfallwirtschaft und zum Ressourcen- und Bodenschutz fehlt das
Thema weitgehend.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie stuft die Bundesregierung die Humusversorgung deutscher Böden ein?

2. Auf wie hoch schätzt die Bundesregierung den Flächenanteil von Humus-
mangelstandorten?

Drucksache 16/2117 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung einem standortgerecht aus-
reichenden und stabilen Humusgehalt in landwirtschaftlich, forstlich und
agroforstlich genutzten Böden Deutschlands aus Sicht der Erhaltung der
Bodenfruchtbarkeit bei?

4. Welchen Einfluss erwartet die Bundesregierung auf die Humusversorgung
der Böden infolge des Klimawandels?

5. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Schutz der Böden vor
Humusverlust aus Sicht des Klimaschutzes bei?

6. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung einer denkbaren Humusauf-
baustrategie für den Klimaschutz bei?

7. Sieht die Bundesregierung in einer Erhöhung des Humusanteils der Böden
eine Möglichkeit, dem Anstieg der Kohlendioxidkonzentration in der
Atmosphäre zu begegnen, und wenn ja, welche Maßnahmen wären geeig-
net, diese Kohlenstofffixierungspotenziale zu nutzen?

8. Hält die Bundesregierung es für möglich, den Faktor „gebundener Kohlen-
stoff im Boden“ in den Emissionshandel einzubeziehen?

9. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Humusauf- bzw. -abbau
für den Hochwasserschutz bei?

10. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Bodenverdichtung durch
landwirtschaftliche Maschinen im Hinblick auf die Humusversorgung unse-
rer Ackerböden bei?

11. Wie bewertet die Bundesregierung den Anbau der verschiedenen nach-
wachsenden Rohstoffe im Hinblick auf den Erhalt eines standortgerecht
ausreichenden Humusgehalts in landwirtschaftlichen Böden, und welche
Schlussfolgerungen zieht sie aus dieser Bewertung?

12. Welche Kulturen und landwirtschaftlichen Produktionsverfahren sind aus
Sicht der Bundesregierung im Hinblick auf den Schutz der Böden vor
Humusverlust zu bevorzugen?

13. Berücksichtigen die Potenzialabschätzungen für die Biomassenutzung, auf
die sich die Bundesregierung in ihrer Arbeit im Bereich der Bioenergien be-
zieht, die notwendige Humusreproduktion auf den landwirtschaftlichen
Nutzflächen, oder ist bei Realisierung dieser Potenziale von einem Verlust
an Humus auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen auszugehen?

14. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um für eine ausrei-
chende Humusversorgung der landwirtschaftlich genutzten Böden in
Deutschland zu sorgen?

15. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um für eine ausreichende
Humusversorgung auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen Deutschlands
zu sorgen?

16. Wie bewertet die Bundesregierung den VDLUFA-Standpunkt zur Humus-
bilanzierung?

17. Hält es die Bundesregierung für erforderlich, Vorschriften auf der Grund-
lage des VDLUFA-Standpunkts zur Humusbilanzierung in die Düngever-
ordnung aufzunehmen; und plant die Bundesregierung eine entsprechende
Initiative?

18. Hält es die Bundesregierung für erforderlich, den Schutz der Böden vor Ver-
lust an organischer Substanz ausdrücklich in die Vorschriften des Bundes-
bodenschutzgesetzes aufzunehmen, und plant die Bundesregierung eine

entsprechende Initiative?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/2117

19. Hält die Bundesregierung die Cross-Compliance-Anforderungen der EU für
die Humusbilanzierung bzw. das Humusmanagement sowie die Mindest-
gehalte an organischer Substanz auf landwirtschaftlichen Nutzflächen im
Sinne der Erhaltung der Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und
ökologischen Zustand für ausreichend?

20. Welche Forderungen erhebt die Bundesregierung für die Weiterentwicklung
und Umsetzung der Cross-Compliance-Anforderungen für die Humusbilan-
zierung auf EU-Ebene?

21. Welche Bemühungen unternimmt die Bundesregierung, um die Initiative
eines EU-Bodenschutzrechts zu unterstützen?

22. Wie fördert die Bundesregierung die Anwendungsforschung zur Aufklä-
rung der Wechselwirkungen zwischen Humus, Umwelt, Klima, Energie und
Ernährung?

23. Welche Unterstützung plant die Bundesregierung für den Erhalt und die um-
fassende Nutzung von Dauerfeldversuchen zu humuswirtschaftlichen Fragen?

24. Welche Schritte sind vorgesehen, um die Anforderungen an eine standort-
und nutzungsgerechte Humusversorgung von Böden auch auf nicht land-
wirtschaftliche Bereiche auszudehnen?

25. Welche Bedeutung kommt der getrennten Sammlung und stofflichen Ver-
wertung von Bioabfällen im Hinblick auf den Ausgleich von Humusbilanz-
defiziten bzw. der Anhebung von Humusgehalten in mit Humus unterver-
sorgten Böden in Zukunft zu?

26. Welche zusätzlichen Anreize zur stofflichen Verwertung von Bioabfällen
plant die Bundesregierung?

Berlin, den 29. Juni 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.