BT-Drucksache 16/1803

Vorbildfunktion von Prominenten bei der Zahlung von Steuern in Zeiten knapper Kassen

Vom 9. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1803
16. Wahlperiode 09. 06. 2006

Kleine Anfrage
des Abgeordneten Dr. Diether Dehm und der Fraktion DIE LINKE.

Vorbildfunktion von Prominenten bei der Zahlung von Steuern in Zeiten
knapper Kassen

Presseberichten zufolge soll der Vorsitzende des Organisationskomitees zur
Fußballweltmeisterschaft 2006, Franz Beckenbauer, Präsident des FC Bayern
München und Vizepräsident des DFB, aufgrund der Wahl seines Wohnsitzes
im österreichischen Kitzbühel in der Bundesrepublik Deutschland keine Ein-
kommensteuern zahlen oder deren Zahlung zumindest in beträchtlichem Um-
fang vermeiden, obgleich er zu den Spitzenverdienern in diesem Lande zählt.
Wegen dieser Praxis wurde er unlängst vom stellvertretenden Vorsitzenden der
Bayern-SPD, Florian Pronold, als „Steuerflüchtling“ bezeichnet. Im Vorfeld
der Fußballweltmeisterschaft zeigten sich häufig Vertreter und Vertreterinnen
der Bundesregierung, insbesondere Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, zu-
sammen mit Franz Beckenbauer in der Öffentlichkeit. Dies gibt Anlass zu der
Sorge, dass das Verhalten von Franz Beckenbauer durch die Bundesregierung
akzeptiert wird.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die Steuerflucht-Vorwürfe gegen-

über Franz Beckenbauer, und wie bewertet sie diese?
Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass das als Steuerflucht bezeichnete
Verhalten von Prominenten in repräsentativen Ämtern als Präzedenzfall
wahrgenommen wird und die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, die
gesetzlich vorgeschriebenen steuerlichen Abgaben abzuführen, senken
könnte, insbesondere vor dem Hintergrund von Sparmaßnahmen der öffent-
lichen Hand, die drastische Konsequenzen für die Betroffenen, etwa die
Empfänger und Empfängerinnen von Arbeitslosengeld II, haben?

2. Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung dagegen zu ergreifen,
dass der Eindruck entsteht, die Bundesregierung billige das Verhalten der
Steuerflucht, wenn sich hochrangige Vertreter und Vertreterinnen der Bun-
desregierung und insbesondere die Bundeskanzlerin mit Personen, gegen die
der Vorwurf der Steuerflucht erhoben wird, in der Öffentlichkeit zeigen und
diese Personen repräsentative Aufgaben im Zusammenhang mit der Aus-
richtung der WM wahrnehmen?
Wie kann die psychologische Wirkung auf das Leitungspersonal von Kon-
zernen und Großbanken verhindert werden, welches sich angesichts dieser
öffentlichen Akzeptanz dazu ermuntert sehen könnte, ebenfalls das Steuer-
ausland zur Steuervermeidung zu nutzen?

Berlin, den 9. Juni 2006

Dr. Diether Dehm
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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