BT-Drucksache 16/1777

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - Wirkung der unbegrenzten Entleihdauer

Vom 7. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1777
16. Wahlperiode 07. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – Wirkung der unbegrenzten Entleihdauer

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wurde 2002 grundlegend novel-
liert. Unter anderem entfiel mit Wirkung vom 1. Januar 2004 die vorherige Be-
schränkung der Arbeitnehmerüberlassung auf 24 Monate. Leiharbeiter können
seitdem ohne zeitliche Begrenzung demselben Entleiher überlassen werden.

In dem im September 2005 veröffentlichten Zehnten Bericht der Bundesregie-
rung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungs-
gesetzes – AÜG – (Bundestagsdrucksache 15/6008) heißt es: „Betrachtet man
den nominalen Zuwachs in der Leiharbeit, ist auch zu berücksichtigen, dass es
sich nicht immer um zusätzliche neue Arbeitsplätze handelt. Besonders bei
Großbetrieben sind Tendenzen erkennbar, Stammpersonal durch Leiharbeitneh-
mer zu substituieren. Zum Teil werden Mitarbeiter entlassen, um sie über hau-
seigene Verleihfirmen zumeist zu ungünstigeren Tarifbedingungen in den alten
Betrieb zurückzuentleihen. […] Begründet wird diese Vorgehensweise vor al-
lem mit dem […] Kostendruck. Bei den neu gegründeten Gesellschaften gelten
für die überlassenen Arbeitnehmer nicht mehr die Tarifbestimmungen des
öffentlichen Dienstes und deren Zusatzversorgungssysteme.“ (S. 22).

Tatsächlich häufen sich Beschwerden über diese Praxis. So hat beispielsweise der
Deutsche Journalisten-Verband Anfang Mai d. J. eine Liste veröffentlicht, die
neun Zeitungsverlage aufzählt, die ihre Redaktionen über Leiharbeit besetzen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchem Umfang, aufgeschlüsselt nach Unternehmen und Anzahl der
betroffenen Mitarbeiter, hat nach Kenntnis der Bundesregierung die oben
geschilderte Praxis der Zurückverleihung seit Beginn 2004 stattgefunden:

a) insgesamt,

b) im Gesundheitswesen,

c) bei Verkehrsbetrieben,

d) bei anderen öffentlich-rechtlichen Einrichtungen der Kommunen,
e) bei Flughäfen,

f) im Medienbereich?

2. Welchen Anteil an der Arbeitnehmerüberlassung insgesamt hat diese Praxis
nach Kenntnis der Bundesregierung?

Drucksache 16/1777 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Wie beurteilt die Bundesregierung diese Praxis, und teilt sie die Einschät-
zung, dass die Entwicklung der Zurückverleihung den Zielen der Reform des
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zuwiderläuft?

4. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die durch das Handels-
gesetzbuch eröffnete Möglichkeit der Verbuchung von Personalkosten von
Zeitarbeitnehmern als Sachkosten statt als Personalkosten mit dazu beigetra-
gen hat, dass die Praxis der Zurückverleihung für Unternehmen attraktiv ist?

5. Plant die Bundesregierung Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
oder im Handelsgesetzbuch zur Unterbindung dieser Praxis?

a) Wenn nein, warum nicht?

b) Wenn ja, welche konkrete Änderungen sind in der Diskussion?

Berlin, den 7. Juni 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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