BT-Drucksache 16/1695

Vorstellungen der Bundesregierung zum Verbot von NPD-Aufmärschen während und nach der Fußball-WM

Vom 30. Mai 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1695
16. Wahlperiode 30. 05. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE.

Vorstellungen der Bundesregierung zum Verbot von NPD-Aufmärschen
während und nach der Fußball-WM

Der Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, hat sich Presseberich-
ten zufolge für ein temporär beschränktes Verbot von NPD-Aufmärschen aus-
gesprochen. Im Interview mit dem Berliner Tagesspiegel vom 15. Mai 2006
äußerte der Minister auf die Aussage „Ein anderes Extrem wären Aufmärsche
der NPD zur WM“ folgendermaßen: „In dem Maße, wie man es verbieten
kann, wird das verboten. Während einer WM liegt ein Missbrauch vor. Wenn
einer für verrückte Dinge auf die Straße gehen will, soll er das machen, aber
bitte nicht, wenn die ganze Welt auf uns schaut.“ Etwas weniger weit gehend
äußert sich der Beauftragte für die Sicherheitsbelange der WM im Bundes-
ministerium des Innern laut der Zeitung „DIE WELT“ vom 6. Mai 2006: Der
Beauftragte rechne damit, so die Zeitung, dass Anträge der Rechtsradikalen mit
hohen Auflagen versehen werden, um die Aufmärsche wirksam zu erschweren.
Anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts bekräftigte der
Bundesminister des Innern, er wolle „alles daran setzen, dass die Fußball-Welt-
meisterschaft nicht von extremistischen Organisationen zur Verbreitung ihrer
verabscheuungswürdigen Gedanken missbraucht werden kann.“

Nach Ansicht der Fragesteller ist ein entschiedenes Vorgehen gegen Rechts-
extremismus und Neofaschismus unbedingt zu begrüßen – es ist allerdings
auch dann geboten, wenn gerade keine Weltmeisterschaft stattfindet. Anders-
herum sieht das Grundgesetz keine Sondergesetzgebung für Zeiten von Fuß-
ballweltmeisterschaften vor, so dass aus Sicht der Fragesteller die Entschei-
dung, NPD-Aufmärsche zu verbieten, vollkommen unabhängig vom zeitlichen
Zusammentreffen mit Fußballweltmeisterschaften zu treffen ist. Der Aspekt,
dass „die ganze Welt auf uns schaut“, kann nicht Richtschnur des rechtsstaat-
lichen und antifaschistischen Verständnisses sein, da Neofaschismus auch dann
ein Verbrechen ist, wenn unbemerkt von der Weltöffentlichkeit Volksverhet-
zung propagiert wird. Antifaschismus darf nicht auf eine Frage des Images
reduziert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Teilt die Bundesregierung die im zitierten Interview zum Ausdruck kom-

mende Einschätzung des Bundesministers des Innern, Dr. Wolfgang
Schäuble, NPD-Aufmärsche während der Fußball-WM stellten einen Miss-
brauch dar, und wenn ja,

a) was genau wird dabei aus Sicht der Bundesregierung missbraucht, die
WM, das Versammlungsrecht oder die NPD?

Drucksache 16/1695 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
b) Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen und welche
Hilfen will sie anderen Behörden gewähren, um diesen Missbrauch zu
verhindern?

2. Teilt die Bundesregierung die im Interview zum Ausdruck kommende
Einschätzung des Bundesministers des Innern, NPD-Aufmärsche könnten
während der Fußball-WM eher verboten werden als sonst, und wenn ja, wie
begründet die Regierung ihre Ansicht?

3. Welche – im Vergleich zu WM-losen Zeiten – zusätzlichen Gründe sprechen
aus Sicht der Bundesregierung während der Fußball-WM dafür, NPD-Auf-
märsche zu verbieten?

4. Wieso spricht sich die Bundesregierung nicht auch außerhalb von WM-Zei-
ten dafür aus, NPD-Aufmärsche zu verbieten?

5. Trifft der Eindruck der Fragesteller zu, es gehe der Bundesregierung mehr
um das „Ansehen“ Deutschlands im Ausland als um die saisonal unabhän-
gige Bekämpfung des Rechtsextremismus?

6. Teilt die Bundesregierung die im zitierten Interview zum Ausdruck kom-
mende Meinung des Bundesministers des Innern, „verrückte Dinge“, zu
denen im genannten Kontext NPD-Aufmärsche gehören, solle man
„machen“, außer es sei gerade eine Weltmeisterschaft, und wenn ja, warum?

Berlin, den 29. Mai 2006

Ulla Jelpke
Sevim Dagdelen
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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