BT-Drucksache 16/14083

Tabun-Giftgasgranaten vor Helgoland

Vom 24. September 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/14083
16. Wahlperiode 24. 09. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill,
Paul Schäfer (Köln) und der Fraktion DIE LINKE.

Tabun-Giftgasgranaten vor Helgoland

Laut Hamburger Abendblatt und ZDF vom 17. Juni 2009 lagern ungefähr 4 Ki-
lometer südlich der Helgoländer Küste rund 90 Tonnen Giftgasgranaten, die
dort von den Alliierten nach Ende des Zweiten Weltkrieges versenkt worden
sind. Bei dem Giftgas handele es sich um Tabun, einem Nervengift und Kampf-
stoff auf Phosphorsäureester-Basis aus dem Dritten Reich. Laut „Hamburger
Abendblatt“ habe der Meeresbiologe und Munitionsaltlasten-Experte Dr. Stefan
Nehring im vorigen Jahr in Archiven Dokumente entdeckt, die belegten, dass
am Meeresboden vor Helgoland besagte zirka 6 000 Giftgasgranaten lagerten.
Trotz Untersuchungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie
im Januar 2009 hüllten sich Bundes- und Landesbehörden aber weiter in
Schweigen. Nach Aussage von Dr. Stefan Nehring in dem ZDF-Bericht besteht
die Gefahr, dass die in rund 50 Meter Tiefe lagernden Granaten ihr hoch
wasserlösliches Nervengift verlieren könnten. Der Bericht verweist ferner auf
eine augenscheinliche Erkundungsfahrt des Vermessungs-, Wracksuch- und
Forschungsschiffs „Atair“ in diesem Jahr in das Gebiet, deren Ergebnisse aber
nicht öffentlich seien.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sind die Archivrecherchen zu den Helgoländer Tabunfunden inzwischen
durch eigene Untersuchungen der Bundesregierung oder der zuständigen
Landesbehörden verifiziert worden, und wenn ja, mit welchem Ergebnis,
und wenn nein, warum nicht?

2. Welche Ergebnisse brachten Fahrten des Vermessungs-, Wracksuch- und For-
schungsschiffs „Atair“ im Zusammenhang mit den Tabun-Giftgasgranaten
vor Helgoland?

3. Sind weitere Untersuchungen geplant?

4. Welchen Zustand haben die Giftgasgranaten gegenwärtig und bestehen nach
Auffassung der Bundesregierung heute oder in Zukunft Gefahren für
Mensch und Umwelt, die die von den Giftgasgranaten ausgehen?
5. Wie wird dafür Sorge getragen, dass nicht versehentlich Tabun-Granaten,
beispielsweise durch Fischernetze, an die Oberfläche verbracht werden?

6. Welche Überlegungen gibt es, das Nervengas durch eine chemische Behand-
lung vor Ort zu entgiften?

Drucksache 16/14083 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
7. Sieht sich die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des
„Deutschen Reiches“ in der Pflicht, die Kosten für eine sichere Entgiftung
der Giftgasgranaten zu tragen?

Berlin, den 19. September 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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