BT-Drucksache 16/13700

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/13056- Soziale Fortschrittsklausel in die EU-Verträge einfügen

Vom 1. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13700
16. Wahlperiode 01. 07. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
(21. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche,
Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/13056 –

Soziale Fortschrittsklausel in die EU-Verträge einfügen

A. Problem

Die Antragsteller sehen durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichts-
hofes (EuGH) die Idee eines sozialen Europas bedroht und den Schutz der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Grundfreiheiten des Binnenmarkts
untergeordnet. Sie berufen sich auch auf Forderungen von Gewerkschaften, auf
europäischer Ebene wirksam gegen Lohndumping vorzugehen.

B. Lösung

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, sich auf europäischer
Ebene für die Festschreibung einer sogenannten sozialen Fortschrittsklausel ein-
zusetzen, mit der ein Vorrang sozialer Grundrechte vor den Grundfreiheiten fest-
geschrieben wird.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht ermittelt.

Drucksache 16/13700 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/13056 abzulehnen.

Berlin, den 1. Juli 2009

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Gunther Krichbaum
Vorsitzender

Michael Stübgen
Berichterstatter

Dr. Martin Schwanholz
Berichterstatter

Markus Löning
Berichterstatter

Dr. Diether Dehm
Berichterstatter

Manuel Sarrazin
Berichterstatter

Michael Stübgen
Berichterstatter

Dr. Martin Schwanholz
Berichterstatter

Markus Löning
Berichterstatter

Dr. Diether Dehm Manuel Sarrazin
1. Überweisung und Voten der mitberatenden
Ausschüsse

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktion
DIE LINKE. auf Drucksache 16/13056 in seiner 224. Sit-
zung am 28. Mai 2009 beraten und federführend an den Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
sowie mitberatend an den Ausschuss für Arbeit und Soziales
überwiesen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
128. Sitzung am 17. Juni 2009 mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzu-
lehnen.

2. Inhalt der Vorlage

Mit ihrem Antrag kritisiert die Fraktion DIE LINKE. die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in
den Fällen EuGH-Urteil vom 3. April 2008 – C-346/06 (Dirk
Rüffert/Land Niedersachsen), EuGH-Urteil vom 18. Dezem-
ber 2007 – C-341/05 (Laval un Partneri Ltd/Svenska Bygg-
nadsarbetareförbundet u. a.), EuGH-Urteil vom 11. Dezem-
ber 2007 – C-438/05 (International Transport Workers’
Federation u. a./Viking Line ABP u. a.) und EuGH-Urteil
vom 19. Juni 2008 – C-319/06 (Kommission/Luxemburg).

Der Deutsche Bundestag soll nach dem Willen der Antrag-
steller die Bundesregierung deshalb auffordern,

– Initiative für ein die EU-Verträge ergänzendes Protokoll
mit einer sogenannten sozialen Fortschrittsklausel zu er-
greifen, mit der ein Vorrang sozialer Grundrechte vor der
Niederlassungsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit, Kapi-
tal- und Warenverkehrsfreiheit primärrechtlich festge-
schrieben wird,

– eine Erklärung des Europäischen Rates und eine gemein-
same Vereinbarung der EU-Institutionen mit dem Inhalt
dieser sozialen Fortschrittsklausel zu initiieren,

- nur solche Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl
des neuen EU-Kommissionspräsidenten und der übrigen
Kommissionsmitglieder zu unterstützen, die sich zu die-
ser Vereinbarung bekennen.

3. Behandlung im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat über den Antrag auf Drucksache 16/13056 in sei-
ner 87. Sitzung am 17. Juni 2009 beraten und abgestimmt.

Mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
hat der Ausschuss dem Deutschen Bundestag die Ablehnung
empfohlen.

Die Fraktion DIE LINKE. vertrat die Ansicht, im Hin-
blick auf die Rechtsprechung des EuGH sei eine primär-
rechtliche soziale Forschrittsklausel zum Schutz sozialer
Grundrechte und Grundwerte unverzichtbar, unabhängig
davon, ob der Lissabon-Vertrag in Kraft trete. Sie wies dar-
auf hin, die Fraktion der SPD habe sich in einem gemein-
samen Positionspapier mit dem DGB für eine soziale Fort-
schrittsklausel dergestalt ausgesprochen, „dass weder die
wirtschaftlichen Grundfreiheiten noch Wettbewerbsregelun-
gen Vorrang vor sozialen Grundrechten haben. Die sozialen
Grundrechte müssen im Konfliktfall vorgehen.“ Ähnliche
Verabredungen habe es auch zwischen dem DGB und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie dem DGB
und der Fraktion DIE LINKE. gegeben.

Die Fraktion der CDU/CSU bewertete den Antrag als
populistisch. Es sei absurd, Änderungen zum Vertrag von
Lissabon zu fordern, wenn man diesen ablehne. Dem Ziel,
soziale Probleme europaweit besser zu regeln, werde der
Antrag nicht gerecht.

Die Fraktion der SPD erinnerte daran, dass die Idee für
eine soziale Fortschrittsklausel von ihrer Fraktion stamme.
Diese mache aber tatsächlich nur Sinn, wenn man sich
zugleich klar zum Vertrag von Lissabon bekenne. Im Übri-
gen sei der originäre Gedanke einer sozialen Fortschritts-
klausel nicht die Festschreibung eines generellen Vorrangs
der sozialen Grundrechte, sondern eine sorgfältige Abwä-
gung der Grundrechte mit den Grundfreiheiten. Mithin sei
zwar das Ziel einer sozialen Fortschrittsklausel, nicht hin-
gegen der Antrag in seiner vorgelegten Form unterstützens-
wert.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte das
Anliegen der Fraktion DIE LINKE. generell, bemängelte
allerdings, dass sie in ihrem Antrag keine konkreten Krite-
rien für die Ausgestaltung der sozialen Fortschrittsklausel
vorgibt. Somit erteile sie der Bundesregierung einen Blanko-
scheck für die Umsetzung der Klausel.

Alle Fraktionen verwiesen auf ihre Wortbeiträge in der
224. Sitzung des Deutschen Bundestages am 28. Mai
2009.

Berlin, den 1. Juli 2009
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13700

Bericht der Abgeordneten Michael Stübgen, Dr. Martin Schwanholz, Markus
Löning, Dr. Diether Dehm und Manuel Sarrazin
Berichterstatter Berichterstatter

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