BT-Drucksache 16/13664

zu dem Antrag der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/13060- Keine Sonderstellung der Bundeswehr an Schulen

Vom 1. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13664
16. Wahlperiode 01. 07. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche,
Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/13060 –

Keine Sonderstellung der Bundeswehr an Schulen

A. Problem

Die Fraktion DIE LINKE. fordert in ihrem Antrag, die gegenwärtige Praxis des
Bundesministeriums der Verteidigung, eigene Kapazitäten für die schulische
Bildung zu unterhalten, zu beenden. Die privilegierte Einflussnahme über
Jugendoffiziere der Bundeswehr auf minderjährige Schülerinnen und Schüler
sei mit den Grundsätzen der politischen Bildung an Schulen nicht zu verein-
baren, wie sie im Beutelsbacher Konsens von 1976 festgelegt worden sind.
Dieser Konsens legt ein Überwältigungsverbot, Kontroversität sowie Schüler-
orientierung als Prinzipien für den Unterricht fest. Die Bundeswehr ist der
Antragstellerin zufolge weder unabhängig noch in der Lage, glaubwürdig die
Vielfalt der unterschiedlichen Ansätze zur Wehrpflicht, zum Auftrag der Bun-
deswehr und zu den Zielen der Außen- und Sicherheitspolitik darzustellen. Die
Jugendoffiziere verfolgten mit ihrer Arbeit an den Schulen im Wesentlichen drei
Ziele: die Legitimation für den auch völkerrechtswidrigen Einsatz der Bundes-
wehr als Instrument der Außenpolitik, die indirekte Nachwuchsgewinnung und
die Informationssammlung über die Meinungslage unter Jugendlichen zur Ver-
besserung der eigenen Werbestrategie.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.
C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/13664 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/13060 abzulehnen.

Berlin, den 1. Juli 2009

Der Verteidigungsausschuss

Ulrike Merten
Vorsitzende

Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)
Berichterstatter

Jörn Thießen
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Paul Schäfer (Köln)
Berichterstatter

Omid Nouripour
Berichterstatter

Berlin, den 1. Juli 2009

Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Jörn Thießen Birgit Homburger
I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/13060 in seiner 227. Sitzung am 18. Juni 2009 an den
Verteidigungssausschuss zur federführenden Beratung und
an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie den Aus-
schuss für Kultur und Medien zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 93. Sit-
zung am 1. Juli 2009 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die
Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat den Antrag in seiner 90. Sitzung am
1. Juli 2009 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung
des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat den Antrag in
seiner 82. Sitzung am 1. Juli 2009 beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Verteidigungsausschuss hat die Vorlage in seiner
110. Sitzung am 1. Juli 2009 abschließend beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU bezeichnet den Antrag als är-
gerlich, da er auf falschen Annahmen basiere und mit Unter-
stellungen arbeite. So stelle die Bundeswehr weder militäri-
sches Gerät auf Schulhöfen aus noch sei der Beutelsbacher
Konsens verlassen worden. Auch würden schon seit 2003
keine Schießübungen mehr angeboten. Die Jugendoffiziere
leisteten seit vielen Jahren an den Schulen hervorragende
Arbeit, indem sie in der Diskussion mit den Schülern Grund-
lagen der Sicherheitspolitik vermittelten. Im Übrigen habe
bereits 1972 der damalige Bundeskanzler Brandt in einem
Schreiben an die Kultusminister der Länder darauf hinge-
wiesen, dass zur Erfüllung der Wehrpflicht eine entsprechen-
de Informierung aller Schüler notwendig sei.

Die Fraktion der SPD betont, dass die Jugendoffiziere in
den Schulen ihren Teil zu der von allen gewünschten breiten
sicherheitspolitischen Debatte beitrügen. Es sei richtig, da-
rauf zu achten, dass bei der Präsentation des Themas gegen-
über den Schülern gewisse Standards eingehalten würden,
obwohl die Jugendoffiziere sich durch einen hohen Bil-
dungsgrad und große Sensibilität auszeichneten. Die im An-
trag enthaltenen Unterstellungen seien aber zurückzuweisen.
Die Wahrnehmung von Jugendoffizieren als Teil einer mili-
tarisierten Gesellschaft sei für niemanden nachvollziehbar,
der ihre Arbeit kenne. Vielmehr würden die Jugendoffiziere
die parlamentarische Arbeit durchaus kritisch begleiten und
insofern von den Jugendlichen als ernsthafte Gesprächspart-
ner wahrgenommen.

Die Fraktion der FDP unterstreicht die Ausführungen der
Vorredner und kritisiert, dass der Antrag ein völlig unzutref-
fendes Bild von der Arbeit der Jugendoffiziere zeichne. Es
sei in keiner Weise erkennbar, dass bei der Vermittlung von
Sicherheitspolitik an Schulen auf Pluralität und Kontroversi-
tät verzichtet werde. Im Übrigen werde im Antrag die ideo-
logische Argumentation erneuert, dass Auslandseinsätze der
Bundeswehr völkerrechtswidrig seien. Außerdem sei es
zwar richtig, dass Bildungspolitik grundsätzlich Sache der
Bundesländer sei, doch gebe es ein Einvernehmen mit den
Kultusministerien der Länder hinsichtlich der Tätigkeit der
Jugendoffiziere, die insofern auch unter diesem Gesichts-
punkt nicht zu kritisieren sei.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass die Jugendoffiziere
in einer Doppelfunktion in die Schulen kämen. So gehe es
nicht nur um die Vermittlung von Sicherheitspolitik, sondern
auch um Rekrutierungen für die Bundeswehr. Die exklusive
Stellung der Jugendoffiziere bezüglich der Vermittlung von
Sicherheitspolitik an Schulen sei nicht zu rechtfertigen, zumal
die Jugendoffiziere keine neutrale Position einnehmen wür-
den. Es müsse sichergestellt werden, dass auch Vertreter ande-
rer Meinungen, z. B. Kriegsdienstgegner, in die Lage versetzt
würden, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Nur so könne dem
Pluralitätsgebot tatsächlich Rechnung getragen werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führt aus, dass
die Bundeswehr in der Tat kaum ein ausgewogenes Bild bei
der Darstellung von Sicherheitspolitik bieten könne. Es sei
sinnvoll, auch Vertreter anderer Ressorts einzubeziehen.
Dies spreche jedoch nicht gegen den Einsatz von Jugend-
offizieren. Im Übrigen sei es falsch, dass es zu deren Aufga-
ben gehören würde, vermeintlich völkerrechtswidrige Aus-
landseinsätze der Bundeswehr zu legitimieren. Außerdem
sei der Einsatz der Jugendoffiziere für eine Verbesserung der
gesellschaftlichen Akzeptanz der Streitkräfte nicht mit der
Rekrutierung von Personal gleichzusetzen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13664

Bericht der Abgeordneten Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Jörn Thießen, Birgit
Homburger, Paul Schäfer (Köln) und Omid Nouripour
Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin

Paul Schäfer (Köln)
Berichterstatter

Omid Nouripour
Berichterstatter

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