BT-Drucksache 16/13663

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/13398- Kein Genmais-Anbau gegen den Willen der Bürger in der EU

Vom 1. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13663
16. Wahlperiode 01. 07. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Cornelia Behm,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/13398 –

Kein Genmais-Anbau gegen den Willen der Bürger in der EU

A. Problem

Die EU-Kommission schlägt vor, zwei neue gentechnisch veränderte Maislinien
für den Anbau in der EU zuzulassen. Ferner prüft sie eine Verlängerung der
1997/98 erteilten Anbauzulassung für den Mais MON810. Im Dezember 2008
hat der EU-Umweltministerrat eine unzureichende Risikoprüfung bei Zulassun-
gen von gentechnisch veränderten Organismen festgehalten. Insbesondere müs-
sen sowohl ökologische als auch sozio-ökonomische Aspekte stärker als bisher
einbezogen werden.

Das weitere Vorgehen der EU-Kommission in Fragen der Agro-Gentechnik ist
derzeit unklar.

Deutschland hat bei den Entscheidungen auf EU-Ebene entscheidendes Gewicht
und sollte dieses Gewicht auch nutzen, um die Interessen der Bürgerinnen und
Bürger durchzusetzen, die in ihrer großen Mehrheit die Bedenken gegen den
Anbau von gentechnisch veränderten Mais teilen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/13663 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/13398 abzulehnen.

Berlin, den 1. Juli 2009

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ulrike Höfken
Vorsitzende und Berichterstatterin

Dr. Max Lehmer
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Hinsichtlich Glyphosat hätten sowohl das Bundesamt für
Risikobewertung als auch das Bundesamt für Verbraucher-
III. Beratungsverlauf im Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-

schutz und Lebensmittelsicherheit keine Gefährdung für
Bürgerinnen und Bürger festgestellt. Zudem bevorzuge man
bezüglich der Sicherheit eines Herbizids andere Informa-
tionsquellen als das argentinische Militär. Festzustellen sei
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13663

Bericht der Abgeordneten Dr. Max Lehmer, Dr. Wilhelm Priesmeier,
Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Kirsten Tackmann und Ulrike Höfken

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/13398 in seiner 227. Sitzung am 18. Juni 2009 beraten
und an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die EU-Kommission schlägt erstmalig seit 1998 die Zulas-
sung von zwei neuen gentechnisch veränderte Maislinien
(Bt11-Mais des Unternehmens Syngenta und Bt-Mais 1507
des Unternehmens Pioneer) für den Anbau in der EU vor.
Des Weiteren prüft sie eine Verlängerung der bereits 1997/98
erteilten Anbauzulassung für den Mais MON810 des Unter-
nehmens Monsanto in der EU. Der EU-Umweltministerrat
hat im Dezember 2008 in seinen Schlussfolgerungen unter
anderem die unzureichende Risikoprüfung bei Zulassungen
von gentechnisch veränderten Organismen festgehalten. Ins-
besondere müssen sowohl ökologische als auch sozio-öko-
nomische Aspekte stärker als bisher einbezogen werden.

In verschiedenen Ländern bestehen gegen den Anbau des
bislang einzigen in der EU zugelassenen gentechnisch ver-
änderten Mais der Sorte MON810 erhebliche Bedenken, die
diese dazu veranlassten, nationale Schutzklauseln zu verhän-
gen. Im März 2009 beschloss der EU-Umweltrat, die natio-
nalen Verbote in Österreich und Ungarn für den Anbau von
MON810 nicht aufzuheben. Auch Deutschland hat aufgrund
der Annahme, gentechnisch veränderter Mais der Linie
MON810 stelle eine Gefahr für die Umwelt dar, ein nationa-
les Anbauverbot erlassen. Das weitere Vorgehen der EU-
Kommission in Fragen der Agro-Gentechnik ist derzeit un-
klar.

Die Bundesregierung soll daher im Wesentlichen dazu auf-
gefordert werden,

– am Verbot von MON810 festzuhalten und sich auf
EU- Ebene gegen eine Verlängerung der Zulassung einzu-
setzen;

– keiner Zulassung neuer Sorten zuzustimmen, für die die
gleichen Bedenken wie für MON810 gelten;

– auf EU-Ebene die Position solcher Mitgliedstaaten zu un-
terstützen, die nationale Anbauverbote für Genmais er-
lassen haben oder noch erlassen werden;

– selbst Initiativen zu starten mit dem Ziel einer Rechtsän-
derung auf EU-Ebene, damit sich Länder und Gemeinden
grundsätzlich zu GVO-freien Anbaugebieten erklären
können.

Die Fraktion der CDU/CSU stellte fest, der Antrag laufe
auf ein Apriori-Verbot von gentechnisch veränderten Orga-
nismen (GVO) hinaus, weshalb man ihn ablehne. Man habe
eine rechtliche Prüfung dahingehend verlangt, ob nach euro-
päischem Recht eine Ausweisung GVO-freier Anbaugebiete
möglich sei. Die bisherigen diesbezüglichen Antworten er-
möglichten dies jedoch nicht.

Die Zulassung neuer Sorten und die Behandlung möglicher,
damit verbundener Probleme obliege der EFSA und den
deutschen Fachbehörden. Daher stimme man einer pauscha-
len Ablehnung jeglicher Zulassung nicht zu. Der Wille der
Bevölkerung könne im Hinblick auf innovative Techno-
logien am besten mit echter Wahlfreiheit gewährleistet wer-
den. Dazu gehörten nicht Verbote und Restriktionen, son-
dern transparente Verfahren, eine Kennzeichnung und alles,
was die Entscheidungsfähigkeit und die freie Entscheidung
des Bürgers ermögliche.

Die Fraktion der SPD erklärte, man könne dem vorliegen-
den Antrag aus verschiedenen Gründen nicht zustimmen.
MON810 sei an sich obsolet. Vielmehr gehe es dabei um
eine prinzipielle Frage. Künftig müssten eine Reihe von Vor-
gaben ernsthaft überprüft werden. Im Zusammenhang mit
Glyphosat und der diesbezüglichen Argumentation sei frag-
lich, ob eine ein Verbot rechtfertigende Gefährdung vorliege.
Angesichts dieser Maßgaben halte man es nicht für erforder-
lich, Glyphosat aus dem Verkehr zu ziehen. Man lege großen
Wert darauf, dass Entscheidungen über Zulassungen nur
nach gründlicher Prüfung durch die EFSA herbeigeführt
würden. Durch verbesserte Funktionalität der EFSA und
schnellere Zulassungsverfahren seien Grundlagen geschaf-
fen worden, die eine ordnungsgemäße Beurteilung auch
erlaubten.

Die Fraktion der FDP stellte fest, der vorliegende Antrag
sei aktionistisch. Nicht nachvollziehbar sei auch, aus
welchen Gründen ein Landwirt seine Kühe nicht beispiels-
weise mit MON810-Mais füttern dürfe, nur weil eine Bürge-
rin bzw. ein Bürger irgendwo in Deutschland gegen den An-
bau dieser Maissorte sei. Zudem sei die inhaltliche
Grundlage des Antrags falsch, weshalb man ihn ablehne.
Verschiedene Studien belegten, dass sich MON810 in der
Praxis bewährt habe. So habe die Studie der TU München
nachgewiesen, dass es sich um ein sicheres Fütterungsmittel
handele. Eine kürzlich veröffentlichte Studie in Frankreich
belege zudem, dass die Einwirkungen auf Nicht-Ziel-Orga-
nismen im Vergleich zur Bekämpfung entsprechender Insek-
ten mit Pflanzenschutzmitteln deutlich geringer seien. Ein
Festhalten am Verbot von MON810 habe nicht das Ziel,
Menschen zu schützen, sondern Angstpolitik zu betreiben.
cherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 16/13398 in sei-
ner 110. Sitzung am 1. Juli 2009 abschließend beraten.

ferner, dass die auf wissenschaftlicher Grundlage erzielten
Ergebnisse der EFSA sich in der Praxis bewährt hätten und

des Antrags sei mit Blick auf eine Entscheidung der EFSA
zu MON810, wonach dessen Zulassung empfohlen werde,
die Bundesregierung aufzufordern, an ihrer bisherigen Ein-
schätzung festzuhalten, und diese auf EU-Ebene zu vertre-

der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE., den Antrag auf Drucksache 16/13398
abzulehnen.

Berlin, den 1. Juli 2009

Dr. Max Lehmer
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Ulrike Höfken
Berichterstatterin
Drucksache 16/13663 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

von der Fachwelt bestätigt würden. Daher setze sich die
Fraktion der FDP für auf wissenschaftlicher Grundlage ba-
sierende Zulassungen von transgenen Pflanzen in der EU ein
und lehne die politisch motivierte Kritik am Zulassungsver-
fahren der EFSA ab.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, man werde sich bei
dem vorliegenden Antrag aus verschiedenen Gründen der
Stimme enthalten. Der Formulierung „keine Zulassung von
Sorten, bei denen gleiche Bedenken bestehen wie bei
MON810“ könne man nicht folgen. Vielmehr seien auch
über MON810 hinausgehende objektive Entscheidungskri-
terien, etwa ökologische und gesundheitliche Risiken, not-
wendig. Das Thema sei viel zu wichtig, als dass es kurz vor
Ende der Legislaturperiode dazu benutzt werden sollte, die
SPD vorzuführen. Die fallbezogene Bewertung der Risiken
durch die EFSA stelle ein Problem dar. Es würden lediglich
Einzelergebnisse erzielt. Eine Prüfung kumulativer Auswir-
kungen der grünen Gentechnik unterbliebe jedoch. Insofern
seien die Zulassungskriterien als Frühwarnsystem ungeeig-
net. Angesichts eines fehlenden Frühwarnsystems sei es im
Zusammenhang mit dem Vorsorgegedanken höchst proble-
matisch vorzugeben, dass keine Probleme vorhanden seien.

Vor dem Hintergrund bedenklicher Zulassungsverfahren
teile man jedoch das Anliegen, nationale Anbauverbote zu
unterstützen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legte dar, Ziel

ten. Hinsichtlich der zukünftigen Zulassung der Produkte
Bt11 und Bt1507 gebe es aufgrund deren Herbizidresistenz
besorgniserregende Studien aus Argentinien und Frankreich.
Roundup sei ein Pestizid, das im Gesamtpaket mit Bt11 und
Bt1507 zur Geltung komme. Bei untersuchten Amphibien
lägen Hinweise auf tatsächliche embryonale Schädigungen
vor. In Argentinien hätten Untersuchungen ergeben, dass
eine Verbindung mit Missbildungen an Menschen bestehe.
Daher sei dort der Wirkstoff bzw. das Soja-Produkt verboten
worden. Zudem habe die EU-Kommission eine Überprüfung
des Wirkstoffes unter der Federführung Deutschlands
beschlossen. Jedenfalls würden Formulierungskomponenten
dieses Stoffes als toxisch angesehen. Dies sei bei einer
Genehmigung der Pflanzen Bt11 und Bt1507 zu beachten.
Das Zulassungsverfahren der EFSA sei erheblich umstritten.
Ihre Herangehensweise bei der Untersuchung gentechnisch
veränderter Organismen im Hinblick auf substanzielle Äqui-
valenz sei nicht akzeptabel, weshalb die Ergebnisse der
EFSA hinterfragt werden müssten. Eine Prüfung der tatsäch-
lich veränderten Proteine, wie es die Freisetzungsrichtlinie
auch vorsehe, käme zu anderen Ergebnissen. Zudem sei mit
Blick auf wissenschaftliche Studien unter anderem festzu-
stellen, dass Wissenschaft nicht in politischer Verantwortung
stehe. Die Entscheidung über eine Zulassung sei jedoch po-
litischer Natur.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.