BT-Drucksache 16/13605

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/12998- Die Agrarwissenschaften in Deutschland auf neue Anforderungen ausrichten

Vom 30. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13605
16. Wahlperiode 30. 06. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch,
Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/12998 –

Die Agrarwissenschaften in Deutschland auf neue Anforderungen ausrichten

A. Problem

Die deutschen Agrarwissenschaften erodieren seit einigen Jahren. Die agrar-
wissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten reagieren mit unterschied-
lichen Strategien. Zudem wurde als besonderes Defizit in der Entwicklung der
Agrarwissenschaften in der Vergangenheit vom Wissenschaftsrat die man-
gelnde institutionalisierte Koordinierung der Agrarwissenschaften benannt. Die
Problemlage, in der sich die Agrarwissenschaften befinden, kann jedoch nicht
alleine von der Wissenschaft selbst heraus und innerhalb der bestehenden insti-
tutionellen Strukturen gelöst werden. Es bedarf vielmehr einer konzertierten
Anstrengung von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. So soll der Zersplitte-
rung der Agrarforschungslandschaft insbesondere durch Clusterbildung und
Schaffung von Netzwerken entgegengewirkt werden.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.
D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/13605 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/12998 abzulehnen.

Berlin, den 17. Juni 2009

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ulrike Höfken
Vorsitzende

Dr. Max Lehmer
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

Schwerpunkte der Forschung in den Agrarwissenschaften
könnten im Wesentlichen die weltweite Sicherung des

gemeinsamen Konzeptes zur Sicherung wichtiger Fach-
bereiche im Rahmen der universitären Agrarforschung zu-
Rechts auf Nahrung, die Auswirkungen der Globalisie-
rung der Wirtschaftsbeziehungen auf den Agrarsektor, der
Strukturwandel in ländlichen Räumen und die Züchtungs-
forschung an Nutzpflanzen und Nutztieren sein. Entspre-

nehmend Probleme. Beispielsweise sei bei den Agrarwissen-
schaften der gesamte Bereich der Tropen und Subtropen ver-
nachlässigt worden. Daher fehlten heute Expertisen zu wich-
tigen Themen, etwa zur Ernährungssicherheit. Hinzuweisen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13605

Bericht der Abgeordneten Dr. Max Lehmer, Dr. Wilhelm Priesmeier, Dr. Christel
Happach-Kasan, Dr. Kirsten Tackmann und Cornelia Behm

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/12998 in seiner 224. Sitzung am 28. Mai 2009 beraten
und an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und den
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Agrarwissenschaften spielen eine Schlüsselrolle bei der
Lösung zunehmend existenzieller werdender globaler Pro-
bleme wie beispielsweise die Unter- und Mangelernährung
bei anhaltendem Bevölkerungswachstum, die Zerstörung
von landwirtschaftlich, gartenbaulich und forstlich nutz-
baren Flächen, der absolute und relative Wassermangel so-
wie die Verlagerung von Anbauzonen durch den Klima-
wandel. Auch in Europa stellen sich drängende Fragen für
die Land-, Forst- und Ernährungswissenschaften, so zum
Beispiel im Hinblick auf die Auswirkungen sich verändern-
der Klimabedingungen auf die Agrarproduktion, die Folgen
aktueller land- und forstwirtschaftlicher Nutzungskonzepte
für die Umwelt und auf die Landschaftsgestaltung sowie die
Folgen des Verlustes landwirtschaftlich genutzter Flächen
an Siedlungs- und Straßenbau. Die Rahmenbedingungen für
die Land- und Forstwirtschaft sowie den Gartenbau haben
sich in Europa deutlich verändert.

Der starke Einfluss der Agrarpolitik auf das Marktgeschehen
durch produktionsgekoppelte Subventionen, Lagerhaltung,
Subvention von Überschussproduktion sowie die Export-
subventionierung von Agrarüberschüssen sind seit den
1990er-Jahren rückläufig und zwingen die Agrarwissen-
schaft zu einer verstärkten Marktorientierung. Daraus folgt
einerseits eine gewollte Rückkoppelung der Agrarproduk-
tion auf die Nachfrage, auf der anderen Seite bewirkt sie Ab-
hängigkeiten in einem labilen Markt. Kartellartige Struktu-
ren auf Verarbeiter- und Handelsseite verschlechtern die
Möglichkeit der Durchsetzung der Interessen von landwirt-
schaftlichen Erzeugerbetrieben am Markt. Der Strukturwan-
del wird durch einen ruinösen Verdrängungswettbewerb be-
schleunigt. Die neue Rolle landwirtschaftlicher und forstli-
cher Rohstoffe zur Energiegewinnung als nachwachsende
Rohstoffe für die industrielle Produktion erhöht die Kapita-
lattraktivität land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen
sowie von Rohstoffen und rückt sie in den Blick von speku-
lativen Kapitalanlagen. Der Konflikt mit nachhaltigen
Nutzungskonzepten in regionalem und gesellschaftlichem
Interesse spitzt sich dadurch zu.

sere, fächerübergreifende Kooperation aller in den Agrar-
wissenschaften zusammengefassten Fächer notwendig. Des
Weiteren bedarf es einer Strukturreform der Agrarfakultäten
und einer verbesserten Kooperation mit außeruniversitären
Forschungseinrichtungen und entsprechenden Industrien.

Die Bundesregierung soll daher im Wesentlichen dazu auf-
gefordert werden,

– eine Strategie zur zukünftigen Entwicklung der Agrar-
wissenschaften als Systemwissenschaften mit gesell-
schaftlicher Schlüsselfunktion vorzulegen;

– in Zusammenarbeit mit den Bundesländern dafür zu
sorgen, dass die sinnvolle Bündelung von Kompetenzen
vorankommt und die über die Agrarressortforschung
initiierte und unterstützte Koordinierung der universi-
tären und außeruniversitären Forschungstätigkeit verbes-
sert wird;

– eine Bund-Länder-Koordinierungs- und Beratungsinsti-
tution zu schaffen;

– eine Evaluierung der Folgen der Standortschließungen
und des Personalabbaus in der Agrarressortforschung
seit 1996 vorzulegen.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat die Vorlage auf Drucksache 16/12998
in seiner 89. Sitzung am 17. Juni 2009 beraten und empfiehlt
die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

IV. Beratungsverlauf im federführenden
Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 16/12998 in sei-
ner 108. Sitzung am 17. Juni 2009 abschließend beraten.

Die Fraktion der SPD erklärte, das nach langer Diskussion
zur Ressortforschung umgesetzte Konzept sollte nicht mehr
in Frage gestellt werden. Die vom Bund finanzierte Ressort-
forschung diene in erster Linie der politischen Expertise und
habe eine klare Ausrichtung. Festzustellen sei jedoch, dass
die Agrarforschung an vielen Universitäten unter großem
Druck stehe. In den Bundesländern gebe es mangels eines
chend den neuen Schwerpunkten sind eine thematische
Ausrichtung der Forschungseinrichtungen sowie eine bes-

sei auf die aus der Anhörung gewonnenen Erkenntnisse zur
zukünftigen Ausrichtung der Agrarforschung. Danach sei

noch bestehenden 2 700 sollen weitere 350 wegfallen. Diese
stellten oft die letzten wissenschaftlichen Arbeitsplätze in
einer Region dar. Zudem seien besonders Frauen von diesen
Maßnahmen betroffen. Daher sei ein Evaluierungsbericht

der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag auf Drucksache
16/12998 abzulehnen.

Berlin, den 17. Juni 2009

Dr. Max Lehmer
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin
Drucksache 16/13605 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

u. a. eine vernünftige Vernetzung notwendig. Jedoch sei die
Vorlage eines abgestimmten Konzeptes Aufgabe der Bun-
desländer. Daher werde man dem Antrag nicht zustimmen.

Die Fraktion der FDP führte aus, die Bundesregierung habe
die Agrarressortforschung, wie beispielsweise die Fischerei-
forschung, vernachlässigt. Auch die Milchforschung weise
Defizite auf und es bestehe die Gefahr, hier den Anschluss zu
verlieren. Angesichts des abnehmenden Milchverbrauchs
trotz niedrigster Preise müsse man feststellen, dass die ernäh-
rungsphysiologische Bedeutung von Milch als Nahrungs-
mittel nicht mehr in der Gesellschaft verankert sei. Jedoch
könne eine Bund-Länder-Koordinierungs- und Beratungs-
institution die Probleme der Ressortforschung nicht lösen. So
werde etwa die vom Wissenschaftsrat geforderte Cluster-
bildung nicht umgesetzt. Eine Unterstützung entlegener
Forschungsstandorte lehne man ab. Vielmehr müssten be-
stehende Cluster, etwa Kiel, gestärkt werden. Um die For-
schung auf einen guten Stand zu bringen, werde man in der
nächsten Legislaturperiode noch einige Anstrengungen
unternehmen müssen. Den vorliegenden Antrag lehne man
ab.

Die Fraktion DIE LINKE. legte dar, es bestehe dringender
Handlungsbedarf. Vor dem Hintergrund der Krise müsse
man sich fragen, ob der Kahlschlag in der Agrarressort-
forschung so weitergeführt werden könne. Seit 1996 seien
in diesem Bereich 1 000 Stellen gestrichen worden. Von den

über die seit 1996 eingetretenen Folgen des Rahmenkon-
zepts und zur Neuordnung im Hinblick auf die sozialen,
fachlichen und finanziellen Auswirkungen notwendig. Bis
zur Vorlage dieses Berichts sollten die Standortschließun-
gen ausgesetzt werden. Das mit der Neuordnung verfolgte
Ziel sei nicht eingetreten. Begrüßenswert sei zwar der Neu-
bau auf dem Riems. Jedoch seien an anderen Stellen falsche
Weichenstellungen erfolgt, insbesondere im Hinblick auf
ländliche Räume. Diese müssten dringend korrigiert wer-
den.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erläuterte, der
Klimawandel und die wachsende Weltbevölkerung stellten
die Agrarforschung vor Aufgaben, die im Detail gegen-
wärtig noch nicht absehbar seien. Um zukünftigen Heraus-
forderungen gerecht zu werden, müssten die Flächenintensi-
tät und die Art und Weise der Landnutzung vollständig ver-
ändert werden. Der Antrag zeige zwar ein wichtiges Pro-
blem auf. Dennoch stimme man diesem nicht in allen
Punkten zu. Eine Evaluierung sei nach der Umstrukturie-
rung der Ressortforschung notwendig und in der nächsten
Legislaturperiode aufzugreifen. Eine Standardisierung von
Lehrinhalten und Ausbildungsgängen lehne man jedoch ab,
da sie zu einer Verengung anstatt zu einer Erweiterung füh-
ren würde. Daher werde man sich der Stimme enthalten.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen

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