BT-Drucksache 16/13584

1. zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Werner Dreibus, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/6629- Entwurf eines Achtundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Barth, Patrick Meinhardt, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/6768- Orientierung und verbesserte Berufsperspektiven durch Praktika schaffen

Vom 30. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13584
16. Wahlperiode 30. 06. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

1. zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Werner Dreibus,
Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/6629 –

Entwurf eines Achtundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des
Berufsbildungsgesetzes

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Barth, Patrick Meinhardt, Jens
Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/6768 –

Orientierung und verbesserte Berufsperspektiven durch Praktika schaffen

A. Problem

Zu Nummer 1

Viele junge Menschen absolvieren im Rahmen ihrer Ausbildung oder ihres
Studiums Praktika. Nach gängiger Rechtsprechung können sie sich hierbei nicht
auf arbeitsrechtliche Mindestschutzbestimmungen berufen, wie sie in § 26 des
Berufsbildungsgesetzes (BBiG) definiert sind. Studierende sind beispielsweise
ihrer Hochschule gegenüber in der Pflicht, eine Praktikumsbescheinigung nach-
zuweisen, ohne dass sie gegenüber dem Praktikumsgeber einen Anspruch darauf
haben. Für Praktikanten soll nicht die Arbeitsleistung, sondern das Lernen im
Vordergrund stehen. Sie haben aber aufgrund des in § 26 BBiG geregelten
Verzichts auf Vertragsniederschrift für sogenannte andere Vertragsverhältnisse
keinen Anspruch auf die Erstellung eines Ausbildungsplanes. Es besteht auch
die Gefahr, dass Praktika missbraucht werden, um reguläre Arbeitsverhältnisse

zu ersetzen.

Zu Nummer 2

Praktika bieten die Möglichkeit der beruflichen Orientierung und der Knüpfung
erster Kontakte für das spätere Berufsleben. In der Ausbildungsphase von Stu-
dierenden stellen Praktika einen wichtigen Bestandteil dar. Obwohl die Praktika
von der Mehrheit der Absolventen als gut bewertet werden, kommt es vereinzelt

Drucksache 16/13584 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

vor, dass die Betreuung nicht den gewünschten qualitativen Anforderungen ent-
spricht. Auch die zu erfüllenden Aufgaben bleiben manchmal hinter den Erwar-
tungen zurück. Trotzdem entspricht das Bild einer „Generation Praktikum“ nicht
der Realität. Ängste im Zusammenhang mit beruflicher Perspektivlosigkeit sind
unbegründet. Die frühzeitige Praxisorientierung sollte jedoch weiterhin im
Blickfeld behalten werden.

B. Lösung

Zu Nummer 1

Ziel des Gesetzentwurfs ist eine bessere Absicherung von Praktikantinnen und
Praktikanten durch eine Änderung des Berufsbildungsgesetzes. Durch die Ein-
führung von Mindestschutzbestimmungen, das Recht auf eine angemessene
Vergütung sowie eine klarere Definition von Praktika als durch einen Ausbil-
dungsplan gekennzeichnete Lernverhältnisse soll dem Missbrauch von Praktika
entgegengewirkt werden.

Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/6629 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Zu Nummer 2

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, Modelle der früh-
zeitigen Praxisorientierung im Rahmen der Bildungsforschung auf deren Effek-
tivität hin zu überprüfen. Die Untersuchung der Übergänge und Hindernisse
zwischen den einzelnen Bildungsabschnitten unter Berücksichtigung der Funk-
tion der Praktika soll verstetigt und systematisiert werden. Es soll aber davon
abgesehen werden, Zugänge zu und Ausgestaltung von Praktika durch weitere
gesetzliche Vorgaben zu regeln. Andernfalls droht eine Gefährdung der Prak-
tikumsangebote.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/6768 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/6629;

Annahme des Antrags auf Drucksache 16/6768.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13584

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/6629 abzulehnen;

2. den Antrag auf Drucksache 16/6768 abzulehnen.

Berlin, den 4. Juni 2008

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Uwe Schummer
Berichterstatter

Swen Schulz (Spandau)
Berichterstatter

Patrick Meinhardt
Berichterstatter

Cornelia Hirsch
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

Das Berufsbildungsgesetz solle daher geändert und sein Gel-
den einzelnen Bildungsabschnitten unter Berücksichtigung
der Funktion der Praktika solle verstetigt und systematisiert
tungsbereich auf Praktikanten erweitert werden, die ihr Prak-
tikum im Rahmen eines Studiums oder der Ausbildung ab-
solvierten. Für diese Gruppe würden die arbeitsrechtlichen
Mindestschutzbestimmungen nach § 26 BBiG in Kraft ge-

werden. Es soll jedoch davon abgesehen werden, Zugang
und Ausgestaltung von Praktika durch weitere gesetzliche
Vorgaben, wie beispielsweise durch Mindestlöhne und Lauf-
zeitbegrenzungen, zu regeln. Andernfalls drohten eine Ge-
Drucksache 16/13584 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Uwe Schummer, Swen Schulz (Spandau), Patrick
Meinhardt, Cornelia Hirsch und Kai Gehring

I. Überweisung
Zu Nummer 1

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 16/6629 in seiner 120. Sitzung am 24. Oktober 2007
beraten und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung und
an den Ausschuss für Arbeit und Soziales und den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, zur Mitbe-
ratung überwiesen.

Zu Nummer 2

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/6768 ebenfalls in seiner 120. Sitzung am 24. Oktober
2007 beraten und an den Ausschuss für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung
und an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Mitbera-
tung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu Nummer 1

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass viele junge Men-
schen im Rahmen ihrer Ausbildung oder ihres Studiums
Praktika absolvierten. Nach gängiger Rechtsprechung könn-
ten sie sich hierbei aber nicht auf arbeitsrechtliche Mindest-
schutzbestimmungen berufen, wie sie in § 26 des Berufs-
bildungsgesetzes definiert seien. Studierende wären bei-
spielsweise ihrer Hochschule gegenüber in der Pflicht, eine
Praktikumsbescheinigung nachzuweisen, ohne dass sie
gegenüber dem Praktikumsgeber einen Anspruch darauf
hätten. Es bedürfe daher einer gesetzgeberischen Klarstel-
lung, die Praktikanten in den Geltungsbereich des BBiG
einbeziehe.

Die Initianten führen aus, dass für Praktikanten nicht die
Arbeitsleistung sondern das Lernen im Vordergrund stehen
solle. Erforderlich sei daher die Erstellung eines Ausbil-
dungsplanes. Jedoch entfalle wegen des in § 26 BBiG ge-
regelten Verzichts auf Vertragsniederschrift für sogenannte
andere Vertragsverhältnisse ein Anspruch hierauf. Auch
planten viele Betriebe Praktikanten fest in ihre Arbeitspro-
zesse ein. Die vom Bundesministerium in Auftrag gegebene
Studie „Generation Praktikum – Mythos oder Massenphäno-
men“ zeige, dass mehr als die Hälfte der Praktikanten nicht
über einen Praktikumsplan verfügten. Es bestehe daher die
Gefahr, dass Praktika missbraucht würden, um reguläre Ar-
beitsverhältnisse zu ersetzen. Erforderlich seien die Einfüh-
rung von Mindestschutzbestimmungen und des Rechts auf
eine angemessene Vergütung.

chen. Praktikanten sollen ein Recht auf Vertragsnieder-
schrift, welche sachliche und zeitliche Gliederung sowie das
Ziel des Praktikums umfassen müsse, erhalten. Diese Rege-
lung trage dazu bei, Praktika in Abgrenzung zu Arbeits-
verhältnissen eindeutig als Lernverhältnisse zu kennzeich-
nen.

Zu Nummer 2

Nach Auffassung der Fraktion der FDP bieten Praktika die
Möglichkeit der beruflichen Orientierung und der Knüpfung
erster Kontakte für das spätere Berufsleben. Sie erlaubten
erste Einblicke in potentielle Tätigkeitsfelder und schafften
die Möglichkeit der Erprobung der eigenen Fähigkeiten. Ar-
beitnehmervertreter und Unternehmensverbände forderten
eine möglichst frühzeitige Praxisorientierung. Dementspre-
chend stellten Praktika in der Ausbildungsphase von Studie-
renden einen wichtigen Bestandteil dar.

Die Antragsteller weisen darauf hin, dass Praktika von der
Mehrheit der Absolventen als gut bewertet würden, es aber
vereinzelt vorkomme, dass die Betreuung nicht den ge-
wünschten qualitativen Anforderungen entspräche. Auch die
zu erfüllenden Aufgaben blieben hin und wieder hinter den
Erwartungen zurück, so dass die gesammelten Erfahrungs-
werte nur begrenzt verwertbar seien. Auch dass viele Orga-
nisationen, Unternehmen und Behörden keine Vergütung an-
böten, lasse viele von einem Praktikum absehen.

Trotz dieser Umstände entspreche das Bild einer „Genera-
tion Praktikum“ nicht der Realität – Ängste im Zusammen-
hang mit beruflicher Perspektivlosigkeit seien unbegründet,
Praktikumskarrieren oder Kettenpraktika eine Randerschei-
nung. Dennoch fordere die Fraktion der FDP, die Auseinan-
dersetzung mit Fragen der Praxisorientierung von Studieren-
den und des Übergangs aus der tertiären Bildung ins
Berufsleben auch weiterhin im Blickfeld zu behalten.

Der Bundestag begrüße die Bemühungen der Hochschulen,
Praktika möglichst frühzeitig in den Studienordnungen zu
verankern. Dies gelte auch für die eingerichteten Prakti-
kumskontaktstellen und die Bemühungen der Hochschulen,
Kontakte zu Unternehmen, Organisationen und Verbänden
aufzunehmen sowie für die Einrichtungen, die den Prakti-
kanten Hilfe leisteten.

Die Bundesregierung solle aufgefordert werden, Modelle
der frühzeitigen Praxisorientierung im Rahmen der Bil-
dungsforschung auf deren Effektivität hin zu überprüfen.
Die Untersuchung der Übergänge und Hindernisse zwischen
setzt und der dort geregelte Verzicht auf Vertragsnieder-
schrift für sogenannte andere Vertragsverhältnisse gestri-

fährdung der Praktikumsangebote und deren Inanspruch-
nahme.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13584

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Nummer 1

Der mitberatende Ausschuss für Arbeit und Soziales und
der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
haben jeweils mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. und bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Gesetzent-
wurf auf Drucksache 16/6629 abzulehnen.

Zu Nummer 2

Der mitberatende Ausschuss für Arbeit und Soziales hat
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stim-
men der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 16/6768 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse
im federführenden Ausschuss

Allgemeiner Teil

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlagen in seiner 60. Sitzung am
4. Juni 2008 beraten und empfiehlt:

Zu Nummer 1

Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/6629 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP,
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Nummer 2

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/6768 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP.

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wird hervorgeho-
ben, dass der differenzierte Charakter von Praktikaverhält-
nissen in der Diskussion zu kurz gekommen sei. Aufgrund
einer hohen Anzahl verschiedenartiger Ausprägungsformen
von Praktika müsse Einhalt geboten werden, alle Praktika-
formen über einen Kamm zu scheren. Die Fraktion der CDU/
CSU sehe allerdings noch Klärungsbedarf im Bereich der
Vergütungspflicht von Praktika.

Der Behauptung, dass Praktikumsverhältnisse flächen-
deckend eine Form von Ausbeutung darstellten, wird seitens
der Fraktion der CDU/CSU widersprochen. In der Gesamt-
heit sei das Phänomen „Generation Praktikum“ nicht
existent. Diese Bewertung sei dem HIS-Projektbericht
„Generation Praktikum – Mythos oder Massenphänomen“
vom April 2007 klar zu entnehmen.

Die Fraktion der CDU/CSU verweist in ihrer Stellungnahme
auf die Aktivitäten des BMAS und auf den Erfolg des neu
geschaffenen Gütesiegels „Fair Company“. Die Anzahl der
Unternehmen, die bislang das neue Gütesiegel erworben hät-

Die Fraktion der CDU/CSU kommt unter Bezugnahme auf
die durchgeführten Studien zum Resümée, dass Probleme im
Zusammenhang mit Praktika zwar gesehen würden, eine
Überbetonung der Problematik dem Ganzen jedoch nicht ge-
recht werde. Sie setze daher weiterhin auf Maßnahmen ohne
gesetzlich verpflichtenden Zwang.

Von Seiten der Fraktion der SPD wird hervorgehoben, dass
man in Anlehnung an die Position der Fraktion der CDU/
CSU die Thematik „Generation Praktikum“ differenziert be-
trachten müsse. Dem Vorwurf, dass eine ganze Generation in
Praktika getrieben werde, müsse entgegengetreten werden.

Die Fraktion der SPD weist aber auf die Notwendigkeit von
Maßnahmen hin, um der Problematik der Ausbeutung von
Praktikanten entgegenzuwirken.

Der Vorschlag der Fraktion der FDP, eine Stelle einzurich-
ten, bei der sich Praktikanten im Missbrauchsverdacht mel-
den könnten, greife zu kurz. Der Ausschluss jeglicher
gesetzlicher Maßnahmen und ein vollständiges Vertrauen in
den Markt gingen in die falsche Richtung. Für die Gruppe
von Praktikanten, die von einer Ausbeutungsproblematik be-
troffen seien, sei dieser Vorschlag nicht zielführend.

Auch dem Vorschlag der Fraktion DIE LINKE. könne nicht
zugestimmt werden, da er über das Ziel hinausschieße. Die
geforderten Maßnahmen führten zu einer Überregulierung
mit den Folgen, dass Praktika von vielen Unternehmen und
Behörden nicht mehr angeboten würden.

Die Verteter des BMBF werden um eine Stellungnahme ge-
beten und gefragt, ob eine Ressortabstimmung zwischen
BMBF und BMAS erfolge und bis wann mit einer Initiative
der Bundesregierung zu rechnen sei.

Von Seiten der Fraktion der FDP wird ausgeführt, dass
zwei Drittel der praktikumserfahrenen Hochschulabsolven-
ten Niveau und Lerngehalt der Praktika als „sehr gut“ oder
„gut“ einstuften. Vereinzelt komme es jedoch vor, dass die
praktikumsgewährende Organisation nicht den gewünschten
qualitativen Anforderungen entspreche.

Unter Bezugnahme auf die HIS-Studie wird erklärt, dass es
das Massenphänomen „Generation Praktikum“ nicht gebe.
Kettenpraktika oder Praktikumskarrieren seien Randerschei-
nungen.

Die Fraktion der FDP ist der Ansicht, dass mit einer Zustim-
mung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Problem-
arbeitsverhältnisse“ erzeugt würden. Unternehmen böten
Praktikumsplätze in übergroßer Zahl sehr verantwortungs-
bewusst und in qualitativ hochwertiger Ausprägung an. Es
müsse auch berücksichtigt werden, dass Praktika für die Un-
ternehmen durchaus einen erheblichen Mehraufwand dar-
stellten.

Aufgrund der Aussage, dass 80 Prozent der Praktikanten ihre
Praktikumsbetreuung als ausreichend und qualifiziert ein-
schätzten, sei ein Generalverdacht gegenüber den Unterneh-
men hinsichtlich der Problematik der Ausbeutung von Prak-
tikanten nicht angemessen.

Die Fraktion der FDP fordert zu einem Diskurs zwischen
Studenten und Hochschulen auf, die faktische Bedeutung
von Praktika zu hinterfragen. Unter Berücksichtigung des
ten, habe sich in den letzten sechs Monaten annähernd von
380 auf 700 verdoppelt.

Sachverhaltes, dass ein Fünftel aller Praktikanten bei dem
Arbeitgeber, bei welchem das Praktikum absolviert wurde,

Drucksache 16/13584 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nahtlos in ein Arbeitsverhältnis übernommen würden, sei
kritisch zu hinterfragen, ob und in welchem Umfang Prakti-
ka de facto vonnöten seien.

Von Seiten der Fraktion DIE LINKE. wird die Frage ge-
stellt, warum die Thematik des Missbrauchs von Praktika
nicht entschiedener angegangen werde. Praktika gelten oft-
mals nicht als Lernverhältnisse, sondern würden in dem
Sinne missbraucht, dass Arbeitsverhältnisse als Praktika de-
klariert würden. Die Vorschläge zur Bekämpfung des Miss-
brauchs von Praktika seitens des BMAS gingen nicht weit
genug.

Besondere Kritik wird an den Auffassungen der Fraktion der
SPD geübt. Diese halte die Vorschriften für Bezahlung und
einer zeitlichen Begrenzung für „abstrakte Regeln“.

Seitens der Fraktion DIE LINKE. wird die Erstellung eines
Ausbildungsplanes gefordert, da die Studie „Generation
Praktikum – Mythos oder Massenphänomen“ zeige, dass
mehr als die Hälfte der befragten Absolventinnen und Absol-
venten während des Praktikums nicht über einen Prakti-
kumsplan verfügen könne.

Kritik wird auch daran geübt, dass Praktikantinnen und
Praktikanten vielfach fest in den Betriebsablauf mit den
Konsequenzen von hohen Arbeitsbelastungen eingeplant
würden.

Es wird die Frage gestellt, warum auf eine Vertragsnieder-
schrift verzichtet werden solle mit der Folge, dass Praktikan-
tinnen und Praktikanten ein sinnvolles Zeugnis bekommen
würden. Die Einführung von arbeitsrechtlichen Mindestbe-
dingungen für Praktikaabsolventen werde als unabdingbar
erachtet.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wird kritisiert, dass nicht alle in den Praktika-Studien von
HIS und INIFES genannten Fakten ausreichend diskutiert
und kritisch hinterfragt worden seien. Vierzig Prozent der
Praktikanten mit Hochschulabschluss würden nur deshalb
ein Praktikum beginnen, um der drohenden Arbeitslosigkeit
zu entgehen.

Es wird angesichts oft mehrmonatiger Praktika die Sorge
geäußert, dass reguläre Arbeitsverhältnisse durch Praktika
ersetzt werden könnten.

Im Hinblick auf die Forderung der Fraktion der FDP, von
weiteren gesetzlichen Regelungen abzusehen, wird seitens
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das nötige Pro-
blembewusstsein vermisst.

Zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. wird erklärt,
dass die Frage der Festsetzung eines unabdingbaren Rechts-
anspruchs im Berufsbildungsgesetz Diskussionspotential
besitze. Es bedürfe aber eingehender Untersuchungen, in-
wiefern eine solche Regelung die Gefahr einer „Praktikums-
blockadehaltung“ seitens der Unternehmen berge.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fragt, inwiefern
die Vorschläge des BMAS mit der Bundesregierung abge-
stimmt seien, welche Haltung das BMBF zu diesen Vor-

Von Seiten der Bundesregierung wird erklärt, dass sie vor
dem Hintergrund der HIS- und die INIFES-Studie zu einer
Einschätzung gekommen sei, wie im Zusammenhang des
Themas „Praktika“ weiter zu verfahren sei.

Die Wege des Übergangs nach der Ausbildung in ein Ar-
beitsverhältnis seien mittlerweile sehr vielfältig. Einstel-
lungsmöglichkeiten böten neben Praktika auch z. B. befris-
tete Arbeitsverträge, Teilzeitarbeit oder Leiharbeit bis hin zu
unbefristeter Vollzeitarbeit.

Es stellt sich die Frage, welche Bedeutung Praktika bei-
gemessen werden müsse. Die Bundesregierung sei der An-
sicht, dass beim Einstieg in die Berufstätigkeit der Rolle von
Praktika quantitativ nicht die Bedeutung zugewiesen werden
könne, wie dies zunächst zu erwarten gewesen sei.

Zu Beginn der Diskussion bedürfe es daher einer genauen
Determinierung des sehr weit gefassten Praktikumsbegriffs.
Unterschieden werden müsse zwischen praktikumsähn-
lichen Erfahrungen, einer Hospitantentätigkeit sowie der
Tätigkeit als Trainee. Wenn dann auch noch zwischen
Pflicht- und Freiwilligenpraktika unterschieden werde, redu-
ziere sich der Kernbereich des Themas noch stärker.

10 bis 14 Prozent der Studierenden leisteten ein freiwilliges
Praktikum. Die Größenordnung in den einzelnen Branchen
variiere jedoch sehr stark.

Nach Ansicht der Bundesregierung böten Praktika eine
wichtige Qualifizierungschance aber auch die Chance, an-
schließend in eine Erwerbstätigkeit einzutreten.

Hinsichtlich der Nützlichkeit eines Praktikums gäben zwei
Drittel der Praktikanten mit Hochschulabschluss an, dass es
für ihre berufliche Zukunft sehr hilfreich gewesen sei. Wei-
tere 80 Prozent der Praktikanten hätten die Betreuung wäh-
rend des Praktikums als qualifiziert bewertet. Die Bundes-
regierung komme daher zum Ergebnis, dass für einen
überwiegenden Teil der Praktikanten das Praktikum als sinn-
volle Einstiegshilfe in die Arbeitswelt betrachtet werde.

Hinsichtlich der Thematik „Schein- und Hungerpraktika“ ist
die Bundesregierung der Auffassung, dass bereits zum jetzi-
gen Zeitpunkt die rechtlichen Grundlagen nach § 612 BGB
und § 17 sowie § 26 BBiG bezüglich des Rechtsanspruchs
auf eine angemessene Vergütung bestehe. Entscheidend sei
daher die Frage, wie dieser Rechtsanspruch in der Praxis um-
gesetzt werden könne.

Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass man im Umgang
mit Unternehmen auf den Aspekt der Freiwilligkeit setzen
solle.

An welcher Stelle noch gesetzlicher Regelungsbedarf von-
nöten sei, werde derzeit zwischen dem BMBF und dem
BMAS geprüft.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. wird als nicht zielfüh-
rend erachtet. Die negative Konsequenz der Vorlage sei eine
Überregulierung, die zur Folge habe, dass die Bereitschaft
der Wirtschaft, eine große Anzahl von Praktikumsplätzen
zur Verfügung zu stellen, deutlich zurückgehe.

Hinsichtlich der Thematik der Schriftformerfordernis stelle

schlägen einnehme und bis wann von der Bundesregierung
ein konkreter Gesetzentwurf zu erwarten sei.

sich die Frage, wie man den Kreis der relevanten Praktika
eingrenze und ob eine Regelung möglicherweise auch unter-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/13584

gesetzlich gefunden werden könne. Die Beratungen der Bun-
desregierung gingen derzeit in diese Richtung.

Begründungen

Zu den Begründungen des Gesetzentwurfs der Fraktion
DIE LINKE. auf Drucksache 16/6629 wird auf die Ausfüh-
rungen auf Seite 4 des Gesetzentwurfs verwiesen.

Berlin, den 4. Juni 2008

Uwe Schummer
Berichterstatter

Swen Schulz (Spandau)
Berichterstatter

Patrick Meinhardt
Berichterstatter

Cornelia Hirsch
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

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