BT-Drucksache 16/13355

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/12865- Erwerbsminderungsrente gerechter gestalten b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion FDP -16/10872- Absicherung für das Erwerbsunfähigkeitsrisiko verbessern

Vom 16. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13355
16. Wahlperiode 16. 06. 2009
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth,
Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/12865 –

Erwerbsminderungsrente gerechter gestalten

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/10872 –

Absicherung für das Erwerbsunfähigkeitsrisiko verbessern

A. Problem

Zu Buchstabe a

Das erhöhte Referenzalter von 65 Jahren für den abschlagsfreien Bezug einer
Erwerbsminderungsrente ist aus Sicht der Initiatoren ungerecht; denn die Krite-
rien für den Zugang zu dieser Rente seien objektivierbar. Bis zum Jahr 2030
werde die Höhe der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente deutlich sinken. Vie-
le Menschen seien aber auf die Rente aus der ersten Säule angewiesen, da ihnen
die Mittel für eine private Erwerbsunfähigkeitsversicherung fehlten.

Zu Buchstabe b

Das Risiko der Erwerbsunfähigkeit ist nach Einschätzung der Antragsteller für
viele Menschen nicht ausreichend abgesichert. Die Höhe der gesetzlichen Er-
werbsminderungsrente werde bis zum Jahr 2030 deutlich absinken. Die schon
jetzt stark steigende Zahl erwerbsgeminderter Menschen, die Grundsicherung
beantragen müssen, werde daher stark anwachsen, wenn nicht mit privater Vor-

sorge gegengesteuert werde. Für viele Menschen sei dies aber nicht möglich.
Auch über die staatlich geförderte, private Altersvorsorge sei ein Schutz gegen
Erwerbsunfähigkeit nur unzureichend gegeben.

Drucksache 16/13355 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Mit einem Gesetzentwurf soll die Bundesregierung nach dem Willen der An-
tragsteller das Referenzalter von 63 Jahren für den abschlagsfreien Bezug der
Erwerbsminderungsrente wieder einführen sowie die Zurechnungszeit analog
zu der Änderung des Zugangsalters für eine abschlagsfreie Erwerbsminderungs-
rente anpassen.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/12865 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu Buchstabe b

Die Bundesregierung soll nach dem Willen der Antragsteller Versicherungsneh-
mern die Wahl einräumen, mit der staatlich geförderten Riester- und Rürup-Ren-
tenversicherung Altersvorsorge zu betreiben, das Risiko der Erwerbsminderung
und -unfähigkeit abzusichern oder beide Vorsorgeformen zu verbinden. Außer-
dem sollten die Voraussetzungen für die Riester- und Rürup-Förderung so geöff-
net werden, dass ein solches Wahlrecht auch für die Versicherungsunternehmen
sinnvoll gestaltbar werde, beispielsweise durch Anpassung des Garantiezinses.
Darüber hinaus sei die Riester-Förderung für alle Personen zu öffnen.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/10872 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Annahme der Vorlagen.

D. Kosten

Kosten wurden nicht beziffert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13355

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 16/12865 abzulehnen;

2. den Antrag auf Drucksache 16/10872 abzulehnen.

Berlin, den 27. Mai 2009

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau) Peter Weiß (Emmendingen)
Vorsitzender Berichterstatter

schen nicht die Mittel hätten, sich zusätzlich privat gegen Ri- Leistungsverbesserung führen, weil sich die Anhebung der
siken der Erwerbsunfähigkeit abzusichern. Damit die Er-
werbsminderungsrente auch in Zukunft vor Armut schütze,
müssten diese Risiken in der gesetzlichen Rentenversiche-

Regelaltersgrenze auf 67 Jahre auf ihre Rentenansprüche gar
nicht auswirke. Ihr Rentenabschlag bleibe unverändert bei
10,8 Prozent.
Drucksache 16/13355 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen)

I. Verfahren

1. Überweisungen

Zu Buchstabe a

Der Antrag auf Drucksache 16/12865 ist in der 220. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 7. Mai 2009 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie sowie den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitbe-
ratung überwiesen worden.

Zu Buchstabe b

Der Antrag auf Drucksache 16/10872 ist in der 220. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 7. Mai 2009 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Rechtsausschuss zur Mitberatung überwiesen
worden.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Finanzausschuss, der Haushaltsausschuss, der Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie sowie der Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben
den Antrag auf Drucksache 16/12865 in ihren Sitzungen am
27. Mai 2009 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. dem Deutschen
Bundestag die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Zu Buchstabe b

Der Rechtsausschuss hat den Antrag auf Drucksache
16/10872 in seiner Sitzung am 27. Mai 2009 beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags
empfohlen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Mit ihrem Antrag wollen die Initiatoren erreichen, dass die
Bundesregierung per Gesetz das Referenzalter für den ab-
schlagfreien Bezug der Erwerbsminderungsrente wieder auf
63 Jahre festlegt. Dies ist nach geltendem Recht ab dem Jahr
2012 nur nach 35 Versicherungsjahren möglich. Diese Versi-
cherungsdauer könne nicht erreicht werden, wenn jemand in
jungen Jahren aus gesundheitlichen Gründen teilweise oder
ganz aus der Erwerbstätigkeit ausscheide. Dazu komme,
dass die Höhe der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente bis
zum Jahr 2030 deutlich geringer sein werde und viele Men-

gangsalters für eine abschlagfreie Erwerbsminderungsrente
angepasst werde.

Zu Buchstabe b

Die Antragsteller gehen davon aus, dass viele Menschen un-
zureichend gegen das Risiko der Erwerbsunfähigkeit und
- minderung abgesichert sind. Mit ihrem Antrag wollen sie
erreichen, dass Versicherte für diese Absicherung ihre staat-
lich geförderte Riester- und Rürup-Rentenversicherung nut-
zen können. Das sollte in verschiedenen Kombinationsmög-
lichkeiten der Entscheidung des Versicherten unterliegen. Im
Gegenzug sollten Versicherungsunternehmen den Garantie-
zins für die Altersvorsorge über diese Verträge entsprechend
dem Anteil der Risikoversicherung senken dürfen. Darüber
hinaus wollen die Antragsteller, dass die Riesterförderung
für alle geöffnet wird.

Weitere Einzelheiten können den zugehörigen Drucksachen
entnommen werden.

III. Beratung und Abstimmungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 16/12865 sowie den Antrag auf Drucksache 16/
10872 in seiner 126. Sitzung am 27. Mai 2009 abschließend
beraten.

Mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN wurde dem Deutschen Bundestag die Ableh-
nung des Antrags auf Drucksache 16/12865 empfohlen.

Mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stim-
men der Fraktion der FDP wurde dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/10872 emp-
fohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU führte aus, dass die von der
Fraktion der FDP beantragte Wahlmöglichkeit, im Rahmen
der Riester-Rente allein das Risiko der Erwerbsunfähigkeit
absichern zu können, zwangsläufig zu Lasten der Alterssi-
cherung ginge. Letztere sollte aber in erster Linie mit der
Riester-Rente gestärkt und als solche steuerlich gefördert
werden. Gegen eine Ausweitung der Riester-Förderung auf
alle Steuerpflichtigen spreche neben den damit verbundenen
Kosten auch der Umstand, dass die Riester-Rente die Absen-
kung des Versorgungsniveaus in den Alterssicherungssyste-
men kompensieren solle, der Gesetzgeber aber nicht in allen
Systemen leistungsmindernd eingegriffen habe. Gegen den
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spreche,
dass Erwerbsminderungsrenten derzeit ganz überwiegend an
Versicherte vor dem 60. Lebensjahr gezahlt würden. Eine
Verlängerung der Zurechnungszeit würde für sie zu einer
rung abgesichert werden. Dazu gehöre auch, dass der
Zurechnungszeitraum analog zu den Änderungen des Zu-

Die Fraktion der SPD kritisierte, dass die Versicherungsun-
ternehmen mit dem Antrag der Fraktion der FDP die Mög-

Berlin, den 27. Mai 2009

Peter Weiß (Emmendinge
Berichterstatter
auch denjenigen einräumen, die den Nachteil gar nicht hät-
ten. Darüber hinaus habe die Koalition der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD auch für Erwerbsgeminderte die Mög-
lichkeit zu „riestern“ geschaffen. Der Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN habe richtige Ansätze, auch
bei den Zurechnungszeiten, aber nicht die richtigen Antwor-
ten. Daher werde die Fraktion der SPD beide Anträge ableh-
nen. Das Thema Erwerbsminderungsrente sei aber nicht er-
ledigt.

Die Fraktion der FDP plädierte dafür, den Versicherten die
Entscheidung über die Nutzung ihrer Riester- und Rürup-
Versicherungen zu überlassen. Der bisherige Umfang von
maximal 15 Prozent der Beitragsgelder für den Schutz bei
Erwerbsminderung reiche nicht aus. Die Absicherung gegen
das Erwerbsminderungsrisiko sei bei vielen Menschen lü-
ckenhaft. Dazu komme, dass viele in fortgeschrittenem Alter
beispielsweise wegen Vorerkrankungen privat keine solche
Versicherung mehr abschließen könnten. Darüber hinaus
müsse der Zugang zur Riester-Förderung für alle Personen
geöffnet werden. Andernfalls sehe die Fraktion der FDP für
diese Förderung ein Legitimitätsproblem.

Die Fraktion DIE LINKE. forderte Verbesserungen an der
Absicherung des Erwerbsunfähigkeits- und -minderungsrisi-
kos. Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme dürfe es
nicht geben, da es nicht im Ermessen des Einzelnen stehe,
wann er eine solche Rente in Anspruch nehme. Auch der
deutliche Rückgang der Leistungshöhe sei ein Problem. Er-
werbsgemindertenrenten erreichten im Schnitt nicht einmal
mehr Grundsicherungsniveau. Beim Antrag der Fraktion der
FDP müsse man fragen, ob damit nicht eigentlich ein neues
Produkt für den Versicherungsmarkt geschaffen werde solle.
Beide Anträge würden abgelehnt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwies auf
das steigende Risiko von Altersarmut für Menschen mit Er-
werbsminderung. Die allgemeine Niveauabsenkung in der
gesetzlichen Rentenversicherung betreffe auch die Erwerbs-
minderungsrenten. Hinzu komme, dass in den letzten Jahren
das Zugangsalter von Erwerbsgeminderten kontinuierlich
gesunken sei. Wenn politisch nicht gegengesteuert werde,
verliere diese Rente ihre existenzsichernde Funktion. Der
eigene Antrag sei gegenüber dem Vorschlag der Fraktion der
FDP die bessere Lösung. Es dürften nicht nur diejenigen vor
Armut geschützt werden, die sich eine ergänzende Vorsorge
leisten könnten.

n)
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13355

lichkeit zur Senkung der garantierten Rendite für Riester-
Rentenverträge erhalten sollten. Damit würde die Riester-
Rente attraktiver allein für Versicherungen, nicht aber für die
Versicherten. Tatsächlich schaffe der Staat mit der Förderung
der Riester-Rente einen gewissen Ausgleich für diejenigen,
die von der langfristigen Absenkung des Rentenniveaus
betroffen seien: Die Fraktion der FDP wolle diesen Vorteil

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