BT-Drucksache 16/13338

Anleitungen zur Berechnung von Fluglärm

Vom 11. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13338
16. Wahlperiode 11. 06. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Petra Pau, Lutz Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill,
Dorothee Menzner und der Fraktion DIE LINKE.

Anleitungen zur Berechnung von Fluglärm

Das Fluglärmgesetz 1971 und das neue Fluglärmgesetz 2007 haben verschie-
dene Formeln für den der Berechnung von Schutzbereichen zugrunde liegen-
den äquivalenten Dauerschallpegel. Beiden Gesetzen nachgeordnet war bzw. ist
jeweils eine eigene „Anleitung zur Berechnung“ („AzB“) sowie eine „Anlei-
tung zur Datenerfassung“ („AzD“). Diese treffen bestimmte Annahmen über
die Zuordnung von Luftfahrzeugen zu bestimmten Luftfahrzeugklassen und le-
gen Lärmwerte für diese Luftfahrzeugklassen fest. Hieraus werden dann die
äquivalenten Dauerschallpegel berechnet. Die AzB/AzD des Fluglärmgesetzes
von 1971 gibt es in Fassungen von 1975, 1984 und 1999.

Tabelle 1 der AzD enthält eine Einteilung von Flugzeuggruppen, die zu einer
Aufteilung in Luftfahrzeugklassen (Tabelle 2) führt. Diese Aufteilungen sind
grundlegend für den angewendeten Algorithmus zur Ermittlung des äquivalen-
ten Dauerschallpegels.

Die Flugzeuggruppen weisen, was die Höchststartmasse (MTOM) angeht, ge-
wisse Spannbreiten auf. Diese ist beispielsweise in der Gruppe S5.1 „über
50 t“, in den Gruppen S5.2 und S5.3 „50t bis 120t“ und in der Gruppe S6.2
„120t bis 300t“. Diese Spannbreiten gelten auch für die Luftfahrzeugklassen.

Die mit Hilfe von AzB und AzD ermittelten Lärmwerte sind die Grundlage für
Behörden und Gerichte hinsichtlich ihrer Entscheidungen über Maßnahmen des
aktiven und passiven Lärmschutzes sowie zur Beurteilung von Entschädi-
gungs- und Enteignungsbetroffenheiten. Es ist von großer Bedeutung, dass die
AzB die Lärmwerte korrekt ermittelt und regionale und sonstige Unterschiede
richtig berücksichtigt, sonst könnten unangemessene Lärmbetroffenheiten und
Ungleichbehandlungen vor dem Gesetz die Folge sein.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung an konkreten Fallbeispielen empirisch verifiziert,
inwieweit die AzB/AzD mit gemessenen Lärmwerten übereinstimmen?

Wenn ja, welche Untersuchungen wurden genau angestellt?
Wenn nein, warum nicht?

2. Wo sind diese empirischen Verifikationen gegebenenfalls nachzulesen (bitte
Fundstellen angeben für die AzB/AzD 75, AzB/AzD 84, AzB/AzD 99 für
die alte Fluglärmformel und die AzB/AzD 2008 für die neue Fluglärm-
formel)?

Drucksache 16/13338 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Wenn entsprechende Untersuchungen im Sinne von Frage 1 durchgeführt
wurden, aber keine bibliographischen Fundstellen vorliegen, ist die Bun-
desregierung bereit, diese Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung
zu stellen?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, warum nicht?

4. Welche Abweichungen zwischen gemessenen und berechneten Lärmpe-
geln sind aufgetreten (Angaben bitte quantitativ in dB(A) und getrennt für
AzB/AzD 75, AzB/AzD 84, AzB/AzD 99 für die alte Fluglärmformel und
die AzB/AzD 2008 für die neue Fluglärmformel)?

5. Trifft es zu, dass innerhalb der Flugzeuggruppen von konstanten Lärmwer-
ten ausgegangen wird?

Wenn ja, wie begründet die Bundesregierung das Konstanthalten der Lärm-
werte innerhalb der Flugzeugklassen, angesichts der Tatsachen, dass typi-
scherweise eine logarithmische Variation des Lärmpegels bei linearer
Variation der Startmasse vorliegt, und dass in § 11c der Luftverkehrs-Ord-
nung (LuftVO) und § 10 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO)
die zulässigen Lärmpegel in Abhängigkeit von der Startmasse festgelegt
werden, zumal dies auf Annex 16 des Abkommens über die Internationale
Zivilluftfahrt (ICAO-Abkommens) zurückgeht und darauf in der Betriebs-
beschränkungsrichtlinie 2002/30/EG in Bezug genommen wird?

Wenn nicht, wo sind weitere Gewichtsspezifische Kriterien innerhalb der
Flugzeuggruppen geregelt?

6. Wurden in der zuletzt gültigen AzB meteorologische Gegebenheiten be-
rücksichtigt?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche maximale Abweichung von den errechneten AzB-Lärm-
werten konnte dies zur Folge haben?

7. Werden in der neuen AzB meteorologische Gegebenheiten berücksichtigt?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche maximale Abweichung von den errechneten AzB-Lärm-
werten kann dies zur Folge haben?

8. Wurden in der zuletzt gültigen AzB topographische Verhältnisse berück-
sichtigt?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie und welche?

Wenn ja, welche maximale Abweichung von den errechneten AzB-Lärm-
werten konnte dies zur Folge haben?

9. Werden in der neuen AzB topographische Verhältnisse berücksichtigt?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie und welche?

Wenn ja, welche maximale Abweichung von den errechneten AzB-Lärm-
werten kann dies zur Folge haben?

10. Wie wurde die Einflughöchstgeschwindigkeit in der zuletzt gültigen AzB
konkret berücksichtigt?
11. Wie wird die Einflughöchstgeschwindigkeit in der neuen AzB eingestellt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13338

12. Wer legt die Einflughöchstgeschwindigkeit bei der Berechnung der Lärm-
werte mit Hilfe der AzB fest?

13. Wie wird im Betrieb sichergestellt, dass die als Berechnungsgrundlage
festgelegte Einflughöchstgeschwindigkeit eingehalten wird?

14. Wie wurde der Umkehrschub in den Lärmberechnungen der zuletzt gülti-
gen AzB berücksichtigt?

15. Wie wird der Umkehrschub in den Lärmberechnungen der neuen AzB be-
rücksichtigt?

16. Trifft es zu, dass in der neuen AzB wie in der zuletzt gültigen AzB Flug-
leistungsdaten in vordefinierten Leistungsprofilen erfasst werden, und
wenn ja, warum?

17. Wie groß ist die Abweichung zwischen den idealisierten AzB-Daten und
der realen Streuung der einzelnen Flugbewegungen, einerseits durch-
schnittlich, andererseits maximal?

18. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass man beim derzeitigen
Stand der Technik Höhen- und Geschwindigkeitsprofile verwenden
könnte, die aus Radaraufzeichnungen abgeleitet sind und somit den realen
Gegebenheiten deutlich besser Rechnung tragen würden (Begründung)?

19. Welche Abweichungen zwischen gemessenen und nach neuer und zuletzt
gültiger AzB berechneten Lärmwerten können bei gekrümmten Steig-
pfaden auftreten?

20. Warum werden Schallausbreitungen von Lärmquellen, die dem Bodenlärm
zuzuordnen sind (Rollbewegungen auf dem Flugfeld, Triebwerksprobe-
läufe, Umkehrschübe sowie APU – auxiliary power unit) mittels AzB be-
rechnet und nicht gemäß Technischer Anleitung zum Schutz gegen Lärm.
Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutz-
gesetz (TA Lärm) behandelt, und wie begründet die Bundesregierung die
sich daraus ergebende unterschiedliche Behandlung von Bodenlärm?

21. Wie belastbar sind die entsprechenden Datensätze in der AzB?

22. Ab welchem dB(A)-Wert wurden Geräusche in der zuletzt geltenden AzB
berücksichtigt, und trifft es zu, dass Geräusche unter 55dB(A) abgeschnit-
ten wurden?

23. Ab welchem dB(A)-Wert werden Geräusche in der neuen AzB berücksich-
tigt?

24. Welche Flugzeugmuster der AzB-Klassen S5.2, S5.3 und S6.1 sind für
Langstreckenflüge/Transatlantikflüge geeignet?

Berlin, den 8. Juni 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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