BT-Drucksache 16/13329

Ursachen für den massiven Rückgang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008 und Fehlinformationen der Integrationsbeauftragten

Vom 8. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13329
16. Wahlperiode 08. 06. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Ulla Jelpke und der Fraktion DIE LINKE.

Ursachen für den massiven Rückgang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008
und Fehlinformationen der Integrationsbeauftragten

Für das Jahr 2008 ist mit einem erheblichen Rückgang der Einbürgerungszah-
len zu rechnen. Dies ergibt sich aus Anfragen der Fraktion DIE LINKE. in
mehreren Bundesländern und journalistischen Recherchen (vgl. Süddeutsche
Zeitung vom 29. April 2009). Aufgrund der vorliegenden Angaben aus zehn
Bundesländern muss für das Jahr 2008 mit einem Rückgang um 16 Prozent ge-
rechnet werden.

Diese Entwicklung stellt der Integrationspolitik der Bundesregierung ein
schlechtes Zeugnis aus. Diese gibt vor, dem Thema „Integration“ eine beson-
dere Bedeutung beizumessen, doch real wurden beispielsweise die Bedingun-
gen des Ehegattennachzugs und das Einbürgerungsrecht verschärft, das kom-
munale Wahlrecht und die generelle doppelte Staatsangehörigkeit wird Dritt-
staatenangehörigen hartnäckig verweigert. Das Ergebnis dieser Politik ist nicht
„Integration“, sondern verweigerte Partizipation, Diskriminierung und Entrech-
tung.

Die Bundesregierung bestreitet, dass die Verschärfung des Staatsangehörig-
keitsgesetzes durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz im August 2007
(auch 2007 gab es einen Rückgang um neun Prozent) eine maßgebliche Ur-
sache für den Einbruch der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008 sein könnte. In
einem Interview im „ARD-Morgenmagazin“ vom 12. Mai 2009 erklärte Staats-
ministerin Dr. Maria Böhmer gar, die Einbürgerungszahlen seien „in den Jahren
zuvor“ „deutlich gestiegen“ und das trotz entgegenstehender bekannter Fakten.
Seit dem Jahr 2000 gehen die Einbürgerungszahlen kontinuierlich zurück, um
insgesamt etwa 50 Prozent und allein in der Regierungszeit der Koalition der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD 2006 bis 2008 betrug der Rückgang
ca. 22 Prozent. Nur im Jahr 2006 gab es gegen den Trend einen leichten An-
stieg um sechs Prozent.

Die Frage des Moderators im „ARD-Morgenmagazin“, ob die Einbürgerungs-
politik der Bundesregierung nicht in eine falsche Richtung gehe, beantwortete
Staatsministerin Dr. Maria Böhmer nicht. Stattdessen behauptete sie, die Bun-
desregierung habe „eine große Wende vollzogen“, weil nicht mehr über, son-
dern mit den Migrantinnen und Migranten geredet würde.
Dass die Verschärfung der Sprachanforderungen eine Ursache für den Rück-
gang sein könne, bestritt Dr. Maria Böhmer, denn „sehr viele Menschen gehen
in die Integrationskurse“. Die Staatsministerin erwähnte dabei allerdings nicht,
dass infolge der unzureichenden Ausgestaltung der Integrationskurse im Zeit-
raum 2005 bis Mitte 2008 nur 46,3 Prozent aller Kursabsolventinnen und -ab-
solventen das gesetzlich vorgesehene Ziel des Sprachniveaus B1, das seit

Drucksache 16/13329 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

August 2007 auch eine zwingende Voraussetzung für die Einbürgerung ist,
erreichten.

Als mögliche Ursachen für die Einbürgerungsentwicklung nannte die Staats-
ministerin Faktoren, die offenkundig untauglich zur Erklärung des Rückgangs
sind (vgl. dpa vom 29. April 2009 und die Antwort der Staatsministerin auf die
schriftliche Frage der Abgeordneten Sevim Dag˘delen auf Bundestagsdrucksache
16/12923): So kann die geringere Einbürgerungsneigung von EU-Bürgerinnen
und Bürgern den Rückgang von 2007 auf 2008 nicht erklären, weil sich deren
Anteil an allen nicht-deutschen Staatsangehörigen in diesem Zeitraum nicht
wesentlich erhöht hat. Auch die Einführung von Elementen des Geburtsrechts
im Jahr 2000 ist als Erklärung ungeeignet, weil sich die Zahl der in Deutsch-
land lebenden Ausländerinnen und Ausländer dessen ungeachtet nicht verrin-
gert hat, insbesondere nicht von 2007 auf 2008. Schließlich liegen auch die
rückläufigen Einbürgerungszahlen bei türkischen Staatsangehörigen im allge-
meinen Trend und wären ihrerseits erklärungsbedürftig.

Ungeachtet des Einbruchs bei den Einbürgerungszahlen wähnt Staatsministerin
Dr. Maria Böhmer die Bundesregierung „auf dem richtigen Weg“, weil die Be-
stehensquote bei Einbürgerungstests bei knapp 99 Prozent liege (kna, 15. Mai
2009). Damit sei auch die Kritik widerlegt, die Bundesregierung baue Hürden
bei der Einbürgerung auf, behauptete sie, obwohl der abschreckende Effekt von
Einbürgerungstests insbesondere für Bildungsschwache statistisch kaum nach-
zuweisen ist.

Ziel der Bundesregierung ist es nicht, Einbürgerungen zu erleichtern, sondern
„Ausländer, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, zur Einbürgerung zu
motivieren“ (Antwort von Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auf die schriftliche
Frage der Abgeordneten Sevim Dag˘delen auf Bundestagsdrucksache 16/12923).

Da Staatsministerin Dr. Maria Böhmer im „ARD-Morgenmagazin“ davon
sprach, dass eine „sehr gründliche Analyse“ der Einbürgerungszahlen notwen-
dig sei, geht die Fraktion DIE LINKE. davon aus, dass ihre Große Anfrage zum
„Staatsangehörigkeitsrecht und Einbürgerungspraxis als Maßstab der Integra-
tionspolitik“ (Bundestagsdrucksache 16/11815), die genau dies ermöglichen
soll, von der Bundesregierung als Chance begriffen und gewissenhaft beant-
wortet wird.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Ist es zutreffend, dass mit dem EU-Richtlinienumsetzungsgesetz im
August 2007 Einbürgerungen in genau einer Beziehung erleichtert wur-
den, nämlich durch die Möglichkeit einer Einbürgerung bereits nach
sechs statt wie bisher nach sieben bzw. acht Jahren bei „besonderen Inte-
grationsleistungen“ (§ 10 Absatz 3 Satz 2 des Staatsangehörigkeitsgeset-
zes – StAG) – eine Möglichkeit, die in der Praxis jedoch kaum genutzt
wird (vgl. Plenarprotokoll 16/221, S. 24290) –, dass aber zugleich Ein-
bürgerungen in mehrfacher Hinsicht erschwert wurden, z. B. durch:

– Bedingung des Nachweises von deutschen Sprachkenntnissen des
Niveaus B1 (§ 10 Absatz 4 StAG)

– Bedingung des Nachweises von Kenntnissen der Rechts- und Gesell-
schaftsordnung/Einbürgerungstest (§ 10 Absatz 1 Nummer 7 StAG
i. V. m. Absatz 5)

– Wegfall der Möglichkeit einer Einbürgerung für unter 23-Jährige ohne
Nachweis der Einkommensverhältnisse (§ 10 Absatz 1 Satz 3, 1. Halb-
satz StAG a. F.)

– Ausschluss von Aufenthaltstiteln nach § 25 Absatz 5 des Aufenthalts-

gesetzes als Einbürgerungsvoraussetzung (§ 10 Absatz 1 Nummer 2
StAG)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13329

– Herabsenkung (Halbierung) der bei einer Einbürgerung außer Betracht
bleibenden Verurteilungen (§ 12a Absatz 1 StAG)

– Wegfall der Möglichkeit der generellen Beibehaltung der bisherigen
Staatsangehörigkeit für jüdische Kontingentflüchtlinge (Streichung
des 2. Halbsatzes in § 12 Absatz 1 Nummer 6 StAG a. F.)

(wenn nein, bitte begründen)?

b) Muss angesichts dessen nicht insgesamt von erschwerten Voraussetzun-
gen und damit von einer Verschärfung des Einbürgerungsrechts durch das
Richtlinienumsetzungsgesetz gesprochen werden (bitte begründen)?

c) Wie begründet Staatsministerin Dr. Maria Böhmer ihre Auffassung, die
Kritik, die Bundesregierung baue neue Hürden bei der Einbürgerung auf,
sei durch die hohen Bestehensquoten bei Einbürgerungstests widerlegt
worden (kna, 15. Mai 2009), angesichts der oben aufgeführten, von der
Bundesregierung aufgebauten neuen Hürden?

2. Wie viele nicht-deutsche Staatsangehörige bzw. wie viele EU-Angehörige
lebten 2007 bzw. 2008 in der Bundesrepublik Deutschland, und wie hoch
war die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von in der Bundesrepublik
Deutschland lebenden nicht-deutschen Staatsangehörigen im Jahr 2000 bzw.
im Jahr 2008?

a) Wie kann die geringere Einbürgerungsneigung von EU-Angehörigen für
den massiven Rückgang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008 verant-
wortlich sein, wie von Staatsministerin Dr. Maria Böhmer behauptet (vgl.
dpa vom 29. April 2009), wenn sich die Zahl der in der Bundesrepublik
Deutschland lebenden EU-Angehörigen im Jahr 2008 nicht wesentlich
verändert hat (Wiederholung der insoweit unbeantwortet gebliebenen
schriftlichen Frage der Abgeordneten Sevim Dag˘delen auf Bundestags-
drucksache 16/12923)?

b) Wie kann das seit dem Jahr 2000 teilweise geltende Geburtsrecht („ius
soli“) für den massiven Rückgang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008
verantwortlich sein, wie von Staatsministerin Dr. Maria Böhmer behaup-
tet (vgl. dpa vom 29. April 2009), wenn sich trotz der Einführung von
Elementen des Geburtsrechts im Jahr 2000 die Zahl der in Deutschland
lebenden nicht-deutschen Staatsangehörigen überhaupt nicht verändert
hat – insbesondere nicht zwischen den Jahren 2007 und 2008 –, und sich
zudem deren durchschnittliche Aufenthaltsdauer eher verlängert haben
dürfte, so dass sich die Zahl der Einbürgerungsberechtigten aus diesem
Grunde nicht verringert haben dürfte (Wiederholung der insoweit un-
beantwortet gebliebenen schriftlichen Frage der Abgeordneten Sevim
Dag˘delen auf Bundestagsdrucksache 16/12923)?

c) Wie können „die seit Jahren rückläufigen Einbürgerungszahlen bei türki-
schen Migranten“ für den massiven Rückgang der Einbürgerungszahlen
im Jahr 2008 verantwortlich sein, wie von Staatsministerin Dr. Maria
Böhmer behauptet (vgl. Antwort auf die schriftliche Frage der Abgeord-
neten Sevim Dag˘delen auf Bundestagsdrucksache 16/12923), wenn der
Rückgang der Einbürgerungsquote bei türkischen Staatsangehörigen
z. B. im Jahr 2007 in etwa dem allgemeinen Rückgang entsprach (neun
bzw. zehn Prozent)?

d) Wie begründet Staatsministerin Dr. Maria Böhmer ihre Auffassung, dass
die Gesetzesverschärfungen im August 2007 für den Rückgang nicht ver-
antwortlich seien und die Bundesregierung „auf dem richtigen Weg“ sei
(siehe Vorbemerkung), wenn sich aus der Antwort zu den Fragen 2a bis 2c
ergeben sollte, dass die dort genannten Faktoren den drastischen Rück-

gang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008 nicht hauptursächlich er-
klären können?

Drucksache 16/13329 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung von Beraterinnen und
Beratern von Einbürgerungswilligen, dass die neuen Sprachanforderungen
für den Rückgang der Einbürgerungszahlen (mit)verantwortlich sind, die
darin die Haupterklärung für den Rückgang sehen (vgl. z. B. Süddeutsche
Zeitung vom 29. April 2009, bitte begründen)?

4. Vertritt die Staatsministerin Dr. Maria Böhmer nach wie vor die Auffassung,
die sie im Bundestag vor gut einem Jahr vertreten hat, wonach sich die Ein-
bürgerungszahlen „seit 2000 nach anfänglichem Rückgang auf hohem
Niveau stabilisiert“ hätten (Plenarprotokoll 16/144 vom 20. Februar 2008;
bitte begründen)?

5. Sind angesichts der aktuellen Einbürgerungszahlen nach Auffassung der
Staatsministerin Erleichterungen des Einbürgerungsrechts erforderlich, um
die Zahl der Einbürgerungen zu steigern, oder wird sich die Bundesregie-
rung darauf beschränken, nach den im Jahr 2007 erfolgten Gesetzesver-
schärfungen für mehr Einbürgerungen zu werben (bitte begründen)?

6. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus der Anhörung des In-
nenausschusses des Deutschen Bundestages vom 10. Dezember 2007 zum
StAG gezogen (abgesehen von der inzwischen in Kraft getretenen Rücknah-
meregelung), bei der die Sachverständigen

– einstimmig die Aufgabe der Optionspflicht,

– mehrheitlich eine Lockerung oder Aufgabe des Prinzips der Vermeidung
der Mehrstaatigkeit,

– mehrheitlich weitere Einbürgerungserleichterungen,

– mehrheitlich eine Sonderregelung für vorwiegend türkische Staatsange-
hörige nach Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit infolge des Weg-
falls der so genannten Inlandsklausel forderten?

7. Welche Schlussfolgerungen zieht Staatsministerin Dr. Maria Böhmer – un-
abhängig von den hohen Bestehensquoten bei Einbürgerungstests – aus dem
Plädoyer des Bundesverwaltungsrichters und Sachverständigen Prof. Dr. Uwe
Berlit für eine Streichung der Neuregelung zur Prüfung von Kenntnissen der
Rechts- und Gesellschaftsordnung, da diese mit „integrationsschädlichen
Abschreckungseffekten“ und der „Wahrscheinlichkeit sozialer Selektion“
verbunden sei (Ausschussdrucksache 16(4)311E, S. 8)?

8. Welche Schlussfolgerungen zieht Staatsministerin Dr. Maria Böhmer aus der
generellen Einschätzung des Bundesverwaltungsrichters und Sachverständi-
gen Prof. Dr. Uwe Berlit, wonach „gegenüber den sukzessiven, teils überzo-
genen Verschärfungen der letzten Jahre“ im Staatsangehörigkeitsrecht „ein
Umdenken angezeigt“ sei (Plenarprotokoll Nr. 16/54, S. 9)?

9. Hält die Staatsministerin Dr. Maria Böhmer auch angesichts des massiven
Rückgangs der Einbürgerungszahlen an ihrer am 22. Februar 2008 im Deut-
schen Bundestag geäußerten Einschätzung fest (Plenarprotokoll 16/146,
S. 15440): „Das Jahr 2008 wird das Jahr der Integration in Deutschland
sein“, und wenn ja, wie ist dies damit vereinbar, dass auch nach Ansicht der
Staatsministerin „Integration“ „gleichberechtigte Teilhabe“ bedeutet (ebd.,
S. 15439) und eine solche gleichberechtigte Teilhabe Migrantinnen und
Migranten erst nach einer Einbürgerung gegeben ist – deren Voraussetzun-
gen aber erschwert wurden?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13329

10. Hält die Staatsministerin Dr. Maria Böhmer an ihrer ablehnenden Haltung
gegenüber dem kommunalen Wahlrecht für Drittstaatenangehörige mit
dem Argument fest, die Betroffenen könnten ja durch die Einbürgerung das
volle Wahlrecht erhalten, und wenn ja, wie begründet sie diese Auffassung
angesichts der zunehmend erschwerten Voraussetzungen für Einbürgerun-
gen seit dem Jahr 2000 und dem daraus resultierenden kontinuierlichen und
aktuell drastischen Rückgang der Einbürgerungszahlen?

11. Wie soll nach Auffassung der Staatsministerin Dr. Maria Böhmer die aus
Demokratiegründen gebotene Kongruenz zwischen Wahlberechtigten und
„Herrschaftsunterworfenen“ hergestellt werden, wenn Drittstaatenangehö-
rigen das kommunale Wahlrecht verweigert wird und zugleich die Einbür-
gerungszahlen zurückgehen?

12. In welcher Weise sieht die Bundesregierung den Hinweis des Bundesver-
fassungsgerichts in ihren gesetzlichen und anderen Maßnahmen der letzten
Jahre berücksichtigt, wonach auf die veränderte Zusammensetzung der Be-
völkerung in Deutschland mit entsprechenden staatsangehörigkeitsrecht-
lichen Regelungen reagiert werden müsse, um der „demokratischen Idee“
zu entsprechen und „eine Kongruenz zwischen den Inhabern demokrati-
scher politischer Rechte und den dauerhaft einer bestimmten staatlichen
Herrschaft Unterworfenen herzustellen“ (2 BvF 2/89 und 6/89 vom 31. Ok-
tober 1990)?

13. Warum hält die Bundesregierung „Einbürgerungsfeiern“ und „Werbekam-
pagnen“ für geeignete Mittel, um den von ihr gezielt geschaffenen er-
schwerten Einbürgerungsvoraussetzungen und damit dem bewusst von ihr
verursachten Rückgang der Einbürgerungszahlen infolge von Gesetzes-
verschärfungen entgegenzuwirken, angesichts der aktuellen Erfahrungen,
wonach es auch in Bundesländern mit Einbürgerungskampagnen (etwa in
Berlin) zu einem Rückgang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2008 ge-
kommen ist?

14. Haben tatsächlich die Migrantenorganisationen auf einem Treffen mit
Staatsministerin Dr. Maria Böhmer am 11. Mai 2009 gesagt, „es war noch
nie so viel Integration in Deutschland“, wie von Staatsministerin Dr. Maria
Böhmer im Interview mit dem „ARD-Morgenmagazin“ am Tag darauf
behauptet, oder war es nicht vielmehr die Staatsministerin selbst, die eine
solche Einschätzung gegenüber den Migrantenorganisationen abgegeben
hat?

15. Welchen positiven Wert misst die Bundesregierung dem Umstand bei,
wenn mit Migrantinnen und Migranten und deren Organisationen zwar
„geredet“ wird, zugleich aber deren Forderungen – etwa nach doppelter
Staatsangehörigkeit, kommunalem Wahlrecht, Rücknahme der Einschrän-
kungen des Ehegattennachzugs – ignoriert werden?

16. Inwieweit ist die Staatsministerin Dr. Maria Böhmer der Auffassung, dass
über das Amt der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Inte-
gration im Wesentlichen die Politik der Bundesregierung gegenüber der
Öffentlichkeit und den Migrantinnen und Migranten oder die Anliegen und
Interessen der Migrantinnen und Migranten gegenüber der Bundesregie-
rung und Öffentlichkeit vertreten werden soll?

17. Was unternimmt die Staatsministerin Dr. Maria Böhmer, um innerhalb
ihrer eigenen Fraktion für ein Integrationsverständnis zu werben, das dem
der Bundesregierung entspricht, wenn z. B. der Abgeordnete Stephan
Mayer (Altötting) für die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag
erklärt, dass Einbürgerungen erst am Ende einer „erfolgreichen Integration“

stehen dürften, so dass es „hoher Hürden“ bei der Einbürgerungen bedürfe
(vgl. Plenarprotokoll 16/120, S. 12543 f.), während die Staatsministerin

Drucksache 16/13329 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Dr. Maria Böhmer und der Parlamentarische Staatssekretär Peter Altmaier
wortgleich – und damit offenkundig abgestimmt – für die Bundesregierung
erklären, dass die Einbürgerung „ein entscheidender Schritt oder
Abschnitt“, jedoch nicht notwendigerweise das Ende einer „gelungenen
Integration“ sei und „Integration“ auch über die Einbürgerung hinaus noch
andauern könne (vgl. Bundestagsdrucksache 16/12601, S. 7 und Plenarpro-
tokoll 16/221, S. 24290)?

18. Wie viele Einbürgerungstests hat es seit Einführung gegeben, und wie viele
Einbürgerungen erfolgten ohne vorherigen Einbürgerungstest (bitte nach
Monaten aufschlüsseln)?

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.