BT-Drucksache 16/13290

Zahlungen und Geldflüsse in Verbindung mit dem Atommülllager Asse II

Vom 4. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13290
16. Wahlperiode 04. 06. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Cornelia
Behm, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter,
Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Zahlungen und Geldflüsse in Verbindung mit dem Atommülllager Asse II

Am 18. Mai 2009 berichtete „DER SPIEGEL“, das Deutsche Atomforum habe
dem ehemaligen Betreiber des Atommülllagers Asse II – früher Gesellschaft
für Strahlenforschung (GSF), heute Helmholtz Zentrum München (HZM) –
von 1997 bis 2002 insgesamt rund 700 000 Euro gezahlt, um die Asse in der
Öffentlichkeit positiv darzustellen. Das Atomforum bestätigte die Zahlungen
bereits – ohne Angabe der Summe. Die Zahlungen werfen diverse Fragen auf
und wecken erneute Zweifel an der Seriosität und Unabhängigkeit des ehema-
ligen Asse-Betreibers. Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und For-
schung (BMBF) sollen ebenfalls in die Zahlungen eingeweiht gewesen sein.

Obwohl rund 75 Prozent der in Asse eingelagerten Radioaktivität letztlich aus
Atomkraftwerken stammt, betonen das Atomforum und die Energiekonzerne
stets, die Asse liege in der alleinigen Verantwortung des Bundes. Umso mehr
stellt sich die Frage, weshalb die Atomkraftwerkbetreiber bzw. ihre Lobby-
Organisation die Öffentlichkeitsarbeit für ein Atommülllager bezahlen, mit
dem sie nichts zu tun haben wollen. Laut „DER SPIEGEL“ ließ vor dem Atom-
forum bereits die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kern-
brennstoffen (DWK) dem ehemaligen Asse-Betreiber zum selben Zweck Geld
zukommen. Die DWK war eine hundertprozentige Tochter der Atomkraftwerk-
betreiber.

Bezüglich des ehemaligen Asse-Betreibers meldete ferner das Bundesministe-
rium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) am 14. Mai 2009,
es habe Akten ungeordnet und in Teilen unvollständig an den neuen Asse-Be-
treiber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), übergeben.1 Auch dies weckt
erneute Zweifel an seiner Korrektheit und Kompetenz.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Zahlungen in Verbindung mit der Asse
1. Welche einzelnen Zahlungen gab es vom Deutschen Atomforum an die GSF
im Zusammenhang mit dem Atommülllager Asse II (bitte mit Datum und
Höhe)?

1 Vgl. BMU-Pressemitteilung 138/09 vom 14. Mai 2009.

Drucksache 16/13290 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wer war für die einzelnen Zahlungen jeweils

a) bei der GSF und

b) beim Atomforum verantwortlich?

2. In welchen Positionen bei welchem Arbeitgeber befinden sich die verant-
wortlichen Personen heute (bitte für alle angeben)?

3. Auf wessen Initiative hin kamen die einzelnen Zahlungen jeweils zu-
stande?

Gingen sie auf eine Bitte der GSF oder auf ein Angebot des Atomforums
zurück?

4. Welche Gründe gab es für Zahlungen?

Mit welchen Auflagen oder Bitten waren sie verbunden?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Zahlungen?

Wie beurteilt sie ihre Rechtmäßigkeit?

6. Weshalb wurden die Zahlungen nicht umgehend öffentlich gemacht?

7. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Zahlungen – ins-
besondere gegenüber dem Atomforum?

8. Welche Kommunikationsvorgänge finden sich zu welchen Zahlungen in
den Akten des BMBF?

9. Seit wann weiß die heutige Hausspitze des BMBF von den Zahlungen?

Wie beurteilt sie sie?

10. Welche einzelnen Zahlungen gab es jeweils wann von der DWK an die
GSF im Zusammenhang mit dem Atommülllager Asse II?

Wer war für die einzelnen Zahlungen jeweils verantwortlich bei

a) der GSF und

b) bei der DWK?

11. Auf wessen Initiative hin kamen die einzelnen DWK-Zahlungen zustande?

Gingen sie jeweils auf eine Bitte der GSF oder auf ein Angebot der DWK
zurück?

12. Welchen Grund gab es für die DWK-Zahlungen?

Mit welchen Auflagen oder Bitten waren sie verbunden?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die DWK-Zahlungen?

Wie beurteilt sie ihre Rechtmäßigkeit?

14. Weshalb wurden die DWK-Zahlungen nicht umgehend öffentlich ge-
macht?

15. Welche Kommunikationsvorgänge finden sich zu welchen DWK-Zahlun-
gen in den Akten des BMBF?

16. In Absprache mit welchen Vertretern des Bundes fanden die Zahlungen

a) des Atomforums und

b) der DWK jeweils statt (bei mehreren Vertretern bitte alle angeben)?

Wie hoch in der Hierarchie der betroffenen Bundesministerien gelangte die
Kenntnis der Zahlungen, und wann?
Welche Weisungen welcher Hausspitzen gab es dazu, und wann?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13290

17. In welchen Positionen bei welchem Arbeitgeber befinden sich die betref-
fenden Vertreter des Bundes heute (bitte für alle angeben)?

18. Wie viel Geld hat GSF/HZM insgesamt im Zusammenhang mit der Asse
erhalten – abgesehen von den bekannten BMBF-Zuwendungen und Ge-
bühreneinnahmen?

Von wem und weshalb?

II. Weitere Fragen zum ehemaligen Asse-Betreiber und Akten, die die Asse be-
treffen

19. Hat das HZM alle Akten vor der Übergabe an das BfS kopiert oder digitali-
siert?

Falls nein, welche Akten wurden nicht kopiert oder digitalisiert?

20. Welche Akten wurden vom HZM „in Teilen unvollständig“ übergeben?2

21. Wie erklärt das HZM, dass Akten „in Teilen unvollständig“ übergeben
wurden?

22. Wie beurteilt die Bundesregierung die Sorgfalt und Qualität des HZM bei
der Aktenarchivierung und -übergabe?

23. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass das HZM Akten vernichtet
hat?

Hat sie Anlass zu der Annahme, dass das HZM Akten vernichtet hat?

24. Welche Asse-Akten wurden durch einen Wasserschaden vernichtet?

Wann und wo ereignete er sich, und was war die Ursache?3

25. Wo sind die zwischen der GWK – der ehemaligen Betreibergesellschaft der
Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) – und den damaligen Atom-
kraftwerkbetreibern abgeschlossenen privatrechtlichen Verträge, die die
Asse-relevanten WAK-Kampagnen betreffen, der Bundesregierung konkret
zugänglich?4

Sind die Verträge jeweils gänzlich vertraulich oder nur bestimmte Teile
(gegebenenfalls welche)?

26. Welche der betreffenden Vertragsparteien hat die Bundesregierung wann
gefragt, ob sie einer Weitergabe der Verträge an das Parlament zustimmt?

Wie haben die Vertragsparteien reagiert?

Wie beurteilt die Bundesregierung die Reaktionen?

Würde die Bundesregierung es begrüßen, wenn die bislang ablehnenden
Vertragsparteien der Weitergabe der Verträge an das Parlament noch zu-
stimmen würden?

27. Falls die Bundesregierung die Vertragsparteien noch nicht um Zustimmung
zur Weitergabe der Verträge an das Parlament gebeten haben sollte, ist sie
bereit, dies nachzuholen?

Falls nein, weshalb nicht?

2 Vgl. BMU-Pressemitteilung 138/09 vom 14. Mai 2009.
3 Vgl. Aussage des Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz am 6. Mai 2009 in der 89. Sitzung des
Bundestagsauschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
4 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(Bundestagsdrucksache 16/12532), insbesondere Antwort zu Frage 42.

Drucksache 16/13290 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
28. Wie ist in den Wiederaufarbeitungsverträgen das Eigentumsrecht an den
angelieferten abgebrannten Atomkraftwerk-Brennelementen behandelt?5

Wieso sind die wiedergewonnenen „Wertstoffe“ Eigentum der Betreiber?

Welche anderen Stoffe aus den WAK-Kampagnen blieben Eigentum der
Betreiber?

Zu welchem Zeitpunkt ging laut den Verträgen welcher WAK-Müll ins
Eigentum der öffentlichen Hand über?

Berlin, den 3. Juni 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

5 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
(Bundestagsdrucksache 16/12532), Antwort zu Frage 48.

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