BT-Drucksache 16/13288

Maßnahmen zur CO2-Reduzierung für mehr Klimaschutz im Verkehr

Vom 3. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13288
16. Wahlperiode 04. 06. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, Peter
Hettlich, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Undine
Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Maßnahmen zur CO2-Reduzierung für mehr Klimaschutz im Verkehr

Für den Klimaschutz ist die Reduktion der Treibhausgase weltweit bis 2050 um
50 Prozent gegenüber 1990 unabdingbar. Dazu müssen die Industriestaaten ihre
Emissionen im gleichen Zeitraum um mindestens 80 Prozent reduzieren. Die
Bundesregierung hat sich in der Regierungserklärung vom April 2007 zu einer
Reduktion der Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 ver-
pflichtet, d. h. rund 270 Mio. Tonnen CO2 weniger als im Jahr 2005. Neben
dem Energiesektor muss vor allem der Verkehrsbereich hierzu einen ganz er-
heblichen Teil beitragen. Der Anteil des Verkehrssektors zur Reduktion der
Treibhausgase liegt bei ca. 40 Mio. t/a CO2. Im aktuellen Jahresbericht der
Europäischen Umweltagentur (EEA) vom April 2009 wird eine Zunahme der
EU-weiten Emissionen im Verkehrssektor um 36 Prozent gegenüber 1990 fest-
gestellt, während in allen anderen Bereichen die Emissionen sinken. In Deutsch-
land haben die CO2-Emissionen des Verkehrs (2005) um 12 Prozent gegenüber
1990 zugenommen.

Die Bundesregierung hat im August 2007 in Meseberg Eckpunkte eines Inte-
grierten Energie- und Klimaprogramms (IEKP) beschlossen. Die Maßnahmen
enthalten auch Vorgaben für den Verkehrssektor, die insgesamt CO2-Einspa-
rungen von 33,6 Mio. Tonnen bis 2020 bringen sollen. Mit den Konjunktur-
programmen zur Eindämmung der Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Bun-
desregierung Maßnahmen ergriffen, die auch Auswirkungen auf das Erreichen
der Klimaziele im Verkehrsbereich haben werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Klimaschutzziele und Konjunkturmaßnahmen

1. Hält die Bundesregierung an dem Ziel fest, bis 2020 40 Prozent Treibhaus-
gase gegenüber 1990 einzusparen?

2. Hat die Bundesregierung die Absicht, für den Verkehrssektor klare Reduk-
tionsziele mit Instrumenten, Zeitplänen und Monitoring festzulegen, um die

Emissionen wirksam zu senken?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 16/13288 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Existiert die in der 15. Wahlperiode eingesetzte Interministerielle Arbeits-
gruppe (IMA) „CO2-Reduktion“ noch, die beauftragt war, einmal im Jahr
dem Kabinett einen Sachstandsbericht über die Entwicklung der nationalen
Treibhausgasbilanz insbesondere mit Blick auf die Realisierung der Klima-
schutzziele vorzulegen?

4. Wurde nach dem sechsten Bericht aus dem Juli 2005 im Jahr 2008 ein wei-
terer Bericht der IMA „CO2-Reduktion“ zur Fortschreibung des Klima-
schutzprogramms vorgelegt?

Wenn ja, welche Ziele und Maßnahmen enthält der Bericht für den Ver-
kehrssektor?

5. Hält die Bundesregierung an den Maßnahmen und den geschätzten CO2-
Minderungspotenzialen der verkehrsbezogenen Maßnahmen des Nationa-
len Klimaschutzprogramms 2005 fest?

6. Geht die Bundesregierung insbesondere davon aus, dass die Substitution
von herkömmlichen Kraftstoffen durch Biokraftstoffe eine CO2-Minderung
von 5 Mio. Tonnen im Zeitraum 2008 bis 2012 entfalten wird?

7. Welche CO2-Emissionsminderungen im Verkehr bis 2020 erwartet die Bun-
desregierung jeweils von den in Meseberg beschlossenen Maßnahmen unter
Berücksichtigung der inzwischen erfolgten Ausgestaltung (tabellarische
Auflistung der Maßnahmen mit CO2-Minderungserwartung 2007 und heute)?

8. Stellt nach Ansicht der Bundesregierung die temporäre Befreiung von der
Kfz-Steuer ungeachtet der Verbrauchswerte eines Pkw einen Beitrag zur
Emissionsreduktion im Verkehr dar?

9. Wie groß ist die CO2-Reduktion im Verkehr per anno durch die Umstellung
der Kfz-Steuer vom Hubraumbezug auf eine zum Teil CO2-bezogene Kfz-
Steuer ab dem 1. Juli 2009?

10. Mit welchen Reduktionen der CO2-Emissionen bis 2020 durch die Ab-
wrackprämie rechnet die Bundesregierung?

11. Hat die Bundesregierung vor Einführung der Abwrackprämie Untersu-
chungen darüber anstellen lassen, welche CO2-Minderung die Prämie bei
einer Konditionierung an bestimmte CO2-Werte für Neuwagen gehabt
hätte, und wenn nein, warum nicht?

12. Warum hat die Bundesregierung darauf verzichtet, mit diesem Instrument
vor allem verbrauchsarme Pkw und jene, die den strengeren Standard der
Euro-5-Norm erfüllen, zu fördern?

13. Warum ist die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)
und des Radverkehrs in Kommunen in den Konjunkturpaketen explizit aus-
geschlossen?

14. Welche Folgen haben nach Einschätzung der Bundesregierung die ver-
kehrsbezogenen Maßnahmen in den Konjunkturpaketen insgesamt auf die
CO2-Emissionen im Verkehrssektor bis 2020?

15. Wann legt die Bundesregierung den Bericht des Umweltbundesamtes
„CO2-Emissionsminderung im Verkehr in Deutschland“, der Ende 2008
schon angekündigt wurde, vor?

16. Wie viele zusätzliche Emissionen entstehen im Verkehrsbereich per anno
durch die Wiedereinführung der Entfernungspauschale, und mit welchen
Maßnahmen will die Bundesregierung das kompensieren?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13288

17. Welche CO2-Emissionsminderungen sind nach Auffassung der Bundes-
regierung durch Maßnahmen im Stadtverkehr, also Siedlungsstrukturen mit
kürzeren Wegstrecken, Verlagerung auf Fußgänger-, Rad- und öffentlichen
Verkehr, zu erreichen?

Wie stark müsste dazu der Anteil des Pkw-Verkehrs am Stadtverkehr ab-
nehmen?

18. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die in den Meseberger Be-
schlüssen angestrebte Emissionsminderung von 11 Mio. Tonnen CO2 bis
2020 mit den im Jahr 2008 verabschiedeten europäischen Flottengrenzwer-
ten (130 Gramm ab 2012, Flotten-Phase-in, Anrechenbarkeit anderer tech-
nischer Maßnahmen etc.) erreicht wird?

II. Straßenverkehr

19. Wie groß ist der Anteil an CO2, der im Vergleich zu dem ursprünglich vor-
gesehenen Ziel der EU-Kommission von 120 g CO2/km mehr emittiert
wird?

20. Welcher Unterschied in der CO2-Minderung im Jahr 2020 ergibt sich, wenn
der CO2-Folgegrenzwert mit

a) 110 g CO2/km

b) 95 g CO2/km

c) 80 g CO2/km

d) keiner Festlegung eines Folgegrenzwerts

festgelegt wird?

21. Für welchen CO2-Folgegrenzwert setzt sich die Bundesregierung ein?

22. Welches CO2-Einsparpotenzial ergibt sich aus der im Jahr 2009 erfolgten
Erhöhung der Lkw-Maut auf Autobahnen bis 2020?

23. Welches CO2-Einsparpotenzial ergäbe sich aus der von der EU-Kommis-
sion angestrebten Internalisierung der Lärm-, Luftverschmutzungs- und
Staukosten des Lkw-Verkehrs?

24. Welches CO2-Einsparpotenzial ergäbe sich aus der Internalisierung auch
der Unfall- und Klimakosten?

25. Warum verzichtet die Bundesregierung angesichts der CO2-Reduktions-
erfordernisse im Verkehr auf eine Ausdehnung der Maut auf Fahrzeuge ab
3,5 Tonnen und die Nutzung aller Fernstraßen?

Welches CO2-Einsparpotenzial ergäbe sich daraus?

26. Wie viel CO2-Einsparung per anno wird durch die Erhöhung der Bei-
mischung von Biokraftstoffen erreicht?

Wie viel verbleibt davon aktuell und im Jahr 2020 nach Beachtung der Vor-
ketten gemäß der von der Bundesregierung angestrebten Nachhaltigkeits-
verordnung?

27. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass die bisherige Kennzeichnung
zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen neuer Pkw vom November
2004 keinen ausreichenden Anreiz für den Kauf verbrauchsgünstiger und
damit CO2-emissionsarmer Pkw darstellt?

Drucksache 16/13288 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

28. Beabsichtigt die Bundesregierung die Pkw-Energieverbrauchskennzeich-
nungsverordnung (Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch und
CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen – EnVKV) zu überarbeiten,
für deren Entwurf bereits im November 2007 Stellungnahmen der Ver-
bände angefordert wurden?

29. Wie groß schätzt die Bundesregierung das Einsparpotenzial (CO2 in t/a)
durch die Einführung einer verbraucherfreundlichen Kennzeichnung neuer
Pkw?

30. Wird die Bundesregierung dem Beispiel des Deutschen Bundestages fol-
gen, und in ihren Behörden nur noch Dienstwagen der oberen Mittelklasse
beschaffen, die ab sofort weniger als 140 g CO2/km emittieren und ab 2012
weniger als 120 g CO2/km?

31. Welchen geschätzten Beitrag leisten die zukünftig für Neuwagen vorge-
schriebenen rollwiderstandsarmen Reifen und Reifendrucküberwachungs-
systeme zur Reduktion von CO2 im Verkehr per anno?

32. Welche CO2-Einsparpotenziale sieht die Bundesregierung durch die Ver-
wendung von Leichtlaufölen?

33. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene dafür ein,
dass die Verwendung von Leichtlaufreifen für Alt- bzw. Gebrauchtfahr-
zeuge vorgeschrieben wird?

34. Wenn die Verwendung von Leichlaufölen zur Einsparung von CO2 führt,
setzt sich die Bundesregierung dann auf europäischer Ebene dafür ein, dass
deren Verwendung gefördert wird?

35. Welche Verkehrsleistung im Güterverkehr der Bahn erwartet die Bundes-
regierung im Jahr 2020 nach derzeitigem Trend?

Wie würde sich dies durch forcierten Klimaschutz im Güterverkehr verän-
dern?

III. Geschwindigkeitsbegrenzungen

36. Wie viel CO2 könnte – bezogen auf den Ausstoß von Pkw auf Autobahnen –
durch ein Tempolimit von 120 km/h oder 130 km/h eingespart werden?

37. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Umweltbundesamtes, dass
mit der Einführung eines Tempolimits von 120 km/h, bezogen auf den
aktuellen Fahrzeugbestand und Kraftstoffverbrauch, rund 3,3 Mio. t/a CO2
kurzfristig eingespart werden können?

38. Wie begründet die Bundesregierung den Verzicht auf ein generelles Tempo-
limit auf Autobahnen als kostenlose Sofortmaßnahme für mehr Klima-
schutz?

39. Hat die Bundesregierung neue Untersuchungen veranlasst, die das Einspar-
potenzial von Geschwindigkeitsbegrenzungen zum Gegenstand haben?

Wenn nicht, warum nicht?

40. Liegen der Bundesregierung Abschätzungen vor, wie viel CO2 durch die
Erhöhung der Mittel für den öffentlichen Verkehr eingespart werden kann,
und wenn nein, plant die Bundesregierung eine entsprechende Untersu-
chung in Auftrag zu geben?

41. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine Rücknahme der Kür-
zung der Regionalisierungsmittel im Schienenpersonennahverkehr (SPNV)
einen positiven Effekt für den Klimaschutz im Verkehrsbereich hätte, und

wie groß wird dieser Effekt geschätzt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13288

IV. Verkehrsverlagerung

42. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass es zur auch vom Bundes-
minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang Tiefensee, mehr-
fach als Ziel proklamierten Verlagerung des Kurzstreckenautoverkehrs in
Städten auf das Fahrrad erheblich größerer Anstrengungen bedarf, und dass
vor diesem Hintergrund die Mittel für die Radverkehrsförderung des Bundes
erheblich aufgestockt werden müssten?

43. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Wirkung von Maßnahmen zur
Förderung des Fußgängerverkehrs in Städten im Hinblick auf eine CO2-Re-
duktion, und liegen der Bundesregierung Berechnungen vor, aus denen das
CO2-Einsparpotenzial des Fußgängerverkehrs hervorgeht?

44. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Förderung des Fahrrad-
verkehrs, und wie hoch schätzt die Bundesregierung das CO2-Einsparpoten-
zial von Maßnahmen zur Förderung des Fahrradverkehrs in Städten?

45. Liegen der Bundesregierung Berechnungen vor, aus denen das CO2-Ein-
sparpotenzial des Fahrradverkehrs hervorgeht.

46. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Förderung des Fahrrad-
verkehrs zur Nutzung des Fahrrads als Alltagsverkehrsmittel?

V. Luftverkehr

47. Mit welcher CO2-Reduktion per anno rechnet die Bundesregierung durch
die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Europäischen Emissionshandel
ab 2012?

48. Inwieweit steht die Bundesregierung zur Einbindung des Luftverkehrs in
den Europäischen Emissionshandel?

49. Setzt sich die Bundesregierung für die Einführung einer Kerosinsteuer auf
europäischer Ebene ein?

50. Wie schätzt die Bundesregierung die Erfahrung von Nachbarstaaten mit der
Einführung einer Abgabe auf jedes Flugticket (Ticket-Tax) ein?

Plant die Bundesregierung diese Initiative durch Ausweitung auf deutsche
Flughäfen zu unterstützen?

51. Wie groß schätzt die Bundesregierung das Reduktionspotenzial durch die
Einführung des Single European Sky (SES), und wann wird die erwartete
Reduktion realisiert?

VI. Schiffsverkehr

52. Wie groß ist nach Ansicht der Bundesregierung der Anteil des Hochsee-
schiffsverkehrs an den globalen und den deutschen CO2-Emissionen?

53. Wie werden sich die im Rahmen der IMO beschlossenen Qualitätsanforde-
rungen an Schiffstreibstoffe auf die Preise der Treibstoffe und damit auf die
CO2-Emissionen des Schiffsverkehrs auswirken?

54. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung für die Einbezie-
hung des Schiffsverkehrs in den Emissionshandel?

Wie schätzt die Bundesregierung die potenzielle Wirkung auf die CO2-
Emissionen ein?

Drucksache 16/13288 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

VII. Weitere Maßnahmen

55. Welche zusätzlichen Maßnahmen zur CO2-Minderung im Verkehrsbereich
will die Bundesregierung ergreifen, wenn die im IEKP und den Konjunk-
turpaketen vorgesehenen Maßnahmen eine geringere CO2-Minderung als
geplant entfalten?

56. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es mit den derzeit
im Verkehrssektor ergriffenen Maßnahmen nicht gelingen wird, die erfor-
derliche Reduktion der Treibhausgase zu erreichen?

57. In welchen Sektoren, welchen Zeiträumen, und mit welchen Maßnahmen
sollen die im Verkehrssektor verfehlten Einsparungen von CO2 erbracht
werden?

Berlin, den 3. Juni 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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