BT-Drucksache 16/13287

Handel mit Elfenbein

Vom 3. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13287
16. Wahlperiode 03. 06. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Ulrike Höfken,
Bärbel Höhn, Nicole Maisch, Hans-Josef Fell, Winfried Hermann, Peter Hettlich,
Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Handel mit Elfenbein

Elefanten wurden 1977 in Anhang II des Washingtoner Artenschutzüberein-
kommens (CITES – Convention on International Trade in Endangered Species
of Wild Fauna and Flora) gelistet und damit der Handel mit Elfenbein einge-
schränkt. Nachdem der Versuch gescheitert war, den Handel mit Elfenbein in-
ternational zu kontrollieren und die Elefantenbestände vieler afrikanischer
Länder durch Elfenbeinwilderei dramatisch dezimiert worden waren, verbot
CITES 1989 den kommerziellen internationalen Elfenbeinhandel komplett und
listete Elefanten in Anhang I. Seit 1997 wurde dieser Schutz jedoch nach und
nach gelockert: Die Elefantenbestände von Namibia, Botswana, Simbabwe und
seit 1999 von Südafrika wurden wieder in Anhang II herabgestuft.

1999 wurden erstmals 50 Tonnen Elfenbein aus Lagerbeständen nach Japan
exportiert. Zwischen dem 28. Oktober und 6. November 2008 versteigerten
Namibia, Botswana, Simbabwe und Südafrika 101 Tonnen Elfenbein aus La-
gerbeständen an Händler aus China und Japan. Dies entspricht den Stoßzähnen
von mehr als 15 000 Elefanten. Die Einnahmen lagen mit einem Durchschnitts-
preis von 116 Euro pro Kilogramm Elfenbein und einem Erlös von insgesamt
12 Millionen Euro weit unter dem, was sich die vier afrikanischen Staaten
erhofft hatten. Auf einer Sitzung des Ständigen Ausschusses von CITES vom
6. bis 10. Juli 2009 soll das CITES-Sekretariat u. a. über die jüngsten Elfen-
beinauktionen berichten.

Artenschützer kritisieren, dass die partielle Freigabe des legalen Handels dazu
beitrage, die Nachfrage nach Elfenbein weiter anzuheizen, Kontrollen zu er-
schweren und auf diese Weise die Wilderei zu verstärken. Seit den Elfenbein-
auktionen häuften sich die Aufgriffe großer Mengen Elfenbein – allein seit
März 2009 wurden über 11 Tonnen Elfenbein beschlagnahmt: Im März 2009
wurden in Vietnam 6 000 Kilogramm Elfenbein aus Tansania aufgegriffen, in
Thailand 1 000 Kilogramm aus Uganda und in Kenia im April 2009 800 Kilo-
gramm; am 20. Mai 2009 veröffentlichten die Philippinen die Beschlagnahme
von 3 500 Kilogramm Elfenbein aus Tansania. Naturschützer in Simbabwe be-
richten über eine erneute Welle der Wilderei auf Elefanten und Nashörner. Eine

aktuelle Studie geht davon aus, dass derzeit 38 000 Elefanten im Jahr gewildert
werden und die Todesrate von Elefanten damit sogar höher ist, als vor Erlass
des Elfenbeinhandelsverbotes im Jahr 1989 (Wasser et. al, 2008. Conservation
Biology Vol. 22).

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hatte
2007 dem Verkauf der gesamten registrierten Lagerbestände der vier afrikani-

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schen Staaten und dem Import des Elfenbeins nach Japan zugestimmt und sich
bei einer Chinareise über den dortigen Elfenbeinmarkt informiert. Die folgen-
den Fragen nehmen Bezug auf die Antworten der Bundesregierung auf unsere
Kleine Anfrage „Einmalige Erlaubnis für den Import von Elfenbein in die
Volksrepublik China“ (Bundestagsdrucksache 16/9493).

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Elfenbeinauktionen und Verwendung der Erlöse

1. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass die Öffentlichkeit und Presse in
Namibia, Botswana, Simbabwe und Südafrika von den Elfenbeinauktionen
ausgeschlossen wurden?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung, vor dem Hintergrund des CITES-Be-
schlusses, der Botswana, Namibia und Simbabwe verpflichtet, die Erlöse
aus der ersten Elfenbeinversteigerung im Jahr 1999 für den Elefantenschutz
zu verwenden,

a) dass die Regierung Namibias der namibischen Presse trotz mehrfacher
Anfragen keine Auskunft über die Mittelverwendung der Erlöse aus die-
ser Elfenbeinversteigerung erteilte,

b) dass die Regierung Botswanas die Erlöse der Versteigerung auch acht
Jahre später noch immer nicht verwendet hat, sondern sie lediglich in
einem Conservation Trust Fund verwahrt?

3. Liegen der Bundesregierung mittlerweile Informationen vor, ob und ggf. für
welche konkreten Projekte die im Jahr 1999 erzielten Erlöse aus dem ersten
„experimentellen“ Elfenbeinverkauf in Botswana und Namibia eingesetzt
wurden?

4. Wie setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die Erlöse aus dem jüngs-
ten Elfenbeinverkauf im Jahr 2008 gemäß des CITES-Beschlusses zweck-
gebunden für den Elefantenschutz sowie für „community conservation and
development“ Programme im Elefantenhabitat eingesetzt werden?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass Namibia die Genehmi-
gung für den Handel mit Elfenbeinlagerbeständen sowie Elfenbeinschnitze-
reien erteilt wurde, obwohl es dort zu diesem Zeitpunkt keine Regelung gab,
die Elfenbeinimporteure, -verarbeiter und -händler zur Registrierung und
Lizenzierung zu verpflichten, und dass dadurch entgegen den CITES-
Bestimmungen Elfenbeinprodukte aus illegalen Quellen verkauft werden
konnten (www.az.com.na/umwelt/ekipas-jetzt-unverkuflich.72372.php)?

II. Illegaler Handel

6. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass auch die Regierung in Simbabwe
– trotz bekannter massiver Wilderei und illegalen Exporten aus staatlichen
Lagerbeständen – von CITES die Zustimmung erhielt, Elfenbein aus Lager-
beständen zu verkaufen?

7. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, ob Chinas Regierung nach
der Anerkennung als Importland für legales Elfenbein, Maßnahmen ergrif-
fen hat, um bestehende Mängel in der Kontrolle des Elfenbeinhandels zu be-
heben, und wenn ja, welche?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung angesichts des großen Volumens des ille-
galen Handels (Experten gehen von zirka 250 Tonnen geschmuggeltem
Elfenbein pro Jahr aus – Wasser et. al, 2008. Conservation Biology Vol. 22)
und der hohen Schwarzmarktpreise (für Rohelfenbein in Vietnam 1 500 US-

Dollar/Kilogramm und für verarbeitetes Elfenbein in China werden im Ein-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13287

zelhandel 6 500 US-Dollar/Kilogramm erzielt) die These, dass ein einmaliger
Verkauf von 101 Tonnen Elfenbein, die Elfenbeinnachfrage sättigen könnte?

III. Effektivität des Handelsmoratoriums

9. Wie bewertet die Bundesregierung, dass der nach den Elfenbeinauktionen
in Kraft getretene neunjährige Handelsstopp laut CITES-Vereinbarung aus-
schließlich für Botswana, Namibia, Südafrika und Simbabwe gilt, und wel-
che Möglichkeiten sieht sie, diesen Handelsstopp auf andere Länder auszu-
weiten?

10. Wie bewertet die Bundesregierung, dass CITES seit Verabschiedung des
Elfenbeinhandelsverbots im Jahr 1989 sukzessive Ausnahmen, wie bei-
spielsweise den Verkauf von Lagerbeständen aus vier afrikanischen Staaten
an Japan und China oder den Verkauf von Elfenbeinschnitzereien aus Sim-
babwe und Namibia zu „nichtkommerziellen Zwecken“, zugelassen hat,
und welche Auswirkungen haben diese Ausnahmen nach Auffassung der
Bundesregierung auf die weltweite Umsetzung des Elfenbeinhandelsver-
bots?

11. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Ausnahmen dazu beige-
tragen haben, bei Touristen und anderen Verbrauchern den Eindruck zu
schaffen, der Kauf von Elfenbein sei legal?

12. Wie viel Elfenbein wurde in Deutschland seit 1989 aufgegriffen (pro Jahr
und mit Gewichtsangabe)?

IV. Monitoring-Systeme und Bekämpfung der Wilderei

13. a) Wurden der Bundesregierung von dem Überwachungs-Programm
MIKE (Monitoring of Illegal Killing of Elephants) oder dem CITES-Se-
kretariat Hintergründe über Ausmaß, Orte und Ursachen des berichteten
Wilderei-Anstiegs (MIKE Update in Pachyderm No. 44 January–June
2008) vorgelegt, und wenn ja, welche?

b) Setzt sich die Bundesregierung für eine unmittelbare Veröffentlichung
entsprechender Hintergrundinformationen ein, so dass kurzfristig ent-
sprechende Maßnahmen zum Schutz der Elefanten getroffen werden
können, und wenn nein, warum nicht?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass die Elefanten-Bestandszahlen, auf
denen die MIKE-Analysen basieren, nur alle fünf Jahre aktualisiert werden,
und hält die Bundesregierung dies für ausreichend, um einen Anstieg der
Wilderei rechtzeitig erkennen und ggf. Gegenmaßnahmen ergreifen zu kön-
nen?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussagekraft der MIKE-Analysen,
angesichts der Tatsache, dass MIKE versucht, Entwicklungen in der Ele-
fanten-Wilderei auf 30 verschiedene Einflussfaktoren zurückzuführen?

16. Wie bewertet die Bundesregierung Kosten und Nutzen von MIKE, ange-
sichts der Tatsache, dass MIKE keinen Beitrag zur Bekämpfung der Wil-
derei leistet, sondern lediglich darauf abzielt, das Ausmaß der Wilderei in
bestimmten Referenzgebieten zu erfassen und diese Daten nur einen klei-
nen Bruchteil der insgesamt gewilderten Elefanten erfassen?

17. Bis wann ist die Finanzierung der MIKE-Programme in Afrika und in
Asien momentan gesichert, und wie soll die Finanzierung der MIKE-Pro-
gramme nach diesem Zeitraum gesichert werden?

18. Wie hoch sind die bisherigen Gesamtkosten für das MIKE-Programm

(jeweils in Afrika und Asien) seit seiner Gründung, und welche Summe hat
die Europäische Kommission hierzu beigesteuert?

Drucksache 16/13287 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
19. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der Bekämpfung der Wil-
derei (z. B. durch Anti-Wilderer-Einsätze, Verbesserung des Artenschutz-
vollzugs) mindestens ebenso hohe Investitionen zukommen sollten, wie der
Überwachung des Ausmaßes der Wilderei?

20. Beteiligt sich die Bundesregierung finanziell an Schutzmaßnahmen für Ele-
fantenbestände in Afrika, und wenn ja, in welchem Rahmen, und wenn
nein, weshalb nicht, und ist eine zukünftige Beteiligung geplant?

V. Beurteilung partieller Handelsfreigaben

21. Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhältnis zwischen Nutzen und
Risiken der Freigabe des kommerziellen Elfenbeinhandels für die Elefan-
tenpopulationen Afrikas und Asiens, angesichts der relativ geringen Erlöse
der Elfenbeinauktionen und den diesen gegenüber stehenden erheblichen
Kosten für die Überwachung des Handels und seiner Auswirkungen (u. a.
für die Monitoring-Systeme MIKE und ETIS – Elephant Trade Information
System – sowie die Tätigkeiten des CITES-Sekretariats)?

22. Welche Position nimmt die Bundesregierung angesichts der potenziellen
Gefahren des Elfenbeinhandels sowie Zweifeln an den angeblichen positi-
ven Effekten einer Handelsfreigabe in Bezug auf die Genehmigung zukünf-
tiger Elfenbeinverkäufe ein?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang alternative
Lösungsansätzen, die ebenfalls im Rahmen von CITES diskutiert aber nicht
umgesetzt wurden, wie beispielsweise den Vorschlag, dass Geberländer
Elefantenschutzprojekte finanzieren und die Herkunftsländer im Gegenzug
auf den Verkauf von Elfenbein verzichten und ihre Lagerbestände zerstören
sollten?

Berlin, den 3. Juni 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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