BT-Drucksache 16/13181

Neue Standards für die Abgasuntersuchung einführen

Vom 27. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13181
16. Wahlperiode 27. 05. 2009

Antrag
der Abgeordneten Winfried Hermann, Peter Hettlich, Bettina Herlitzius, Dr. Anton
Hofreiter, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Sylvia
Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Neue Standards für die Abgasuntersuchung einführen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die für alle Fahrzeughalter verpflichtende periodische Abgasuntersuchung
(AU) wurde vor rund 20 Jahren eingeführt, sie hat zum Ziel, Fehler und Funk-
tionsstörungen aufzudecken, die zu einer Erhöhung der Schadstoffemissionen
führen. Die AU-Messmethoden wurden mit Prüfwerten versehen, die für Diesel-
Pkw nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Inzwischen wurde
die Motorentechnik erheblich verbessert. Auch wurden die EU-weit gültigen
Abgasnormen stufenweise deutlich verschärft was zu erheblichen Erfolgen in
der Luftreinhaltung in vielen europäischen Ländern geführt hat. Gleichwohl
fanden diese Verbesserungen keinen Niederschlag in den Prüfwerten der AU.
Mit fortgeschrittener Technik kommen zunehmend Fahrzeuge auf den Markt,
bei denen die Einhaltung der vorgeschriebenen Normen im Betrieb der Fahr-
zeuge mit der heutigen AU nicht zu prüfen ist. Ein periodisches Messverfahren,
das aufgrund veralteter Methoden und zu hoher Prüfwerte keine Fehler bei Pkw
erkennen kann, gehört auf den Prüfstand. Eine Anpassung der gesetzlichen Prüf-
werte an die fortgeschrittene Grenzwertsetzung ist unabdingbar.

Eine Verschärfung der Prüfwerte erfordert allerdings Messverfahren mit deut-
lich verbesserter Messgenauigkeit. Experten von DEKRA und TÜV führen aus,
dass mit den heute in rund 40 000 Werkstätten für die Diesel-AU eingesetzten
Opazimetern (Messung der Lichttrübung durch Dieselpartikel) keine ausrei-
chend genaue Messung möglich ist.

Darüber hinaus ist es im Rahmen der AU derzeit nicht möglich, den Ausstoß von
Partikelemissionen sowie die dauerhafte Funktionstüchtigkeit von Partikelmin-
derungssystemen (PMS) zu kontrollieren. Während heute Partikelemissionen
(Feinstaub) entscheidend für die Zulassung von Dieselfahrzeugen sind, werden
diese bei der AU gar nicht gemessen. Aufgrund der strengeren Partikelgrenz-
werte in den Euro-Abgasnormen sind bereits jetzt viele Neufahrzeuge werkssei-
tig mit PMS ausgestattet, überdies kommen spätestens Ende 2009 ausschließlich

noch Diesel-Pkw auf den Markt, die über ein PMS verfügen. Vor dem Hinter-
grund des Skandals um den mit Steuermitteln geförderten Einbau funktionsun-
tüchtiger PMS der Firmen GAT, Tenneco/Walker und Bosal in rund 45 000 Die-
sel-Pkw kann nur eine verlässliche und regelmäßige Prüfung von PMS im
Rahmen der AU solchen Entwicklungen wirksam vorbeugen. Auch die seit dem
Jahr 2000 vorgeschriebene On Board Diagnostik (OBD) in Pkw ist nicht geeig-
net, die Funktionsfähigkeit von PMS zu überwachen.

Drucksache 16/13181 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Die entsprechende neue Messtechnik für eine weiterentwickelte AU ist bereits
entwickelt und schon heute bei mehreren Herstellern verfügbar und die Messge-
räte lassen sich in das bestehende AU-Verfahren integrieren. Diese Geräte haben
im Rahmen eines Feldversuches der Arbeitsgruppe Emission 2010 (VdTÜV,
DEKRA, ZDK, ASA Verband) an über 1 000 Dieselfahrzeugen in Werkstätten als
auch bei anerkannten Überwachungsorganisationen ihre Tauglichkeit unter Be-
weis gestellt. Die Genauigkeit im Vergleich zu Laborgeräten, die üblicherweise
bei der Motorenentwicklung und deren Abnahme eingesetzt werden, wurde durch
Laboruntersuchungen an einem Hochschulinstitut nachgewiesen und bestätigt.

Die Kosten der regelmäßigen AU werden sich für den Fahrzeughalter nach der-
zeitiger Einschätzung der Prüfexperten nicht erhöhen. Überdies bietet die An-
passung der Messverfahren erhebliche Arbeitsplatzpotenziale sowohl für den
heimischen Bedarf als auch für den Export bei Herstellern von Mess- und Prüf-
technik und mittelständischen Betrieben.

In einem Bericht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
am 3. Dezember 2008 (Ausschussdrucksache 16(16)544) wird auch „Vor dem
Hintergrund der in 2007 festgelegten zukünftigen Abgasgrenzwerte Euro 5/6 für
Pkw (…) eine Weiterentwicklung bei der AU als sinnvoll angesehen.“

Fachleute von DEKRA und TÜV halten neue Vorgaben für eine modernisierte
periodische Abgasuntersuchung (AU) und eine verbesserte angepasste Mess-
methode für dringend geboten. Ihnen zufolge stellt die Kombination aus einer
überarbeiteten Abgasuntersuchung, der On Board Diagnostik und der Einfüh-
rung verbesserter Messtechnik innerhalb der AU sicher, dass die Abgasunter-
suchung eine noch wirksamere und sinnvollere Fahrzeugüberwachung und
damit einen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität leisten kann. Die Bundes-
regierung ist gefordert, die gesetzlichen Regelungen den neuen Anforderungen
und Möglichkeiten der Technik anzupassen und damit eine wirksame Abgas-
untersuchung zu gewährleisten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Vorgaben in § 47 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) für
die periodische Abgasuntersuchung (AU) mit Blick auf Prüfwerte und Prüf-
technik dem aktuellen Stand der Technik anzupassen;

2. dementsprechend die Prüfwerte für alle Fahrzeuge (Benziner, Diesel) in der
AU mit der jeweils EU-weit geltenden Abgasnorm in Übereinstimmung zu
bringen;

3. sicherzustellen, dass im Rahmen der AU auch die Partikelemissionen (Masse)
aller Dieselfahrzeuge mit geeigneten Verfahren kontrolliert werden;

4. entsprechende neue Messverfahren für moderne Dieselfahrzeuge mit einer
Übergangszeit von drei Jahren verbindlich einzuführen;

5. die neuen Messgeräte bereits jetzt zuzulassen, um einen schrittweisen Aus-
tausch im Rahmen der regulären Erneuerung zu ermöglichen;

6. die Bauartzulassung (PTB-A) bei der zuständigen Physikalisch Technischen
Bundesanstalt (PTB) für die neuen Messgeräte umgehend vorzunehmen.

Berlin, den 27. Mai 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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